Was macht man mit einem unfruchtbaren Weinstock?

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Was macht man mit einem unfruchtbaren Weinstock?

Liebe Gemeinde,
eigentlich sollte es ein schönes Liebeslied sein. Ein Liebeslied das eine wunderschöne Beziehung besingt. Vielleicht nicht die Beziehung zwischen Mann und Frau, wie wir es ja auch in manchen schönen Schlagern hören. Sondern es sollte ein Liebeslied sein, dass die Beziehung zwischen Gott und seinem Volk Israel beschreibt. Doch was dann herausgekommen ist, ist leider etwas ganz anderes. Es ist die Lebenswirklichkeit, die zwischen Gott und seinem Volk Israel damals zur Zeit des Propheten Jesaja bestand. Und diese war alles andere als gut und schön. Wir wollen davon hören und lesen darum aus Jesaja 5:
Jes 5, 1-7
Das Lied vom unfruchtbaren Weinberg
1 Wohlan, ich will von meinem lieben Freunde singen, ein Lied von meinem Freund und seinem Weinberg. Mein Freund hatte einen Weinberg auf einer fetten Höhe.
2 Und er grub ihn um und entsteinte ihn und pflanzte darin edle Reben. Er baute auch einen Turm darin und grub eine Kelter und wartete darauf, dass er gute Trauben brächte; aber er brachte schlechte.
3 Nun richtet, ihr Bürger zu Jerusalem und ihr Männer Judas, zwischen mir und meinem Weinberg!
4 Was sollte man noch mehr tun an meinem Weinberg, das ich nicht getan habe an ihm? Warum hat er denn schlechte Trauben gebracht, während ich darauf wartete, dass er gute brächte?
5 Wohlan, ich will euch zeigen, was ich mit meinem Weinberg tun will! Sein Zaun soll weggenommen werden, dass er kahl gefressen werde, und seine Mauer soll eingerissen werden, dass er zertreten werde.
6 Ich will ihn wüst liegen lassen, dass er nicht beschnitten noch gehackt werde, sondern Disteln und Dornen darauf wachsen, und will den Wolken gebieten, dass sie nicht darauf regnen.
7 Des HERRN Zebaoth Weinberg aber ist das Haus Israel und die Männer Judas seine Pflanzung, an der sein Herz hing. Er wartete auf Rechtsspruch, siehe, da war Rechtsbruch, auf Gerechtigkeit, siehe, da war Geschrei über Schlechtigkeit.
Das Bild vom Weinberg, der von seinem Besitzer gehegt wird, ist ein in der Bibel immer wiederkommendes Bild über die Beziehung zwischen Gott und seinem Volk Israel. Und seit Jesus und heute ist es auch ein Bild zwischen Jesus und die Gemeinde. Jesus sagte ja später: „Ich bin der Weinstock und ihr seid die Reben“.
Jesaja stimmt dieses Lied wie ein Liebeslied an, wie eine wunderschöne Ballade. Er singt als Freund des Bräutigams. Aber das Liebeslied wird ganz anders als erwartet, plötzlich zu einem Klagelied.
Da hatte sich ein Weinbergbesitzer liebevoll und mit akribischer Planung, mit ganzem Einsatz und mit Anstrengung bemüht diesen Weinberg zu pflanzen und zu pflegen: Er hat einen Zaun gebaut, die Steine gerodet, die besten Weinstöcke gepflanzt, einen Wachturm zum Schutz gebaut und die teuerste Weinpresse aufstellen lassen. Also die besten Voraussetzungen um einen guten Wein zu ernten. Die Arbeiter brauchen nur noch die Arbeit zu machen. Doch die Ernte misslingt. Statt schöne süße mit viel Saft gefüllte Trauben gibt es nur winzige, saure und verschrumpelte Trauben. Alles ist misslungen.
Wie schon gesagt, das Bild vom Weinberg finden wir in der Bibel immer wieder vor:
von den Arbeitern in dem Weinberg (Mt 20,1-16
die Söhne, deren Vater sie bittet in den Weinbergen zu arbeiten (Mt 21,28-32)
das Gleichnis von den bösen Weingärtnern Mt 21,33.46 in Anlehnung an unseren Bibeltext
Nun wendet sich das Lied hier eigentlich sogar direkt an die Zuhörer, und fordert sie heraus. Es fordert sie heraus ihre eigene Anklageschrift zu schreiben.
Genauso macht es auch Jesus in seinem Gleichnis von den bösen Weingärtnern, wie wir es im Evangelium gehört haben. Hier werden die Pharisäer und Schriftgelehrten herausgefordert.
Es geht in unserem Lied weiter mit der Enttäuschung. Gott ist enttäuscht. Er ist enttäuscht über sein Volk. Obwohl er es mit soviel Liebe gepflegt und gehegt hat, will es nichts mit ihm zu tun haben. Es wendet sich von ihm ab. Es lässt den lieben Gott einen frommen Mann sein.
Nun für das Volk war darum das Gericht unvermeidlich. Und in unserem Fall der Untergang bei den Assyrern – bis auf die Stämme Juda und Benjamin. Israel hat es durch sein Verhalten Gott gegenüber nahezu heraufbeschworen.
Vielleicht mag mancher mit Unverständnis reagieren. Aber wir sollten nicht den langen Weg vergessen, den Gott schon mit seinem Volk Israel hinter sich hatte. Wir dürfen das Liebesmühen und Liebeswerben Gottes um sein Volk Israel durch die Geschichte bis zu diesem Zeitpunkt nicht vergessen!
Doch jetzt war der Zeitpunkt, der Kairos, gekommen, wo er es anderen erlaubte seinen Weinberg zu zertrampeln. Das war der erste Schlag - der Untergang des Nordreiches Israel. Doch leider lernte davon der Rest des Volkes nichts. So dass er etwas mehr als 1 Jahrhundert später in die babylonische Gefangenschaft kam.
Aber ihr Lieben, unser Weinberglied macht uns auch klar, dass dieses kein leichtes Handeln Gottes ist, sondern, dass es ihm schwerfiel. Wie heiß es im Vers 7: „Des HERRN Zebaoth Weinberg aber ist das Haus Israel und die Männer Judas seine Pflanzung, an der sein Herz hing.“
Gottes Herz hängt an seinem Volk. Wir müssen uns das so vorstellen, dass das hier eine Entscheidung ist, wie wenn Eltern bei der Erziehung ihrer Kinder etwas entscheiden müssen für ihre Kinder, dass für den ersten Moment Schmerzen bereitet und auch ihnen als Eltern weh tut, aber doch für ihre Kinder das richtig ist.
So ist das Ganze dennoch ein Liebesbeweis Gottes, denn der Weinberg bleibt am Ende nicht wüst und leer, sondern es gab bei Gott auch wieder ein Neuanfang mit Israel. Dennoch ist es nicht mehr so, wie es vorher war.
Natürlich können wir sagen die Zeit des Alten Testamentes ist vorbei. Wir haben Jesus Christus. Sicher haben wir in gewisser Weise recht. Dennoch stehen wir mit solchen Aussagen ganz schnell in Gefahr selbstgefällig und auch arrogant zu werden. Wir sollten darum auch hören, dass selbst im Neuen Testament solche Worte stehen: „Denn wen der Herr lieb hat, den züchtigt er, und er schlägt jeden Sohn, den er annimmt.“ (Hebr 12,6)
Und wir werden auch erinnert, dass auch unser Verhältnis zu Gott nicht immer optimal ist. Ihr habt ja von der Gemeinde Laodicea gehört, die aus der ersten Liebe gefallen ist: „Ich habe gegen dich, dass du deine erste Liebe verlassen hast. Denke nun daran, aus welcher Höhe du gefallen bist, und tue Buße und tue die ersten Werke! Wenn aber nicht, werde ich über dich kommen und deinen Leuchter wegstoßen von seiner Stätte – wenn du nicht Buße tust. (Offb. 2,4-5) Darum wird sie aufgefordert umzukehren und mit Gott neuanzufangen!
Es steht also auch die Fragen als Gemeinde im Raum:
Wie sieht unsere Beziehung zu Gott aus?
Sind unsere Gottesdienste noch Gottesdienst Gott zur Ehre?
Wie sehen unsere Gottesdienste am Sonntag und unsere Gottesdienste am Montag aus?
Stimmen sie überein?
Wie stark ist denn unser eigener Glaube?
Können wir damit Bäume herausreißen oder Berge versetzen? Können wir den Versuchungen, welcher Art auch immer, widerstehen?
Im Korintherbrief im 10 Kapitel nimmt der Apostel Paulus das Volk Israel als warnendes Beispiel für das Versagen Gott gegenüber.
Er sagt dann: Leute lasst euch von diesem negativen Beispiel warnen. Und wörtlich schreibt er: „Darum, wer meint, er stehe, soll zusehen, dass er nicht falle.“ (1.Kor 10,12)
Natürlich gilt uns die Gnade Jesu Christi durch das Evangelium. Aber auch wenn uns das Evangelium Jesus Christi gilt, gilt uns nicht die Beliebigkeit. Evangelium bedeutet auch Herausforderung an uns und unser Leben. Man nennt das: Nachfolge und Heiligung.
Gordon MacDonald schreibt dazu: „In der Nachfolge geht es nicht darum, nette, freundliche Leute hervorzubringen, die nicht auffallen und niemals Ärger machen. Wir sollen Menschen sein, die sich von Jesus prägen lassen.“
Ehe in unserem Weinberglied der Weinbergsbesitzer, den Zaun vom Weinberg abreisen lässt, prüft er noch einmal, ob er alle nur möglichen Maßnahmen getroffen hat, damit gewährleistet wird, dass ja gute Trauben hervorgebracht werden können.
Man kann sich vorstellen, dass er da noch ein zweites Mal und noch ein drittes Mal die Checkliste durchgeht. Aber das Ergebnis ändert sich leider nicht.
Gott kommt zu dem Schluss: Israel hat mich vergessen, seinen Gott, der es aus Ägypten befreit und durch die Wüste geführt hat, der das Volk durch die Jahrhunderte bewahrt hat. Darum ist es gut und besser jetzt ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.
Und doch ist eben Gott nicht Gott, der eben nicht aus einer toten Wurzel einen neuen Spross wachsen lässt.
Für uns ist es Jesus Christus, Gottes eigener Sohn, der sogleich Weingärtner und Weinstock ist und von dem es heißt: „Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren.“ (Röm 5,8)
So haben wir eine Zukunft in Gottes Weinberg.
Amen.
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