Das Leben ist erschienen (2)
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Das Leben ist erschienen
Das Leben ist erschienen
19 Wenn wir nur für dieses Leben auf Christus hoffen, sind wir bedauernswerter als alle anderen Menschen. 20 Nun Christus aber vom Tod auferweckt worden, und zwar als Erster der Verstorbenen. 21 Denn durch einen Menschen kam der Tod in die Welt. So bringt auch ein Mensch die Auferstehung der Toten. 22 Weil wir mit Adam verbunden sind, müssen wir alle sterben. Weil wir aber mit Christus verbunden sind, werden wir alle lebendig gemacht. 23 Das geschieht für jeden nach dem Platz, den Gott für ihn bestimmt hat: Als Erster wird Christus auferweckt. Danach, wenn er wiederkommt, folgen alle, die zu ihm gehören. 24 Dann kommt das Ende: Christus übergibt Gott, dem Vater, seine Herrschaft. Zuvor wird jede andere Herrschaft, jede Gewalt und jede Macht vernichtet. 25 Denn Christus muss so lange herrschen, bis Gott ihm alle seine Feinde zu Füßen gelegt hat. 26 Der letzte Feind, den er vernichten wird, ist der Tod. 27 Denn alles hat Gott ihm zu Füßen gelegt. Das bedeutet: Alles ist ihm unterworfen. Eines ist jedoch offenkundig: Davon ist der ausgenommen, der ihm alles unterworfen hat – Gott. 28 Sobald ihm nun alles unterworfen ist, wird auch der Sohn selbst sich unterwerfen: Er wird sich Gott unterwerfen, der ihm alles unterworfen hat. Das geschieht, damit Gott alles umfasst und in allem gegenwärtig ist.
19 Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen.
Christus ist auferstanden
20 Nun aber ist Christus auferstanden von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind.
21 Denn da durch "einen" Menschen der Tod gekommen ist, so kommt auch durch "einen" Menschen die Auferstehung der Toten.
22 Denn wie sie in Adam alle sterben, so werden sie in Christus alle lebendig gemacht werden.
23 Ein jeder aber in seiner Ordnung: als Erstling Christus; danach, wenn er kommen wird, die, die Christus angehören;
24 danach das Ende, wenn er das Reich Gott, dem Vater, übergeben wird, nachdem er alle Herrschaft und alle Macht und Gewalt vernichtet hat.
25 Denn er muss herrschen, bis Gott ihm »alle Feinde unter seine Füße legt« (Psalm 110,1).
26 Der letzte Feind, der vernichtet wird, ist der Tod.
27 Denn »alles hat er unter seine Füße getan« (Psalm 8,7). Wenn es aber heißt, "alles" sei ihm unterworfen, so ist offenbar, dass der ausgenommen ist, der ihm alles unterworfen hat.
28 Wenn aber alles ihm untertan sein wird, dann wird auch der Sohn selbst untertan sein dem, der ihm alles unterworfen hat, damit Gott sei alles in allem.
Liebe Gemeinde,
nur einmal ist es geschehen – für die einen ist es Wirklichkeit - für die anderen ist es nicht glaubhaft. Und doch zeigen sich die Spuren davon bis heute.
Ich spreche von der Auferstehung Jesu. Seit bald 2000 Jahren zieht sich dieser Ruf durch die Menschheitsgeschichte. Und auch wir sind heute hierhergekommen, um diese Worte neu für unser Leben zu hören: „Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden."
Worte, die die Menschen in ihrem Leben geprägt haben. Der Maler Matthias Grünewald malt sein Osterbild der Auferstehung so, als sei er noch vor den Frauen ab Grab gewesen. Nicht erst bei Sonnenaufgang, sondern schon in der Nacht. Wäre da nicht dieses Licht auf dem Bild, es wäre stockfinster. Fast beängstigend finster. Wer begegnet schon gerne bewaffneten Soldaten im Finstern... Doch bei Lichte betrachtet, oder besser in diesem Licht betrachtet, wirken sie eher wie Statisten. Das überrascht, denn drei Tage zuvor hatten sie noch alles im Griff. Sie verbreiteten Angst und Schrecken. Und sie brachten den Tod. Das Leben des Sohnes Gottes endete am Kreuz, so sah es aus. Die Legionen von Engeln waren ausgeblieben. Und so schien besiegelt: Das Sagen hat, wer die Macht hat und die Macht hat, wer sie mit Gewalt durchsetzt. So funktioniert das offenbar in dieser Welt...
Nein, so funktioniert es nicht, sagt die Bibel ein Kapitel später in den Auferstehungsgeschichten. Und Matthias Grünewald unterstreicht das mit diesem Bild. Die starken Figuren von gestern purzeln durcheinander wie Marionetten, denen man die Fäden abgeschnitten hat. Auf dem Bild im Original sieht man es noch besser:
Der Maler macht sich sogar lustig und malt Rostflecken auf die Rüstung und Mottenlöcher in das wollene Wams. Oder ist das anders gemeint? Auch Soldaten sind doch irgendwie nur arme Teufel, Handlanger und Opfer falscher Verhältnisse?
Das Leben ist erschienen
Doch das sind eben nur Gestalten am Rande... Im Zentrum steht etwas ganz anderes. Eine Lichterscheinung. Es ist nämlich nicht wirklich Nacht. „Das Licht scheint in der Finsternis". „Das Leben ist erschienen." Oder wie es ein alter Morgenhymnus sagt:
„Das Licht scheint in der Finsternis". „Das Leben ist erschienen." Oder wie es ein alter Morgenhymnus sagt:
Nacht und Gewölk und Finsternis,verworrenes Chaos dieser Welt,
verworrenes Chaos dieser Welt,entflieht und weicht, das Licht erscheint,
entflieht und weicht, das Licht erscheint,der Tag erhebt sich, Christus naht.
der Tag erhebt sich, Christus naht.
Es gibt nicht viele Osterbilder alter Meister, die auf jegliche Siegerpose verzichten. Die Fahne mit dem Kreuz als Siegesfahne, sie kommt hier sie nicht vor. Ein Fuß Jesu auf dem Grab als Zeichen der Überwindung und Unterwerfung des Todes. Auch davon ist hier nichts zu sehen. Dieser Jesus wirkt nicht mehr nur diesseitig. Er ist den Gesetzen dieser Welt nicht mehr unterworfen. Da ist nichts mehr, was ihn nach unten ziehen könnte. Keine Macht der Welt kann ihm mehr etwas anhaben. Er schwebt, er blickt uns an und er segnet.
Es wird uns deutlich: Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden.
Es geht hier um eine andere Dimension. Die Auferstehung reicht über diese Welt hinaus. Das sagt auch Paulus in unserem heutigen Predigttext.
„Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendsten unter allen Menschen. Nun aber ist Christus auferstanden von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind." (1.Kor 15,19f.)
Verkündigung
So wie es Christus ergangen ist, der auferweckt wurde, so wird es uns allen ergehen am Ende der Tage: Auch wir werden auferweckt. Schweben, vom Licht verklärt, wie es Matthias Grünewald hier dargestellt hat. Das wird uns heute hier zugesagt!
Aber wem soll man nun trauen? Den Mächten dieser Welt? Der Macht Gottes?
Man spürt den Worten des Paulus ab, dass er von seiner Gemeinde Gegenwind bekommen hat: „Wer sagt denn, dass du Recht hast?", so kann man sich das Gegenüber des Paulus vorstellen. Und wirklich: Wenn man in die Welt schaut, kann man doch ins Zweifeln kommen, wer das Sagen hat, wer die Oberhand behält, nach wessen Willen sich die Erde dreht. Sammeln die Soldaten auf Grünewalds Bild nicht einfach nur neue Kräfte, um dann erneut zuzuschlagen?
Überhaupt so richtig kann man sich das mit der Auferstehung nicht vorstellen.
Die Macht des Todes oder des Lebens
Die Macht des Todes und die Macht des Lebens tragen gegeneinander einen Kampf aus. Martin Luther macht es uns deutlich. In seinem Lied „Christ lag in Todesbanden" spitzt er sogar zu und sagt: Tod und Leben befinden sich miteinander im Krieg: „Es war ein wunderlich(er) Krieg, da Tod und Leben rungen." (EG 101,4).
Jede und jeder, der schon einmal einen Menschen verloren hat, wird das bestätigen können. Der Tod zerreißt das Leben. Die gemeinsame Zeit, schöne, erfüllte Augenblicke kommen einem vor wie zerstört, wie geraubt. Was gestern noch selbstverständlich schien, hat sich mit einem Schlag verändert.
Es ist so: Wenn man miteinander gut ist, hat sich vieles eingespielt und läuft wie von selbst. Man möchte es dann auch gar nicht anders haben. Man hätte sich vorstellen können, dass das immer so bleibt.
Doch dann kommt der Tod. Und wer das einmal erlebt hat, wünscht sich, dass das nie wieder geschieht, dass man dem Tod aus dem Weg gehen könnte für immer. Aber so wird es nicht sein. Das weiß jeder — und man schiebt es doch von sich weg...
Die Kraft der Auferstehung im Leben heute
Der Apostel Paulus schreibt: Was hat man davon, wenn man durch den Tod verunsichert, sozusagen zur Salzsäule erstarrt, stehen bleibt? Wenn man nicht über dieses Leben hinausschaut? Kann man dann noch einen anderen Eindruck von dieser Welt gewinnen, als den, dass sich immer nur der Stärkere durchsetzt?
Die Diktatoren gegen die Bevölkerung in Afrika und manchen osteuropäischen Staaten? Oder eiskalte Wirtschaftsjongleure gegen demokratische Regierungen? Oder die Trickser gegen die Einzelnen, die ehrlich bleiben wollen?
Ja, das sind die Fragen. Und die Antworten darauf sehen unterschiedlich aus. Es gibt die, die sagen: das hat doch alles keinen Sinn, ich mag mir das alles gar nicht mehr anschauen.
Und die, die sagen, das macht doch jeder, warum soll dann ich sauber bleiben? Und auch das gibt es, dass Menschen nach dem Verlust eines Angehörigen nicht wirklich mehr auf die Beine kommen. Überall, wo es so ist, hat — in der Sprache des Paulus und in der Sprache Luthers — die Macht des Todes den Sieg davon getragen: Pessimismus statt Optimismus. Die Welt als Jammertal statt einer Insel, auf der man auch sein Glück finden kann.
Jetzt geht Paulus wirklich ins Gefecht mit seinen Gegnern und sagt: Nein, der wunderliche Krieg, bei dem „ Tod und Leben rungen", das ist kein Streit, bei dem es noch unentschieden ist. Das Leben hat bereits gewonnen, denn das Leben hat bereits begonnen. Wir können auf Jesus schauen und darauf vertrauen. Nicht der römische Staat hat sich durchsetzen können. Nicht die hinterhältigen Spiele der Macht. Und auch nicht der Tod. Gott hat selbst eingegriffen. Er hat das Schicksal Jesu in die eigenen Hände genommen und hat ihn zum Leben erweckt. Und genau das, wird er auch bei jeder und jedem von uns tun. „ in Christus werden alle lebendig gemacht werden." Und Luther fährt in seinem Lied so fort: „Es war ein wunderlich(er) Krieg, da Tod und Leben 'rungen, das Leben behielt den Sieg, es hat den Tod verschlungen." Und weiter: „Ein Spott aus dem Tod ist worden. Halleluja." Darauf im Leben stets zu vertrauen, das ist nicht leicht. Wird es wirklich gut ausgehen? Wird die Trauer wirklich irgendwann weniger, wird sie weichen? Wird es wirklich einen Weg geben, da wo ich keinen sehe? Wird die Veränderung wirklich gelingen? Um Antworten auf diese Fragen zu erhalten, muss man oft lange ringen. Das ist wahr.
Das Leben behält den Sieg — Ein Beispiel aus der Musik
Johann Sebastian Bach hat auch gewusst, wie schwierig es ist, an den Sieg. des Lebens zu glauben. Er hat zu dem Lied Martin Luthers „Christ lag in Todesbanden" eine Kantate geschrieben. Zu jedem der sieben Verse des Chorals einen eigenen Teil. Dabei hat er auch jeweils das „Halleluja" am Ende jeder Strophe in Musik umgesetzt. Es ist jedes Mal ein völlig anderes Halleluja. Als erstes kommt ein ganz langes, ganz trauriges „Halleluja". Einer singt dem anderen „Halleluja" zu, als müsste man sich gegenseitig trösten und bestätigen. Allmählich werden dann die Hallelujas fröhlicher, leichter. Das letzte Halleluja in Bachs Kantate zeigt keine Ecken und Kanten mehr. Keiner singt mehr gegen den anderen an. Es gibt auch keine großen Bewegungen mehr: hierhin und dorthin. Es scheint, als sei es jetzt wirklich klar. Es singen alle gemeinsam, weil es wahr ist und weil es stimmt: Das Leben behielt den Sieg. Halleluja.
Verwandlung
Dass das Leben stärker ist als der Tod, ist für Matthias Grünewald eindeutig. Er zeigt die Veränderung, die Verwandlung von Leid und Schmerz so: Wenn man die Beine Jesu anschaut, dann sehen die wie tot aus. Es ist die bleiche Farbe eines Leichnams, die er gewählt hat. Fast erschreckend. Die Beine, die dem Grab noch am nächsten sind, tragen noch die Farbe des Todes. Aber das Leichengewand steht schon ganz im Zeichen des Lebens. Selten hat jemand solch eine Leuchtkraft, solche eine Farbenvielfalt und so viel Schwung so dicht zusammen gemalt. Unten zeigt sich das Tuch noch in kaltem Weiß — so wie es Jesus als Leichnam umgeben hat. Dann verwandeln sich die Farben über Violett in leuchtendes Rot. Und wo es an Jesu Gesicht grenzt, leuchtet es gelb und strahlt hell. Ja es sieht so aus, dass der Maler hier in Farbe umgesetzt hat, was Paulus an anderer Stelle über die Auferstehung sagte:
„Wir werden aber alle verwandelt werden." (1. Kor 15,51)
Diese Verwandlung — und das ist die wahre Kunst des Malers —die können wir hier sehen. Es ist die Verwandlung von Körper in Licht. Von Jesu Gesicht sieht man eigentlich nicht mehr viel, außer dass es leuchtet und strahlt. Da wird das Bild — und Jesus — fast eins mit den Worten, die wir vom Segen her kennen:
„Der Herr segne euch und er behüte euch. Der Herr lasse sein Angesicht über euch leuchten und gebe euch Frieden." (Num 6,24-26) Ja, „Friede sei mit euch" (Joh 20,19.21.26)
Mit diesen Worten spricht der Auferstandene an anderer Stelle seine Jünger an. „Friede sei mit euch": Friede in aller Trauer. Friede in dem vielen Schmerz in dieser Welt. Friede in den Fragen, die euch bewegen. Friede in dem Hin und Her, in dem ihr lebt. Frieden, nicht den die Welt gibt. Denn dieser Friede reicht über diese Welt hinaus. Friede für die Welt, denn:
Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden. Halleluja. Amen.