Sehen und gesehen werden!

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Predigt zum Gottesdienst in allen Kirchen

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Sehen und gesehen werden!

Predigt zum Gottesdienst in allen Kirchen
Lukas 19,1–10 (NGÜ NT+PS)
1 Jesus kam nach Jericho; sein Weg führte ihn mitten durch die Stadt.
2 Zachäus, der oberste Zolleinnehmer, ein reicher Mann,
3 wollte unbedingt sehen, wer dieser Jesus war. Aber es gelang ihm nicht, weil er klein war und die vielen Leute ihm die Sicht versperrten.
4 Da lief er voraus und kletterte auf einen Maulbeerfeigenbaum; Jesus musste dort vorbeikommen, und Zachäus hoffte, ihn dann sehen zu können.
5 Als Jesus an dem Baum vorüberkam, schaute er hinauf und rief: »Zachäus, komm schnell herunter! Ich muss heute in deinem Haus zu Gast sein.«
6 So schnell er konnte, stieg Zachäus vom Baum herab, und er nahm Jesus voller Freude bei sich auf.
7 Die Leute waren alle empört, als sie das sahen. »Wie kann er sich nur von solch einem Sünder einladen lassen!«, sagten sie.
8 Zachäus aber trat vor den Herrn und sagte zu ihm: »Herr, die Hälfte meines Besitzes will ich den Armen geben, und wenn ich von jemand etwas erpresst habe, gebe ich ihm das Vierfache zurück.«
9 Da sagte Jesus zu Zachäus: »Der heutige Tag hat diesem Haus Rettung gebracht. Denn«, fügte er hinzu, »dieser Mann ist doch auch ein Sohn Abrahams.
10 Und der Menschensohn ist gekommen, um zu suchen und zu retten, was verloren ist.«
Predigt zu 14. Sonntag nach Trinitatis „Sehen und gesehen werden!“
Zu Lukas 19,1-10
Gnade sei mit Euch und Friede von Gott, unserem Vater, und unserem Herrn und Heiland Jesus Christus.
Amen.
Liebe Gemeinde,
es hatte sich in Jericho herumgesprochen, dass er kommen wird, - Jesus.
Wo er ist, da wollen sie alle sein, da wollen sie hören, was er zu sagen hat. Zu Jesus kommen - die Beweggründe dazu sind recht unterschiedlich. Die einen waren nur neugierig, andere wollten etwas erleben, wollten dass ihre Wünsche und Sehnsüchte befriedigt werden.
Dann gab es Leute, die legten wirklich ihre Hoffnung in diesen Jesus.
Sie hofften, dass er der Messias und die Zukunft für das Volk Israel ist.
Auch an sein Ohr war es gedrungen, dass dieser Jesus kommt, obwohl man nicht mit ihn redete, ihn keines Blickes würdigte, an ihm vorbeiging.
Ihn nur dann ernst nahm, wenn er seines Amtes waltete. Wenn die Blicke der Leute töten könnten, wäre er längst tot, schon lange unter der Erde?
Er, der kleine Zachäus, der Zolleinnehmer, an der Zollstation in Jericho.
Das ist ja sein großes Lebensproblem, dass er klein ist, dass er nicht auffällt, dass ihn keiner wirklich ernst nimmt, dass man ihn so gar nicht im Blick hat. "Er hatte immer das Gefühl im Leben nicht nur der Größe nach zu kurz gekommen zu sein?" Vielleicht ist er darum Zöllner geworden, ein Kollaborateur der Römer. Das hat seine Situation einerseits noch verschärft, aber anderseits hatte er endlich er Macht, kann mit ihr spielen. Endlich müssen ihn die Leute ernst nehmen, ihn eines Blickes würdigen. Endlich müssen, die Leute ab und zu mal nach seiner Pfeife tanzen. Doch er spürt, dass sein Leben nicht rund ist, dass es da viele wunde Stellen gibt. Vieles, was er nach außen zeigt, ist in Wirklichkeit nicht echt. Ein gutes finanzielles Polster hat er sich ergaunert, aber sein Herz ist leer. Da hatte sich das Leben vor ihm versteckt.
Nun kommt er - dieser Jesus - nach Jericho. Wie alle Leute möchte auch er ihn sehen? Seine Beweggründe stehen zwar nicht im Text, aber Sensationslust und einfache Neugier können wir ausschließen. Wir spüren, dass da bei Zachäus mehr ist - die Sehnsucht nach dem Leben. Ihm wird aber die Sicht versperrt.
Die Sicht anderen versperren, das können wir Menschen ganz gut.
Wir tun das besonders gern, wenn wir etwas gegen andere haben, wenn wir ihnen eins auswischen wollen, wenn wir noch ein Hühnchen zu rupfen haben. Darum versperren die Leute dem kleinen Mann die Sicht. Sie wollen nicht, dass er Jesus sieht. Sie lassen jetzt einmal ihm gegenüber ihre Macht spielen.
Zachäus lässt sich aber nicht abbringen. Er lässt sich etwas einfallen. Er kämpft darum. Er steigt auf den Maulbeerbaum, um Jesus zusehen. So ein Baum hat auch etwas Gutes. Zachäus hat jetzt einen Platz, von dem er sehen kann, ohne dass er gleichgesehen wird. Er hat einen sicheren und geschützten Platz. Von hier kann er genau verfolgen, was abgeht. Mit einem gewissen Abstand sehen, was Jesus tut.
Zachäus hatte als jetzt einen guten Platz um zu sehen, wenn Jesus kommt und was er tat. Dann kommt der Augenblick, der sein Leben radikal veränderte. Es nützte nichts, dass er sich auf dem Maulbeerbaum versteckte. Jesus findet ihn in den entlegensten Winkeln. Auch uns findet er in den entlegensten Winkel unseres Lebens, da wo wir uns verstecken.
Jesus blickt Zachäus an und lädt sich ein: "Ich muss heute in deinem Haus zu Gast sein." Mancher würde sich jetzt aufregen, wieso sich jetzt Jesus selber einlädt. Die Leute damals regen sich darüber auf, das Jesus überhaupt zu dem Zöllner geht.
Für Zachäus ist jetzt klar: "Das ist die Chance meines Lebens." Endlich jemand der mich anblickt, der mich eines Blickes würdigt. Endlich jemand, der mich des Lebens würdigt.
Endlich jemand, der mir zeigt, dass mein Leben wertvoll ist.
Endlich jemand, dass mein Leben vor Gott wertvoll ist.
Endlich jemand, der mir sagt, dass auch ich ein Kind Gottes bin.
Als Jesus den Zachäus ansah, sah er mehr als nur den kleinen Menschen auf dem Baum. Er sah mehr als nur das erwartungsvolle Gesicht dieses Mannes, der nicht wusste, was ihm jetzt geschah. Er sah all die Not, all das Leid und all den Schmerz, was da im Herzen drin war. Und Jesus sah den Weg heraus, heraus dem Schlamassel des Lebens, hin zum Neuanfang zu einem neuen Leben mit Gott.
Dieser Weg geht nur über eins über die Gemeinschaft, über die Gemeinschaft, der von Gott begnadigten Sünder.
Genau diese biblische Geschichte zeigt uns, dass Christsein ohne Kirche und ohne Gemeinde nicht geht, weil Glaube und Lebensveränderung durch Gott immer in die Gemeinschaft zu anderen hinführt.
Die Leute damals haben gar nicht gemerkt, dass Jesus sich selbst bei Zachäus eingeladen hat. Sie haben sich darüber beschwert, dass er sich von einem Sünder einladen ließ. Aber zum Einladen war Zachäus am Anfang gar nicht in der Lage. Erst als Jesus die Initiative ergriff, als Jesus die Tür öffnete, öffnete er sein Lebenshaus. Er erkannte seine Schuld, bemühte sich um Wiedergutmachung. Sein Leben wurde erneuert.
Auch in unserem Leben gab es oder gibt es Augenblicke, die unser Leben radikal verändert haben. Augenblicke der Begegnung - da wo uns ein Mensch in den Blick kam. Vielleicht ist heute wieder so ein Augenblick.
Ein Augenblick - wenn wir von der biblischen Geschichte angesprochen über unser eigenes Leben nachdenken. Vielleicht hat uns Jesus auch schon so wie den Zachäus angesehen. Aber wir haben uns bisher nicht auf seinen Blick eingelassen. Wir sind bisher seinem Blick ausgewichen, weil das ja Konsequenzen und Folgen für uns und unser Leben hat.
Vielleicht müssten wir dann auch einiges Verändern oder Dinge in Ordnung bringen, wie der Zachäus. Für uns steht die Frage im Raum: Wollen wir das? Und wenn sie das, wollen dann ist heute ein guter Tag dafür für den Neuanfang mit diesem Jesus – und morgen?
Und Morgen ist Montag, dann darf sich das schon im Alltag bewähren – das ist nicht einfach. Aber mit Gottes Segen und Jesu Beistand ist es möglich.
Amen.
Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus unserem Herrn.
Amen.
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