Es wird Zeit!
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Es wird Zeit!
Predigt zum 1. Advent 2019 - Römer 13,8-12
8 Bleibt niemandem etwas schuldig, außer einander zu lieben! Denn wer seinen Mitmenschen liebt, hat das Gesetz schon erfüllt.
9 Dort steht : »Du sollst nicht ehebrechen! Du sollst nicht töten! Du sollst nicht stehlen! Du sollst nicht begehren!« Diese und all die anderen Gebote sind in dem einen Satz zusammengefasst »Liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst!«
10 Wer liebt, tut seinem Mitmenschen nichts Böses an. Darum wird durch die Liebe das ganze Gesetz erfüllt.
11 Ihr wisst doch, dass jetzt die Stunde schlägt! Es ist höchste Zeit für euch, aus dem Schlaf aufzuwachen. Denn unsere Rettung ist näher als damals, als wir zum Glauben kamen.
12 Die Nacht geht zu Ende, der Tag bricht schon an. Lasst uns alles ablegen, was die Finsternis mit sich bringt. Lasst uns stattdessen die Waffen anlegen, die das Licht uns verleiht.
Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und unserem Herrn und Heiland Jesus Christus. Amen.
Liebe Gemeinde,
sie haben in der Nacht tief und fest geschlafen. Dann ist es 5:00 Uhr und der Wecker klingelt. Er reißt sie mitten aus dem tiefen Schlaf oder aus einem ihren Lieblingsträumen heraus.
Was machen sie da? Springen sie dann fröhlich aus dem Bett oder drehen sie sich noch einmal um und warten auf ein zweites Klingeln oder haben sie dann ihren Wecker schon zerschlagen?
Und wie ist es, wenn sie an einem Tag etwas besonders Wichtiges vorhaben? Eine Prüfung vielleicht, ein Vorstellungsgespräch, eine Urlaubsreise oder ähnliches? Stellen sie da vielleicht auch zwei, drei Wecker, um es ja nicht zu verpassen?
Der Advent im Kirchenjahr ist so etwas, wie der Wecker für die kommende Weihnachtszeit. Denn sein Zweck ist es, uns von dem herrlicheren Ereignis, dem unglaublichsten Geschenk, der Wiederkunft Christi für sein Volk zu erwecken. Der Advent erweckt uns, dass wir in seinem Frieden leben können, auch wenn wir gespannt auf seine Wiederkunft, auf seinen zweiten Advent sind, so wie die Menschen damals auf seinen ersten Advent gewartet haben.
Damit wir das besser verstehen, hören wir Worte des Paulus an die Christen in Rom.
Wir lesen Römer 13,8–12 (LU)
8 Seid niemandem etwas schuldig, außer dass ihr euch untereinander liebt; denn wer den andern liebt, der hat das Gesetz erfüllt.
9 Denn was da gesagt ist : »Du sollst nicht ehebrechen; du sollst nicht töten; du sollst nicht stehlen; du sollst nicht begehren«, und was da sonst an Geboten ist, das wird in diesem Wort zusammengefasst : »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.«
10 Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses. So ist nun die Liebe des Gesetzes Erfüllung.
11 Und das tut, weil ihr die Zeit erkannt habt, dass die Stunde da ist, aufzustehen vom Schlaf, denn unser Heil ist jetzt näher als zu der Zeit, da wir gläubig wurden.
12 Die Nacht ist vorgerückt, der Tag ist nahe herbeigekommen. So lasst uns ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichts.
Liebe Gemeinde,
eigentlich müsste ich heute, wenn ich über den ganzen Text predige, besonders über das Verhältnis zwischen Gesetz und Liebe predigen. Es werde ja in unserem Predigttext eine ganze Reihe von Anweisungen für das Leben als Christ aufgezeigt. Doch heute am ersten Advent geht es uns in besonderer Weise um die beiden letzten Verse des Predigttextes:
11 Und das tut, weil ihr die Zeit erkannt habt, dass die Stunde da ist, aufzustehen vom Schlaf, denn unser Heil ist jetzt näher als zu der Zeit, da wir gläubig wurden.
12 Die Nacht ist vorgerückt, der Tag ist nahe herbeigekommen. So lasst uns ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichts.
1. Im wahrsten Sinne des Wortes Aufstehen!
Habt Ihr schon einmal unter einer schönen dicken Bettdecke im Bett gelegen und euch gefragt, warum in aller Welt ihr jemals aus dem Bett aufstehen müsst? Da liegst du, warm und gemütlich, halb im Traum versonnen und mit allem in Frieden. Du willst die Welt ignorieren und dich ignorieren lassen! Keine Telefonanrufe, keine E-Mails, kein WhatsApp, keine Aufgaben, keine Arbeit. Es gibt nichts anderes, nur dich, dein Kissen und die warme Bettdecke. Ahh ... und die Illusion des Friedens ... und die Illusion des "Lebens".
Es ist nur eine Illusion, denn früher oder später werdet ihr feststellen, dass euer Verdauungssystem die ganze Nacht über funktioniert hat! Dennoch liegst du da und merkst nicht einmal, wie oft du die Schlummer-Taste des Weckers gedrückt hast. So alle 9-Minuten kommt ja der Klingelton wieder, wenn man ihn nicht abstellt. Das habe ich gerade diese Woche im Internet gelesen.
Möglicherweise bist du gar nicht in der Lage wirklich bewusst die Snooze-Leiste zu drücken! Du machst es einfach.
So kann es auch manchmal in unserem realen Leben sein, mit Schuld und Sünde – mit dem Versagen vor Gott und Mensch.
Ja so kann es mit der Sünde sein als dem Zustand, der Trennung von Gott. Sie will uns betäuben in der Welt, indem sie uns vom Leben und von den Beziehungen ablenkt und uns ermutigt, uns nur auf unser eigenes Vergnügen, unseren eigenen Komfort und unsere eigene „Identität“ – sozusagen auf das eigene ich, auf die Selbstverwirklichung zu konzentrieren.
Der Sünder in uns überzeugt uns, dass diese Gedanken nicht so schlimm sind oder dass es nicht so schlimm seinen wird - zumal es ja jeder tut. Damit wir begeben in den moralische Schlummerzustand und versinken in unsere persönliche Wohlfühlzone der Sünde.
Darum steht hier jetzt eine aktive Aufforderung – „aufwecken“, „aufstehen“, „aufrichten“. Es erfordert unser Tun. Darum lasst nun unserer Füße auf den kalten Fliesenboden stellen, wo bei ja die meisten im Bad eine Fußbodenheizung haben, und die Dusche anmachen.
Paulus jedenfalls ermutigt die Christen in Rom dazu, wie er es auch in Ephesus und Saloniki getan hat. Und er ermutigt auch uns dazu.
2. Leg deinen Pyjama ab und zieh dich an!?
Die Nacht ist fast zu Ende, die Wiederkunft Christi ist näher gerückt als zu dem Zeitpunkt, als ihr das erste Mal an ihn glaubtet.
Paulus ermutigt die Gemeinde geistlich aufzuwachen, er fordert sie nun auf den Flanellschlafanzug auszuziehen:
12 Die Nacht ist vorgerückt, der Tag ist nahe herbeigekommen. So lasst uns ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichts. Römer 13,12 (LU)
Nehmen wir an, Du entscheidest dich dafür, am Morgen noch etwas im warmen Flanellschlafanzug abzuhängen. Du gehst in die Küche und machst Dir ein schönes Frühstück. Du kochst Dir Kaffee, machst dir ein schönes Brötchen mit Honig und Marmelade. Wie groß ist dann die Versuchung noch einmal in Bett zu kriechen oder wenigstens es dir auf der Couch bequem zu machen, und noch einmal ein kleines Nickerchen zu machen?
So ist die Sünde, das meint der Apostel Paulus, je näher wir ihr sind, desto mehr übt sie die Kraft der Versuchung auf uns aus.
Vielleicht gehen wir nicht zurück ins Schlafzimmer, sondern machen es uns auf der Couch bequem. Vielleicht werde ich nicht bei der Sünde mitmachen, aber wir werden uns davon überzeugen, dass es nicht so schlimm sein kann, „nur mal darüber nachzudenken“?
Paulus sagt den Christen: „Nein, Leute - Wacht auf! Stellt eure Füße auf die kalten Fliesen und erkennt den Unterschied zwischen Halbschlaf und Wachsein! Wenn ihr müsst, dreht die Dusche auf kalt und springen in sie hinein!
Erkennt den Unterschied zwischen einem durch Sünde gelähmten Leben und einem wirklichen Leben aus der Gnade Gottes heraus. Erkennt den unglaublichen Unterschied zwischen dem Leben in der Dunkelheit und dem Leben im Licht!
Eines meiner liebsten Adventslieder ist das Lied „Die Nacht ist vorgedrungen“ von Jochen Klepper. Dieses Lied nimmt unseren Bibeltext auf und wurde in einer Zeit geschrieben, wo viele Menschen sich von dem Schlaf des Nationalsozialismus einlullen ließen. Jochen Klepper mahnte schon von Anfang davor. Er war ja auch selbst betroffen:
Die Nacht ist vorgedrungen,
der Tag ist nicht mehr fern!
So sei nun Lob gesungen
dem hellen Morgenstern!
Auch wer zur Nacht geweinet,
der stimme froh mit ein.
Der Morgenstern bescheinet
auch deine Angst und Pein.
3. Lassen Sie sich nicht ablenken
Um wachsam zu sein, bedarf es einiger Dinge der Vorbereitung. Paulus fasst sie in zwei Punkten zusammen, dem Ablegen den Werken der Finsternis und dem Anlegen der Waffen des Lichtes
Die Werke der Finsternis, davon spricht Paulus immer, wenn er dann verschiedenen Sünden auflistet. Die „Werke der Finsternis“ sind Handlungen, deren man sich im Licht des Tages schämt. Da gehören zum Beispiel auch Eifersucht und Streit dazu, denn sie fesseln uns an sich und lassen uns so geistig einschlafen. Wie schnell verlieren wir dabei die Selbstbeherrschung, ob in Worten oder Taten.
Genau das ist nach der Bibel die Gefahr: Wenn wir unsere Zeit in Sünde verbringen, leiden unsere Beziehung zu Freunden, zu den Mitarbeitern, zur Familie und sogar zu Gott. Wir konzentrieren uns dann nur noch auf uns selbst, dass dann nur noch wir selbst zählen.
Deswegen ermutig uns Paulus diese Werke der Finsternis abzulegen.
4. Erkenne, dass du angezogen bist!
Wir sind nun gerade im Advent aufgerufen aufzuwachen. Wir sind gerufen aufzuwachen, um uns daran zu erinnern, dass Jesus Christus wiederkommt, dass der herrliche Morgen bald vor uns liegt.
Die Adventszeit ist eine gute Zeit sich von unserer Selbstzufriedenheit, von unserer hypnotischen Art, in Sünde zu leben, zu befreien und zu erkennen, dass das Leben mehr ist als die Illusion von Trost und Vergnügen der Sünde.
Stattdessen sollen wir uns mit Christus und seinen „Waffen des Lichtes“ bekleiden - um Ihn näher bei uns zu haben als unsere Sünde. Um zu erkennen, dass wir in unserer Taufe mit Christus angezogen haben und die Dunkelheit und Macht der Sünde weggespült wurde.
Das macht Paulus wenige Kapitel vorher in seinem Brief an die Römer deutlich:
Römer 6,3–6 (LU)
3 Oder wisst ihr nicht, dass alle, die wir auf Christus Jesus getauft sind, die sind in seinen Tod getauft?
4 So sind wir ja mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod, auf dass, wie Christus auferweckt ist von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, so auch wir in einem neuen Leben wandeln.
5 Denn wenn wir mit ihm zusammengewachsen sind, ihm gleich geworden in seinem Tod, so werden wir ihm auch in der Auferstehung gleich sein.
6 Wir wissen ja, dass unser alter Mensch mit ihm gekreuzigt ist, damit der Leib der Sünde vernichtet werde, sodass wir hinfort der Sünde nicht dienen.
Für Paulus geht es hier nicht um eine buchstäbliche militärische Schlacht, sondern es geht um unser christliches Leben, in dem Fleisch und Geist (Gal 5,17), Sünde und Gott (Röm 7,22–25) und letztlich Satan und Gott (Eph 6,11–17) gegeneinander kämpfen.
Die „Waffen des Lichts“ sind eine Verhaltensweise, die dem neuen Menschen der neuen Welt Gottes entspricht.
Die Erinnerung an unsere Taufe ist das beste Rüstzeug für das Leben mit den „Waffen des Lichtes“.
Deshalb hat uns Martin Luther jeden Morgen geraten, uns an sie zu erinnern. Damit wir uns der Realität bewusst sind, dass wir, obwohl wir Sünder sind, doch nicht gelähmt sind. Damit wir erkennen, dass wir in Jesus Christus leben, dass wir bei ihm das Leben in Fülle finden.
Das ist die Botschaft des Advents – der Ruf zum Aufwachen! Die Kraft Jesu Christi in uns zu verwirklichen, die uns von der Sünde zur Gegenwart Gottes befreit. Dass wir als Gottes Kinder leben.
Die Botschaft, dass er wiederkommen wird und uns in die Gegenwart des Vaters bringen wird, wo wir seine Herrlichkeit sehen werden. Darauf vertrauend lasst uns leben, nicht im Halbschlaf, sondern im wahren Frieden.
Zum Schluss noch eine jüdische Weisheit, die uns daran erinnert, was es heißt: wach als Gottes Kinder zu leben – so wie es der Apostel Paulus schon mit der Aufforderung zur Liebe im Predigttext tat:
Wann beginnt der Tag?
Ein alter Rabbi fragte einst seine Schüler, wie man die Stunde bestimmt, in der die Nacht endet und der Tag beginnt.
"Ist es, wenn man von weitem einen Hund von einem Schaf unterscheiden kann?" fragte einer der Schüler. "Nein", sagte der Rabbi. "Ist es, wenn man von weitem einen Dattel- von einem Feigenbaum unterscheiden kann?" fragte ein anderer. "Nein", sagte der Rabbi. "Aber was ist es dann?" fragten die Schüler.
"Es ist dann, wenn du in das Gesicht irgendeines Menschen blicken kannst und deine Schwester oder deinen Bruder siehst. Bis dahin ist die Nacht noch bei uns!"
Und der Friede Gottes, der unser Verstehen übertrifft und unsere Herzen und Gedanken in Christus Jesus schützen wird, sei mit euch.
AMEN