Gott ist großzügig

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Gott ist großzügig

Liebe Gemeinde,
„Das ist ja ungerecht was hier passiert.“ – Diese Aussage haben wir sicher schon in unserem Leben gehört oder selber getroffen.
Was ist gerecht und was ist ungerecht?
Diese Frage stellen wir uns sicher sehr oft!
Ist es nicht ungerecht, wenn ein Baum bei einem Sturm auf das Haus fällt und zerschlägt und keine Versicherung will bezahlen?
Ist es nicht ungerecht, dass ein anderer einen Verkehrsunfall herbeiführt und ich nehme Schaden für Leib und Leben und bin behindert?
Ist es nicht ungerecht, dass gerade uns, die wir doch so oft in die Kirche gehen und auf Jesus vertrauen, ein behindertes Kind geboren wird?
Ist es nicht ungerecht, dass ich als christlicher Unternehmer, der sich für die Belange seiner Leute einsetzt, fast unverschuldet Konkurs gehen muss?
Liebe Gemeinde,
diese Liste könnte ich fortführen und wäre selbst nach einer halben Stunde noch lange nicht am Ende.
Geht es uns nicht manchmal so, dass wir gern einmal aufzählen, was in dieser Welt alles so ungerecht ist?
Und noch mehr regen wir uns auf, wenn es uns selber betrifft.
In der Bibel finden wir eine Geschichte, wo sich Menschen über die ihnen so scheinbar angetane Ungerechtigkeit aufregen.
Wir haben diese Geschichte von Jesus vorhin im Evangelium gehört. Ich möchte sie noch einmal nach der Neuen Genfer Übersetzung lesen.
Wir lesen Matthäus 20,1-16:
Jesus erzählt:
1 »Denn mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Gutsbesitzer, der sich früh am Morgen aufmachte, um Arbeiter für seinen Weinberg einzustellen.
2 Er ´fand etliche und` einigte sich mit ihnen auf den ´üblichen` Tageslohn von einem Denar. Dann schickte er sie in seinen Weinberg.
3 Gegen neun Uhr ging er wieder auf den Marktplatz und sah dort noch andere untätig herumstehen.
4 ›Geht auch ihr in meinem Weinberg arbeiten!‹, sagte er zu ihnen. ›Ich werde euch dafür geben, was recht ist.‹
5 Da gingen sie an die Arbeit. Um die Mittagszeit und dann noch einmal gegen drei Uhr ging der Mann wieder hin und stellte Arbeiter ein.
6 Als er gegen fünf Uhr ´ein letztes Mal` zum Marktplatz ging, fand er immer noch einige, die dort herumstanden. ›Was steht ihr hier den ganzen Tag untätig herum?‹, fragte er sie.
7 ›Es hat uns eben niemand eingestellt‹, antworteten sie. Da sagte er zu ihnen: ›Geht auch ihr noch in meinem Weinberg arbeiten!‹
8 Am Abend sagte der Weinbergbesitzer zu seinem Verwalter: ›Ruf die Arbeiter zusammen und zahl ihnen den Lohn aus! Fang bei den Letzten an und hör bei den Ersten auf.‹
9 Die Männer, die erst gegen fünf Uhr angefangen hatten, traten vor und erhielten jeder einen Denar.
10 Als nun die Ersten an der Reihe waren, dachten sie, sie würden mehr bekommen; aber auch sie erhielten jeder einen Denar.
11 Da begehrten sie gegen den Gutsbesitzer auf.
12 ›Diese hier‹, sagten sie, ›die zuletzt gekommen sind, haben nur eine Stunde gearbeitet, und du gibst ihnen genauso viel wie uns. Dabei haben wir doch den ganzen Tag über schwer gearbeitet und die Hitze ertragen! ‹
13 Da sagte der Gutsbesitzer zu einem von ihnen: ›Mein Freund, ich tue dir kein Unrecht. Hattest du dich mit mir nicht auf einen Denar geeinigt?
14 Nimm dein Geld und geh! Ich will nun einmal dem Letzten hier genauso viel geben wie dir.
15 Darf ich denn mit dem, was mir gehört, nicht tun, was ich will? Oder bist du neidisch, weil ich so gütig bin?‹
16 So wird es kommen, dass die Letzten die Ersten sind und die Ersten die Letzten.«
Vielleicht habe ich die Predigt etwas zu negativ begonnen. Eigentlich geht es nicht um unsere irdische Befindlichkeit und unsere positive, wie auch negative Lebens- und Glaubenserfahrung, sondern in dieser Geschichte Jesu geht es um das Reich Gottes.
Wie wird es kommen und wie wird es erfahr und erlebbar.
Doch genau hier wird deutlich, dass unsere ganz persönlichen Erfahrungen eine wichtige Rolle in unserer Vorstellung von dem Reich Gottes spielen.
Dazu eine kleine Geschichte, die uns das deutlich macht.
Ob sie so passiert ist, weiß ich nicht – das ist auch nicht wichtig.
Ein junger Theologiestudent, der an einem Wochenende in einer Kirchengemeinde Vertretung machte, wurde vom Pfarrer gebeten, dass er doch über das Reich Gottes predigen sollte. Er war bereit, das zu tun. In der Vorbereitung des Gottesdienstes schlug der Pfarrer dem jungen Mann vor, dass er vier Familien besuchen sollte und sie danach fragen sollte, was die Leute über das Reich Gottes dachten.
Der Student tat das. Er besuchte als erstes einen Meteorologen, der als Wetteransager beim Fernsehen arbeitete. Dieser war Doktor der Meteorologie und wusste, dass das Vorhersagen des Wetters recht kompliziert ist. Er antwortete auf die Frage nach dem Reich Gottes: Das Reich Gottes ist die Erfüllung der Zusagen Gottes – und man sollte nicht so genau ergründen, ob das Ganze auch eintrifft.
Dann ging der Student zu einem Lagerarbeiter, welcher vorher ein Unternehmen hatte, das Pleite ging, und seine Frau ist schon viele Jahre krank. Dieser sagte zum Reich Gottes: Das Reich Gottes ist der Himmel, wo wir für die harte Arbeit im Leben den gerechten Lohn erhalten.
Als drittes ging der junge Mann zum Bauern. Der hatte eine tatkräftige Ehefrau und zwei gesunde Kinder. Er sagte: Das Reich Gottes ist wie ein schöner Garten, wo wir das glückliche Leben fortführen, welches wir auf dieser Erde begonnen haben.
Zuletzt ging der Student zu einem Arbeiter, der stolz war, dass er seinen Unterhalt mit der eigenen Hände Arbeit verdient und auch ein gutes Ein- und Auskommen hat.
Er sagte: Das Reich Gottes ist eine Erfindung der Kirche für die armen Leute, um diese hinzuhalten. Ich selber brauche das Reich Gottes nicht. Ich sorge für mich selber.
Danach ging der Student wieder nach Hause und las seinen Predigtentwurf. Er sah, dass seine Gedanken ganz nahe bei dem Meteorologen war, der es benutzte, um mit den Unsicherheiten des Lebens klar zu kommen. Doch sie waren auch in der Nähe des Lagerarbeiters, der auf der Suche nach einer Belohnung ist. Sie waren auch in der Nähe des Bauern, der vom Reich Gottes die Fortsetzung seines irdischen Glückes erhoffte. Und sie waren auch in der Nähe des Arbeiters, der letztlich das Reich Gottes mit seiner eigenen Hände Arbeit erschaffen wollte.
Dennoch würden sie ihn nicht verstehen, wenn er so, wie er es wollte, vom Reich Gottes spricht. Jeder braucht seinen eigenen Zugang dazu.
So ähnlich ist es Jesus ergangen, deshalb sprach er vom Reich Gottes in ganz unterschiedlichen Bildern.
Heute ist es das Bild vom Arbeiter im Weinberg besser vom Weinbergbesitzer. Heute begegnet uns das Reich Gottes als Geschenk.
In dieser Geschichte begegnen uns Arbeiter, welchen offensichtlich Unrecht widerfährt.
Stellt euch einmal vor, ihr seid diese Arbeiter in der Geschichte. Wenn wir es uns richtig bewusst machen, dann gibt es so etwa auch heute. Die Zeitarbeit in den Zeitarbeitsfirmen ist die moderne Form des Tagelohnes.
Ihr steht also früh auf, macht euch für die Arbeit fertig und geht zu verabredeten Treffpunkt in der Arbeitsagentur.
Natürlich freut ihr euch, dass euch der Weibergbesitzer für den Tag einstellt und das ohne irgendwelche Prüfungen, oder Beurteilungen oder ähnliches. Und er verspricht euch einen großzügigen Lohn, für den Tag einen ganzen Denar. Und schon denkt ihr darüber nach, welche Rechnungen ihr damit bezahlen könnt. Für den täglichen Unterhalt braucht ihr diese Arbeit dringend.
Die ersten Stunden vergehen. Und euch macht die Arbeit Spaß, aber es ist viel Arbeit, dass ihr sie nicht schaffen werdet. So geht der Weinbergbesitzer noch einmal zur Arbeitsagentur und holt neue Leute.
Er geht ein drittes Mal gegen Mittag. Nach einigen Stunden wird deutlich, dass die ganze Arbeit immer noch nicht zu schaffen ist. Darum geht der Weinbergbesitzer noch ein viertes Mal zur Arbeitsagentur.
Aber so richtig glücklich seid ihr nun nicht mit den Leuten, denn so richtige Lust haben diese nicht mehr. Ein wenig steigt jetzt bei euch schon der Ärger auf. Die haben sich ja kaum anzustrengen.
Doch was jetzt kommt, ist fast tödlich:
Eine Stunde vor Schluss stellt der Weinbergbesitzer noch ein paar Leute, weil er merkt, dass die Arbeit bis zum Feierabend nicht zu schaffen ist. So richtig warm werden die nicht mehr. Letztlich standen sie nur im Wege herum. Da habt ihr den ganzen Tag über geschuftet und seid fertig und die anderen gehen fast ausgeruht nach Hause. Ihr habt Schmerzen und die Knochen tun euch weh und ihr seid Hunde müde und die anderen - gehen fröhlich nach Hause, haben keinen Schmutz unter ihren Fingernägeln, nicht einmal eine Schweißperle auf ihren Augenbrauen.
Nun sei es, wie es ist – jetzt ist Feierabend und der Lohn wird ausgezahlt.
Der Vorarbeiter ruft die Leute auf. Er beginnt bei denen, die zuletzt eingestellt wurden. Man das ist ja ein großzügiger Chef. Der zahlt ja denen einen ganzen Tageslohn - einen Denar.
Da beginnt das Gehirn im Kopf schon zu rattern. Einen Denar für eine Stunde, da bekomme ich doch für 12 Stunden …
Vielleicht würdet ihr dann euer Handy zücken und dem Ehepartner davon erzählen und ihr macht dann schon Reisepläne.
Aber stopp, da stimmt doch etwas nicht. Da geht doch etwas schief.
Die Leute, die 3 Stunden gearbeitet haben, bekommen auch nur einen Denar. Und die 6 Stunden gearbeitet haben, bekommen auch nur einen Denar. Irgendwie wird der Weinbergbesitzer doch jetzt ungerecht. Das geht doch nicht.
Jetzt seid ihr dran – aber das kann doch nicht sein! Auch ihr bekommt nur einen Denar. Das ist ja total Ungerecht, da muss man ja der Gewerkschaft Bescheid sagen und man sollte einen Streik organisieren. Am liebsten hättet ihr den Denar dem Vorarbeiter wieder vor die Füße geworfen. Das ist doch absolut ungerecht, obwohl ihr den ganzen Tag hier ward, bekommt ihr nur genauso viel wie der, der eine Stunde da war.
Liebe Gemeinde,
ist das nicht genau die Vorstellung von vielen Menschen, auch von manchen von uns Christen vom Reich Gottes, dass wir doch das bekommen sollten, was wir verdient und erarbeitet haben.
Wie oft stehen wir in der Gefahr unsere religiösen und christlichen Leistungen aufzurechnen. Das alles habe ich doch in der Gemeinde gemacht, das alles habe ich doch gespendet, so habe ich mich doch um meine Mitmenschen gekümmert usw.. Da müsste doch Gott.
Muss er denn wirklich?
Im Gleichnis steht der Arbeiter da und sagt:
Ich verdiente es. Mir steht es zu. Du musst als Weinbergbesitzer in gerechter Weise handeln.
Und was tut der Weinbergbesitzer? Er tut erst einmal nichts. Zu mindestens nicht in der Art und Weise, wie ich mir das vorstelle oder wünsche.
Ist das nicht ärgerlich!
Nun dieses Gleichnis will uns die Großzügigkeit Gottes deutlich machen.
Der Schlüsselvers in unserem Text ist der Vers 8. Da heißt es: Am Abend sagte der Weinbergbesitzer zu seinem Verwalter: ›Ruf die Arbeiter zusammen und zahl ihnen den Lohn aus! Fang bei den Letzten an und hör bei den Ersten auf.‹
Der Weinbergbesitzer hätte doch alle Aufregung vermeiden können, wenn er seinen gesunden Menschenverstand gebraucht hätte und zuerst die ausgezahlt hätte, die am längsten gearbeitet haben. Dann wären die doch weggegangen und wären froh über ihren Verdienst gewesen.
So gab es nur Ärger und Aufregung. Warum tat der Weinbergbesitzer das aber so?
Weil hier in diesem Gleichnis die Großzügigkeit Gottes gezeigt werden sollte. Es soll gezeigt werden, dass das Reich Gottes eine andere Größe und Großzügigkeit umfasst als die uns allen bekannte Art unserer Welt. Eine Großzügigkeit, die die Welt noch nicht gesehen hat und eigentlich auch nicht versteht.
Die Großzügigkeit unserer Welt hat immer etwas mit Verdienst zu tun. Die Großzügigkeit ist immer an einem Art Prämiensystem eingebunden. Kannst du etwas, dann bist du auch etwas, dann bekommst du auch etwas.
Hier in diesem Gleichnis werden unsere menschlichen Wertvorstellungen auf den Kopf gestellt.
Im Reich Gottes gehört die Großzügigkeit zum Lebensprinzip. Das Reich Gottes wird uns geschenkt. Wir können es nicht verdienen.
Der zweite Schlüsselvers dieses Gleichnisses ist der Vers 15:
Der Weinbergbesitzer antwortet auf die verbitterte Aussage eines Arbeiters: Darf ich denn mit dem, was mir gehört, nicht tun, was ich will? Oder bist du neidisch, weil ich so gütig (großzügig) bin?‹
Jesus erzählt uns dieses Gleichnis konzentriert auf die Handlungsweise des Weinbergbesitzers – und somit auf die Handlungsweise Gottes in seinem Reich.
Also in der Geschichte geht es nicht zuerst um die Arbeiter. Es geht auch nicht um uns und unsere Arbeit. Es geht nicht um unsere Rechte, die wir vielleicht im Reich Gottes haben sollten. Die wir aber gar nicht haben.
Es geht um den Besitzer, um seine Rechte, um seine Natur, um seine Handlungsweise.
Wenn wir, wie der Arbeiter auf unsere Rechte im Reich Gottes bestehen, welche uns Gott ja „schuldig sei“, dann werden wir verbittern. Dann werden wir an den Vorwürfen und Negativerfahrungen, die ich am Anfang der Predigt aufgezählt habe, kaputt gehen und hart werden.
Besonders dann wenn wir meinen, dass uns doch das alles zusteht.
So wird es uns verbittern, statt dass wir Freude und Frieden erleben. Und es wird uns geizig machen, wenn wir das Reich Gottes als etwas sehen, was wir verdienen müssen.
Schlussfolgerung
Am Schluss dürfen wir wissen: Das Reich Gottes hat einen großzügigen Besitzer. Er ist ungeheurer großzügig und gut.
Nicht weil wir es verdient haben. Es geht im Reich Gottes nicht um Dich und mich. Es geht im Reich Gottes um ihn allein. Aber er liebt zu geben.
Ich wünsche, dass wir das alle sehen und erfahren in unserem Leben und Glauben. Amen.
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