Predigt-Vaterunser 3

Sermon  •  Submitted
0 ratings
· 3 views
Notes
Transcript

Predigt Vaterunser

Liebe Gemeinde,
auf dem Fußballplatz gilt: Das Urteil des Schiedsrichters ist endgültig. Wenn ein Spieler durch den Strafraum segelt und dafür einen Elfmeter bekommt, können die anderen Spieler noch so sehr dagegen sein. Die Entscheidung des Schiedsrichters bleibt bestehen. Die Tatsache bleibt.
Wenn ein Stürmer listig gefoult wird und dann noch eine gelbe Karte bekommt. Bleibt auch die Entscheidung des Schiedsrichters ebenfalls eine Tatsache.
Manche unserer Mitmenschen meinen, dass Gott mit uns Menschen genauso handelt. Manche vertreten sogar die Meinung, dass Gott uns Menschen behandelt wie ein höhere Macht, die nicht mit sich reden lässt.
Doch wir Christen wissen, dass das nicht der Fall ist. Gott lädt uns ein mit ihm ins Gespräch zu kommen. Darum lehrt uns Jesus auch das beten, das Reden mit Gott. Er gibt uns ein Mustergebet. Es ist das Vaterunser.
Ich lese es nach dem Matthäusevangelium Kapitel 6:
9 Darum sollt ihr so beten: Unser Vater im Himmel! Dein Name werde geheiligt.
10 Dein Reich komme. Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.
11 Unser tägliches Brot gib uns heute.
12 Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
13 Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Liebe Gemeinde,
ich denke über 95% derer, die heute hier Gottesdienst feiern können dieses Gebet mit mehr oder weniger kleinen Abweichungen auswendig.
Diesem Gebet von Jesus kommt in unserem Leben und Glauben zentrale Bedeutung zu. Es steht in der Mitte der Bergpredigt. Nahezu in jedem Gottesdienst und in vielen Gemeindeveranstaltungen sprechen wir gemeinsam dieses Gebet.
Weil dieses Gebet so wichtig ist für uns wollen wir es heute einmal etwas anschauen. Was beten und was sprechen wir überhaupt?
Mancher unserer Zeitgenossen behauptet, dass das Gebet eine Art Selbstgespräch und Selbstmotivation ist. Und dass es bestenfalls bis zur Decke geht, dass der Beter nur ein Gespräch mit sich selber führt. Darum verstehen viele Menschen heute das Beten als ein Zur-Ruhe-Kommen, als eine Selbstbesinnung. Sie möchten auf ihre innere Stimme hören.
Doch das Vater unser beginnt mit einer eindeutigen und klaren Anrede.
„Vater unser“ mit diesen beiden Worten wird eine wiete Tür geöffnet. Es gibt eine unzweideutige Anschrift bei der unser Gebet sein Ziel erreicht. So wie ein Brief, der an die richtigen Leute adressiert wurde.
Mancher unserer Mitmenschen hat aber mit der Anrede „ Vater unser“ seine liebe Not. Das ist begründet in unseren menschlichen und manchmal verzerrten Vaterbildern.
Die Erfahrungen mit unseren irdischen Vätern haben sich tief in unser Gedächtnis und unsere Seele eingeprägt und dann unsere Vorstellungen geprägt. Von diesen irdischen Vatererfahrungen schließen viele auf Gott. Da aber die irdischen Väter so grundverschieden sind, kann dieser Weg nur ein Irrweg sein.
Auf der einen Seite herrscht ein Vater in tyrannischer und autoritärer Art und Weise. Auf der anderen Seite verhält er sich gleichgültig. Und ein dritter ist oft recht launisch.
Da es eine recht vielfältige Art von Vätern gibt, können wir nicht einfach von gerade unserem zufälligen Vaterbild auf Gott schließen.
Im Gleichnis vom verlorenen Sohn zeigt uns Jesus viel mehr, was es heißt, dass Gott unserer Vater ist.
Einerseits zwingt uns Gott nicht seinen Willen auf und er lässt uns schweren Herzens ziehen. Andererseits hält er Ausschau nach dem verlorenen Sohn und er läuft dem heimkehrenden Sohn entgegen. Und er nimmt den umkehrenden Sohn trotz dessen Versagen wieder auf.
Diesen einen Vater, der uns liebt und der auf unsere Einsicht wartet, den rufen wir im Vaterunser an. Durch dieses kleine Wort „unser“ wird dieses Gebet zu einem Gebet, welches die ganze Welt umspannt. Wir suchen im Vaterunser vergeblich nach den Worten „ich“ „mein“ und „mich“.
Jesus stellt uns in die große Gemeinschaft der Beter. Jesus holt uns aus unserer Vereinzelung heraus. Er stellt uns in die große Gemeinschaft der Beter, welche um die ganze Erde reicht.
Nun meint mancher unserer Mitmenschen, dass wir einen gütigen Vater im Himmel haben, als weit von uns entfernt. Und wir Menschen schlagen uns hier auf Erden mit unseren Problemen alleine herum. Doch wenn das Vaterunser vom Himmel spricht, ist eben nicht ein Sternhimmel, der viele Lichtjahre entfernt ist und den wir in der Ferne mit unseren Augen sehen, gemeint.
Nein mit Himmel ist die uns umgebende und nicht sichtbare Welt Gottes gemeint, die eben nicht dem Vergänglichen und dem Fehlerhaften unterworfen ist. Und dennoch ist dieser fehlerlose und himmlische Vater jedem von uns nahe. Er hört unser Beten. Gott hört unser Gebet.
Vielleicht möchte nun mancher erwidern: Was du hier sagst, das ist doch nur frommes Gerede. Das hat doch nicht mit meiner Wirklichkeit, mit meiner Lebenswirklichkeit zu tun. Meine Gebete werden doch so oft nicht erhört.
Mit dieser Erfahrung sind sie nicht allein. Denn auch mir geht es manchmal so. Doch im Nachhinein musste ich oft erkennen: Von Gott erbat ich, was mir gefällt. Und er gab mir das, was für mich gut war.
Darum beinhaltet der Glaube an die Erhörung unserer Gebete immer auch, das wir offen sind für Gottes bessere Lösungen.
Darum ist es gut, dass sich die ersten drei Bitten des Vaterunsers erst einmal all auf Gott beziehen. Gott steht in diesem Gebet an erster Stelle, und nicht unsere Wünsche und Bitten.
Auf alle Fälle soll Gott in unserem Leben die erste Geige spielen. Darum beten wir: „Geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.“
An einem Beispiel können wir uns die Bedeutung dieser drei Bitten verdeutlichen.
Wenn in unserem Staate etwas schief läuft, wenn zu viele Missstände herrschen, so fordern wir eine neue Regierung, die alles besser macht.
Genau genommen geht es hier bei diesen drei Bitten des Vaterunsers um so eine neue und bessere Regierung. Gott soll in unserem Leben regieren. Gott soll in unserem Leben die erste Geige spielen und den rechten Ton angeben.
Gott soll unser Leben bestimmen, damit man nicht mehr in Gottes Namen Krieg führt. Gott soll in unserem Leben regieren, damit wir auf ihn hören und so lernen, aufeinander zu hören. Denn Gottes Reich ist der Bereich, in dem Jesus Christus seine Herrschaft ausübt, in dem wir seine Liebe einüben und sein Wille geschieht. Denn Gott will, dass der Sonntag den Alltag bestimmt, und nicht umgekehrt.
Gott will, dass alle Menschen gerettet werden. Gott will, dass wir zu ihm beten und in seinen Willen einwilligen. Denn nur bei Jesus lerne ich, dass der Wille Gottes richtiger und wichtiger ist als mein eigener und oft eigensüchtiger Wille.
Hier lerne ich: Es ist gut, das Gott in der Regierung sitzt. Denn ich erbitte von Gott, was mir gefällt. Und ich bekomme von ihm, was doch gut für mich ist. Und das ist gut so.
Denn im Reich Gottes wird nicht zuerst nach dem eigenem Vorteil geschielt, sondern da regiert eine ganz neue Melodie: „Geben ist seliger als Nehmen!“
Oder wir drücken es etwas salopper aus: „Weitergeben ist besser als Hamstern.“
Einige bei uns leben auf diese Art und Weise, und da erleben wir es: Es muss nicht alles beim Alten bleiben. Wenn Gott regiert, gibt es neue und positive Veränderungen. Und dann steht am Ende unserer Zeit nicht etwa ein Weltuntergang, der alles Leben ein für alle mal beendet, sondern da wird Gott sein Reich neu in einer vollkommener Gestalt aufrichten. Dann wird es keine Tränen mehr geben und kein Leid wird mehr geschehen.
Doch heute leben wir in einer tränenreichen und leidvollen Welt, darum beten wir dann auch „Unser tägliches Brot gib uns heute.“
Genau in dieser vierten Bitte des Vaterunsers bitten wir um das, was wir zum Leben brauchen. Wir bitten Gott um die alltäglichen Dinge des Lebens. Und es kann uns trösten, dass wir wissen, wir können Gott um solche irdischen und weltlichen Dinge bitten.
Es tröstet uns, wenn wir wissen, dass wir Gott um seinen Segen für unsere tägliche Arbeit bitten dürfen.
Und zugleich sollten wir auch nicht überhören, dass Jesus uns bitten lehrt: „Unser tägliches Brot gib uns heute.“ Es geht um unser Brot, um Brot für alle, um Brot für die Welt. So beten wir hier gleichzeitig für die Menschen in Afrika, und wir sollen ihnen von unserem Überfluss abgeben.
Nun möchte Gott nicht nur für unsere Gegenwart da sein und für uns sorgen, sondern er will, dass auch unsere Vergangenheit ins Reine gebracht wird. Darum beten wir weiter: „Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.“ Genauso wie wir für unseren Leib das tägliche Brot benötigen, so ist unser inneres Leben abhängig von der Vergebung durch Gott. Darum stellt Jesus der Bitte um das tägliche Brot die Bitte um innere Befreiung zur Seite.
So haben wir alle diesen Trost der Vergebung notwendig. Denn es gibt in jedem Menschenleben unerledigte Ereignisse. In jedem Leben gibt es schuldhaftes Verhalten. Meistens versuchen wir darüber Gras wachsen zu lassen.
Unerledigt schlummert unser Versagen in unserem Unterbewusstsein. Doch wehe ein Gespräch oder ein Mensch erinnert uns an das längst vergangene Geschehene! Dann kommt dieses Vergangene wieder ganz real wieder in uns hoch. Die Psychologen unserer Tage haben erkannt, welch eine belastende Wirkung solche unerledigte Erfahrungen in sich tragen. Gerade beim Abendmahl bekennen wir unsere Schuld und hören den Zuspruch der Vergebung.
Nun hat genau diese Bitte um Vergebung noch einen Nachsatz. Auch wir sollen vergeben, wie uns vergeben wurde. Vergebung wird uns immer von Gott geschenkt, aber sie will sich in unserem Leben auswirken. Gottes Vergebung will bewirken, dass wir Menschen uns untereinander vergeben. Wenn wir Menschen die Hand zum Frieden verweigern, wird Gott uns auch nicht mehr vergeben und wir wir werden verbittern.
Nun mit der abschließenden Doppelbitte des Vaterunsers wendet sich das Gebet der Zukunft zu. Martin Luther soll einmal gesagt haben: „Mit der Bitte: Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern, lege ich mich schlafen, und mit der Bitte: Führe uns nicht in Versuchung , sondern erlöse uns von dem Bösen, stehe ich morgens auf.
Martin Luther will uns damit deutlich machen: Wie wir die Vergebung zur Bewältigung unserer Vergangenheit benötigen, so sind wir für unsere Zukunft auf Gottes Bewahrung angewiesen.
Das griechische Wort peirasmos, welches Luther im Vaterunser mit „Versuchung „ übersetzt hat, kann zwei verschiedene Bedeutungen haben. Das griechische Wort kann einmal Versuchung als Anfechtung, bzw. Probe bedeuten und andererseits als Verführung bedeuten. Im Vaterunser bitten wir Gott, dass er uns vor den listigen Verdrehungen des Teufels bewahrt. Wir bitten Gott, dass der Durcheinanderbringer uns nicht den Glauben an einen gütigen Vater rauben darf.
Wir werden als Christen Versuchungen in Form von Anfechtungen sicher immer wieder erleben, aber wir dürfen dessen gewiss sein, dass Gott es nicht zulässt, dass wir über unsere Kraft hinaus versucht werden. Der Satan besitz nur soviel Macht, wie es Gott zulässt.
Darum kann es uns in unseren Anfechtungen neuen Mut schenken, dass wir wissen, Gott begleitet uns im finsteren Tal. Er bewahrt uns. So wird er uns einst in seiner Ewigkeit endgültig von allem Bösen erlösen und befreien.
Und auf dieses ewige Reich dürfen wir uns heute schon freuen und in dieser Vorfreude beten: „Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit“.
Die Reiche dieser Welt vergehen, und menschliche Kräfte nehmen im Alter ab, denn mit der menschlichen Herrlichkeit ist es nicht weit her.
Doch Gottes Herrlichkeit trägt keine Spuren der Vergänglichkeit. Und Gott wird einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen, in der Friede und Gerechtigkeit wohnt. Und auf diese neue und bessere Welt dürfen wir uns schon heute freuen und um ihr Kommen bitten.
Amen.
Related Media
See more
Related Sermons
See more