Die Hab-Acht-Stellung der Jünger Jesu
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Die Hab-Acht-Stellung der Jünger Jesu
Die Hab-Acht-Stellung der Jünger Jesu
Liebe Gemeinde,
vielleicht haben Sie auch schon einmal das Gefühl gehabt festzusitzen, irgendwie festzusitzen zwischen zwei Dingen oder wie man auch sagt, zwischen zwei Stühlen zu sitzen.
Man weiß eigentlich nicht mehr so richtig, wie es weitergeht. Solche Situationen kennen wir doch sicher alle in unserem Leben. Da hört man in einer Firma auf und hat doch noch keine neue Arbeit.
Oder man hat die Wohnung gekündigt, aber die neue ist noch nicht bezugsfertig.
Oder man hat ein Fest in Aussicht und hat einen Partydienst bestellt. Aber der zögert seine Zusage hinaus.
Bei mir war es vor einiger Zeit mit der Baufirma, die unsere Balkonterrassen am Haus bauen wollte. Sie hatte zugesagt, aber sie kam und kam nicht. Am liebsten hätte ich eine andere Firma bestellt.
Ja und in so einer ungefähren Situation befinden sich gerade die Jünger von Jesus in der Zeit zwischen Himmelfahrt und Pfingsten.
Himmelfahrt ist gewesen und ihr Herr und Meister Jesus ist weg – er ist im wahrsten Sinne des Wortes in den Himmel gefahren. Von einer Wolke weggenommen. Jetzt ist er als endgültig weg!
Aber er hat sie eben in eine Hab Acht-Stellung gesetzt! In so eine Stellung, wie man sich eben fühlt, wenn etwas passieren wird, auf das man noch warten muss. Und man weiß noch nicht so richtig, was kommt.
So warten die Jünger jetzt auf Pfingsten – auf das Kommen des Heiligen Geistes – auf die Kraft aus der Höhe, die ihnen die Vollmacht gibt, nach der Botschaft von Jesus zu leben, und diese Botschaft, das Evangelium bis ans Ende der Welt zu verkünden, so das Menschen angesprochen werden und zum lebendigen Glauben an Jesus Christus finden.
Die Hab-Acht-Stellung der Jünger Jesu und ihr Warten auf das Kommende war mit Sicherheit kein hochmütiges Auftreten, sondern erwartungsvoll und demütig.
Und genau zu solch einer Haltung werden wir heute durch den Apostel Paulus im Epheserbrief Kapitel 3,14-21 ermutigt. Dabei geht er von sich selbst und seiner Haltung aus. Er beginnt gleich mit einer demütigen Aussage.
Ich lese den Predigttext nach der Neuen evangelistischen Übersetzung:
14 Deshalb knie ich mich hin vor dem Vater,
15 dem jede Familie im Himmel und auf der Erde ihr Dasein verdankt:
16 Er möge euch nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit mit Kraft beschenken, dass ihr durch seinen Geist innerlich stark werdet;
17 dass Christus durch den Glauben in euren Herzen wohnt und ihr in seiner Liebe fest eingewurzelt und gegründet seid;
18 damit ihr zusammen mit allen, die von Gott geheiligt sind, imstande seid, das ganze Ausmaß zu erfassen, seine Breite, Länge, Höhe und Tiefe;
19 und zu erkennen, was alle Erkenntnis übersteigt: die unermessliche Liebe, die Christus zu uns hat. So werdet ihr bis zur ganzen Fülle Gottes erfüllt werden.
20 Dem, der so unendlich viel mehr tun kann als wir erbitten oder erdenken und der mit seiner Kraft in uns wirkt,
21 ihm gebührt die Ehre in der Gemeinde und in Jesus Christus von Generation zu Generation in alle Ewigkeit. Amen.
14 Deshalb beuge ich vor dem Vater meine Knie. 15 Jeder Stamm und jedes Volk im Himmel und auf der Erde erhält seinen Namen von ihm. 16 Er soll euch so ausstatten, wie es dem Reichtum seiner Herrlichkeit entspricht: Durch seinen Geist soll er euch in eurer innersten Überzeugung fest machen. 17 Denn Christus soll durch den Glauben in euren Herzen wohnen. Und ihr sollt in der Liebe verwurzelt und fest auf ihr gegründet bleiben. 18 So könnt ihr sie zusammen mit allen Heiligen in ihrer Breite, Länge, Höhe und Tiefe erfassen. 19 Ihr werdet auch in der Lage sein, die Liebe von Christus zu erkennen, die alle Erkenntnis übersteigt. Auf diese Weise werdet ihr Anteil bekommen an der Gegenwart Gottes. Sie wird euer Leben ganz erfüllen. 20 Dank sei Gott, der die Macht hat, unendlich viel mehr zu tun – weit mehr als alles, was wir von ihm erbitten oder uns ausdenken können. So groß ist seine Macht, die in uns wirkt. 21 Er regiert in Herrlichkeit in seiner Gemeinde – das heißt: in der Gemeinschaft derer, die zu Christus Jesus gehören. Das gilt für alle Generationen auf immer und ewig. Amen.
Der Apostel Paulus hätte an dieser Stelle ganz anders den Ephesern gegenüber auftreten können und hätte von seinen Erfolgen sprechen können, die er als Evangelist und Missionar in Kleinasien hatte. Sicher gibt es da auch noch die dunkle Seite in seinem Leben, weil er auch einmal die christliche Gemeinde verfolgt hat und sogar dachte, damit dem lieben Gott einen Gefallen zu tun. Aber umso mehr war er danach als Missionar aktiv und wirkte und baute neue Gemeinden.
Doch bei allem missionarischen Tun und Eifern für Gott, was auch eine ganze Menge Widersacher auf die Oberfläche rief, für ihn war klar. Es ist nicht in erster Linie sein Verdienst, sondern Gottes Gnade.
Darum spricht er hier gerade, wo er für die Gemeinde betet, davon, dass er sich vor Gott dem Vater niederkniet und demütig für die Gemeinde betet.
Er betet hier für eine Gemeinde, die er gegründet hat. Darum liegt ihm diese Gemeinde sehr am Herzen. Und schon stellt sich auch für uns heute die Frage: „Wie sehr liegt uns unsere Gemeinde am Herzen?“ „Beten wir für Sie?“ Beten wir für die Menschen in unserer Gemeinde? Nur da wo Menschen in eine Gemeinde beten, kann auch in der Gemeinde wieder neues Leben entstehen! Beten wir für die Menschen, die uns am Herzen liegen.
Und wir entdecken auch bei Paulus, dass nicht nur die Jünger bis Pfingsten in einer Hab-Acht Stellung sind, sondern dass auch die nachpfingstliche Gemeinde ja auch die Gemeinde heute und auch unsere Gemeinde hier in einer Hab-Acht-Stellung sein sollte. Christsein ist immer ein Leben in einer Art Hab-Acht Stellung. Die Aussage Jesu im Garten Getsehmane zu seinen Jüngern „Wachet und betet, dass ihr nicht in Anfechtung fallt! (Mt 26,41) gilt zu allen Zeiten.
Und der Dreieinige Gott will immer und überall wirken, durch uns seine Gemeinde.
Natürlich ist das Leben nicht immer Sonnenschein, das haben wir ja auch in der vergangenen Woche bei den Bibelimpulstagen über Joseph gehört.
Auch in einer christlichen Gemeinde läuft nicht immer alles glatt. Da gibt es Anfeindungen von außen und auch von innen. Das musste damals der Apostel Paulus und die Gemeinde in Ephesus und das müssen auch wir heute erleben.
Wir singen ja manchmal das Lied „Ein Schiff das sich Gemeinde nennt“ Da heißt es in der ersten Strophe:
Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt, fährt durch das Meer der Zeit.
Das Ziel, das ihm die Richtung weist, heißt Gottes Ewigkeit.
Das Schiff, es fährt von Sturm bedroht durch Angst, Not und Gefahr,
Verzweiflung, Hoffnung, Kampf und Sieg, so fährt es Jahr um Jahr.
Und immer wieder fragt man sich: Wird denn das Schiff bestehn?
Erreicht es wohl das große Ziel? Wird es nicht untergehn?
Wenn wir das alles bedenken, dann ist es uns verständlich, wenn Paulus in seiner Fürbitte für die Gemeinde betet:
„Gott möge euch nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit mit Kraft beschenken, dass ihr durch seinen Geist innerlich stark werdet.“
Es sind sehr oft Belastungen und Anfeindungen in der Gemeinde und bei uns auch als Christen da. Sie sind da, das wir wachsen und stärker werden.
Axel Kühner schreibt dazu eine kleine Anekdote:
Eine Last, die stark macht
Eine Legende aus der Sahara erzählt, dass ein missgünstiger Mann in einer Oase eine besonders schöne junge Palme heranwachsen sah. Da er von Neid auf alles Junge, Hoffnungsvolle erfüllt war, wollte er die schöne Palme verderben. Er nahm einen schweren Stein und legte ihn mitten auf die junge Krone. Der junge Baum schüttelte sich, aber es gelang ihm nicht, den Stein abzuwerfen. Da entschloss er sich, mit der Last zu leben. Er grub seine Wurzeln tiefer in die Erde, so dass die Äste kräftig genug wurden, den schweren Stein zu tragen.
Nach Jahren kam der Mann zurück, um sich an dem verkrüppelten Baum zu erfreuen. Aber er suchte ihn vergebens. Die Palme, inzwischen zur größten und stärksten der ganzen Oase herangewachsen, sagte zu dem Mann: "Ich muss dir danken, deine Last hat mich stark gemacht!"
So können Anfechtungen und Widerstände eine Gemeinde stark machen, die diese im Glauben an Gott und an Jesus Christus tragen und sie ihm im Gebet anbefehlen. Das gilt auch für den einzelnen Christen.
Vielleicht sind wir nicht, wie Hiob, denn er hat nach seinen extremen Schicksalsschlägen vom Verlust von Besitz und Reichtum und dem Tod seiner 10 Kinder immer noch sagen können: „Ich bin nackt von meiner Mutter Leibe gekommen, nackt werde ich wieder dahinfahren. Der HERR hat's gegeben, der HERR hat's genommen; der Name des HERRN sei gelobt! (Hiob 1,21)
Aber es geht um den Glauben an Gott, der durch die Krisen hindurchträgt – auch die Gemeinde. So sind es vier wichtige Punkte, die eine Gemeinde voranbringen:
Durch den Geist Gottes und sein Wirken in der Gemeinde soll sie stark werden.
Durch den Glauben soll Jesus Christus fest in den Herzen der Gläubigen wohnen sein
Seine Liebe soll in den Gläubigen fest eingewurzelt und gegründet sein
Ein Leben in der Heiligung vor Gott, damit wir die ein Stück der Größe und Herrlichkeit Gottes erkennen, besonders die unermessliche Liebe, die wir als Christen durch Jesus Christus erfahren.
Gerade erstelle ich für das Diakonat unseres Kirchenkreises ein Roll-Up – das ist so eine Art Werbeständer.
Auf diesem Roll-UP kommt ein Wort zweimal vor – was auch ins Auge sticht - es ist das Wort Nächstenliebe. Sicher ist es der Auftrag der Diakonie. Aber Diakonie ist eben nicht losgelöst von der Gemeinde zu sehen, sondern sie ist wichtiger Bestandteil der Gemeinde. Und heute umso mehr, weil wir durch sie Menschen erreichen, die wir mit unserer Wortverkündigung nichtmehr so einfach erreichen.
Doch auf dem Roll-Up ist noch mehr zu lesen. Da steht auch die Motivation, warum wir als Gemeinde diakonisch aktiv sind, warum wir wirken.
Jesus sagt: „Das habt ihr mir getan!“
Unsere Liebe zum Nächsten ist sogleich die Liebe zu Gott, aber das ist nur möglich, weil Jesus es ist, der uns zuerst geliebt hat. Weil wir diese unermessliche Liebe Gottes durch Jesus Christus erfahren, können wir diese Liebe an den anderen weitergeben.
Das macht uns dann als Gemeinde und als Christen einmalig. Es macht uns aber nicht hochmütig, denn wir bleiben dennoch Menschen, die wie der Apostel Paulus demütig vor Gott treten, weil wir wissen, alles, was wir haben, und alles, was wir können, verdanken wir nicht uns selbst, sondern dem Wirken des lebendigen Gottes und seines Geistes, der zu Pfingsten gekommen ist, um in uns den Glauben zu wirken.
Darum lasst uns als Gemeinde im Vertrauen auf Gott lebendig sein und hoffen, dass er in und durch uns wirkt.
Amen.