Warten heißt, das Beste noch zu erwarten

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Warten heißt, das Beste noch zu erwarten

Romans 8:18–25 BB
18 Ich bin überzeugt: Das Leid, das wir gegenwärtig erleben, steht in keinem Verhältnis zu der Herrlichkeit, die uns erwartet. Gott wird sie an uns offenbar machen. 19 Die ganze Schöpfung wartet doch sehnsüchtig darauf, dass Gott die Herrlichkeit seiner Kinder offenbart. 20 Denn die Schöpfung ist der Vergänglichkeit unterworfen – allerdings nicht durch eigene Schuld. Vielmehr hat Gott es so bestimmt. Damit ist aber eine Hoffnung verbunden: 21 Denn auch die Schöpfung wird befreit werden aus der Sklaverei der Vergänglichkeit. Sie wird ebenfalls zu der Freiheit kommen, die Gottes Kinder in der Herrlichkeit erwartet. 22 Wir wissen ja: Die ganze Schöpfung seufzt und stöhnt vor Schmerz wie in Geburtswehen – bis heute. 23 Und nicht nur sie: Uns geht es genauso! Wir haben zwar schon als Vorschuss den Geist Gottes empfangen. Trotzdem seufzen und stöhnen auch wir noch in unserem Innern. Denn wir warten ebenso darauf, dass Gott uns endgültig als seine Kinder annimmt. Dabei wird er auch unseren Leib von der Vergänglichkeit erlösen. 24 Denn wir sind zwar gerettet, aber noch ist alles erst Hoffnung. Und eine Hoffnung, die wir schon erfüllt sehen, ist keine Hoffnung mehr. Wer hofft schließlich auf das, was er schon vor sich sieht? 25 Wir aber hoffen auf etwas, das wir noch nicht sehen. Darum müssen wir geduldig warten.
Liebe Gemeinde,
mögen Sie Wartezimmer? Ich gebe zu, dass die Wartezimmer nicht zu meinen bevorzugten Aufenthaltsorten gehören. Am besten ist es, wenn die Zeit so schnell wie möglich vorbeigeht und man schnell drankommt. Ich versuche immer der erste als Patient der erste zu sein wenn ich zu meiner Neurologin fahre. Vergangen Montag war ich der zweite. Bin aber doch erst als 4. Dran gekommen. Na gut nach 40 Minuten war es dann auch erledigt.
Warten!
Beim Arzt, wenn wir auf unseren Termin warten oder wir endlich die Diagnose bekommen.
Bei der Agentur für Arbeit, wo mancher hofft, endlich eine neue Stelle zu bekommen, die zu ihm passt.
Oder vor Gericht, wenn die Richter sich zur Beratung zurückziehen und man warten muss, bis das Urteil verkündigt wird -- schuldig oder Freispruch?
Der heutige Sonntag erinnert uns mit seinen Texten und Liedern vor allem an solche Gerichtsszenen, an das Jüngste Gericht, das uns bevorsteht.
Das Wochenlied und die Schriftlesung aus der Offenbarung reden von dem Buch, in dem unser Leben von Gott festgehalten wird, um uns am Tag des Jüngsten Gerichts vorgehalten zu werden.
In unseren Gerichten steht ja meist die Statue von Justitia, der Göttin des Rechts, mit den verbundenen Augen, dem Schwert in der Hand und der Waagschale.
Die Symbole sind klar: Ohne Ansehen der Person werden die Taten gewogen, dann wird mit dem Schwert gerichtet.
Aber wie dieses Urteil ausfällt -- da heißt es: Abwarten.
Und dann kenn Sie ja die Redewendung: „vor Gericht und auf hoher See ist man in GOTTES HAND“
Wie der Apostel Paulus diese Wartezeit erlebt, wie er dem Gericht entgegensieht und welche Hoffnung ihn dabei bewegt, darum geht es in dem heutigen Predigttext.
Wir hören aus Römer 8 die Verse 18-25:
18 Denn ich bin überzeugt, dass dieser Zeit Leiden nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll.
19 Denn das ängstliche Harren der Kreatur wartet darauf, dass die Kinder Gottes offenbar werden.
20 Die Schöpfung ist ja unterworfen der Vergänglichkeit – ohne ihren Willen, sondern durch den, der sie unterworfen hat –, doch auf Hoffnung;
21 denn auch die Schöpfung wird frei werden von der Knechtschaft der Vergänglichkeit zu der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes.
22 Denn wir wissen, dass die ganze Schöpfung bis zu diesem Augenblick seufzt und in Wehen liegt.
23 Nicht allein aber sie, sondern auch wir selbst, die wir den Geist als Erstlingsgabe haben, seufzen in uns selbst und sehnen uns nach der Kindschaft, der Erlösung unseres Leibes.
24 Denn wir sind gerettet auf Hoffnung hin. Die Hoffnung aber, die man sieht, ist nicht Hoffnung; denn wie kann man auf das hoffen, was man sieht?
25 Wenn wir aber auf das hoffen, was wir nicht sehen, so warten wir darauf in Geduld.
Stelle sie sich einmal vor, der Apostel Paulus wäre schon lange Zeit ihr Nachbar. Jetzt käme jemand von der Presse und sie müssten sein Leben beurteilen. Was würden sie sagen?
Nach dem Urteil einer modernen Öffentlichkeit von heute hat er es im Leben eben nicht besonders weit gebracht hat.
Sicher, er war ein hochreligiöser Mensch und hat sein ganzes Leben für seine Überzeugung eingesetzt.
Er blieb dabei ledig, hatte keine Kinder, keinen festen Wohnsitz, litt unter einer schmerzhaften chronischen Krankheit, war ständig unterwegs und geriet eigentlich laufend in Schwierigkeiten.
Selbst mit den Gemeinden, die er selbst mitbegründet hatte, kam es zu Auseinandersetzungen, wie seine Briefe zeigen.
Er war kein besonders guter Redner, und seinen Schreibstil, den kann man auch nicht gerade als flüssig oder gefällig bezeichnen.
Er wurde wegen seiner religiösen Überzeugung mehrfach verprügelt, sogar gesteinigt, wurde ausgeraubt, erlitt Schiffbruch, lebte die meiste Zeit am unteren Rand des Existenzminimums, saß mehrere Jahre im Gefängnis, und am Ende seines Lebens wurde er vermutlich zum Tode verurteilt.
Das Einzige, was er der Nachwelt hinterlassen hat, sind eine Handvoll Briefe.
Nach menschlichem Ermessen fällt die Bilanz dieses Lebens nicht besonders erfolgreich aus.
Der Apostel Paulus scheint also an sein Leben ganz andere Maßstäbe anzulegen. Er zählt nicht zusammen und wiegt dann gegeneinander ab, er zieht nicht selbstständig Bilanz.
Sondern das gewichtigste Stück erwartet er erst noch.
Der eigentliche Schwerpunkt seines Lebens, das, was am Ende den Ausschlag geben wird, das wird ein anderer in die Waagschale legen.
Der Apostel Paulus ist überzeugt: Die kommende Herrlichkeit wird alles Leiden aufwiegen. Die Frage nach schuldig oder unschuldig stellt er zumindest hier gar nicht. Zunächst geht es ihm nur darum, was bleibt. Was vergeht in meinem Leben, was kann ich zurücklassen und hinter mir lassen, und was wird Bestand haben, was wird am Ende das Wesentliche sein in meinem Leben?
Dietrich Bonhoeffer hat in diesem Zusammenhang einmal vom Unterschied zwischen dem Letzten und dem Vorletzten gesprochen.
Das, was wir erleben -- sowohl das Schöne, aber gerade auch das Schwere, das, was uns belastet, was uns zu schaffen macht -- das hat er als das Vorletzte bezeichnet.
Es ist das, was wir hier und jetzt erleben, von der Wiege bis zur Bahre.
Und dann endet unser Blick, weiter können wir nicht sehen, was sein wird. Die Bibel berichtet davon, dass das alles nur das Vorletzte ist.
Was endgültig zählt, was bleibt, das Letzte und Wesentliche, das steht bei Gott. So betrachtet, gleicht das Leben einem Wartezimmer.
Das Entscheidende passiert erst, wenn sich am Ende die Tür öffnet, wenn das Warten ein Ende hat.
Das Warten gilt als verschwendete Zeit -- wer hängt schon gerne in der Warteschleife?
Nicht nur bei Kleinkindern heißen die berühmten drei Zauberworte: Ich -- alles -- und: sofort.
Wer sich und seine Träume nicht in diesem Leben verwirklicht, nicht hier und jetzt, gilt als Verlierer, als einer, der im Wettkampf auf der Strecke geblieben ist, für den am Ende eben keine Tür aufgeht, sondern der berühmte Daumen nach unten geht.
Aber was hat Menschen wie Paulus und Bonhoeffer dazu bewegt, ihre Hoffnung nicht allein auf dieses Leben zu setzen? Was gilt in einem Leben, für das mit dem Tod nicht alles zu Ende ist?
Warten heißt, das Beste noch zu erwarten!
Der Apostel Paulus erwartet mehr vom Leben. Und er sagt, dass er dabei nicht der Einzige ist.
Die ganze Schöpfung, alle Tiere und die ganze Natur erwarten mehr vom Leben.
Der Apostel ist der Überzeugung: Sie alle wissen, dass Leben mehr ist als nur Fressen und Gefressen werden, mehr als nur ein ewiger Kreislauf von Werden und Vergehen.
Sie warten gespannt darauf, dass der Mensch sich endlich so zeigt, wie Gott ihn ursprünglich geschaffen hat: Als ein Kind Gottes, als der Mensch, der die Schöpfung voller Ehrfurcht und Respekt vor dem Schöpfer bebaut und bewahrt.
Der Apostel Paulus erwartet mehr vom Leben, weil er dem Auferstandenen begegnet ist.
Er erwartet mehr vom Leben, weil er durch ihn den Heiligen Geist Gottes verspürt hat, den Geist, der neues Leben schafft, der Versöhnung schenkt, der uns wieder hilft, uns neu an Gottes Willen auszurichten.
Warten heißt, das Leiden auszuhalten !
Doch das geschieht nicht einfach und es geschieht nicht automatisch, von selbst. Ohne den Geist Gottes verändert sich unser Leben nicht.
Jesus sagt, die Wirkung des Heiligen Geistes besteht vor allem darin, dass er uns an seine Worte erinnert.
Wo wir auf Jesus und sein Wort hören, wo wir uns von ihm verändern lassen, da beginnt das Reich Gottes in unserem Leben Raum zu gewinnen, da dürfen wir es immer wieder erleben, was es heißt, ein Kind Gottes zu sein.
Und doch merken wir wie der Apostel Paulus, dass wir dadurch noch lange nicht von den Folgen der Sünde befreit sind.
Vor allem die letzte, große Konsequenz der Sünde müssen wir aushalten: den Tod.
Die Bibel sagt sehr deutlich, dass das Sterben und der Tod aufgrund der verfehlten Grundausrichtung des Menschen in die Welt gekommen sind.
Dass wir sterben müssen, dass unser Körper vergehen wird, betrifft nicht nur uns Menschen, sondern die ganze Schöpfung, Tiere und Pflanzen, die ganze Welt.
Von Anfang an war es anders bestimmt und anders gedacht.
Durch die Sünde kam der Tod in die Welt, mit ihm die Angst, der Schmerz und das Leiden. Davon sind wir auch als Christen, auch als Kinder Gottes nicht ausgenommen.
Das Ängsten, von dem der Apostel Paulus hier spricht, meint wörtlich "in den Wehen liegen".
Was wir hier an Angst und Schmerzen empfinden, sind die Geburtswehen der neuen Schöpfung.
Jesus selbst hat gesagt, dass nur durch die Wiedergeburt, nur durch eine Neuschöpfung der Weg zum ewigen Leben möglich ist.
Neu geboren werden wir als Menschen dort, wo wir uns durch Jesus den Weg zum ewigen Leben zeigen lassen, wo wir darauf vertrauen, dass er für uns am Kreuz unsere Schuld bezahlt hat, dass er die Strafe, die uns gilt, auf sich genommen hat und dass der Auferstandene für uns den Tod besiegt hat.
Und das gesamte Neue Testament sagt sehr klar, dass es an Jesus Christus vorbei keine Rettung aus dem Tod gibt.
Warten heißt, an der Hoffnung festzuhalten
Und doch sagt Paulus, dass diese Hoffnung kein sichtbares Zeichen hat, an dem wir uns festhalten könnten.
Die Einzigen, für die diese Hoffnung sichtbar und fassbar war, waren die Jünger, die den Auferstandenen mit eigenen Augen gesehen haben, die seine Hände in seine Wundmale legen konnten und die mit eigenen Ohren gehört haben, was er ihnen gesagt hat: "Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker, tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie halten alles, was ich euch befohlen habe.
Seit der Himmelfahrt ist diese Hoffnung für uns nicht mehr sichtbar. Wir können Jesus Christus nur durch seinen Heiligen Geist erfahren, nur durch sein Wort, mit dem er zu uns redet, und mit dem wir uns an ihn wenden dürfen.
So sagt der Apostel Paulus: Unsere Hoffnung als Christen besteht nicht im Sehen, nicht im Schauen, sondern im Hören, im sorgfältigen und geduldigen Zuhören auf das, was Gott uns in seinem Wort verspricht.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und
Sinne in Jesus Christus. Amen
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