Ihr spinnt! Ich glaubt das nicht!

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Ihr spinnt! Ich glaubt das nicht!

John 20:19–29 BB
19 Es war Abend geworden an diesem ersten Wochentag nach dem Sabbat. Die Jünger waren beieinander und hatten die Türen fest verschlossen. Denn sie hatten Angst vor den jüdischen Behörden. Da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte: »Friede sei mit euch!« 20 Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Die Jünger freuten sich sehr, als sie den Herrn sahen. 21 Jesus sagte noch einmal: »Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich jetzt euch!« 22 Dann hauchte er sie an und sagte: »Empfangt den Heiligen Geist! 23 Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie wirklich vergeben. Wem ihr sie aber nicht vergebt, dem sind sie nicht vergeben.« 24 Thomas, der auch Didymus genannt wird, gehörte zum Kreis der Zwölf. Er war nicht bei ihnen gewesen, als Jesus gekommen war. 25 Die anderen Jünger berichteten ihm: »Wir haben den Herrn gesehen!« Er entgegnete ihnen: »Erst will ich selbst die Wunden von den Nägeln an seinen Händen sehen. Mit meinem Finger will ich sie fühlen. Und ich will meine Hand in die Wunde an seiner Seite legen. Sonst kann ich das nicht glauben!« 26 Acht Tage später waren die Jünger wieder beieinander. Diesmal war Thomas bei ihnen. Wieder waren die Türen verschlossen. Da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte: »Friede sei mit euch!« 27 Dann sagte er zu Thomas: »Leg deinen Finger hierher und sieh meine Hände an. Streck deine Hand aus und leg sie in die Wunde an meiner Seite. Sei nicht länger ungläubig, sondern komm zum Glauben!« 28 Thomas antwortete: »Mein Herr und mein Gott!« 29 Da sagte Jesus zu ihm: »Du glaubst, weil du mich gesehen hast. Glückselig sind die, die mich nicht sehen und trotzdem glauben!«
Hallo und guten Tag zu unserem Gottesdienst nach dem Osterfest. Wie fühlen Sie sich heute, so eine Woche danach?
Sicher Sie haben heute einen anderen Gottesdienst erwartet, vielleicht noch etwas festlicher - die Verabschiedung von Frau Pfarrerin Müller und meine Einsegnung, wenigstens Kaffee und Kuchen gibt es nachher.
Wie fühlen Sie sich? Hat sich durch Ostern für Sie etwas verändert?
Das ist vielleicht die gleiche Frage, wie bei einem runden Geburtstag, also mal nicht ganz so alt: Wie fühlt man sich mit 30? Doch genau noch so wie mit 29!
Oder welche Veränderung gibt es denn beim Wechsel des Landes in Europa mit dem Auto z.B. nach Tschechien? – kaum welche, außer dass man am Tag zwingend mit Licht fahren muss, eine Vignette braucht, Ersatzglühbirnen haben muss, aber im Großen und Ganzen ist es ähnlich wie bei uns.
So stellen wir heute die Fragen: Hat sich durch Ostern wirklich etwas verändert? Stimmen denn die Feste überhaupt, die die Christen feiern? Oder ist alles nur eine schöne Geschichte über den Jesus?
Kommen wir da nicht doch zu den vielleicht etwas deftigen Schluss: " Ihr spinnt! Ich glaub das nicht!"
Wir hören heute drei Antworten, wobei die ersten beiden zur dritten führen, die das eigentliche Thema des Gottesdienstes ist.
Da ist der Anfang vom Ende der Angst
Sie kennen sicher das Spiel „Teekessel raten“. Da muss man mehrdeutige Worte suchen, wie z.B: „Ich denke an ein Wort, das ist sowohl ein Vogel als auch eine Berühmtheit.“ Die Antwort ist: „Star“. Oder: „Es ist sowohl ein Bewohner einer Stadt als auch eine Würstchensorte.“ – „Nürnberger.“
Warum sage ich das?
So ähnlich ist es mit dem Gruß von Jesus " Friede sei mit euch!“ Auch dieser ist mehrdeutig.
Fast selbstverständlich tritt Jesus unter die Jünger. Ich stell ihn mir fast wie ein 70iger Jahre Hippie mit dem PEACE-Gruß vor. Sein Gruß ist hier der typische jüdische Gruß, als wenn wir „Guten Tag“ sagen würden.
Der Auferstandene tritt unter die Jünger. Sie sind total verdattert.
Man muss sich vorstellen, da findet das größte Ereignis der Weltgeschichte statt. Und Jesus sagt einfach nur "PEACE", als wenn das alles hier das Selbstverständlichste von der Welt ist. Diese Szene ist fast ein wenig humorvoll.
Doch dann kommt das zweite „Friede sei mit euch!“
Dieses geht in die Tiefe.
Hier wird deutlich, dass der Friede Jesu ein anderer ist. Da wird deutlich, was Jesus an anderer Stelle im Johannesevangelium sagt: „Was ich euch zurücklasse, ist Frieden: Ich gebe euch meinen Frieden – einen Frieden, wie ihn die Welt nicht geben kann. Lasst euch durch nichts ´in eurem Glauben` erschüttern, und lasst euch nicht entmutigen! Joh 14,27
Der Frieden von Jesus hat einen anderen Charakter als den, den 1982 die Schlagersängerin Nicole besang:
„Ein bisschen Frieden, ein bisschen Sonne
für diese Erde, auf der wir wohnen.
Ein bisschen Frieden, ein bisschen Freude,
ein bisschen Wärme, das wünsch' ich mir.
Ein bisschen Frieden, ein bisschen Träumen
und dass die Menschen nicht so oft weinen.
Ein bisschen Frieden, ein bisschen Liebe,
dass ich die Hoffnung nie mehr verlier.
Das ist es eben nicht, hier geht es bei Jesus um mehr. Denn hier spricht der, der das erste und das letzte Wort über die Geschichte der Menschheit und die Geschichte des Universums und die Geschichte unseres eigenen Lebens sagt.
Hier spricht der, der dabei war, als diese Welt erschaffen wurde.
Hier spricht der, der dabei sein wird, wenn diese Welt übergeht, verwandelt wird in die neue Welt Gottes, die in Ewigkeit sein wird.
Jesus spricht - und er weiß, was er sagt, wenn er sagt: „Friede sei mit euch.“
Es macht einen Unterschied, ob jemand, der Autorität und Vertrauen genießt, so einen Satz sagt wie: „Es ist alles in Ordnung.“
Er, der die höchste Autorität genießt, sagt: „Friede“ – es ist alles in Ordnung. Am Ende werde ich diese Welt verwandeln, so wie ich jetzt die Grenze des Todes durchbrochen habe.’
Die Jünger, die es hören, haben auch später Angst, doch sie wurden alle zu Märtyrer für ihren Glauben.
Sie mussten fast alle für diesen Glauben an den auferstandenen Jesus mit ihrem eigenen Leben bezahlen.
Kann es da wirklich nur ein Hirngespinst sein - die Sache mit Jesus?
Auch heute machen Menschen diese Erfahrung, ihr Leben als Märtyrer für Jesus Christus zu lassen. Gerade unsere Brüder und Schwestern in den asiatischen und in den arabischen Ländern, wo jetzt der Terror der IS tobt. Denken wir an den großen Anschlag in der Uni in Garissa in Kenia, wo die meisten der Getöteten Christen sind.
Hier in Deutschland können wir noch ein wirklich fröhliches Christsein leben!
Der Anfang vom Sinn ohne Ende
Wie entspannen Sie am besten?
Ich tue es bei einer guten Tasse Kaffee und einem kräftigen Steak auf dem Grill und natürlich noch einer Computerzeitung. Sie haben da sicher andere Möglichkeiten!
Doch was bedeutet für sie absolute Entspannung? Dazu gibt es sicher mehrere Möglichkeiten. Dennoch die Entspannung ist nicht das wahre und erfüllte Leben.
Ein erfülltes Leben hat nichts damit zu tun, dass ich mich immer entspanne.
Sehr oft ist eher der Gegenteil ist der Fall. Manchmal ist man nach einer Sache völlig fertig, doch man ist erfüllt.
Da hat man auf Arbeit ein Projekt durchgezogen und man ist in letzter Minute fertig geworden, aber es war ein Erfolg. Man hat ein Fest vorbereitet und durchgeführt, ist völlig breit aber alle Leute sind zufrieden und man selber auch usw.
Genau das kommt jetzt nach dem zweiten Friedensgruß, der in die Tiefe geht. Jesus sendet – seine Jünger bekommen jetzt eine Beauftragung.
»Wie der Vater mich gesandt hat, so sende ich jetzt euch.«
Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen.
Wir führen also jetzt weiter, was Gott in Jesus begonnen hat. Wir tun das im Auftrag von Jesus Christus, in der Kraft, die Gott uns schenkt, nicht in Kraft unserer eigenen Wassersuppe.
Wir führen das weiter, was Gott in Jesus begonnen hat. Und jetzt kommt noch die Power dazu, die Kraft, die Energie, die Vollmacht. Wir werden sozusagen an das Kraftstromwerk angeschlossen. damit das Ganze läuft.
Es ist Gottes Heiliger Geist. Das ist auch nötig, damit wir Menschen für Jesus zu gewinnen, denn es liegt auch eine enorme Verantwortung auf uns. Denn jetzt kommt eine der schwierigsten Passage im NT:
Da sollen wir Sünde vergeben und Sünde behalten.
Dürfen wir da wirklich darüber entscheiden? Um ehrlich zu sein, ich habe mich dem so noch nicht gestellt.
Doch ich glaube, Jesus meint damit: Vor Ostern, vor der Auferstehung entschied sich in der direkten Begegnung zwischen Menschen und dem leiblichen Jesus, wie es um Menschen geschah. Die Menschen sind Jesus direkt begegnet und haben sich mit ihm auseinander gesetzt, haben sich ihm entweder zugewandt, sind ihm nachgefolgt oder haben ihn ignoriert oder gegen ihn gestellt. Die Entscheidung geschah direkt. Die Jünger standen daneben.
Jetzt, nach Ostern, entscheidet sich diese ganze Sache in der Auseinandersetzung mit der Botschaft, die wir verkünden. Entweder nehmen sie die Botschaft an oder lehnen sie ab, und damit entscheidet sich, ob ihnen die Vergebung der Schuld gilt oder nicht.
Der Anfang vom Ende der Skepsis
Jetzt kommen wir zu dem Punkt, um den es mir heute eigentlich geht: „Ihr spinnt, ich glaub das nicht!“
Oder besser es geht um die Person, die mir recht sympathisch ist, weil ich mich in ihr wiederfinde. Es geht um den Thomas, der lässt sich erst einmal kein X vor das U machen. Er lässt sich nicht gleich überreden, irgendetwas zu glauben. Ich würde sagen, Thomas ist der typische Ostdeutsche – ehe man sich auf irgendetwas neues Religiöses einlässt, lässt man es ganz sein. Bei Thomas funktioniert es nach dem Wenn dann Prinzip:
»Erst muss ich seine von den Nägeln durchbohrten Hände sehen; ich muss meinen Finger auf die durchbohrten Stellen und meine Hand in seine durchbohrte Seite legen. Vorher glaube ich es nicht.«
Auch heute sagen viele Leute zu uns: Das mit eurem Jesus, das da klingt ja ganz nett schön, was er da alles getan hat. Ich will da auch dran glauben, aber das mit der Auferstehung, echt nein - das geht wirklich nicht, wie wollt ihr das begründen.
Der englische Philosoph und Mathematiker Bertrand Russell war bekennender Atheist, und er wurde einmal in seinem Leben gefragt: „Stellen Sie sich vor, Sie sterben und nach dem Tod stehen Sie Gott gegenüber, was würden Sie dann zu Gott sagen?“ Er antwortete: „Ich würde zu Gott sagen: Du hast uns für deine Existenz leider nicht genügend Belege hinterlassen.“
Also nicht nur die Leute von heute haben ihre Zweifel und Skepsis an der Auferstehung – man kann sagen: Thomas ist das Urbild des Skeptikers.
Und er hat eine gesunde Skepsis. Eine gesunde Skepsis ist eine gute Sache. Davon haben manche Menschen vielleicht eher zu wenig. Gesunde Skepsis ist nämlich die Fähigkeit, wenn mir jemand etwas erzählt, zudem, was er mir erzählt, einen Schritt auf Entfernung zu gehen und zu sagen: „Ja, es ist schon möglich, doch begründe es mir erst einmal.“
Wenn man sich dann auf die Gründe einlässt, ist das eine vorbildliche Sache.
Viele Leute von heute haben gar keine Skepsis. Sie setzten sich mit einer Sache vornherein gar nicht auseinander. Sie setzen sich mit dem christlichen Glauben nicht auseinander. Sie setzen sich mit der Auferstehung nicht auseinander. Sie setzen sich mit nichts auseinander. Das ist noch viel schlimmer.
Thomas sagt ganz klar: „Ich will mit ihm reden, ich will ihn anfassen, und dann kann ich es vielleicht glauben."
Thomas lässt sich auf die Sache mit dem auferstandenen Jesus ein, er hat seine Zweifel, so verständlich sie sind, aber er kommt zum nächsten Treffen, und sagt: "Okay, ich guck mal, vielleicht kommt Jesus ja wieder."
Und Jesus kommt wieder und sagt zu Thomas nicht: "Tut mir leid, du hast beim ersten Mal gezweifelt, jetzt zeige ich mich dir nicht mehr", sondern es geschieht, was hier in den Versen 26-28 steht:
"Mit einem Mal kam Jesus, obwohl die Türen verschlossen waren, zu ihnen herein. Er trat in ihre Mitte und grüßte sie mit den Worten: »Friede sei mit euch!« Dann wandte er sich Thomas zu. »Leg deinen Finger auf diese Stelle hier und sieh dir meine Hände an!«, forderte er ihn auf. »Reich deine Hand her und leg sie in meine Seite! Und sei nicht mehr ungläubig, sondern glaube!«
Also das heißt doch: Zweifel und Fragen sind erlaubt. Wenn ihr darum Zweifel habt, seid ihr in bester Gesellschaft, in der Gesellschaft von Thomas. Die Zweifel sind erlaubt, die Frage ist nur, was ich mit den Zweifeln mache.
Rede ich mit anderen Christen darüber, sage ich zu ihnen: „Ich weiß nicht, ich hätte gerne ein paar mehr Gründe“? Oder behalte ich das alles für mich?
Gehe ich mit meinen Zweifeln zu Jesus und rede mit ihm darüber, oder behalte ich das alles für mich und drifte langsam weg?
Dann sagt Jesus einen Satz, der bis heute wie ich finde häufig missverstanden wird. Jesus sagt nämlich zu Thomas: „Weil du mich gesehen hast Thomas, darum glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.“
Jesus meint hier: ‚Für dich, Thomas, ist es einfach zu glauben, weil du mich gesehen hast. Nach dir werden Menschen kommen, die mich nicht in dieser Weise leiblich sehen – und selig sind sie, wenn sie dennoch glauben.’
Das heißt, auch ohne direkte wunderhafte Erfahrung ist man kein halber Christ.
Es gibt keine zwei Sorten von Christen, die ersten haben eine direkte persönliche leibliche Begegnung mit dem Auferstandenem und die zweite Sorte leider nicht, und sind gerade auch eben noch irgendwie aus Gnade errettet.
Es gibt keine zwei Sorten, es gibt nur Christen, die glauben. Es gibt keine zwei Sorten von Christen, die ersten haben wunderhafte, tolle, spannende, exotische, emotionale Erfahrungen und die zweite Sorte hat das leider nicht.
Es gibt nur Christen, die glauben.
Entscheidend ist nicht, wie man zum Glauben kommt, sondern entscheidend ist, dass man glaubt. „Selig sind die nicht sehen und dennoch glauben.“
Durch die Auferstehung Jesu geschieht radikale Veränderung.
Erstens: Der Anfang vom Ende der Angst.
Zweitens: Der Anfang von Sinn ohne Ende.
Drittens: Der Anfang vom Ende der Skepsis.
Nicht nur ein bisschen ändert sich, sondern alles ändert sich.
Die Auferstehung stellt die ganze Welt auf den Kopf, oder besser gesagt: Die Auferstehung von Jesus stellt die Welt vom Kopf auf die Füße. Und ein wichtigeres Ereignis kann man sich nicht denken.
Amen
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