Fester Glaube und nagender Zweifel wohnen ganz nah beieinander.
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Fester Glaube und nagender Zweifel wohnen ganz nah beieinander.
Fester Glaube und nagender Zweifel wohnen ganz nah beieinander.
Liebe Gemeinde,
vielleicht ist es Ihnen auch schon so gegangen: Da hat man sich sehr viel vorgenommen. Man hat Lust, Kraft und Energie etwas zu bewegen. Und dann kommt etwas in die Quere und alles ist hinfällig.
So ging es mir in der vergangenen Woche. Da wollte ich eine ganze Menge machen, vorbereiten und organisieren. Am Montag morgen hatte ich ein paar Flyer für das Musicalprojekt in den Herbstferien in Fraureuth hergestellt und wollte diese mit der Falzmaschine falten. Nachdem ich diese aufgestellt hatte, musste ich noch einen Karton vom Fußboden aufheben. und da passierte es. Ich bekam ihn - einen Bandscheibenvorfall.
Von da an konnte ich am Montag konnte ich kaum noch laufen. Musste dann erst einmal einige Gänge zurückschalten. Nur noch das Wichtigste wurde gemacht. Das „Bäume versetzen“ für diese Woche war dann vorbei, obwohl ich mir einiges vorgenommen hatte.
Doch noch nicht so ganz. Denn ums „Bäume versetzen“ geht es heute in unserem Predigttext um das „Bäume versetzen“ aus dem Glauben heraus.
Wir lesen dazu aus dem Lukasevangelium Kapitel 17:
5 Die Apostel baten den Herrn: »Gib uns doch mehr Glauben!«
6 Der Herr antwortete: »Selbst wenn euer Glaube nur so groß wäre wie ein Senfkorn, könntet ihr zu diesem Maulbeerbaum hier sagen: ›Heb dich samt deinen Wurzeln aus der Erde und verpflanze dich ins Meer!‹, und er würde euch gehorchen.«
Lukas 17,5-6
Liebe Gemeinde,
ich habe Euch drei Dinge heute mit gebraucht:
einen Fußball. Einen Tischtennisball, ein Senfkorn.
Nun den Fußball habe ich nicht mitgebracht, weil Deutschland wieder mal am Freitag gewonnen hat. Sondern ich habe diese drei Dinge mitgebracht um euch einmal zu fragen, mit welchem würdet Ihr euren Glauben heute vergleichen?
Wenn wir den Glauben der Größe nach vergleichen, käme das Senfkorn sicher am schlechtesten weg. Wir wünschten alle einen großen Glauben wie einen Fußball. Aber es geht eben nicht immer um die Größe einer Sache, sondern manchmal geht es um etwas anderes., um etwas ganz anderes.
Ein Fußball muss getreten werden, er kann sich nicht allein bewegen. Ein Thomas Müller musste richtig dran treten um das östreichische Tor zu treffen.
Ein Tischtennisball muss geschlagen werden, sonst rollt oder hüpft er so plup plup von der Platte.
Aber bei einem Senfkorn da ist es ganz anders. So unschein bar und klein es ist. In ihm ist etwas drin, was weder Fußball noch Tischtennisball haben: Energie, Wachstum, Veränderung – Leben.
Darum geht es also nicht nur um das Augenscheinliche, sondern gerade auch um das Verborgene. Es geht um das was man nicht sieht.
Wir können nicht alles im Leben und auch nicht im Glauben mit unserem Verstand und mit unserer Vernunft rational zu ergründen und zu begründen.
Heute lesen wir wie die Apostel zu Jesus kommen und ihn bitten: »Herr, stärke unseren Glauben«? Und interessant an dieser Stelle ist sie werden Apostel geannt also Augen- und Glaubenszeugen von Jesus – Menschen, die von Jesus ausgesandt wurden. Gerade die bitten: Herr, stärke unseren Glauben«
Ein großer Glaube an wen?
Vertrauen in was?
Stärkerer Glaube für was?
Wie sieht das überhaupt aus, so ein stärkeres Vertrauen?
Was ist stärker, ein aufgeblasener Fußball oder ein federleichter Tischtennisball oder ein winziges Senfkorn?
In welchem steckt mehr drin?
Was bildet mehr den Glauben ab?
Soll man um einen größeren Glauben beten?
Oder reicht uns der Glaube, der so groß wie ein Senfkorn ist?
Habt Ihr schon einmal zu Gott oder zu Jesus gebetet, wenn Ihr eine wichtige Sache verlegt habt?
Da sucht Ihr ein wichtiges Dokument, was Ihr irgendwo zu Hause so gut weggelegt habt, dass Ihres nicht wieder finden. Ihr habt das ganze Haus schon auf den Kopfgestelt, aber Ihr findet es nicht.
Wie groß ist dabei nun euer Glaube, dass Ihr diese Angelegenheit Gott im Gebet bringt und ihn bittet, dass er euch zeigt, wo es liegt.
Ich darf euch sagen, meine Gebete wurden in dieser Richtung schon sehr oft erhört. Dafür bin ich sehr danbar.
Ein kleiner Junge springt vom Baum direkt in die Arme seines Vaters. Nun wird mancher sagen: Das ist keine große Leistung. Dazu braucht er keinen großen Mut. Das war vielleicht auch nicht vernünftig. Aber er hat einen starken Vater. Einen Vater, in den er sein ganzes Vertrauen setzt. Darum kann er es auch tun.
Oder hätte vielleicht mit so einem Sprung noch warten sollen, vielleicht bis er selbst etwas größer ist? Vielleicht hätte er sogar noch warten sollen, bis ihn dann die Zweifel plagen, ob der Vater ihn festhält?
Viele Christen vertrauen ihrem Gott wie der Junge seinem Vater. Trauen diesem Gott alles zu. Machen damit wunderbare Erfahrungen. Aber dann werden sie im Glauben älter. Erwachsen?
Wer vertraut dann noch, ob Gott alle Gebete hört? Sie erhört? Wer wagt dann im Glauben noch etwas? Das kommt manchmal die Zeit, in der der Glauben, groß wie ein Senfkorn, zur Mangelware wird.
Dann sollte man wirklich wie die Apostel bitten: Herr, stärke unseren Glauben«
Sicher es macht keinen Sinn, einen Maulbeerbaum ins Meer zu wünschen. Was soll er auch dort? Bei Matthäus ist sogar von einem Berg die Rede, den man ins Meer versenken könne, wenn man Glauben hätte so groß wie ein Senfkorn. Aber wozu? Was macht das für einen Sinn?
Ein Glück, dass diese Beispiele von den Christen nicht so ernst genommen werden. Da hätte schon so mancher seinen Garten von Bäumen und Sträuchern gesäubert, wenn das so einfach ginge. Da hätte schon mancher einen Berg verschwinden lassen. Daher wird das Bild von Jesus wohl nicht so wörtlich zu verstehen sein. Aber wie denn dann?
Ich denke Jesus geht es um die Vergleichsgröße.
Wir beten sehr oft ohne den »Senfkorn-Glauben«, und es bewegt sich nichts, weder ein Baum noch ein Berg ruckelt.
Wir beten ohne den »Senfkorn-Glauben« und erleben nichts.
Wir zweifeln an uns. Wir zweifeln an der Gebetserhörung.
Wir zweifeln an dem, der die Lebenskraft in das Senfkorn gelegt hat.
Wir zweifeln an Gott. Der auch in uns ein riesiges Potential von Energie und Willen angelegt hat.
Jesus wollte sicher nicht, dass irgendeiner seiner Jünger anfängt, Bäume zu versetzen oder Berge einzuebnen. Das würde zwar sehr viel Publicity bringen, aber es wäre kein Beweis von Glauben. Nicht nur die großen Taten preisen den Herrn des Glaubens, sondern auch die kleinen Schritte. Gerade die kleinen Handreichungen. Die kleinen Worte. Die unscheinbaren Gesten.
Die von Jesus ausgewählten Männer waren allesamt keine großen Leuchten, dennoch wurden sie schon hier Apostel genannt. Sie waren weder Mandatsträger noch Hoffnungsträger. Sie mussten keine Bewerbungsunterlagen erstellen und vorlegen.
Was hätten die Fischer vom Obersee oder der Zolleinnehmer vom Stadttor in Kapernaum auch an besonderen Fähigkeiten aufzählen können?
Wirkliches Leben kam erst in ihr Dasein, als Jesus in ihren Horizont trat. Da wurde aus einem Senfkorn-Gläubigen ein Senfkorn-Apostel. Nicht größer, aber wirksamer.
Ein Apostel ist nach christlichem Verständnis ein von Jesus Christus direkt Gesandter. Hätte man sie gefragt, was ihnen dieser Titel wert ist, hätten sie abgewinkt. »Das zählt alles nichts, nur Jesus Christus zählt.« Oder: »Jesus muss wachsen, ich muss abnehmen.« So hatte es schon Johannes der Täufer gesehen.
Warum haben die Apostel ihren Herrn gebeten, dass er ihren Glauben mehren und stärken soll?
Fühlten sie in sich eine Schwäche des Glaubens? Hatten sie Misserfolge?
Und warum beten wir manchmal um einen stärkeren, festeren, größeren Glauben?
Es gehört wohl zu unserem Senfkornglauben dazu, dass wir darauf keine befriedigenden Antworten haben.
Fester Glaube und nagender Zweifel wohnen ganz nah beieinander. Der eine in der linken, der andere in der rechten Herzkammer, um es im Bild zu sagen, und sind doch voneinander unterschieden, wenngleich voneinander abhängig.
Doch bei allen Fragen und Zweifeln, die mich jetzt noch plagen, will ich mich damit zufriedengeben, dass Jesus mir zusagt: Dein Senfkorn-Glaube reicht.
Amen.