Der Glaube einer Fremden
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Der Glaube einer Fremden
Der Glaube einer Fremden
Liebe Jubelkonfirmanden, liebe Gemeinde,
sie sind heute hier in unserer Zipsendorfer Kirche, um Ihrer Konfirmation zu gedenken, die Sie vor 50 oder 55 oder 65 Jahren hier in dieser Kirche begangen haben.
Seitdem hat sich Vieles im Leben verändert. Sie sind älter geworden. Haben Kinder und Enkelkinder bekommen. Manches Schöne und Gute haben Sie erfahren. Aber auch manchen Schicksalsschlag mussten Sie hinnehmen oder sogar durchleiden. Manches ging sogar bis an den Rand der Verzweiflung. Vielleicht haben Sie sogar mit Gott und dem Glauben an Jesus Christus gehadert oder eventuell abgeschlossen und sind eigentlich heute nur hier in der Kirche wegen ihrer ehemaligen Mitkonfirmanden.
Da sind sie vielleicht auch der Meinung, dass, wenn es einen Gott wirklich gäbe, dann muss er zu ihnen ganz persönlich in ihrem Leben NEIN gesagt haben. Wenn das so ist, dann kann ich sagen, dann sind sie heute erst einmal in guter Gesellschaft. Denn da gibt es tatsächlich in der Bibel eine Frau, die das auch so ähnlich erlebt hat. Da hat doch Jesus zu ihrer Bitte radikal NEIN gesagt. Wie es dann weitergeht lese ich ihnen einmal aus Matthäus 11, 21-28 vor:
Der Glaube einer Nichtjüdin
21 Jesus machte sich wieder auf den Weg und zog sich in das Gebiet von Tyrus und Sidon zurück.
22 Da kam eine kanaanäische Frau aus jener Gegend und rief: »Herr, du Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir! Meine Tochter wird von einem Dämon furchtbar gequält.«
23 Aber Jesus gab ihr keine Antwort. Schließlich drängten ihn seine Jünger: »Erfüll ihr doch die Bitte, sie hört ja nicht auf, hinter uns herzuschreien!«
24 Er aber entgegnete: »Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Volkes Israel gesandt.«
25 Da kam die Frau näher, warf sich vor Jesus nieder und bat: »Herr, hilf mir!«
26 Jesus wehrte ab: »Es ist nicht recht, den Kindern das Brot wegzunehmen und es den Hunden vorzuwerfen.« –
27 »Das stimmt, Herr«, erwiderte sie, »aber immerhin fressen die Hunde die Brotkrumen, die vom Tisch ihrer Herren herunterfallen.«
28 Da sagte Jesus zu ihr: »Frau, dein Glaube ist groß! Was du willst, soll geschehen.« Von diesem Augenblick an war ihre Tochter gesund.
Jesus ist mit seinen Leuten unterwegs und es wird klar gesagt, dass er im Ausland ist. Aber auch im Ausland hört man von ihm und seinem Wirken. Darum kann man es nicht verdenken, dass da auch dort Leute zu Jesus kommen und ihn um Hilfe bitten.
Darum kommt auch eine ausländische Frau zu Jesus und bittet ihn um die Heilung ihrer Tochter. Sie hat sicher schon vorher alles versucht, was möglich war, damit der Tochter geholfen wird.
Eltern, die ein krankes Kind haben, können den Sorgen dieser Frau sicher jetzt richtig nachfühlen. Da war sie vielleicht bei allen Priestern und Rabbis, denn die waren für die Gesundheit zuständig. Doch keiner konnte ihnen helfen. Und da sie ja eine Nichtjüdin war, war sie sicher auch vorher bei den Medizinleuten ihres Volkes. Vielleicht auch noch bei manchen angeblichen Wunderheilern. Sie hat Zeit und Geld geopfert. Nichts hat sie unversucht gelassen für ihre Tochter.
Und jetzt kommt sie zu Jesus. Von ihm hat sie gehört, dass er wirklich heilen kann – und sie glaubt ihm. Sie glaubt seiner Botschaft und seiner Sendung. Ja sie kennt sich sogar mit dem jüdischen Glauben aus. So ruft sie nun Jesus um Erbarmen an.
Und was macht Jesus – er reagiert nicht. Wie oft haben wir vielleicht schon in unserem Leben zu Gott gerufen, gerade in besonderen Krisen und extremen Leben Lagen. Und was ist passiert? Wir haben dasselbe erfahren, wie die Frau. Er reagiert nicht einfach nicht. Stille – Totenstille – Keine Reaktion – Gott wo bist du?
Am Ende sind es die Jünger Jesus, denen die Frau auf die Nerven ging, die reagieren. Sie fordern nun Jesus auf zu handeln Doch Jesus verweigert es. ER sagt: „ NEIN“.
Bekommt da nicht jetzt uns Jesusbild einen Riss? Wird es da nicht auf einmal zu einem Zerrbild? Das kann doch nicht sein? Sagen wir nicht immer, Jesus ist für alle da und jetzt das? Jetzt handelt er so ganz anders als wir es erwarten?
Nun könnte mich herausreden und sagen, das ist hier der Jesus vor seiner Kreuzigung. Der nach der Kreuzigung ist für alle da. Das will ich aber nicht und ich werde dann auch Jesus nicht gerecht, denn es ist genau wichtig und richtig, dass wir hier diese Spannung und die Aussage Jesu mit seinen NEIN aushalten, auch wenn wir es für uns selber nicht gleich und sofort verstehen.
Denn genau in dieser Spannung zwischen dem NEIN von Jesus und dem Glauben der Frau passiert etwas. Die Frau lässt nämlich trotz des NEINs von Jesus nicht locker. Sie lässt nicht locker mit ihrem Glauben, sondern hält sie gerade trotz des NEINs fest. Denn sie spürt, hier bin ich trotzdem an der richtigen Adresse. Hier nur hier bekomme ich Hilfe.
Vielleicht ist es Ihnen in ihrem Leben auch schon so ergangen. Da waren sie an einer Sache dran und sie erlebten, dass sich eine Tür nach der anderen schloss. Aber sie blieben hartnäckig. Sie blieben dennoch an einer Sache dran und dann ergab sich ein ganz anderer Weg. Und dann war das genau der richtige. Es soll ja auch im normalen Leben solche Leute geben, wenn man die vorn hinauswirft, kommen die zur Hintertür wieder herein.
In meinem ersten Beruf wollte ich eigentlich Elektriker werden. Da bekam doch ich die Lehrstelle nicht, so dass ich nur noch Zerspaner lernen konnte, was nicht unbedingt mein Traumberuf war. Den konnte ich dann aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr lernen. Da wurde ich geführt (so muss ich es wirklich sagen) dass ich Fachinformatiker wurde. Dieser Beruf war dann wirklich mein Traumberuf und wer mich kennt, der weiß das.
Ich finde dann den anschließenden Dialog zwischen Jesus und der Frau wirklich toll.
Jesus wehrte ab: »Es ist nicht recht, den Kindern das Brot wegzunehmen und es den Hunden vorzuwerfen.« – »Das stimmt, Herr«, erwiderte die Frau, »aber immerhin fressen die Hunde die Brotkrumen, die vom Tisch ihrer Herren herunterfallen.«
Empfindliche Leute würden diesen Dialog heute als rassistisch bezeichnen. Nun es ist halt eine andere Zeit Aber vielleicht hilft denen die Übertragung aus der Volxbibel – die ja für Jugendliche gemacht ist:
„Euer Volk ist noch nicht dran“, antwortete Jesus. „Das wäre so, als wenn man den, der als Letzter in der Schlange vor der Supermarktkasse steht, einfach nach vorne lässt.“ „Sie haben ja recht“, meinte die Frau, „aber alte Omas und Kranke werden schon mal vorgelassen, oder?
Auf jeden Fall ein Ergebnis hat das Ganze: Jesus erkennt den Glauben der Frau und handelt. Weil die Frau sich nicht abbringen lässt, auch nicht durch Argumente und Schicksalsschläge, , weil sie der Sendung Jesu glaubt, weil sie den Weg des Glaubens sucht und ihn auch für sich und ihre Tochter gelten lässt, handelt Jesus an ihrer Tochter und macht diese gesund. Letztlich handelt Jesus auch an ihr, denn ihr Glaube an Jesus wird noch stärker. Für sie gilt was Johannes in seinem 1. Brief schreibt: „
„Denn alles, was von Gott geboren ist, überwindet die Welt; und unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.“ 1. Johannes 5,4
Der Glaube dieser Frau, der das NEIN von Jesus überwindet, ist eine Herausforderung an uns heute.
So werden wir heute gefragt, wie steht es mit unserem Glauben? Haben wir ihn noch? Oder ist er uns durch die Jahre hindurch verloren gegangen?
Einfach so, oder in Folge von Schicksalsschlägen oder weil wir einfach vom Weg des Glaubens abgekommen sind?
In unserem Pfarrbereich findet gerade in der Kirchgemeinde Lucka ein Glaubensseminar statt. Gestern war nach dem Schnupperabend, der eigentlich erste Abend. Da hatten wir das Thema: „Kann man Glauben lernen?“
Nun ein Ergebnis dieses Abends ist auf jeden Fall das Wissen, das an irgendetwas jeder Mensch glaubt. Auch der größte Atheist hat und braucht einen Glauben um sein Leben zu gestalten.
Das zweite Ergebnis ist, und das deckt sich ja auch mit der Geschichte des Predigttextes, dass es ein Wagnis ist, sich Gott anzuvertrauen. Aber auch das wird hier deutlich: Gott hat dieses Vertrauen letztlich nicht enttäuscht, auch wenn es durch „dunkle Täler" ging. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass er dieses Vertrauen verdient.
Darum können wir sagen: „Glauben heißt, einen Weg gehen und dabei Erfahrungen machen. Es heißt, an solchen Erfahrungen festhalten. Es heißt auch, auf einen zurückgelegten Weg zurückschauen können. Mit Zuversicht auf einen neu beginnenden Weg vorausblicken. Es heißt, den ganzen Verlauf eines Lebens in einer guten Hand bewahrt wissen. Es heißt, sich von Sorgen und Ängsten nicht den Mut abkaufen lassen. Auch Leichtigkeit bewahren und Humor, wenn Sie sich fragen, was denn groß und klein, was wichtig und was unwichtig sei."
Und noch eins sollten sie wissen: Glauben und Zweifel gehören zu unserem Menschsein. Wir sind eben als Menschen sowohl vernünftig (das finden die meisten) als auch begrenzt (das sieht nicht jeder ein). Wir erleben dauernd, dass es Bereiche gibt, in denen wir nur mit Glauben (und Zweifel!) existieren können.
Ich wünsche Ihnen, dass Sie sich ganz neu einlassen auf das Wagnis des Glaubens und mit diesem Jesus ganz neue Erfahrung machen und sich nicht von einem Nein gleich abschrecken lassen.
Denn Glaube der mit Gott etwas wagt, wird am Ende belohnt.
Amen.