Gott ist Liebe und wirkt in uns!

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Gott ist Liebe und wirkt in uns!

Liebe Gemeinde,
„Gott ist die Liebe… drum sag ich‘s noch einmal. Gott ist die Liebe….“
Wie oft haben wir das schon gehört? Wir nicken mit dem Kopf und sagen: Ja, das ist schön. Gott ist die Liebe. „Gottes Liebe ist so wunderbar…“ - und einige Melodien fallen uns dazu ein.
Aber so einfach ist das nicht. Wir brauchen neu einen Zugang zu diesen schönen Worten und Bekenntnissen. Sonst berührt uns das nicht – und Wiederholung alleine genügt nicht.
Gott ist ein großes Wort und Liebe ist ein großes Wort.
Und wie das so ist mit den großen Worten – Containerworte nennt man sie – sie sind wie riesige Schachteln, auf denen die Begriffe stehen. Aber allein von der Schrift auf der Schachtel bekommen wir noch nichts von ihrem Inhalt mit. Wir können diese Kisten auch beruhigt verschlossen auf den Dachboden stellen – es geschieht nichts. Erst wenn wir bereit sind, diese „Containerwortkisten“ zu öffnen, dann entdecken wir vielleicht auch, was sie für uns heute Morgen bedeuten. Und das wollen wir in diesem Gottesdienst miteinander tun.
Als Predigttext hören wir Worte aus dem 1. Johannesbrief, Kapitel 4, 16 b-21.
(Lesung nach der Lutherübersetzung)
Gott ist die Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.
17 Darin ist die Liebe bei uns vollkommen, dass wir Zuversicht haben am Tag des Gerichts; denn wie er ist, so sind auch wir in dieser Welt.
18 Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus; denn die Furcht rechnet mit Strafe. Wer sich aber fürchtet, der ist nicht vollkommen in der Liebe.
19 Lasst uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt.
20 Wenn jemand spricht: Ich liebe Gott, und hasst seinen Bruder, der ist ein Lügner. Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, der kann nicht Gott lieben, den er nicht sieht.
21 Und dies Gebot haben wir von ihm, dass, wer Gott liebt, dass der auch seinen Bruder liebe.
Der Verfasser dieses kleinen Briefes möchte der Gemeinde ganz nah bringen: Gott ist Liebe, und deshalb bedeutet Glauben, Liebe zu leben.
Gott ist die Liebe und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.
Ein wunderschöner Satz. Eine so wohltuende Zusage. Gott ist die Liebe … Und das ist kein dogmatischer Begriff, sondern wir dürfen das so hören, wie es biblisch gemeint ist. Gott liebt dich und mich und jeden Menschen von ganzem Herzen. Unabhängig von der kulturellen und religiösen Prägung. Denn Gott hat die Menschen, nicht nur die Christen geschaffen.
Wir sagen in unseren Kirchen mit leichter Zunge: Gott ist die Liebe. Gleichzeitig sprechen wir ihm aber oft alles ab, was einen Liebhaber ausmacht: das Begehren, die Sehnsucht, die Bedürftigkeit, die Abhängigkeit.
Wenn Gott die Liebe ist, dann kennt er auch die Sehnsucht eines Liebenden, geliebt zu werden. Und die Freude über Liebeslieder. Liebeslyrik, Liebesgedichte, die an Gott gerichtet sind, die sind in der christlichen Mystik entstanden.
So wie dieses Liebeslied, dieses Liebesgebet von Johann Scheffler, der sich Johannes Angelus Silesius nannte – einer der bedeutendsten Vertreter dieser Mystik im 17. Jahrhundert.
„Ich will dich lieben, meine Stärke, ich will dich lieben, meine Zier, ich will dich lieben mit dem Werke und immerwährender Begier. Ich will dich lieben, schönstes Licht, bis mir das Herze bricht.
Ich will dich lieben, o mein Leben, als meinen allerbesten Freund; ich will dich lieben und erheben, solange mich dein Glanz bescheint; ich will dich lieben, Gottes Lamm, als meinen Bräutigam.“ (EG 400)
Gott ist die Liebe, diese wohltuende Liebe, die uns ganz erfüllen kann.
Es braucht Zeit, sich dieser Liebe Gottes zu öffnen. Gott fin-det mich schön und reich – mit all dem, was in mir und an mir ist … Sich lieben zu lassen ist ja ganz schön schwer. Sich Gutes tun zu lassen – ohne gleich sofort mit Gegenliebe reagieren zu müssen, ist auch schwer.
Aber – je mehr ich mich der Zärtlichkeit Gottes aussetze, je erfüllter ich bin von Gottes liebender Gegenwart, umso größer wird meine Dankbarkeit.
„Ich danke dir, du wahre Sonne, dass mir dein Glanz hat Licht gebracht; ich danke dir, du Himmelswonn, dass du mich froh und frei gemacht; ich danke dir, du güldner Mund, dass du mich machst gesund.“ So formuliert es Angelus Silesius (EG 400, 5)
Wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott…
Das gilt nun auch als Leitsatz für die Beziehungen, die wir leben, für unseren Umgang mit den Menschen, mit denen wir es zu tun haben, für die Gestaltung unserer Liebesbeziehungen, die ja auch eine große Herausforderung sind. Ob in den Beziehungen Liebe konkret wird, das ist das Entscheidende – ganz unabhängig von vielen unseligen Diskussionen, welche Beziehung anerkannt wird und welche nicht. Gott erkennt alles an, in dem spürbar wird: Gott ist die Liebe und wer in der Liebe bleibt der bleibt in Gott und Gott in ihm.
Es hört sich so wunderbar schlicht an. Wir wissen aber alle, wie schwer das ist: sowohl Gott gegenüber als auch unseren Mitmenschen gegenüber in der Liebe zu bleiben. Das ist kein Automatismus, das braucht Zeit, manche Gedanken und Gespräche und auch das Gebet. Manchmal braucht es auch einen Menschen, der uns dazu auffordert – so wie hier der Verfasser des 1. Johannesbriefes diese Gemeinde anschreibt.
Wir als Gemeinde heute Morgen fühlen uns von seinen Worten mit angesprochen:
„Ihr Lieben“ – so voller Herzenswärme beginnt er – „ihr Lieben, lasst uns einander liebhaben, denn die Liebe ist von Gott, und wer liebt, der ist von Gott geboren und kennt Gott.“ (Vers 7)
Von Gott geboren worden zu sein – ein schönes Bild! Und es passt auch so gut zu der diesjährigen Jahreslosung: „Ich will euch trösten wie einen seine Mutter tröstet.“ (Jesaja 66, 13). So mütterlich begegnet uns Gott in ihrer Liebe uns gegenüber.
Und dann wird das konkreter und auch christologisch ausgedrückt, welche Bedeutung das nicht nur für jeden einzelnen Menschen hat, sondern auch für uns als christliche Gemeinde:
„Darin besteht die Liebe: Nicht, dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt hat und gesandt seinen Sohn zur Versöhnung für unsere Sünden. Ihr Lieben, hat Gott uns so geliebt, dann sollen wir uns auch untereinander lieben. Niemand hat Gott jemals gesehen. Wenn wir uns untereinander lieben, so bleibt Gott in uns und seine Liebe ist in uns vollkommen.“ (Vers 10 - 12)
Nun fügt der Verfasser des Johannesbriefes aber noch eine andere Dimension ein. Er denkt darüber nach: Welche Auswirkung hat es, in der Liebe Gottes zu leben, sich von ihr anfüllen, berühren zu lassen?
„Darin ist die Liebe bei uns vollkommen, dass wir Zuversicht haben am Tag des Gerichts, denn wie er ist so sind auch wir in dieser Welt. Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus; denn die Furcht rechnet mit Strafe. Wer sich aber fürchtet, der ist nicht vollkommen in der Liebe.“ (Vers 17.18)
Furcht ist nicht in der Liebe…
Nochmal betont der Verfasser des Johannesbriefes, dass die Liebe Gottes wirklich immer gilt: – dass wir Zuversicht haben dürfen am Tag des Gerichts. Kein Grund zur Angst, diesem liebenden Gott zu begegnen.
Ja, wir werden uns vor Gott verantworten, was wir tun und reden und wie wir handeln; wie wir diese umfassende Liebe, aus der sie uns geboren hat, in unsrem alltäglichen Leben umsetzen konnten; wie viel durch uns an Menschenfreundlichkeit Gottes spürbar wurde – gegenüber den unterschiedlichsten Menschen, ganz unabhängig, woher sie kommen, wie sie geprägt sind, welche Religion sie haben …
Viele von uns wissen, was Furcht bedeutet. Nachts schlaflos zu liegen, dieses schwere Gefühl auf der Brust, auf dem Herzen zu spüren. Sich fürchten vorm kommenden Tag, vor den zu vielen Aufgaben, vor Konflikten, vor der eigenen Hilflosigkeit, vor Klassenarbeiten… - da wird es sehr eng in einem. Wenn sich ein Mensch fürchtet, dann engt sich sein Denken, sein Vertrauen, auch sein Glaube ein.
Furcht vor dem nächsten Tag, Furcht vor dem Älterwerden, Furcht vor dem Sterben, Furcht vor Krankheiten, Furcht vor Krieg, Furcht vor Terror; in manchen Beziehungen spielt auch die Furcht vor Gewalt eine große Rolle … - Wir könnten diese Liste beliebig lang fortsetzen…
Es gibt gute Gründe, sich zu fürchten – aber wir können uns nie aus der Furcht befreien, wenn wir uns von ihr alles diktieren lassen. Denn Furcht macht eng … und lähmt alle Möglichkeiten, Wege aus der Krise, aus den Konflikten, aus der Angst zu finden.
Aber wie gelingt das, sich nicht ganz von der Furcht besetzen zu lassen?
Im Gebet mit Gott im Gespräch zu bleiben. Oder besser: sich wie eine Blume Gottes Liebe zu öffnen - und der Furcht verbieten, sich an die Stelle Gottes zu setzen.
„Gott hat uns nicht einen Geist der Furcht gegeben“ Deshalb will ich mich auch nicht von diesem Geist der Furcht ganz besetzen lassen –, „sondern Gott hat uns einen Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit gegeben.“ So formuliert es der 2. Timotheusbrief. (1,7)
Fürchtet euch nicht! – Überall, wo Menschen dies glaubhaft anderen zusagen, da ist etwas von Gottes Gegenwart spürbar.
„Fürchtet euch nicht!“ Das ist wie in Gottes Schoß zu sitzen – ein Bild, das in vielen Psalmen vorkommt – und sich von Gott trösten lassen – ganz mütterlich … Um sich so stärken zu lassen. Um Wege aus der Furcht zu finden.
Gott ist in der Liebe und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm und in ihr. Wenn jemand sagt: Ich liebe Gott, und hasst seinen Bruder oder seine Schwester, ist er ein Lügner. Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er gesehen hat, kann nicht Gott lieben, den er nicht gesehen hat.
Dieser Glauben an Gottes umfassende Liebe ist kein rosaroter Vorhang, der über alle Konflikte gehängt wird. Gottes Liebe stärkt vielmehr zu bestimmtem Verhalten und verweigert, wo sich Liebe in Hass verwandelt. Deshalb finden sich Christen und Christinnen ja auch überall dort, wo protestiert wird gegen Fremdenfeindlichkeit, gegen rassistische und terroristische und sexistische Aussagen und Handlungen. Deswegen gibt es in vielen Kirchengemeinden viele engagierte Menschen, die verstanden haben: Glaube an Gottes allumfassende Liebe bedeutet, ganz konkret die Menschen zu unterstützen und zu begleiten, die im Moment besonders unsere Hilfe brauchen: Kinder, Jugendliche, Erwachsene, die aus ihren zerstörten Ländern zu uns geflohen sind und neue Perspektiven brauchen.
Gott ist die Liebe und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.
Lasst uns genügend Zeit nehmen, uns von dieser umfassenden Liebe neu erfüllen zu lassen.
Amen
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