Bilder der Weihnacht
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Bild 1: Ouvertüre
Dies alles ist geschehen, damit das erfüllt würde, was Gott durch den Propheten vor langer Zeit gesagt hat: „Siehe, eine Jungfrau wird schwanger sein, und einen Sohn gebären und sie werden sagen:
Gott ist mit uns.
Matthäus 1,22f
Über die Jahrhunderte hinweg haben die Berichte und Erzählungen von der Geburt Jesu Menschen berührt, getröstet und begleitet.
Die verschiedenen Personen, Umstände und Geheimnisse, die sich um dieses Ereignis ranken, prägen bis heute unsere Träume und Gedanken. Wie bei einem Puzzle fügen sich die verschiedenen Teile zusammen zu einem großen Ganzen. Dem Geheimnis auf der Spur entdecken wir die Bilder der Weihnacht.
Bild 2 - Maria
Und der Engel sprach zu ihr: Hab keine Angst, Maria, du hast Gnade bei Gott gefunden. Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären, den sollst Du Jesus nennen.
Lukas 1,30f
Stellen Sie sich das doch einmal vor: Sie sitzen nichts ahnend in Ihrer Kammer und plötzlich durchfährt ein grelles Licht den Raum und eine leuchtende Gestalt steht vor Ihnen, ganz plötzlich. Was meinen Sie, wie ich mich erschrocken habe? »Hab keine Angst!« hat sie gesagt, diese Gestalt, und das mit gutem Grund, denn ich zittere noch heute am ganzen Körper, wenn ich an diesen Tag nur denke: »Gott, der Schöpfer des Kosmos hat Dich, Maria, ausgewählt, schwanger zu werden und seinen Sohn zu gebären. Diesen Sohn sollst Du Jesus nennen«.
Mir blieb die Luft weg. Gerade mal der Pubertät entronnen, stand ich da als junge Frau, und nun sollte ich »aus heiterem Himmel« ein Kind gebären.
»Hab keine Angst« - doch ich hatte Angst, unglaublich große Angst, um mich, um das Kind, um Joseph, um meine Familie, Angst vor der Zukunft, Angst verstoßen und schlimmstenfalls sogar gesteinigt zu werden.
Mehr wohl benommen als bei klarem Verstand murmelte ich: »Wenn Gott es denn tatsächlich so will, werde ich es hinnehmen...« Mit dieser meiner zaghaften Zustimmung begann das Wunder in mir. Ich gab dem Kind in mir Raum. Jungfräulich kam es zu mir und erweckte und belebte mich zunehmend zu der Frau, die ich eigentlich war und werden sollte. Eine Katastrophe und doch: nie ist mir größeres Glück widerfahren.
Lied: Das Maria, das lern ich von dir
Eine starke Frau in einer schwierigen Situation, eine Frau, die von Anfang an das Leben Jesu ermöglicht, begleitet und mit durchlitten hat. In ihr begegnet uns das Urbild der Mutter, die einerseits mitten im Geschehen steht und andererseits seltsam im Abseits. Von Anfang an muss Maria lernen, loszulassen und mit dem Wissen zu leben: dieses, mein Kind »gehört« mir nicht, es ist das Kind Gottes. Ein Leben für andere: Schon die Geburt des Kindes wird zu einem öffentlichen Ereignis, für die Hirten auf dem Feld, für die »Weisen« und auch für Herodes. Von Anfang an liegt der Schatten solch einer Öffentlichkeit auf dieser Frau und ihrer jungen Familie, sie müssen fliehen, sich dieser Öffentlichkeit entziehen und nach Ägypten gehen, wo keiner sie kennt.
Ich lerne von Maria, dass auch unsere Kinder ein Geschenk Gottes sind und dass es Aufgabe von Mutter und Vater ist, sie zu schützen und zu fördern, sie aber dann auch ihre eigenen Wege gehen zu lassen.
Maria kannte Jesus wie niemand sonst. Und dennoch musste sie sehr bald erkennen, dass es eine Seite an ihrem Sohn gab, zu der sie als Mutter und engste Bezugsperson keinen Zugang hatte. Ich denke an die Erzählung über den zwölfjährigen Jesus im Tempel. Der jugendliche Jesus war scheinbar im Trubel des Passahfestes verloren gegangen - alle Eltern, die schon einmal ein abhanden gekommenes Kind verzweifelt gesucht haben, wissen, was Maria in dieser Situation durchgemacht hat. Als sie ihn schließlich im Tempel findet, umringt von Schriftgelehrten, und ihn mit einer Mischung aus Wut und Erleichterung zur Rede stellt, fragt Jesus verwundert: »Wisst Ihr nicht, dass ich in meines Vaters Haus sein muss ...«?
Nein, das wusste sie nicht und sie verstand es auch nicht. Ich glaube, Maria hat bis zum Schluss nicht verstanden, was da mit ihrem Sohn geschah. Für sie gehörte Jesus in erster Linie zur leiblichen Familie. Umso mehr musste sie die Erkenntnis schmerzen, dass dieser Aspekt im Leben Jesu zunehmend an Bedeutung verlor. In der Erzählung, bei der Maria Einlass zu einer bereits überfüllten Veranstaltung mit Jesus begehrt, lässt sie ihm ausrichten: »Deine Mutter, deine Familie ist hier und will dich sehen«. Und Jesus lässt ihr sagen: »Meine Familie, meine Schwestern und Brüder sind die, die mir nachfolgen«. Das muss der leiblichen Mutter sehr, sehr weh getan haben. Ihr eigener Sohn signalisiert ihr: Hier geht es um Beziehungen und Inhalte, zu denen Du, als leibliche Verwandte, nicht automatisch Zugang hast - ja, man hat den Eindruck, dass die enge, leibliche Verwandtschaft diese andere Beziehung zu Jesus geradezu verhindert. Ich werde an das irische Sprichwort: »Freunde sind Gottes Entschuldigung für Verwandte« erinnert.
Eltern und Kinder müssen sich irgendwann voneinander entfremden und es wird zukünftig Menschen geben, die an diesem von mir so geliebten Kind viel näher dran sind als ich. Das tut weh.
Von Maria lerne ich, trotz aller Entfremdung dabei zu bleiben, im Hintergrund mitzuhoffen, mitzubeten und grenzenlos weiterzulieben, wenn nötig bis zum bitteren Ende.
Bild 3 - Joseph
Als nun Joseph vorn Schlaf erwachte, tat er, was ihm der Engel des Herrn befohlen hatte und nahm Maria zu sich.
Matthäus 1,24
Es hat schon noch einen ganzen Engel gebraucht, um auch mir klar zu machen, dass hier etwas ganz anderes im Spiel war. Verstanden habe ich es nicht, aber ich habe gespürt, dass ich meine Geliebte - und ich liebe sie mehr denn je - nun nicht alleine lassen konnte. Die Vernunft sagt immer »Nein«, wenn ein Mensch das göttliche Kind in sich entdeckt, und immer entsteht dieses Kind jungfräulich, kann nicht von uns -gemacht oder erzeugt werden. Und wo immer ein Mensch »Ja« zu dem Kind in sich sagt, werde ich mich zu Wort melden und alle Argumente der Vernunft diesem Kind entgegen halten. Ich bin Joseph und ich brauche erst einmal Zeit.
Lied: Hände, die geschickt
Das, was von diesem Menschen rüberkommt, wirkt seltsam spröde und wortkarg. »Typisch Mann« sagen vielleicht die einen, »nicht wichtig« sagen vielleicht die anderen.
»Typisch Mann«. Immer wieder begegne ich dem Vorwurf, Männer seien in Konfliktsituationen selten bereit zu reden. »Männer reden nicht«: In der Tat ist uns kein einziges Zitat von Joseph überliefert. Dennoch ist er es, der im Hintergrund die Verantwortung trägt, der still leidet und verdauen muss, was ihm da passiert, was ihm da als Mann und Familienoberhaupt zugemutet wird. Sicherlich hat er noch viel weniger als Maria verstanden, was da vor sich ging. Trotzdem war er wohl ein tiefgläubiger Mensch, der wusste, wann Gott zu ihm sprach und der dann aus einer Intuition heraus diesen Rat beherzigte und umsetzte, so gut er konnte. Ganz »untypisch Mann« achtet er auf seine Träume, erkennt in ihnen mitunter die Stimme Gottes. Das erfordert ein hohes Maß an Sensibilität. Von wegen »nicht wichtig«: Josef ist neben Maria die wichtigste Bezugsperson im Leben Jesu.
Ich lerne von Josef, dass es überlebensnotwendig sein kann, auf meine Träume zu achten und dass es sich lohnt, ein zweites oder drittes Mal hinzuschauen und -zuhören, wenn etwas in meiner eigenen Ehe vor sich geht, das mir rätselhaft erscheint. Ich lerne, dass hinter der »spröden Schale« des wortkargen Handwerkers ein großzügiger, sensibler und verantwortungsvoller Mensch stecken kann.
Bild 4: Der Stall
Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge,. Lukas 2,7
Dass ausgerechnet in mir das Wunder der Weihnacht geschehen ist, kann ich bis heute nicht so recht verstehen. Dieser Schöpfer des Kosmos hat schon einen eigenen Humor, dass er der waffenstarrenden Wirklichkeit dieser Welt als scheinbar hilfloses Baby gegenübertritt und dann auch noch völlig improvisiert in einem Stall zur Welt kommt. Aber vielleicht ist das ein Teil des Geheimnisses um Weihnachten: je fetter, je prunkvoller und je reicher wir es gestalten und ausschmücken wollen, desto ärmer wird es. Und je behutsamer, stiller und aufmerksamer wir das scheinbar Armselige beachten, desto reicher wird es, das Weihnachtsfest.
Lied: Ganz einfache Wunder
Bild 5 Das Kind
Und gingen hinein und fanden das Kindlein mit Maria, seiner Mutter, und fielen nieder und beteten es an.
Matthäus 2,11a
Natürlich ist Jesus nicht irgendein Kind - Gott macht sich auf den Weg, um uns gewissermaßen »von Mensch zu Mensch« zu begegnen. Gott, .der Schöpfer des Kosmos, bleibt kein ferner und
unnahbarer Gott, sondern kommt als Baby auf diese Welt wie jeder andere Mensch auch. Dieser Gedanke allein ist schon völlig unfassbar. Welches Interesse sollte der Schöpfer des Kosmos an einer Beziehung zu uns kleinen, schwitzenden, egoistischen und selbstzerstörerischen Bewohnern eines kleinen Planeten am Rand des Sonnensystems haben?
Ich denke, es ist die Liebe, die Gott diesen Weg führt. Die Liebe zu diesem Geschöpf, das er einmal »zu seinem Ebenbild« erschaffen hat. Nur wenn er selbst Mensch wird, kann er verstehen, warum sein Geschöpf so denkt, lebt und handelt, wie es der Mensch nun einmal tut. Nur wenn er am eigenen Leib die Gefährdungen, das Leid, die Freuden, die Versuchungen durchlebt hat, kann er uns verstehen, begleiten und erlösen.
Und all das geschieht und beginnt mit der Geburt. Man könnte sagen, Gott »gibt sich« von Anfang an das volle Maß an Problemen, die man als Erdenneuling haben kann: Er kommt als kleines hilfloses Baby mitten in einer großen Volkszählung, völlig improvisiert in einem Stall zur Welt. Als er die Geburt unter diesen medizinisch-hygienisch widrigen Umständen heil überstanden hat, muss er sich sofort auf die Flucht begeben, um nicht umgebracht zu werden. Ich lerne, nicht mehr neidvoll
auf das Leben der Reichen und Schönen zu schielen, die scheinbar goldenen Himmelbett geboren und in der samtroten Sänfte zu Grabe getragen werden. Ich lerne, meinen eigenen Lebensweg von Kindesbeinen an als ein Geschenk zu verstehen, das Gott für mich vorgesehen hat - weit über dem Wohlstandsniveau, das er sich selbst zugebilligt hat.
Bild 6 - Die Hirten
Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden ...
Lukas 2,8
»Was für eine Nacht«? »Jou, die Tiere sind mal wieder mächtig unruhig«, »vielleicht gibt's ein Gewitter ...«. »Vollmond ist auch demnächst ...«. »Irgendwas liegt in der Luft«. »Was meinst Du? Denkst Du, heute Nacht passiert irgendwas? Das kann doch nur Ärger und noch mehr Arbeit bedeuten ...«. »Ach was soll's, komm, wirf noch ein paar Äste ins Feuer, die Nacht ist noch lang«. »Lass uns noch einen trinken und noch ein paar Lieder singen und dann schlafen. Morgen ist wieder ein langer und harter Tag«. »Tja, das wird sich wohl nie ändern, uns hier draußen hat die Welt vergessen ...«.
Um Pfarrer oder Priester zu werden, um »hauptamtlich« von Gott reden zu dürfen, muss man an einer Universität die drei alten Sprachen Latein, Griechisch und Hebräisch erlernen und ein langjähriges Studium absolvieren. Größer könnte der
Kontrast zu den Menschen, die die Nachricht von der Ankunft Gottes als erste erhalten, kaum sein: die Hirten als erste menschliche Zeugen, als erste Anbeter des Gotteskindes sind die »Fortsetzung auf zwei Beinen« des Bildes vom Stall. Die Hirten hören die Botschaft, folgen ihr und beten das Kind an. Wir Theologen lesen den biblischen Bericht, mitunter sogar im Urtext, zerlegen seine einzelnen Elemente nach den Regeln, die wir gelernt haben - und übersehen dabei oftmals, dass zunächst einmal wir ganz persönlich gemeint sind. Wir hören folglich auch keine Botschaft für uns selbst, wohl aber für andere, und mit der Anbetung stehen wir sowieso auf »Kriegsfuß«.
Ich beziehe mich da ausdrücklich mit ein, denn ich merke, dass ich oft fast schon »blinde Flecken« für die einfache und direkte Sprache Gottes in meinem Leben habe.
Von den Hirten möchte ich lernen, den Lichterglanz, die Lieder und die Botschaft von Gottes Ankunft im Unscheinbaren dieser Welt zunächst einmal auf mich wirken zu lassen. Ich möchte lernen, auf das, was Gott mir sagt, zu hören und es auch umzusetzen. Und ich möchte staunend lernen, Gott anzubeten.
Bild 7: Der Engel
Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet Euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude...
Lukas 2,10
Darf ich reinkommen? Ich habe Zeit und keine Angst. Keine Angst vor Dir, keine Angst vor mir. Und auch du brauchst keine Angst zu haben: Fürchte Dich nicht!
Darf ich reinkommen? Ich wäre jetzt da, plötzlich und unerwartet - mit mir hast du nicht gerechnet, was? Und trotzdem kannst Du auf mich zählen. Schon oft war ich da: Ich bin die Zeit, die dir plötzlich geschenkt wurde. Ich bin das Lächeln, das dich aufmunterte. Ich bin der Mensch, der zufällig vorbei kam, als du Hilfe gebraucht hast.
Manche glauben ich hätte Flügel, weil ich so unvermutet auftauche. Vielleicht ist es die Leichtigkeit, mit der ich das Leben betrachte, die mir Flügel verleiht - wenn das so ist, dann kann ich auch dich beflügeln.
Es gibt Engel, die uns genau im richtigen Moment begegnen, aber es gibt auch viele Momente, in denen wir sie klagend vermissen. Jeder Mensch kann für einen anderen zum Engel werden, wenn wir den Mut und die Sensibilität entwickeln, auch für andere da zu sein.
Unsere Welt würde in dem Maße froher und menschlicher, in dem wir unsere »Engelmöglichkeiten« entdecken und anderen zu Gute kommen lassen würden - es gäbe weniger Gleichgültigkeit und mehr Zivilcourage. Ich lerne, in den Engeln, die mir begegnen, die Schönheit der Fürsorge Gottes zu entdecken.
Bild 8: Die Tiere
Und es waren Hirten in derselben Gegend ... die hüteten des Nachts ihre Herde.
Lukas 2,8b
Reichlich seltsam auch: das Empfangskomitee. Wir waren die ersten, die mitbekommen haben, dass irgendetwas nicht stimmt. Wir haben, noch vor den Hirten, den Lichterglanz, die Engel und ihre Musik gehört und gesehen. Die Hirten, die haben vor sich hingedöst. Solange wir Schafe nicht unruhig werden, pennen die. Erst wenn wir Rabatz machen, dann werden auch die Hirten unruhig, denn dann stimmt etwas nicht. Musik und Licht allein kriegen einen milden Hirten noch lange nicht wach -unser Blöken, darauf ist er programmiert, erst als unser Blöken dazukam, sind sie aufgeschreckt - wir sind die ersten Empfänger der Weihnachtsbotschaft.
Lied: Das ist doch eine Eselei,
Bild 9: Der Stern
Als sie den Stern sahen, wurden sie hoch erfreut. Matthäus 2,10
Schaust Du ab und zu mal noch nach oben und erahnst die Weite und die Unendlichkeit, in die Du eingebettet bist? Oder hast Du dich schon damit abgefunden, dass es keine Träume, keine Wunder und keine Überraschungen mehr gibt? Hast Du es verlernt, dich vom Leben und vom Himmel überraschen zu lassen?
Ich bin dein Stern und ich möchte dich erhellen. Geh los, den Himmel im Blick und suche mich, dann wirst du wieder träumen, dann wirst du einen Weg voller Überraschungen betreten und dann wirst du auch das Kind finden und einen scheinbar unscheinbaren Stall als genau den Ort entdecken, in dem es heute geboren wird ...
Bild 10: Die Weisen
Siehe, da kamen Weise aus dem Morgenland nach Jerusalem und sprachen: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern gesehen und sind gekommen, ihn anzubeten.
Matthäus 2,1 b-2
Den Himmel im Blick
entdecke ich Dich,
dein Leuchten,
dein Hoffen,
das mich zart berührt.
Den Himmel im Blick
lass ich mich treiben
lass zu, dass nicht
alles nach
Zeitplan geschieht.
Den Himmel im Blick
habe ich Zeiten,
die ich gelassen
mit Kindern
beim Spiel mir vertreibe.
Den Himmel im Blick
folge ich Spuren,
die mir die Sehnsucht
ans Herz
legen will.
Bild 11: Herodes
Als Herodes nun sah, dass er von den Weisen betrogen war, wurde er sehr zornig ... In Rama hat man ein Geschrei gehört, viel Weinen und Wehklagen;
Matthäus 2,16a und 18a
Weihnachten, das Fest der Liebe? So ein Blödsinn. Es erinnert an die Tage, als meine Horden durch die Gassen zogen und jedes Kind aufspürten - jedes. Es geht um Machterhalt, da kann ich mir keinen Fehler leisten. Da ist Schluss mit lustig. Ich höre das Schreien und Weinen, ich spüre den Neid und den Streit.
Weihnachten ist die Stunde des Herodes, meine Stunde: Schaut und hört euch nur um - wie sie streiten und sich anbrüllen, wie sie fressen und sich besaufen und wie sie die Kinder vergessen - beim Fest des Kindes. Heiliger Abend, dass ich nicht lache - warum sollte denn ausgerechnet dieser Abend heilig sein, wenn uns ansonsten nichts mehr heilig ist.
Er ist der Alptraum der Weihnachtsgeschichte und doch gehört er unbedingt dazu, weil an seiner Person von Anfang an deutlich wird, dass diese Welt, in die Gott sich begibt, eine kranke, egoistische und machtbesessene Menschenwelt ist. Und dass es eine Welt ist, die nach Erlösung schreit, die Ausschau hält nach einem neuen Weg und nach dem Menschen, wie ihn Gott sich gedacht hat, nach dem neuen Adam. Jahr für Jahr versuchen wir ein fröhliches und harmonisches Weihnachtsfest zu feiern, bei dem sich die Familie versammelt, wir gut und viel essen und trinken, bei dem wir zur Kirche gehen, Lieder singen und uns gegenseitig beschenken. Doch meistens ist der Wurm drin, meistens gibt es Streit, meistens bricht sich das Kranke und Egoistische in und zwischen uns Bahn. Wir schaffen es nicht, den »Geist des Herodes« zu verdrängen - er ist da, ob wir wollen oder nicht. Also, warum nicht gleich mit ihm rechnen und darauf gefasst sein, seiner Wirklichkeit auch an Weihnachten zu begegnen oder zumindest die brutale Wirklichkeit, die Fratze unserer entstellten Menschenwelt, nicht komplett ausblenden?
Von Anfang an liegt der Schatten des Todes über dem Leben Jesu. Viele moderne und erfolgreiche Kinofilme sind von diesem »Kampf zwischen Licht und Schatten«, der hier beginnt und immer stärker wird, inspiriert. Ob nun Bilbo Beutlin (in dem Epos »Der Herr der Ringe«) mit allerletzter Kraft seinen Ring ins Feuer wirft oder ob nun Luke Skywalker im Kinoschlager »Star Wars« auf der Seite der guten Macht gegen die böse Macht streitet, es geht um ein neues Leben, bei dem nicht Hass, Egoismus und Gier regiert, sondern die Gemeinschaft, die Treue und die Liebe zueinander siegt.
Angesichts einer brutalen und elenden Welt bewahrt uns Herodes vot einem »Eia popeia Weihnachten«, rüttelt uns wach aus einem kitschigen Traum und lässt uns schmerzhaft in der Welt erwachen, in die Jesus gekommen ist, um sie und uns zu erlösen.
Ich lerne, dass auch das Böse und Schattenhafte in meinen Leben eine Funktion hat. Ich will lernen, den »Herodes in mir« zu entdecken, zu entlarven und mit ihm umzugehen.
Bild 12: Der Traum
Siehe, da erschien der Engel des Herrn dem Joseph im 7r'aunz und sprach: Steh auf, nimm das Kindlein und seine Mutter mit dir und flieh nach Ägypten und bleib dort, bis ich dir's sage.
Matthäus 2,13a
Der Traum
Zukunft im Blick
lässt mich erahnen
weit ist der Weg
unklar das Ziel.
Zukunft im Denken
lässt mich das planen,
was ich verstehe,
mir vorstellen kann.
Zukunft im Herzen
lässt mich vertrauen,
leicht wird es nicht,
doch es wird gehen
Zukunft im Träumen
lässt mich nun glauben,
dass mich die Liebe
niemals verlässt.
Bild 13 Nachklang
So geh nun deinen Weg
Maria und Joseph,
der Stall und das Kind
sie werden dir folgen
hinaus in die Nacht.
Die Hirten,
ein Engel,
die Tiere,
dein Stern
begleiten,
erleuchten
dich und
deinen Weg.
Die Weisheit
der Weisen,
die Machtgier
Herodes'
gehören
zu uns
sind in dir
und mir.
Der Traum
dem wir folgen
Jahrtausende schon,
hat sachte
begonnen,
wir träumen davon ...
Am Rande und ganz unscheinbar
Am Rande und ganz unscheinbar
beginnen Gottes Wunder,
wo vorher scheinbar gar nichts war,
geschieht es dann mitunter,
dass Menschen auf die Knie gehen,
den Kindern in die Augen sehn,
das Leben neu erahnen.
Es ist doch wirklich sonderbar,
es gibt so viele Christen,
doch wir agieren offenbar
hier nur so wie Statisten
in einem Film, den keiner kennt,
wahrscheinlich ohne Happy End,
weil wir uns treiben lassen.
Wir steh'n an deiner Krippe hier,
vergessen dich im Leben.
Wir kommen Jahr für Jahr zu dir,
am heil'gen Abend eben.
Du bist und bleibst das Kindelein,
wir feiern, halten dich so klein,
wie wir das Christkind lieben.
Und trotzdem muss es oft geschehn,
dass ich dich such' und finde,
denn Kinder können vieles seh'n,
wir Großen sind oft Blinde,
seh'n Gottes Schönheit jetzt und hier
nur selten, denn das haben wir
verlernt und dich verloren.
Ich sehe dich mit Freuden an
Und kann mich nicht satt sehen
Und weil ich nun nichts weiter kann,
bleib ich anbetend stehen.
0 dass mein Sinn ein Abgrund wär
Und meine Seel' ein weites Meer,
dass ich dich möchte fassen.
(Zu singen nach der Melodie von »Ich steh an deiner Krippe hier«)