Bootserfahrungen
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Bootserfahrungen
Bootserfahrungen
Predigt 4. Sonntag nach Epiphanias 2011 8.30 Uhr Gottesgrün
Liebe Gemeinde,
am Freitag vor einer Woche waren Tamara und ich in Chemnitz zu einem seit über einem Jahr geplanten Cabaret-Abend mit Dr. Eckhard von Hirschhausen. Auf der Rückfahrt von Chemnitz gerieten wir auf der Autobahn zwischen Chemnitz und Zwickau in ein richtiges Schneegestüber . Der Schnee fiel teilweise so stark, dass man die Straßenspur auf der Autobahn kaum noch sah und wir froh waren, dass wenn wir die Rücklichter des Vordermanns vor uns sahen. Die Höchstgeschwindigkeit, welch gefahren wurde, war teilweise unter 50 km/h. Dennoch gab es immer wieder Leute, die fleißig überholt haben. Doch die Mehrzahl der Fahrer und Fahrerin waren froh so langsam vorwärts zu kommen und dann sicher zu Haus anzukommen.
So eine ähnliche Geschichte erlebten die Jünger Jesu am See Genezareth. Vielleicht noch etwas gravierender. Wir lesen aus Matthäus 14, 22-33 nach der Neuen Genfer Übersetzung:
Matthäus 14,22-33
Jesus geht auf dem Wasser
22 Nun drängte Jesus die Jünger, unverzüglich ins Boot zu steigen und ihm ans andere Ufer vorauszufahren; er wollte inzwischen die Leute entlassen, damit sie nach Hause gehen konnten.
23 Als das geschehen war, stieg er auf einen Berg, um ungestört beten zu können. Spät am Abend war er immer noch dort, ganz allein.
24 Das Boot befand sich schon weit draußen auf dem See und hatte schwer mit den Wellen zu kämpfen, weil ein starker Gegenwind aufgekommen war.
25 Gegen Ende der Nacht kam Jesus zu den Jüngern; er ging auf dem See.
26 Als sie ihn auf dem Wasser gehen sahen, wurden sie von Furcht gepackt. »Es ist ein Gespenst!«, riefen sie und schrien vor Angst.
27 Aber Jesus sprach sie sofort an. »Erschreckt nicht!«, rief er. »Ich bin´s. Ihr braucht euch nicht zu fürchten.«
28 Da sagte Petrus: »Herr, wenn du es bist, dann befiehl mir, auf dem Wasser zu dir zu kommen!« –
29 »Komm!«, sagte Jesus. Petrus stieg aus dem Boot und ging auf dem Wasser auf Jesus zu.
30 Doch als er merkte, wie heftig der Sturm war, fürchtete er sich. Er begann zu sinken. »Herr«, schrie er, »rette mich!«
31 Sofort streckte Jesus seine Hand aus und hielt ihn fest. »Du Kleingläubiger«, sagte er, »warum hast du gezweifelt?«
32 Dann stiegen beide ins Boot, und der Sturm legte sich.
33 Und alle, die im Boot waren, warfen sich vor Jesus nieder und sagten: »Du bist wirklich Gottes Sohn.«
Ich finde es gut, dass Jesus auf seine Jünger Rücksicht nimmt. Irgendwann muss auch einmal Schluss sein. Mag die Gemeindeveranstaltung so schön und so erfolgreich sein. Hier war es ja die Speisung der 5000, die garnicht geplant war. Doch so eine große Veranstaltung zehrt ganz schön an den Kräften. Es war ja auch spät geworden. Dann sah Jesus vielleicht den Sturm am See Genezareth, dass dieser bald aufkommt. Darum drängt er seine Jünger zum Aufbruch, damit sie noch rechtzeitig über den See kommen.
Er selber suchte sich noch einen Ort der Besinnung, des Gebetes , um mit Gott den Vater Kontakt zu haben. Das hatte er ja ursprünglich schon vor der Speisung der 5000 vor gehabt. Doch aufgrund des Drängen der Menschen ist er nicht mehr dazu gekommen. Aber jetzt ist er dabei bei seinem himmlischen Vater neue Kraft zu schöpfen, in Stille und Einsamkeit neu aufzutanken. Heraus aus allem Trubel, heraus aus allem Lauten, heraus aus allem Getriebenwerden.
Das Gebet, seine intensive und enge Beziehung zu Gott, dem Vater, hat ihn immer wieder neu aufgerichtet und ausgerichtet. Es hat ihm Kraft gegeben für seinen Auftrag.
Auch wir brauchen solche Auszeiten aus unserem Alltagstrubel heraus: Stille Zeiten, Zeiten des Gebetes – auch aus dem Gemeindeleben.
Den zweiten Teil der Predigt möchte ich überschreiben mit „Bootserfahrungen“.
Die Jünger sind im Boot. Jesus hat sie getrieben, dass sie nun losmachen um über den See zu kommen. Denn der Wind kommt auf. Und es ist ein heftiger Wind. Kein Wind, der sie vorantreibt, sondern starker Gegenwind. Ein Gegenwind, der sich immer mehr zum Sturm entwickelt. Sie haben hart zu rudern, sie müssen sich immer mehr anstrengen. Und es sind ja erfahrene Seeleute dabei. Vielleicht denken sie sogar: Hätte uns Jesus nur an Land gelassen, dann würde es uns besser gehen?
Auch als Gemeinde sind wir unterwegs. Die Gemeinde wird oft mit einem Schiff oder mit einem Boot verglichen „Wir sitzen alle in einem Boot.“ Dazu habe ich euch ein Lesezeichen mit der Jahreslosung 2011 und einer Grafik der Künstlerin Angelika Litzkendorf mitgebracht. Diese Grafik hat den Titel „Überwindung“.
Gemeinde in einem Boot. Manchmal kann es uns hart ergehn. Auch uns kann als Gemeinde Gegenwind entgegenwehen. Gut es gibt hier in Gottesgrün und in Deutschland keine Christenverfolgung, dafür sind wir wirklich dankbar. Aber wir wissen, dass es diese an vielen Orten in der Welt gibt. Wir sind hier als christliche Gemeinde hier anerkannt, sind Teil des kommunalen Gemeinwesen und können hier unseren Glauben leben und niemand hat etwas dagegen. Sicher wird es, die eine oder andere feine Spitze geben, aber die ist zu verschmerzen. Aber wir wissen auch darum, wie sehr es unter uns als Gemeinde selber menschelt. Wie sehr wir uns auch gegenseitig mit unseren Fehlern, mit unserem Verhalten und mit unserem Versagen einander weh tun. Manchmal können wir nur ausrufen: „Herr hilf uns!“ „ Herr hilf uns, dass wir miteinander klar kommen – zeige uns einen guten Weg!“
Jesus kam zu den Jüngern, doch sie erkannten ihn nicht. Ja ihre Angst wurde noch größer als sie ihn begegnenten. Sie dachter, er wäre ein Gespenst. Erkennen wir das Eingreifen Gottes unter uns oder?
Oder wie ist es bei uns, wenn wir Angst haben. Sehen wir da das Wirken Gottes noch oder starren wir auf die Macht des Bösen und lassen uns überschatten?
Ich finde dieses auf der Grafik von Angelika Litzkendorf so gut dargestellt. An und für sich ist der Blick der Leute nach unten gerichtet. Ins Dunkle, ins Blaue – da wo die Angst lauert. Doch über allem am Anfang des Bootes droht das Kreuz. Es steht im Gelben im Licht. Wir brauchen nur aufzublicken - Aufblicken auf Jesus - von dort kommt Hilfe. Er will uns Halt geben.
Nun Petrus geht noch einen Schritt weiter . Er hat den Mut aus dem Boot auszusteigen, auszusteigen aus dem Gewohnten, aus dem Vertrauten.
Manchmal ist auch das gut und notwendig.
Petrus hat den Mut die Zusage und die Gegenwart Jesu ganz persönlich zu erleben und einen großen Schritt des Glaubens zu tun. Und das Unglaubliche passiert: Er kann, so wie sein Herr und Meister, auf dem Wasser gehen.
Ich habe es vor ein paar Jahren auf Mallorca auch einmal probiert. Bei mir hat es nicht so richtig geklappt. Gut dass es nur wenige Zentimeter tief war.
Petrus konnte solange auf dem Wasser gehen, wie er auf Jesus geblickt hat. Als er seinen Blick von ihm abwendete, ging er unter.
Auch das ist für uns als Christen im Einzelnen und als Gemeinde im Ganzen wichtig: Solange wir ganz und gar auf Jesus Vertrauen, können wir im Vertrauen auf ihn das Unmögliche tun. Doch wenden wir unseren Blick von ihm, werden wir unsicher und gehen unter.
Und doch leben wir als Christen zwischen Glauben und Zweifel, zwischen Schwäche und Stärke, zwischen Vertrauen und Versagen, so wie Petrus.
Und Jesus – er ließ den Petrus nicht sinken. Er lässt auch uns nicht sinken, sondern er reicht uns seine Hand und hebt uns wieder hoch. Er allein gibt uns Halt.
Als Christen sind wir im Glauben keine Einzelkämpfer. Wir sitzen alle im Boot – im Boot der Gemeinde. Und Jesus ist bei uns. Darum lasst uns auf ihn sehen. Er gibt uns Halt.
Amen.