Einander verstehen -Jahreslosung 2015

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Einander verstehen -Jahreslosung 2015

Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und unserem Herrn und Heiland Jesus Christus.
Amen.
Liebe Gemeinde,
die Jahreslosung für 2014 lautet:
„Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat
zu Gottes Lob. Sie steht bei Römer 15,7. L
Farben und Sprachen stehen in der graphischen Interpretation der Jahreslosung von Dorothee Krämer nebeneinander. „Nehmt einander an”, dazu fordern die großen Buchstaben in der Bildmitte auf. Wie kommt es dazu, dass Menschen einander verstehen und annehmen?
Kontraste – Bedrohung oder Bereicherung?
Rot und grün stehen sich gegenüber. Ein Komplementärkontrast. Kontraste, also Gegensätze, erleben wir auch zwischen Menschen. Im Gedränge kann man sie besonders gut wahrnehmen. Ich sehe, rieche und höre, dass Menschen anders sind als ich. Ich achte auf die Kleidung, die Bewegungen, die Stimme, den Geruch. In Bruchteilen von Sekunden sortiere ich, was mir bekannt und was mir fremd vorkommt.
Spannend wird es, wenn ich mit meinen Sinneseindrücke bewerte:
Ist mir jemand, der anders aussieht, anders riecht oder anders spricht, sympathisch oder unsympathisch? Ziehen mich diese Kontraste an oder stoßen sie mich ab?
Welche Kontraste uns mehr oder weniger Mühe machen, welche wir als Bedrohung oder Bereicherung ansehen: Alter, Geschlecht, Nationalität, Religion, Milieu, usw.
So ist es sehr oft in unserem Leben aber auch in unserer Gemeinde:
Wem stehen von uns nicht Menschen, Gruppen und Situationen vor Augen, wenn wir diesen Satz hören?
Da sind vielleicht Gruppen in der Gemeinde, die sich gegenseitig fertig machen. Älteren und jüngeren in der Gemeinde stehen sich gegenüber. Gegnern und Befürwortern in einem Gremium. Rivalisierenden Volksgruppen. Unterschiedliche Milieus.
Der Apostel Paulus gibt mit diesem Bibelvers der Gemeinde in Rom einen Hinweis zu einem guten Miteinander.
Paulus schreibt an die Gemeinde in Rom. Er hatte von Konflikten zwischen Judenchristen und Heidenchristen gehört, die in der Gemeinde aufgebrochen waren. Die Kontraste prallen aufeinander.
Er nimmt wahr, was auch heute noch üblich ist: Einzelne, Gruppen und Gemeinden leben ihren Glauben im Alltag sehr unterschiedlich. Für mache gehört es dazu, regelmäßig zu fasten, abstinent oder vegetarisch zu leben. Andere pilgern gern weite Wege.
Es gibt unterschiedliche Meinungen, wie man als Christ leben soll.
Unzählige weitere Formen gibt es um seinen Glauben zu leben: täglich in der Bibel zu lesen, mit einem Bibelvers den Tag zu beginnen, regelmäßig am Tag zu beten, Lobpreislieder zu singen, sich in Hauskreisen zu treffen oder am Sonntag den Gottesdienst zu besuchen.
Paulus nennt das alles voller Respekt „Glauben mit Geländer”. Wir können dabei an eine Bergwanderung denken, bei der der Weg zunächst gemütlich und breit bergauf geht. Dann kommen schmale Stellen. Es ist nur noch ein Fußbreit Platz. Auf der einen Seite die Tiefe, auf der anderen Seite der Fels. Mancher geht dann ganz locker weiter, ein anderer ganz konzentriert und ist froh, dass ein am Fels angebrachtes Drahtseil zum Geländer wird und Halt bietet.
Diese Formen, Übungen und Prinzipien, mit denen wir unseren Glauben leben, sind kleine Hilfen, um auf dem Weg des Glaubens gut unterwegs sein zu können. Im Bild der Bergwanderung ist schon angedeutet, dass es auch die Gruppe gibt, die ganz ohne Geländer, also nahezu ohne besondere geistliche Formen und Übungen zurechtkommt. Keine Gruppe soll nun der anderen den Glauben absprechen.
Gott hat alle angenommen, das verbindet und ist der Grund für die gegenseitige Annahme. Damit es zu einem guten Miteinander in der Gemeinde kommt, hat Paulus für beide Gruppen wertvolle Tipps:
Wer ohne Geländer gehen kann, kann auch mit Geländer gehen.
Wer keine Prinzipien braucht, kann sie auch gelten lassen.
Wer nicht auf Übungen angewiesen ist, kann sie offenbar auch mitmachen.
Es kommt für alle darauf an, sich ihres gelebten Glaubens
gewiss zu sein.
Den anderen annehmen kann ich erst, wenn ich einen klaren Standpunkt habe, der aus der Gewissheit meines gelebten Glaubens erfolgt. Das mag ein Grund sein, warum es mit dem „einander annehmen” gar nicht so einfach ist.
Die anderen haben doch oftmals ganz andere Ansichten über Gott und die Welt, über Sinn und Werte, dass sie mir bisweilen unerträglich vorkommen. Es ist einfacher, Glaube und Weltanschauung zur Privatsache zu erklären. Schon zählt nicht mehr die Wahrheit, sondern die Nützlichkeit.
Wir lassen uns unsere privatisierten Ansichten und respektieren uns. Dennoch juckt es uns, auch zu den anderen zu sagen: nehmt einander an. Das gilt besonders dann, wenn verschiedene Grundausrichtungen in der Jugend- und Gemeindearbeit da sind. Die einen betonen, wie wichtig es ist, den Menschen in Not zu helfen. Anderen ist wichtig, dass Glaube weitergesagt wird. Andere wollen schöne Gottesdienste feiern und wieder andere wollen neue Formen von Gemeinde aufbauen.
Ja, Gottes Garten ist bunt und das darf und soll er bleiben.
Es wird immer Gruppen und Personen in der Gemeinde geben, mit denen uns auszukommen schwer fällt. Den anderen anzunehmen setzt voraus, ihn zu kennen, ihm zu begegnen und die verschiedenen Standpunkte auszutauschen. Doch zum Austausch der Argumente muss das zwischenmenschliche Miteinander kommen.
Interesse und Neugier darf unser erster Impuls sein auf eine andere – uns nicht geläufige Gestalt von Glauben – zuzugehen. Einander annehmen heißt nicht, ich muss den anderen heiß und innig lieben, aber ich kann seinem Glaubensentwurf mit einer positiven Vermutung begegnen. So kann diese Jahreslosung uns ein Jahr daran erinnern, dass mir die Anderen eine echte und tiefe Begegnung wert sind.
Christus in allen Sprachen
Die Jahreslosung bringt uns nicht nur zum Nachdenken über unseren Umgang als Christen, sondern im Umgang mit den Menschen überhaupt:
Im Fernsehen wird in den Nachrichten von den aktuellen Konflikten berichtet. Es wird ukrainisch und russisch gesprochen, syrisch, arabisch und hebräisch. Aber auch englisch, französisch, deutsch.
Verzweifelte Menschen suchen Schutz vor Bomben und Raketen. Sogenannte Gotteskrieger zeigen sich mit Bombengürteln und Maschinengewehren in Videos. Soldaten marschieren auf. Politiker betonen nationale Interessen. Es werden Bomben geworfen und Raketen abgeschossen. Und Menschen sind auf der Flucht.
Sie kommen dann bei ihrer Flucht auch bei uns an. Selbst die Flucht ist abenteuerlich und lebensgefährlich.
Dann stehen diese Wahrnehmungen: Ihr kommt aus einem anderen Land, ihr redet anders, ihr habt andere Sitten und Gebräuche. „Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat”, das empfiehlt Paulus den Christen. Er empfiehlt es uns.
Wenn ich das Bild anschaue, freue ich mich an dem kräftigen Komplementärkontrast. Im Blick auf die Jahreslosung nehme ich dieses Bild als Anregung mit, die Kontraste bei anderen Menschen nicht als Bedrohung, sondern als Bereicherung zu erleben.
Verschiedene Sprachen finden sich auch in der Graphik zur Jahreslosung.
Bei den bekannten Sprachen kann man entdecken, dass immer dieselbe Passage des Bibelverses aus Römer 15,7 zitiert wird:
„wie Christus euch angenommen hat”.
Es fällt mir schwer, das für Attentäter, Heckenschützen und IS-Milizen zu glauben. Doch die Entdeckung, dass Christus sich in jeder Sprache findet, öffnet mir die Augen für den Plan Gottes mit seinen Menschen und mit dieser Welt.
Und so will ich es auch für die Ukraine, für Syrien, für Palästina und für andere Krisengebiete und besonders auch für die Menschen auf der Flucht zu hoffen wagen: „Ja, Christus selbst ist unser Friede.” (Epheser 2,14 BB)
Gottes Lob in allen Nationen?
Bei uns im Osten leben nicht viele Menschen mit einem Ausländischen Migrationshintergrund. Doch kommen Sie einmal nach Berlin oder München. Da sieht es anders aus. Vor vielen Jahren habe ich einmal in Berlin mit Konfirmanden eine Konfirmandenfreizeit gemacht. Da waren wir auch in der Luther-Kirche in Berlin-Neukölln.
Da merken sie erst einmal wirklich, dass es mitten in Deutschland Menschen gibt, die sich und an vielen anderen Orten kann man erleben, dass sich Menschen nicht nur deutsch unterhalten.
In der Apostelgeschichte wird ja vom ersten Pfingstfest in Jerusalem berichtet. Aus Ägypten, Libyen, der heutigen Türkei, Griechenland und Italien waren Menschen versammelt. Voller Verwunderung haben sie festgestellt, dass der Geist Gottes keine Sprachbarrieren kennt und das Evangelium von Jesus Christus in jeder Sprache verkündigt werden will:
„Wir alle hören diese Leute in unseren eigenen Sprachen erzählen, was Gott Großes getan hat.” (Apostelgeschichte 2,11 BB).
Darum gilt auch für uns und auch für unsere Gemeinden für das kommende Jahr und darüber hinaus:
„Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob. Römer 15,7. L
Amen
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