Kleiner Mann ganz groß
Sermon • Submitted
0 ratings
· 8 viewsGottesdienst mit Taufe Fraureuth Jubelkonfirmation Reinsdorf
Notes
Transcript
Kleiner Mann ganz groß
Kleiner Mann ganz groß
Liebe Jubelkonfirmanden, liebe Gemeinde,
haben Sie sich heute Morgen schon einmal umgeschaut, wer denn alles hier im Gottesdienst ist?
Haben Sie einmal hingesehen, wer denn heute alles anwesend ist? Manche von den Jubelkonfirmanden haben sich lange nicht gesehen?
Schauen Sie sich ruhig einmal um, wer denn alles im Gottesdienst ist, damit sie ja keinen übersehen. Damit wir uns alle richtig sehen!
Ach sie wollen das ja gar nicht: Den anderen sehen, denn wenn sie ihn sehen, dann hat das vielleicht Folgen – dann müssen sie dem anderen die Hand geben, müssen mit ihm reden. Vielleicht wollen sie das gar nicht.
Oder sie wollen vielleicht gar nicht gesehen werden? Wollen im Verborgenen bleiben? Wie heißt das Sprichwort so schön? „Im Dunkeln ist gut Munkeln“
Denn wer gesehen wird, muss sich offenbaren. Das hat Konsequenzen, das hat Folgen. Das sieht man ja immer bei prominenten Leuten.
Nichtmal in Abgeschiedenheit von der Öffentlichkeit konnten so Prinzessin Madeline und ihr Ehemann die Flitterwochen verbringen. Es wurde schnell bekannt, dass sie auf die Seychellen fuhren.
Vom Sehen und Gesehen werden und welche Folgen das hat, davon erzählt der heutige Bibeltext aus dem Lukas19,1-10
1 Jesus kam nach Jericho und ging durch die Stadt. 2 Dort lebte ein Mann, der Zachäus hieß. Er war der oberste Zolleinnehmer und sehr reich. 3 Er wollte unbedingt sehen, wer dieser Jesus war. Aber er konnte es nicht, denn er war klein, und die Volksmenge versperrte ihm die Sicht. 4 Deshalb lief er voraus und kletterte auf einen Maulbeerfeigenbaum, um Jesus sehen zu können – denn dort musste er vorbeikommen. 5 Als Jesus an die Stelle kam, blickte er hoch und sagte zu ihm: »Zachäus, steig schnell herab. Ich muss heute in deinem Haus zu Gast sein.« 6 Sofort stieg Zachäus vom Baum herab. Voller Freude nahm er Jesus bei sich auf. 7 Als die Leute das sahen, ärgerten sie sich und sagten zueinander: »Bei einem Sünder ist er eingekehrt!« 8 Aber Zachäus stand auf und sagte zum Herrn: »Herr, die Hälfte von meinem Besitz werde ich den Armen geben. Und wem ich zu viel abgenommen habe, dem werde ich es vierfach zurückzahlen.« 9 Da sagte Jesus zu ihm: »Heute bist du gerettet worden – zusammen mit allen, die in deinem Haus leben. Denn auch du bist ein Nachkomme Abrahams! 10 Der Menschensohn ist gekommen, um die Verlorenen zu suchen und zu retten.«
1 Jesus kam nach Jericho; sein Weg führte ihn mitten durch die Stadt.
2 Zachäus, der oberste Zolleinnehmer, ein reicher Mann,
3 wollte unbedingt sehen, wer dieser Jesus war. Aber es gelang ihm nicht, weil er klein war und die vielen Leute ihm die Sicht versperrten.
4 Da lief er voraus und kletterte auf einen Maulbeerfeigenbaum; Jesus musste dort vorbeikommen, und Zachäus hoffte, ihn dann sehen zu können.
5 Als Jesus an dem Baum vorüberkam, schaute er hinauf und rief: »Zachäus, komm schnell herunter! Ich muss heute in deinem Haus zu Gast sein.«
6 So schnell er konnte, stieg Zachäus vom Baum herab, und er nahm Jesus voller Freude bei sich auf.
7 Die Leute waren alle empört, als sie das sahen. »Wie kann er sich nur von solch einem Sünder einladen lassen!«, sagten sie.
8 Zachäus aber trat vor den Herrn und sagte zu ihm: »Herr, die Hälfte meines Besitzes will ich den Armen geben, und wenn ich von jemand etwas erpresst habe, gebe ich ihm das Vierfache zurück.«
9 Da sagte Jesus zu Zachäus: »Der heutige Tag hat diesem Haus Rettung gebracht. Denn«, fügte er hinzu, »dieser Mann ist doch auch ein Sohn Abrahams.
10 Und der Menschensohn ist gekommen, um zu suchen und zu retten, was verloren ist.«
Es hatte sich in Jericho herum gesprochen, dass er kommen wird, der Jesus. Und wo er ist, da wollten sie alle sein. Wollten hören, was er zu sagen hat. Wollten sehen, was er tat. Die Beweggründe zu Jesus zu kommen, waren recht unterschiedlich. Die einen waren nur neugierig, andere wollten Action sehen, wollten Wünsche und Sehnsüchte befriedigt haben. Dann gab es wirklich Leute, die legten ihre Hoffnung in diesen Jesus. Sie hofften, dass dieser Jesus der Messias ist und die Hoffnung für das Volk Israel.
Auch an sein Ohr ist es gedrungen, dass dieser Jesus kommt, obwohl man nicht mit ihn redet, ihn keines Blickes würdigt, an ihm vorbeigeht. Ihn nur dann ernst nimmt, wenn er seines Amtes waltet. Wenn die Blicke der Leute töten könnten, wäre er längst tot, schon lange unter der Erde? Er wäre eines tausendfachen Todes gestorben. Er, der kleine Zachäus, der Zolleinnehmer, an der Zollstation Jericho.
Das ist ja sein großes Lebensproblem, dass er klein ist, dass er nicht auffällt, dass ihn keiner wirklich ernst nimmt, dass man ihn so gar nicht im Blick hat.
„Er hat das Gefühl im Leben nicht nur in der Größe zu kurz gekommen zu sein?“ Vielleicht ist er auch darum Zöllner geworden, ein Kollaborateur der Römer. Endlich hatte er Macht, kann mit ihr spielen. Endlich müssen ihn die Leute ernst nehmen, ihn eines Blickes würdigen. Endlich müssen, die Leute ab und zu mal nach seiner Pfeife tanzen.
Aber er spürt, dass sein Leben nicht rund ist, dass da viele wunde Stellen zu sehen sind. Es stimmt einfach nicht. Vieles ist verdeckt, zugedeckt, wird überspielt. Vieles, was er nach außen zeigt, ist er in Wirklichkeit nicht. Materiell mag er gut versorgt sein. Ein gutes finanzielles Polster hat er sich ergaunert, aber sein Herz ist leer. Da hat sich das Leben vor ihm versteckt. Da kann er nichts mehr sehen. Da ist er blind. Nicht nur auf einem Auge, sondern auf beiden und ganz besonders mit dem Herzen.
Und nun kommt er - dieser Jesus nach Jericho – wie alle Leute möchte auch er ihn sehen?
Seine Beweggründe stehen zwar nicht im Text, aber ich denke Sensationslust und einfache Neugier können wir ausschließen. Wir spüren schon von Anfang an, dass da bei Zachäus mehr ist – die Sehnsucht nach dem Leben.
Die Sicht dem anderen versperren, das können wir Menschen ganz gut. Wir tun das besonders dann gern, wenn wir etwas gegen den anderen haben, wenn wir ihm eins auswischen wollen, wenn wir mit ihm noch ein Hühnchen zu rupfen haben.
Die Leute versperren dem kleinen Mann die Sicht. Sie lassen ihn nicht durch. Sie wollen nicht, dass er Jesus sieht. Sie lassen jetzt einmal ihm gegenüber ihre Macht spielen.
Doch Zachäus lässt sich nicht abbringen. Er lässt sich etwas einfallen. Er kämpft darum. Er steigt auf den Maulbeerbaum um Jesus zusehen.
Und so ein Baum hat doch auch etwas Gutes. Zachäus hat jetzt ein Platz von dem er sehen kann, ohne dass er gleich gesehen wird. Er hat einen sicheren und geschützten Platz. Von da aus kann er genau verfolgen, was abgeht. Mit einem gewissen Abstand sehen, was Jesus tut.
Manchmal hat man das ganz gern, einen Platz von dem aus man verfolgen kann was abgeht.
Ich habe ein paar Mal in Altkötzschenbroda, einem Ortsteil von Radebeul, Urlaub gemacht. Da hat der Markt einen leicht mediterranes Flair. Dort kann man sich schön vor eine Weinstube oder eine spanisches Tapas-Restaurant setzen und beobachten, wie das Leben pulsiert. Das ist richtig spannend und interessant.
Zachäus hatte als jetzt einen guten Platz um zu sehen, wenn Jesus kommt und was er tat.
Doch dann kommt der Augenblick, der sein sein Leben radikal veränderte. Ganz unerwartet und plötzlich.
Jesus kommt und sieht ihn. Es nützt nichts, dass er sich auf dem Maulbeerbaum versteckte. Jesus findet ihn in den entlegensten Winkeln.
Er findet auch uns in den entlegensten Winkel unseres Lebens, da wo wir uns verstecken. Vielleicht wollen auch wir uns verstecken. Manchmal vielleicht sogar vor Gott.
Jesus blickt Zachäus an und lädt sich ein: „Ich muss heute in deinem Haus zu Gast sein.“ Mancher würde sich jetzt aufregen, wieso sich jetzt Jesus selber einlädt.
Die Leute damals regen sich anders auf, das Jesus überhaupt zu dem Zöllner geht.
Das alles ist dem Zachäus egal. Für ihn ist jetzt klar: „Das ist die Chance meines Lebens.“ Endlich jemand der mich anblickt, der mich eines Blickes würdigt. Endlich jemand, der mich des Lebens würdigt. Endlich jemand, der mir zeigt, dass mein Leben wertvoll ist. Endlich jemand, dass mein Leben vor Gott wertvoll ist. Endlich jemand, der mir sagt, dass auch ich ein Kind Gottes bin.
Als Jesus den Zachäus ansah, sah er mehr als nur den kleinen Menschen auf dem Baum. Er sah mehr als nur das erwartungsvolle Gesicht dieses Mannes, der nicht wusste, was ihm jetzt geschah. Jesus sah tiefer. Er sah in das Herz hinein. Er sah all die Not, all das Leid und all den Schmerz, was da im Herzen drin war. Und Jesus sah den Weg heraus, heraus dem Schlamassel des Lebens, hin zum Neuanfang zu einem neuem Leben mit Gott.
Dieser Weg geht nur über eins über die Gemeinschaft, über die Gemeinschaft, der von Gott begnadigten Sünder.
Manchmal begegnen mir Menschen, die sagen mir „Herr Pfarrer, die Kirche brauche ich nicht, meinen Glauben kann ich auch alleine leben.“ Genau diese biblische Geschichte zeigt uns, dass Christsein ohne Kirche und ohne Gemeinde nicht geht, weil Glaube und Lebensveränderung durch Gott immer in die Gemeinschaft zu anderen hinführt.
Die Leute damals haben gar nicht gemerkt, dass Jesus sich selber bei Zachäus eingeladen hat. Sie haben sich darüber beschwert, dass er sich von einem Sünder einladen ließ. Aber zum Einladen war Zachäus am Anfang gar nicht in der Lage. Sein Sündersein blockierte ihn. Erst als Jesus die Initiative ergriff, als Jesus die Tür öffnete, öffnete er sein Lebenshaus. Er erkannte seine Schuld, bemühte sich um Wiedergutmachung. Sein Leben wurde erneuert. Es hat nun einen neuen Sinn.
Auch in unserem Leben gab es oder gibt es Augenblicke, die unser Leben radikal verändert haben. Augenblicke der Begegnung – da wo uns ein Mensch in den Blick kam.
Vielleicht ist auch heute wieder so ein Augenblick. Ein Augenblick – wenn wir von der biblischen Geschichte angesprochen über unser eigenes Leben nachdenken. Vielleicht hat uns Jesus auch schon so, wie den Zachäus angesehen. Aber wir haben uns nicht auf seinen Blick eingelassen. Wir sind bisher seinem Blick ausgewichen, weil das ja Konsequenzen und Folgen für uns und unser Leben hat.
Vielleicht müssten wir dann auch einiges Verändern oder Dinge in Ordnung bringen, wie der Zachäus. Für uns steht die Frage im Raum: Wollen wir das?
Und wenn sie das, wollen dann ist heute ein guter Tag dafür für den Neuanfang mit diesem Jesus – und morgen?
Und Morgen ist Montag, dann darf sich das schon im Alltag bewähren – das ist nicht leicht. Aber mit Gottes Segen und Jesu Beistand ist es möglich.
Amen