Glanz in der Dunkelheit

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Glanz in der Dunkelheit

Liebe Gemeinde,
beim Weihnachtskonzert zum Kerzenschein hatten wir ja schon Bilder der Künstlerin Beate Heinen. Heute ein weiteres Krippenbild von ihr.
Doch so richtig weihnachtlich ist es gar nicht. Es ist - zumindest vordergründig – doch recht trostlos gemalt, so kalt in blau und hat nichts von einem weihnachtlichen Idyll.
Da ist kein Stall mit einem wärmenden Feuer.
Da knien keine Hirten anbetend an der Krippe.
Da schweben keine Engel jubelnd durch den sternenklaren Nachthimmel.
Da erweisen nicht prächtig gewandete Könige aus dem Morgenland dem Kind ihre Reverenz.
Da wacht kein Josef sorgsam über Mutter und Kind.
Alle diese freundlichen Motive, die sonst die meisten Weihnachtsdarstellungen prägen, lässt das Bild von Beate Heinen vermissen.
Wir entdeckten stattdessen Maria und das Kind kauernd vor einer Art Stadtmauer.
Hinter der Mauer verschanzt sich wie abwehrend die Ortschaft, von der nur Teile der Kirche und die roten Dächer einiger Häuser zu sehen sind. Die Fenster der Kirche sind dunkel, die Dachfenster der Häuser geschlossen. Außer dem tristen Mauerwerk ist vom Ort nichts zu erblicken – keine Menschen, kein Leben.
Vor diesem düsteren Hintergrund hockt Maria wie eine Ausgestoßene und Obdachlose in einer Ecke. Die Arme hat sie bergend um das Kind gelegt, so, als müsse sie es schützen vor der dunklen, rauen Wirklichkeit der Welt.
Die Trostlosigkeit der Welt rückt in Form von Mülltonnen unmittelbar nahe an die Mutter und das Kind heran. Viel krasser lässt sich das Elend kaum darstellen, in das der Gottessohn hineingeboren wird.
Gegen alle niedliche Verharmlosung vom „holden Knaben im lockigen Haar“ wird hier betont, was der Apostel Paulus im 2. Korintherbrief so schlicht und zugleich eindrücklich hervorhebt:
„Ihr kennt die Gnade unseres Herrn Jesus Christus: Obwohl er reich ist, wurde er doch arm um euretwillen, damit ihr durch seine Armut reich würdet.“
Ja, arm ist das Kind, bettelarm. Wer in der Umgebung von Mülltonnen zur Welt kommt, kann tatsächlich nicht mehr tiefer sinken.
Doch die Künstlerin belässt es nicht bei dieser unheimlich deprimierenden Szenerie.
Sondern es geschieht Veränderung: Um das Kind herum breitet sich ein goldenes Licht aus. Nicht nur das winzige Gesicht des Kindes leuchtet. Auch das Gesicht und die Hände von Maria sind erhellt, ebenso die nackte Wand und sogar die Mülltonnen.
Der Glanz ist stärker als die Dunkelheit, die düstere, leblose Szene wird – ansatzweise – verwandelt durch das neugeborene Leben in Marias Schoß.
Wir entdecken in der Darstellung von Beate Heinen eine tiefe Symbolik.
Die Geburt Jesu, die wir zu Weihnachten feiern, vertreibt die Finsternis nicht sofort gänzlich – weder in uns noch um uns herum.
Nach wie vor gibt es Dunkelheit und Schwermut in den Herzen, Angst und Tod.
Nach wie vor gibt es Kälte und Einsamkeit in der Welt und hohe Mauern zwischen den Menschen. Die nüchterne Realität des Lebens wird durch Weihnachten nicht übertüncht oder künstlich ausgeblendet. Aber von Gott her – so die Botschaft des Bildes – dringt durch das Kind Licht und Leben in unsere Wirklichkeit hinein.
Genauso haben es die Menschen dann einige Jahre später auch mit dem erwachsenen Jesus erlebt.
Sie wurden heil – im wörtlichen und im übertragenen Sinn.
Maria schaut auf das Kind. Das Kind jedoch blickt den Betrachter des Bildes an. Als ob es mir sagen will: „Fürchte dich nicht! Komm zu mir und übergib mir alles, was an Dunklem und Schwerem auf dir lastet.“
Eine wunderbare Einladung, die ich mir nicht zweimal sagen lasse. Denn so fällt ein Abglanz vom Licht des göttlichen Kindes auch auf mich.
„Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell.“
Jesaja 9,1
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