Ein roter Truck
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Ein roter Truck
Ein roter Truck
Liebe Gemeinde,
im vorigen Jahr stand in Fraureuth auf dem Fabrikgelände einige Monate und Wochen ein roter Truck. Um diesen haben sich ja schnell ein paar Gerüchte und Legenden gewoben, von denen vielleicht auch manche stimmen mögen. Auf jeden Fall hatte er in seiner Art und Weise, wie er da stand, etwas Geheimnisvolles an sich. Außer den Türen des Fahrerhauses waren keine weiteren zu sehen. Die abgetönten Fensterscheiben taten ein Übriges. Also hatte er für den Uneingeweihten wirklich etwas Geheimnisvolles an sich.
Es wurde erzählt, dass der ganze Aufbau durch Hydraulik ausfahrbar ist.
Stellt euch jetzt einmal vor: Ihr würdet vor diesem Truck stehen. Ganz allein – Die Hydraulik würde auf einmal den Aufbau ausfahren. Eine Tür würde sich öffnen. Ein helles Licht strahlt heraus.
Was würdet ihr tun?
Hineintreten oder Reißausnehmen?
Auftrag Weltunternehmen
Ein zweites
Sie arbeiten bei einem Weltunternehmen. Nun das nächste von hier ist VW.
Sie arbeiten bei diesem Unternehmen in der Produktion hier in Zwickau . Sagen wir einmal in der Endfertigung. Sie schrauben also die Golfs und die Passats zusammen.
Und dann haben sie ihren wohlverdienten Feierabend. Sie sitzen mit ihrer Familie, vielleicht beim Fernsehen und beim Abendbrot (wobei man beides zusammen eigentlich nicht machen solle).
Da kommt ein Telefonanruf. Sie sind eigentlich genervt und wollen gar nicht ran gehen, denn sie wollen ihre Ruhe. Aber dann gehen sie doch ran. Und dann ist ihr Chef dran – aber nicht der von VW Sachsen, sondern gleich der von VW Wolfsburg, der Herr Piech.
Er hat einen ganz besonderen Auftrag für sie: Er will, dass sie ein neues Werk in Georgien aufbauen.
Jetzt werden sie sagen, das ist ja weit hergeholt – mag sein. Aber manchmal ist es im Leben wirklich so. Da gibt es Geschichten, da würde man sagen, die sind aber weit hergeholt und doch passiert.
Der Dornbusch
Wenn wir folgende Geschichte nicht schon seit der Christenlehre und der Kinderstunde kennen würden, würden wir sie auch unter der Rubrik, weit hergeholt einstufen. Und doch ist sie eine der spannendsten Berufungsgeschichten der Bibel, weil sie jemanden eine zweite Chance gibt.
Wir lesen aus 2. Mose 3 die Vers 1-14:
Textlesung 2. Mose 3,1-14
Der brennende Busch. Moses Berufung
1 Mose aber hütete die Schafe Jethros, seines Schwiegervaters, des Priesters in Midian. Und er trieb die Schafe über die Wüste hinaus und kam an den Berg Gottes, den Horeb.
2 Da erschien ihm der Engel des Herrn in einer Feuerflamme mitten aus dem Dornbusch. Und als er hinsah, siehe, da brannte der Dornbusch im Feuer, und der Dornbusch wurde doch nicht verzehrt.
3 Da sprach Mose: Ich will doch hinzutreten und diese große Erscheinung ansehen, warum der Dornbusch nicht verbrennt!
4 Als aber der Herr sah, dass er hinzutrat, um zu schauen, rief ihm Gott mitten aus dem Dornbusch zu und sprach: Mose, Mose! Er antwortete: Hier bin ich!
5 Da sprach er: Tritt nicht näher heran! Ziehe deine Schuhe aus von deinen Füßen; denn der Ort, wo du stehst, ist heiliges Land!
6 Und er sprach: Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs! Da verbarg Mose sein Angesicht; denn er fürchtete sich, Gott anzuschauen.
7 Und der Herr sprach: Ich habe das Elend meines Volkes in Ägypten sehr wohl gesehen, und ich habe ihr Geschrei gehört über die, welche sie antreiben; ja, ich kenne ihre Schmerzen.
8 Und ich bin herabgekommen, um sie zu erretten aus der Hand der Ägypter und sie aus diesem Land zu führen in ein gutes und weites Land, in ein Land, in dem Milch und Honig fließt, an den Ort der Kanaaniter, Hetiter, Amoriter, Pheresiter, Hewiter und Jebusiter.
9 Und nun siehe, das Geschrei der Kinder Israels ist vor mich gekommen, und ich habe auch ihre Bedrängnis gesehen, wie die Ägypter sie bedrücken.
10 So geh nun hin! Denn ich will dich zu dem Pharao senden, damit du mein Volk, die Kinder Israels, aus Ägypten führst!
11 Mose aber sprach zu Gott: Wer bin ich, dass ich zum Pharao gehen, und dass ich die Kinder Israels aus Ägypten führen sollte?
12 Da sprach er: Ich will mit dir sein; und dies soll dir das Zeichen sein, dass ich dich gesandt habe: Wenn du das Volk aus Ägypten geführt hast, werdet ihr an diesem Berg Gott dienen!
13 Und Mose sprach zu Gott: Siehe, wenn ich zu den Kindern Israels komme und zu ihnen sage: Der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt!, und sie mich fragen werden: Was ist sein Name? — was soll ich ihnen sagen?
14 Gott sprach zu Mose: »Ich bin, der ich bin!« Und er sprach: So sollst du zu den Kindern Israels sagen: »Ich bin«, der hat mich zu euch gesandt.
Hat sich eingerichtet!
Was soll es? wird Mose gesagt haben, da habe ich eben Bockmist gebaut, und muss mein Leben lang damit klar kommen.
Aus Jähzorn einen Menschen erschlagen, in die Wüste geflohen, um dem Zorn seines Stiefopas zu entkommen.
Nun in der Wüste angekommen, findet er Unterschlupf in einem Familienclan. Dort heiratet er eine der sieben Töchter des Clanchefs und ordnet sich unter. Er ist ein guter Arbeiter. Er hütet dort die Schafe, diese gehören nicht einmal ihm, sondern seinem Schwiegervater. Das tut er nun schon 40 Jahre lang, also eine lange Zeit.
Mose hat sich in seinem Leben eingerichtet. Eigentlich erwartet er nun nichts mehr Großes in seinem Leben.
Er, der zum großen Führer berufene, gibt sich mit der zweiten, ja sogar mit der dritten Reihe zufrieden. Es klingt ja noch nicht einmal an, dass er vor hatte seinen Schwiegervater zu beerben. Der hielt ja an seinem Familienclan fest bis in Hohe Alter.
Darum heißt es ja auch:
Mose hütete die Schafe seines Schwiegervaters.
Dieser hält am Chefsessels fest, wie Mubarak an seinem Präsidentenstuhl. Ist das Altersstarrsinn?
Aber im Gegensatz zu den Ägyptern heute hatte Mose gar keine Ambitionen auf Veränderung. Das Alter von Mose war, wenn man es auf unser Leben umrechnet, so etwa 53 Jahre – also so alt wie ich. Er hatte einem großen Fehler im Leben gemacht, dessen Konsequenzen er tragen musste. Danach hat er sich in seinem Leben eingerichtet. Er erwartete nun nichts mehr. Er war zufrieden, mit dem wie es lief.
Und bei uns?
Wie ist es bei uns? Haben wir uns auch in unserem Leben eingerichtet? Vielleicht mit 40, mit 50, mit 60 oder mit 70 und erwarten nun nichts mehr Großes vom Leben. Vielleicht denken wir: Leben wir es doch, wie es kommt. Machen wir das Beste daraus. Groß wird an sich nichts mehr verändern. Denken wir vielleicht auch so, wie Mose?
Und Gott?
Einer dachte an dieser Stelle ganz anders: Gott. Da war erst einmal das Volk Israel in der Gefangenschaft in Ägypten. Über dieses heißt es: „Und Gott erhörte ihr Wehklagen und gedachte seines Bundes mit Abraham, Isaak und Jakob. Und Gott sah auf die Israeliten und nahm sich ihrer an.“
(2. Mose 2,24-25)
Und auf der anderen Seite gab es den ins Abseits gestellte und doch auf dem ägyptischen Hof ausgebildete Führer Mose, der seine Qualitäten schlummern ließ. Dem gibt jetzt Gott eine zweite Chance.
Nun kommt diese Geschichte mit dem Dornbusch in der Wüste Sinai am Berg Horeb, die beinah so skurril erscheint, wie meine beiden Einstiegsbeispiele heute.
Manche Theologen haben diese Erscheinung mit Sonnenspiegelungen und ähnlichen erklärt. Aber an und für sich spielt das wie diese Erscheinung geschieht keine Rolle.
Nur das, was entscheidend ist. Und was ist das?
Mit dem brennenden Dornbusch macht Gott den Mose auf sich aufmerksam. Er macht ihn neugierig und holt ihn so aus seiner Lethargie heraus. Er holt ihn aus seinem alltäglichen Trott aus seiner Resignation heraus.
Dass sich Menschen nach einem Versagen in ihrem Leben so zurückziehen, wie der Mose ist nichts Außergewöhnliches.
Aber manchmal gibt es auch noch andere Gründe. Das können auch Enttäuschungen sein. Menschen, die von anderen Menschen enttäuscht wurden. Die dann sagen: „Weil der mich enttäuscht hat, mache ich nicht mehr mit“. Erst in dieser Woche hat mir jemand, nicht aus Fraureuth und Gottesgrün, gesagt: „Herr Pfarrer, ich bin enttäuscht von meiner Gemeinde.
Eigentlich will ich nicht mehr mitmachen!“
Gott ruft heraus!
Nun Gott ruft den Mose aus seiner Lethargie. Mose wird neugierig und tritt an den Dornbusch. Da spricht ihn Gott direkt an. Das muss ja nun wirklich ein Schreck für ihn gewesen sein. Gott spricht ihn an. Ein Stimme aus dem Dornbusch - Keiner ist sonst in der Wüste da. Es wird ihm auch deutlich, dass das keine Halluzination ist.
Nein hier begegnet ihm das Heilige – oder noch viel besser der Heilige. Darum auch die Forderung Gottes: „Tritt nicht herzu, zieh deine Schuhe von deinen Füßen; denn der Ort, darauf du stehst, ist heiliges Land!“
Ich habe es nicht ergründen können, ob das Schuhe ausziehen in den Moscheen beim Islam hier seine Wurzeln hat.
Wir waren ja vorige Woche in Istanbul. Da haben wir einmal beobachtet, mit welcher Sorgfalt, dass die Männer taten ehe sie in die Moschee zu beten gingen. Wie Sie auch ihre Füße wuschen. Dass sie rein sind, wenn sie das Heilige betraten.
Denen gegenüber haben wir die Touristen beobachtet. Manchmal haben wir nur den Kopf geschüttelt. Manche waren wirklich zu faul die Schuhe auszuziehen. Sie haben sich mit Ach und Krach – irgendwelche dünnen Plastetüten über die Schuhe gestülpt. Diese sind dann auch noch beim Laufen zerrissen.
In der Wüste –heiliges Land
Anders hier bei Mose. Mitten in der Wüste des Lebens entsteht ein heiliger Raum, mitten in der Wüste begegnet ihm Gott „Zieh deine Schuhe aus – du bist auf heiligen Land“
Auch bei uns kann das passieren – mitten in der Wüste unseres Lebens begegnet uns Gott – da kann es auch für uns heißen: „Zieh deine Schuhe aus – du bist auf heiligen Land“. Mitten im Alltag, vielleicht bei der Arbeit oder bei unserem geliebten Hobby oder genau dann wenn, wir uns vielleicht über etwas oder jemanden geärgert haben. Da machen wir eine ganz plötzlich und unerwartet eine Begegnung oder eine Erfahrung. Wir werden herausgerissen.
Vielleicht dann, wenn wir ganz unten sind. Wir haben eine negative Krankheitsprognose erfahren. Oder ein geliebter Mensch ist gestorben. Da zieht uns Leid, Krankheit und Schmerz ganz nach unten. Was auch immer? Und dann trifft uns ein Bibelwort. Dann machen wir eine Begegnung mit einem Menschen, der uns aufbaut.
Manchmal ist es auch nur der Sonnenstrahl, der uns ins Gesicht scheint. Wir machen die Erfahrung des Heiligen! Wir machen die Erfahrung: „Gott ist da! Er ist bei mir!“
Eine neue Chance
Doch bei Mose war das nicht alles. Nach dem ihn Gott aus seiner Resignation gerufen hat, gibt er ihm eine zweite Chance im Leben. Eine zweite Chance – nachdem er 2/3 seines Lebens schon gelebt hat. Eine zweite Chance den Auftrag seines Lebens auszuführen:
„Geh hin, ich will dich zum Pharao senden, damit du mein Volk, die Israeliten, aus Ägypten führst.“ Du sollst mein Volk in das Land führen – in dem Milch und Honig fließt!
Stellt euch das mal vor! Da denkt Mose vielleicht: Eigentlich habe ich doch mein Leben gelebt! Vielleicht denkt er schon an die Rente. Ich habe ja gesagt: Umgerechnet auf die heutige Zeit, war er so alt, wie ich heute. Nun in 10 oder 12 Jahren gehe ich vielleicht in Rente. Soll man da noch mal etwas Neues beginnen? Soll man da noch einmal Bäume herausreißen?
An Mose können wir sehen, bei Gott gibt es kein zu spät die Aufgabe des Lebens noch zu erfüllen. Und nach einigen Einwänden ist er auch bereit dazu, diese Aufgabe zu erfüllen: Er soll in den letztem Drittel seines Lebens das Volk Israel aus der Gefangenschaft in Ägypten hin in das Land Kanaan führen. Dort hin wo Milch und Honig fließt. Gott sagt ihm seinen Beistand und seine Führung zu: „Ich werde sein, der ich sein werde! Das ist mein Name und ich will mit dir gehen!“ Und Gott sagt ihm zu, dass das Werk gelingen wird.
Hat auch Gott für dich noch eine Aufgabe? Eine Berufung, die noch irgendwo schlummert? Will Gott dir vielleicht eine zweite Chance geben? Dann nimm sie an und sei gewiss, auch dir sagt Gott zu: „Ich werde sein, der ich sein werde! Das ist mein Name und ich will mit dir gehen!“
Amen.