Aufwachen!
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Aufwachen!
Aufwachen!
Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und unserem Herrn und Heiland Jesus Christus!
Liebe Gemeinde,
da ist Frau Müller. Sie ist eine erfolgreiche Mitarbeiterin in ihrer Abteilung.
An einem Sonntagabend klingelt bei ihr zu Hause das Telefon. Frau Müller hört überrascht ihren Chef am anderen Ende der Leitung. Er möchte mit ihr etwas Wichtiges besprechen. Aber eigentlich wäre dafür das Telefon nicht geeignet, meint er, und bittet sie schon einmal für den nächsten Morgen in sein Büro, aber dennoch er wolle es ihr schon mal auf diesem Weg sagen: Er würde sie sehr schätzen und traue ihr zu, die Leitung der Abteilung zu übernehmen. Das wolle er mit ihr am nächsten Morgen in Ruhe besprechen. Sie solle sich darauf schon mal einstellen.
Was meinen Sie, wird jetzt Frau Müller angesichts dieses Telefonates wohl denken und fühlen?
- Wahrscheinlich werden mir die meisten zustimmen, wenn wir mal annehmen, dass sie sich freuen wird, denn Frau Müller hat ja gerade ein großes Kompliment gehört. Sie wird von ihrem Vorgesetzten sehr geschätzt.
Vielleicht können wir uns jetzt Frau Müller schon mit guter Laune und einem Gläschen Sekt auf der Couch sitzend vorstellen.
Oder vielleicht wird es auch ganz anders sein. Sie ist von dem Gedanken erschrocken, ab morgen eine Abteilung zu leiten. Darum sitzt sie jetzt sinnend und nachdenkend auf dem Sessel: "Bin ich dem gewachsen, die Abteilung zu leiten?" So kann aus der einerseits lockenden Herausforderung auch Angst entstehen, auf dem neuen Posten zu versagen und das Vertrauen des Chefs zu enttäuschen. Solche ähnlichen Reaktionen könnten auch bei uns durch den heutigen Predigttext ausgelöst werden. Denn hier werden Menschen eine besondere Aufgabe zugetraut. Sie erfahren, dass sie besonders geachtet werden. Über diese Ehre können sie sich freuen. Sie erhalten die Aufgabe, die sich aus dem Zutrauen stellt, und können sie beherzt angehen. Sie können als Herausforderung und Bereicherung ihres Lebens ansehen.
Auf der anderen Seite aber ist auch die andere Reaktion möglich: Angst vor Versagen und Überforderungsgefühle können sich einstellen.
Hören wir, was im Epheserbrief im 5. Kapitel schreibt:
Epheser 5,8-14
8b Jetzt gehört ihr zum Licht, weil ihr mit dem Herrn verbunden seid. Verhaltet euch so, wie Menschen des Lichts sich verhalten.
9 Ihr wisst doch: Die Frucht, die vom Licht hervorgebracht wird, besteht in allem, was gut, gerecht und wahr ist.
10 Deshalb überlegt ´bei dem, was ihr tut,` ob es dem Herrn gefällt.
11 Und beteiligt euch unter keinen Umständen an irgendeinem Tun, das der Finsternis entstammt und daher keine guten Früchte hervorbringt. Deckt solches Tun vielmehr auf!
12 Denn was manche im Verborgenen treiben, ist so abscheulich, dass man sich schämt, es auch nur zu erwähnen.
13 Doch alles, was aufgedeckt wird, ist dann im Licht ´als das` sichtbar, ´was es wirklich ist`.
14 Mehr noch: Alles, was sichtbar geworden ist, gehört damit zum Licht. Deshalb heißt es auch: »Wach auf, du Schläfer, und steh auf von den Toten! Dann wird Christus sein Licht über dir leuchten lassen.«
Liebe Gemeinde,
sind das nicht Aussagen und Zusagen des Vertrauens, die uns Christen in einen besonderen Stand setzen, sozusagen befördern.
Da hat man vielleicht mehr den „erhobenen Zeigefingers eines Lehrers vor Augen als das vertrauensvolle und ehrende Zutrauen. Doch da sind sie - diese kleine Hausgemeinde in Ephesus und auch die anderen Christen in der Welt und auch wir hier – uns allen wir es zugetraut „Kinder des Lichtes“ zu sein.
Aus ehemaligen Heiden und Nichtchristen werden Kinder des Lichts. Menschen, die ganz unscheinbar und ein kleines Häuflein sind, strahlen diesen lebendigen Gott in die Welt hinein – zu allen Zeiten und an allen Orten. Die Gemeinde in Ephesus gemeinsam mit all den anderen Gemeinden zusammen bilden die Kirche. Sie verkörpert Gottes Anliegen mit der Welt. So wird erfahrbar, was Gott will.
"Ihr seid Kinder des Lichts, und nun lebt auch so!
Nun hat jeder Aufgabe auch ihren Anspruch, ihre Herausforderung. So wie es bei der Abteilungsleiterin im Einstiegsbeispiel der zukünftige Führungsstil sein wird ist es eben die Frage des Lebensstils bei den Kindern des Lichtes. Darum die Aufforderung des Apostels: "Ihr seid Kinder des Lichts, und nun lebt auch so!
Nun stellt sich für uns die Frage: Ist das eine freudige Herausforderung an uns, die wir annehmen, oder eine Überforderung, die uns eher Beklemmung bereitet?
"Ihr seid Kinder des Lichts, und nun lebt auch so!" "Nun, achtet darauf, dass ihr gütig, gerecht und ehrlich seid", antwortet darauf der Verfasser des Epheserbriefes. Lebt sozusagen in "gütigen Beziehungen"!
Gütige Beziehungen sind "fehlerfreundlich". Da wird nicht auf Mängeln und Versagen rumgehackt. Da wird das Gegenüber nicht auf seine Fehler reduziert, da werden vielmehr seine Möglichkeiten gesehen. Und da hat auch der Gedanke Raum: Was Du Schlimmes oder Schlechtes getan hast, das hätte ich eventuell auch getan. Es sind einstehende Beziehungen von Menschen, die wissen, dass sie Mängel haben und immer wieder Verzeihen brauchen.
Aber wie geht man dann mit den Fehlern um? Werden da dann unter den Tisch gebügelt? Der Apostel sagt dazu Nein“ und schreibt: „Deckt solches Tun vielmehr auf!“
Nehmt die Fehler und das Versagen ernst und schaut sie euch an. Wenn einem anderen Schlimmes angetan wurde, wird man mit den Folgen umgehen müssen. Dadurch verändern sich Beziehungen. Dem Verletzenden, würde ich sogar seine Würde nehmen, wenn ich das, was er oder sie getan hat, einfach so ausstreiche. Es ist befreiend, Schuld und Versagen ehrlich und offen zu erkennen und auszusprechen. Nur um das, was wieder gut zu machen ist, kann sich der Schuldige bemühen.
Doch bei allen muss uns bewusst sein, dass der "Dreiklang" von Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit wichtig ist. Alles drei gehört zueinander: "Wahrheit ohne Liebe ist kalt, Liebe ohne Wahrheit macht blind. Gerechtigkeit ohne Güte kann gnadenlos sein. Grenzenlose Güte ohne ein Maß von Gerechtigkeit kann schamlos ausgenutzt werden"
"Ihr seid Kinder des Lichts, und nun lebt auch so!"
Wo wir Menschen zutrauten, dass sie als "Kinder des Lichts" leben, da werden sie befähigt, sich selbst und andere aus einer neuen Sicht heraus zu sehen: Trotz ihrer Schuld und ihren Fehlern werden sie dennoch angenommen und geliebt. Sie dürfen entdecken, egal was sie vorher waren, ob sie Versager, Betrüger, Ehebrecher, Raffer, Verleumder, Egoisten usw. waren. Als "Kinder des Lichts" sind sie jetzt in einem neuen Stand, in einer neuen Berufung. Obwohl sie fehler- und mangelhaft sind, wird Ihnen in neuem Licht ihre "Möglichkeit" gezeigt. Dabei müssen sie nichts von ihren Bedürfnissen und Schwächen verstecken. "Kinder des Lichts" sind nicht makellos. Und Makelloses ist zwar einerseits schön, aber auch glatt und oft langweilig und lieblos. Darum können die "Kinder des Lichts" aber auch ihre "Schatten" würdigen, die uns ja auch vom Licht erzählen.
Wo wir aber nicht mehr mühevoll damit beschäftigt sind, aus eigener Kraft "in gutem Lichte dazustehen", da ist dann Raum für den und die andere, mit all ihren Sorgen, Freuden und Nöten. Wer sich angenommen fühlt, muss sich nicht mehr schämen. Er muss keine Kraft mehr einsetzen, um Fassaden aufzubauen und Versteck zu spielen. Er kann, weil ein anderer zu ihm "ja" gesagt hat, so wie er ist, sich selbst - mit allen "Macken" - gelten lassen. Er muss keine Angst mehr haben, seine Ehre zu verlieren. Kinder des Lichts sind von ihr befreit, weil Gott sich in Jesus Christus zu ihnen stellt.
Der englische Schriftsteller Robert Cleaver Chapman schreibt dazu:
„Gottes Kinder sind ein Zeugnis für Ihn, sie sind Licht in dieser dunklen Welt; deshalb sollten sie so vom Geist Gottes erfüllt sein, dass sie wie Briefe Christi wirken, erkannt und gelesen von allen Menschen.“
"Ihr seid Kinder des Lichts, und nun lebt auch so!"
Gottes Risiko zu teilen werden wir hier eingeladen. Mit seinen Augen die Wirklichkeit sehen. Mit seinem Mund Einspruch erheben, wo Unrecht geschieht - im Großen wie Kleinen. Mit seinen Händen helfen, wo niemand sonst zupacken mag.
Mit seinen Füßen zu denen zu gehen, die am Rand stehen. - Und das alles mit unserer kleinen Kraft und großen Angst, mit unseren Fehlern und unserem Versagen. Gott lässt sich nicht von uns abhalten. Wir sind seine Kinder. Deshalb lässt er uns ausrichten: "Ihr seid Kinder des Lichts, und nun lebt auch so!"
Die Frage ist, ob wir das, was uns geschenkt und zugetraut wird, auch nutzen wollen.
Amen.