Über die Nachfolge

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Über die Nachfolge
Jesus Christus spricht:
Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht. 25 Wer sein Leben lieb hat, der wird's verlieren; und wer sein Leben auf dieser Welt hasst, der wird's erhalten zum ewigen Leben. 26 Wer mir dienen will, der folge mir nach; und wo ich bin, da soll mein Diener auch sein. Und wer mir dienen wird, den wird mein Vater ehren.
Johannes 12,24-26
„Ich kann mir kaum etwas Spannenderes und Schöneres vorstellen, als Jesus nachzufolgen.“
Ist das nicht ein toller Satz für den Anfang dieses Vortrages. Jesus nachfolgen –spannend und schön – stimmt das so?
Oder ist es nicht manchmal total frustrierend und anstrengend, ja manchmal kaum machbar diesem Jesus aus Nazareth nachzufolgen. Sicher gibt es auch spannende und aufregende ja lebensverändernde Momente in der Nachfolge, wo wir sagen, dass ist es uns wert.
Aber es kann mir keiner sagen, dass es nicht auch schwere und anstrengende Momente gibt, wo es ein Kreuz mit dem Glauben ist, wo sich ein anderes Wort Jesus über die Nachfolge aus dem Lukasevangelium bewahrheitet: „Wer mir folgen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich täglich und folge mir nach.“ (Lukas 12,23)
Nachfolge heißt ganz folgen
Eine der kürzesten Jüngerberufungen ist die des Philippus.
Da lesen wir im Johannesevangelium: Jesus findet Philippus und spricht zu ihm: Folge mir nach!
Mehr steht da nicht und Philippus folgt Jesus nach.
Jesus findet ihn, spricht ihn an – und Philippus folgt Jesus nach. Ja Philippus wird gleich zu einem Zeugen für Jesus. Er gibt dem Nathanael sofort Zeugnis davon, dass er in Jesus, den gefunden hat, von dem Mose und die Propheten Zeugnis geben.
Eins wird in alle den Aufforderungen der Nachfolge erst einmal deutlich: Jesus nachfolgen hat erst einmal nichts zu tun mit Heiligung oder Jesus ähnlicher werden oder gar so werden wie Jesus.
Nachfolgen heißt erst einmal bei Jesus sein. Dahin gehen die Jünger, wo Jesus auch ist. Sie sind immer noch so wie sie sind.
An Petrus sehen wir es, der noch immer aufbrausend und vorlaut ist.
An Johannes und Jakobus sehen wir es, die immer noch nach dem ihren suchen und sogar ihre Mutter vorschicken, als sie nach der Herrschaft im Himmelreich greifen wollen. Und welche Mutter tut es nicht alles für ihre Söhne, wenn da die Chance besteht, dass sie etwas Großes werden.
Da gibt es Judas, den Verräter, Thomas, den Ungläubigen. Sie sind erst einmal so, wie sie sind. Sie sind von Jesus angesprochen worden ihm nachzufolgen.
Aber sie mussten alles stehen und liegen lassen. Die Arbeit, die Familie, das Vermögen - alles ist erst einmal egal. Jesus hat Priorität.
Wenn ich das so sehe, so richtig begeistern tut das mich nicht?
Ich versuche mich heraus zureden, meine Situation zu erklären. Ich suche Argumente und Gründe, warum das heute bei mir anders ist, warum meine Nachfolge so anders aussieht! Vielleicht nicht so konsequent ist!
Ich kann doch so nicht einfach alles stehen und liegen lassen, Jesus will doch sicher nicht, dass ich meine Frau oder als Pfarrer meine Gemeinde sitzen lasse.
Da merke ich sofort, dass sich alles in mir zusammenzieht, ich anfange zu argumentieren, dass die heutige Situation doch so anders ist (und das ist sie ja auch) und dass Jesus sicher nicht möchte, dass ich Frau und Gemeinde sitzen lasse (will er auch nicht).
Und dann merke ich, wie spannungsgeladen das Thema Nachfolge ist. Dass es dabei nicht um eine theoretische Diskussion geht, sondern um mein praktisches Leben und zwar mit allem, was dazu gehört.
Und es geht heute Abend nicht um schnelle Antworten, sondern um ein Ringen auf allen Ebenen.
Nachfolge ist ein ganzheitlicher Prozess, der alle Lebensbereiche einschließt, also nicht nur den Sonntagsgottesdienst, die Gemeinschaftsstunde und den Hauskreis, sondern vor allem auch die Familie, Freunde und Arbeit, also unseren ganzen Alltag. Und das ist nicht einfach.
Nachfolge lässt sich auch nicht reduzieren auf Stille Zeit (wir finden keine Bibelstelle, dass Nachfolge sich darüber definiert, wie oft und regelmäßig und intensiv du Bibel liest oder sogar betest), sondern vielmehr macht uns die Bibel deutlich, dass Nachfolge unser ganzes Leben umfasst und uns als ganzen Menschen (Geist, Seele und Leib).
Paulus schreibt: „Ich ermahne euch nun, liebe Brüder, durch die Barmherzigkeit Gottes, dass ihr eure Leiber hingebt als ein Opfer, das lebendig, heilig und Gott wohlgefällig ist. Das sei euer vernünftiger Gottesdienst.2 Und stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, damit ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene.
Römer 12,1-2
Eins macht uns die Bibel deutlich, wer Jesus nachfolgt, für dessen Leben hat das Konsequenzen. Vor ein paar Tagen habe ich teilweise einen Gottesdienst von Hour of Power verfolgt. Da erzählte Robert Schuler senior von einem jungen Mädchen. Er sagte:
„Dieses Wochenende habe ich mich mit einer jungen Frau unterhalten, die in dieser Gemeinde aufgewachsen ist. Sie besucht eine säkulare
Universität. Sie sagte, kurz vor dem Wochenende ist jemand aufgestanden in der Klasse und sagte: Hey, wir machen hier im Haus eine Party und ihr seid alle eingeladen. Das wird lustig. Wir werden Wein trinken und es gibt ein paar sichere Drogen. Wir wollen, dass ihr alle kommt. Hebt die Hand, wenn ihr kommt, damit wir alles vorbereiten können. Eine Hand ging nicht nach oben. Diese junge Frau sagte, das war meine Hand. Alle sahen mich an und fragten, Janet, kommst du nicht? Sie erzählte, ich stand auf und sagte: Nein, ich bin Christin. Ich nehme keine Drogen und trinke keinen Alkohol. Das geht nicht.
Sie sagte, ein frostiger Hauch ging durch den Raum. Man steckte die Köpfe zusammen, Getuschel, Gelächter und kein einziger redete mit mir, nachdem ich das gesagt hatte. Sie sagte, ich fühle mich so alleine. Was soll ich machen? Woher kommt Einsamkeit?
Ja das kann auch Nachfolge heißen, sich erst einmal menschlich gesehen einsam und allein fühlen, weil man gegen den Strom schwimmt.
Gegen den Strom der Welt. Gegen den Strom der Mitmenschen. Weil man zu Jesus gehört, macht man nicht mehr alles mit. Springt nicht auf jeden Zug auf, der an einem vorbei donnert. Aber das kann eben auch isolieren und manchmal einsam machen. Da ist man dann in der Schule oder auf Arbeit der Außenseiter. Das kann soweit gehen, dass man als frommer Spinner angesehen wird und auch gemobbt wird.
Aber auch umgekehrt macht uns die Bibel deutlich, wie wichtig es ist in der Nachfolge echt zu bleiben.
In Johannes 15, Vers 19 sagt Jesus:
„Liebt nicht diese Welt, und hängt euer Herz nicht an irgendetwas, das zu dieser Welt gehört. Denn wer die Welt liebt, kann nicht zugleich Gott, den Vater, lieben.“
Hier wird deutlich, wie radikal doch die Nachfolge ist. Radikal hat etwas mit Radischen zu tun (das hatte vorgestern Arno Backhaus im Männerfrüstück uns deutlich gemacht). Also radikal heißt von der Wurzel her geschieht die Nachfolge – und damit die Veränderung.
Eins wird uns immer wieder deutlich der Anspruch Jesu in der Nachfolge ist und bleibt radikal. Da gibt es kein Wischi waschi, kein seichtes Christentum. Im Matthäus-Evangelium Kapitel 12 Vers 38 sagt Jesus:
„Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich; und wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut.
Es gelten ab sofort in der Nachfolge ganz andere Werte. Und dennoch kann es passieren, dass der, der jetzt Jesus nachfolgt und in der Nachfolge bleibt, vielleicht vordergründig verlacht und verspottet wird, und dennoch insgeheim anerkannt und bewundert wird. Ich habe das persönlich schon oft erlebt. Besonders in der Zeit als ich bei Zeiss in Jena gearbeitet habe. Als Pfarrer ist man ja dann irgendwie ein Exote und da ist es ja „normal“, dass ich da von Gott und von Jesus rede.
Nun leben wir ja in einer ganz bestimmten Kultur und werden von ihr geprägt. Auch hier in Fraureuth. Wir sind Teil dieser Kultur. Und wir prägen sie auch bis zu einem gewissen Grad mit. Wir leben in einem konkreten gesellschaftlichen Umfeld. Und da hat Nachfolge auch damit zu tun. Da, wo wir gehen, hinterlassen wir manchmal sichtbare aber auch unsichtbare Fußabdrücke, die zu erkennen geben, wem wir nachfolgen und wie sich dies in unserem Leben und bei unseren Mitmenschen auswirkt.
Das heißt doch, dass wir Christen in Fraureuth auch mit unserem Leben in der Nachfolge, Einfluss haben auf das Leben und das Zusammenleben der Menschen in unserem Ort.
Ich glaube besonders auch bei den Zelttagen spüren wir das besonders. Diese haben immer wieder einen gewissen Einfluss auf das Gemeinwesen. Und es gibt Leute, die sonst nicht in der Kirche oder in der Gemeinschaft auftauchen, aber die von uns dennoch erwarten, dass in drei vier Jahren wieder Zelttage stattfinden.
Wir jaben als Christen Einfluss auf das Leben in unserem Ort. Das müssen wir uns bewusst machen. Und darum ist es auch wichtig, dass wir als Christen im Gemeinderat und im Ortschaftsrat vertreten sind. Auch das hat etwas mit Nachfolge heute zu tun.
So wie auch Jesus Einfluss hatte auf das gesellschaftliche Leben seiner Zeit – dabei kann es eben sein, dass sich die Gesellschaft auch gegen einen stellt.
Nachfolge heißt handeln
Gottesdienst feiern, Gemeinschaft haben, Beten und Gott loben, sind ungeheuer wichtige Dinge für unser Leben als Christen. Und das dürfen wir nicht aus den Augen verlieren.
Aber wir müssen andererseits auch aufpassen, dass wir als Christen und Gemeinden nicht darüber vergessen, was dass Nachfolge auch praktische Konsequenzen hat:
Jesus macht deutlich uns das in seiner Rede vom Weltgericht in Matthäus 25 Verse 31 bis 40 deutlich:
31 Wenn aber der Menschensohn kommen wird in seiner Herrlichkeit und alle Engel mit ihm, dann wird er sitzen auf dem Thron seiner Herrlichkeit, 32 und alle Völker werden vor ihm versammelt werden. Und er wird sie voneinander scheiden, wie ein Hirt die Schafe von den Böcken scheidet, 33 und wird die Schafe zu seiner Rechten stellen und die Böcke zur Linken. 34 Da wird dann der König sagen zu denen zu seiner Rechten: Kommt her, ihr Gesegneten meines Vaters, ererbt das Reich, das euch bereitet ist von Anbeginn der Welt! 35 Denn ich bin hungrig gewesen und ihr habt mir zu essen gegeben. Ich bin durstig gewesen und ihr habt mir zu trinken gegeben. Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen. 36 Ich bin nackt gewesen und ihr habt mich gekleidet. Ich bin krank gewesen und ihr habt mich besucht. Ich bin im Gefängnis gewesen und ihr seid zu mir gekommen. 37 Dann werden ihm die Gerechten antworten und sagen: Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und haben dir zu essen gegeben, oder durstig und haben dir zu trinken gegeben? 38 Wann haben wir dich als Fremden gesehen und haben dich aufgenommen, oder nackt und haben dich gekleidet? 39 Wann haben wir dich krank oder im Gefängnis gesehen und sind zu dir gekommen? 40 Und der König wird antworten und zu ihnen sagen: Wahrlich, ich sage euch: Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.
Es wird hier deutlich, dass wir bei Gott nicht gefragt werden: Wie viele Mal hast du die Bibel gelesen? Wie viele Lieder hast du Gott zum Lobe gesungen? Wie viele Gebete hast du gesprochen? Wie oft war`s du in deinem Leben im Gottesdienst, in der Gemeinschaftsstunde oder im Hauskreis? Ja wir werden noch nicht einmal gefragt, wie viele Euros hast du gespendet?
Nein wir werden gefragt, wie viel hast du für deine Brüder und Schwestern getan, die in Not ist. Wie viel hast du an ihnen gehandelt, was hast du ihnen getan.
Vielleicht mag mancher jetzt sagen, dass ich hier an dieser Stelle überzogen habe, wenn ich ehrlich bin, wünschte ich mir das auch. Aber ich glaube Jesus ist so radikal.
Es ist doch viel schöner Gemeinschaft mit anderen Christen zu haben, Gottes Wort hören, zu Beten und Loblieder zu singen. Ja und ein paar Euros spenden kann man ja auch, zumal, dass manchmal auch das Gewissen beruhigt.
Wir können auch noch ganz gut die Missstände in dieser Welt anprangern. Wir können auch Resolution und Eingaben verfassen. Auch gut diskutieren lässt sich über all das genannte. Und um ehrlich zu sein, damit könnte ich als guter, anständiger und frommer Christ recht gut und ordentlich leben.
Aber der Anspruch Jesus für seine Nachfolger, der ist radikaler. So wie es eben in dem gerade gehörten Bibeltext deutlich macht. Der heißt, wenn du mir nachfolgen willst, dann musst du im Dreck und im Schmutz dieser Welt handeln und wirken, dann musst du, um es radikal zu sagen, in die Scheiße greifen. Ja und wer in die Scheiße greift, der stinkt dann auch.
In der Grundschule hatten wir ein Klassenkameradin, die stank immer, weil bei ihr zu Haus Hygiene nicht groß geschrieben wurde und die Wohnstube nicht weit vom Schweinestall entfernt war. Sie wurde von vielen aus der Klasse gemieden und verspottet. Erst nach dem die Lehrerin eingegriffen hatte, wurde das Verhältnis zu ihr besser.
Aber so kann es uns auch ergehen, wenn wir diesem Jesus radikal nachfolgen und bereit sind in seinem Namen zu handeln.
Sicher beginnt die Nachfolge und damit die Veränderung mit Erkenntnis, mit einer Bewusstseinserweiterung (Römer 12,2)
Genau das beschreibt der Apostel Paulus, wenn er im Römerbrief Kapitel 12,2 schreibt: „Und stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, damit ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene.“
Die Erneuerung unseres Sinnes ist der erste Schritt in der Nachfolge. Doch leider bleiben an dieser Stelle viele stehen.
Aber es gehört eben dann noch ein zweiter Schritt dazu – das veränderte Handeln. Und das macht uns Jesus in seiner Bergpredigt in Matthäus 5 bis 7 deutlich.
Nun kann ich euch heute Abend nicht die ganze Bergpredigt vorlesen geschweige denn predigen. Aber ich möchte euch Mut machen, diese aus der Sicht der Nachfolge und des veränderten Handelns zu lesen.
Auf jeden Fall wird eins deutlich in der Nachfolge sind beide wichtig, Denken und Handeln. Sie gehören zusammen, sie sollen, können und dürfen nicht getrennt werden.
Nachfolge heißt Leben im Paradox
Die Diskrepanz im Leben als Christen möchte ich jetzt noch einmal an einem Beispiel aufzeigen:
Die Herrlichkeit Gottes!
Sonntag, Gottesdienst, Anbetung
Gottes Größe und Herrlichkeit haben kein Ende, sie sind einmalig, die Macht und Kraft seiner Auferstehung wird in uns Christen sichtbar. Gott ist der Schöpfer dieser Erde, ja des ganzen Universums. Nichts ist ihm unmöglich und denen, die ihm nachfolgen! Halleluja! »Ich geb mich ganz hin und sage: Ich liebe dich!« Ja, das will ich, ganz, mit allem, was ich habe und bin - immer, an jedem Tag, in jeder Stunde, in jeder Minute meines Lebens!
Die Schwerkraft meines Alltags! Arbeit, große Pause
Ich fühle mich beschissen! Was für ein katastrophaler Tag: Schlecht gelaunt aufgewacht, auch noch verschlafen. Zu spät in der Arbeit angekommen, nicht gefrühstückt. Ärger wegen der Verspätung. Streit mit Freunden. Das Missverständnis mit der Freundin vom Vortag kann in der Pause nicht geklärt werden. Lasse die schlechte Laune an Bernd, diesem Arsch, raus, der mich bösartig darauf hinweist, dass er von einem bekennenden Christen etwas anderes erwartet hätte. Ich hasse mich selbst, bin enttäuscht, dass der Kreislauf der christlichen Frustration wieder voll zugeschlagen hat.
Es wird uns klar: Jesus Nachfolgen bedeutet, wir haben dabei immer wieder Probleme.
Nachfolge heißt – Christsein gibt es nicht zum Nulltarif, wie die Brillen von Fielmann – und die sollen doch letztlich auch etwas kosten.
Ja, Jesus selber macht es radikal deutlich, wenn er sagt:
34 Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, Frieden zu bringen auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert.35 Denn ich bin gekommen, den Menschen zu entzweien mit seinem Vater und die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter. 36 Und des Menschen Feinde werden seine eigenen Hausgenossen sein. 37 Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert; und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert. 38 Und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und folgt mir nach, der ist meiner nicht wert. 39 Wer sein Leben findet, der wird's verlieren; und wer sein Leben verliert um meinetwillen, der wird's finden.
Matthäus 10,34-39
Gans schön krass, was da Jesus hier sagt.
Dazu fällt mir auch noch ein anderes radikales Wort Jesu ein, das er in Lukas 9 sagt: 60 Aber Jesus sprach zu ihm: Lass die Toten ihre Toten begraben; du aber geh hin und verkündige das Reich Gottes.
Da muss ich mir schon einmal echt die Frage stellen: Muss ich mir das antun, Jesus nachzufolgen?
Da gibt es doch Probleme über Probleme, die für mich kaum überwindbar sind. Ich möchte einerseits als Nachfolger Jesu radikal leben, alles verlassen, möchte Wunder erleben und natürlich soll die Herrlichkeit Gottes jeden Tag in ihrer ganzen Fülle über mich ergossen werden ( und natürlich bleibe ich dabei auch noch demütig und erwähne das höchstens ganz nebenbei).
Gleichzeitig möchte ich ein sehr guter Ehemann für meine Frau da sein, ihr in ihren Sorgen und Nöten beistehen, auch ein guter Sohn meiner alten Eltern, der wenigsten ab und zu mal bei ihnen vorbeischaut und sich ein wenig um sie kümmert, auch für meine zwei Patenkinder möchte ich da sein. Denn ein gutes und verantwortungsvolles Christsein hat auch etwas mit einem guten Leben und Erleben in der Familie und bei seinen Freunden zu tun. Sogleich möchte ich ein guter Pfarrer sein, immer für meinen Nächsten da sein, möchte kreativ und motivierend in der Gemeinde sein.
Aber dann möchte mir ab und zu auch etwas gönnen, vielleicht einen neuen Laptop (ich gebe zu, ich habe erst einen neuen), bekomme dann ein schlechtes Gewissen, wenn ich an die Millionen hungernder Kinder denke (doch dass diese Gedanken ausgerechnet dann, wenn ich auf der Webseite des Computershops der Firma Dell bin, verschwunden sind – ist auch irgendwie komisch).
Was aber nun tun?
Das Paradoxe der christlichen Nachfolge liegt manchmal wie Blei über meinem Leben und doch weiß ich, dass dies eine kreative Spannung ist, die ich zwar hier auf Erden niemals auflösen werde.
Jesus sagt seinen Nachfolgern, dass das Reich Gottes auf dieser Erde mit ihm begonnen hat, aber noch nicht vollendet ist. Er sagt:
„Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man's beobachten kann; 21 man wird auch nicht sagen: Siehe, hier ist es!, oder: Da ist es! Denn siehe, das Reich Gottes ist mitten unter euch.“ Lukas 17,20-21
Nachfolge heißt also ein Leben im Jetzt und sogleich im Noch-nicht zu leben. Also ein Leben im Widerspruch zu leben. Und damit ein Leben voller Spannungen, im Paradox des Glaubens. Ein Leben zwischen der vollkommenen Erlösung Christi und der Sündhaftigkeit unseres eigenen Lebens. Ein Leben zwischen heiligen Momenten und zerstörendem Egoismus. Zwischen heilender Gemeinschaft und heillosem Streit. Nachfolge zwischen dem Geschenk des Glaubens und dem Leben dieses Glaubens in unserem Alltag.
Jesus hat diese Spannung selbst in sich getragen, indem er ganz Gott und ganz Mensch war.
Wenn Johannes in seinem 1. Brief Kapitel 2 schreibt:: „Und die Welt vergeht mit ihrer Lust; wer aber den Willen Gottes tut, der bleibt in Ewigkeit.“
Dann weiß er nur zugut um die Spannung in der wir als Christen leben. Wir sind nur Menschen und das macht es manchmal schwierig. Aber wir sind auch Erlöste. Erlöste, die mit beiden Beinen in der Wirklichkeit dieser Welt stehen.
Um was es eigentlich geht
Es gibt in der Nachfolge Jesu kein einfachen und platten Antworten und Wahrheiten, so in der Form von Wenn... – dann.. . Etwa wenn du nur richtig betest und glaubst, dann wirst du gesund. Oder wenn du nur ordentlich bei Gott um schönes Wetter betest, dann wirst du es auch bekommen. Spätestens wenn dein Nachbar um Regen betet, weil vielleicht seine Ernte sonst verdirbt, kommt Gott ja dann in ganz schöne Nöte.
Ich möchte euch heute Abend mit diesen Gedanken ein paar Anregungen und Impulse geben, weiter über die Nachfolge als Christ nachzudenken. Und wir merken dann auch, Nachfolge heißt eben nicht jemanden persönlich, eine Gemeindeform oder gar einen bestimmten Frömmigkeitsstil in ein schlechtes Licht zu rücken.
Sondern meine Gedanken und Bemerkungen sollen uns fragen – und dabei stehe ich auch selber mitten drin – wie steht es um unsere ganz persönliche Nachfolge?. Ist sie nur theoretischer Natur oder hat sie eben auch praktische Auswirkung auf uns selbst, auf unsere Familie, auf unsere Nachbarn, unseren Nächsten und auch auf den Fremden und Fernen?
Zum Schluss noch ein Wort von Dietrich Bonhoeffer:
„Nur wer in der Nachfolge Jesu im Verzicht auf alles, was er hatte, steht, darf sagen, dass er allein aus Gnaden gerecht werde.“
Amen.
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