Ich arbeite, also bin ich
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Ich arbeite, also bin ich
Ich arbeite, also bin ich
Die Angst vor zuviel Freizeit
Die Angst vor zuviel Freizeit
In der Vorbereitung des punkt.zehn-Gottesdienstes ist mir eine richtig dekantente Hipp-Hop-Gruppe „Die Stehkrägen“ begegnet. Für diese Sänger ist Geld kein Thema, da sie selber aus reichem Haus stammen. Einer der Sänger sagt zum Thema Arbeit:
“Arbeit ist etwas Schlechtes. Wenn Arbeit gut wäre, würden wir auch arbeiten.”
Nun dem kann ich eigentlich aus meiner eigenen Lebenserfahrung so nicht zustimmen. Mir hat Arbeit, wenn sie ein gewisses Maß nicht übersteigt, immer Spaß gemacht.
Ja und wenn wir die Bibel aufschlagen, entdecken wir schon auf den ersten Seiten, dass es da noch jemanden gibt, der gern arbeitet: Gott.
Gott, ist ein Schaffer. Gott hat gearbeitet.
Was lesen wir dort, dass Gott schuf … und bewegte … und schied … und rief … und machte … und sammelte … und segnete.
Schritt für Schritt, Stunde für Stunde, Tag für Tag arbeitete Gott an seiner Schöpfung.
Und das Gute daran - diese Arbeit war kein Fluch, keine Strafe.
Gott arbeitete aus freier Entscheidung heraus und als er sein Werk vollendet hatte, was sagte er dann?
Er rief: „Es ist sehr gut!“ Das Ergebnis seiner Arbeit machte ihm Freude und gab ihm das tiefe Gefühl, etwas Großartiges geschaffen zu haben.
Wer von euch kennt nicht auch dieses tiefe Glücksgefühl, diese kurzen, segensreichen Momente, wenn man eine Aufgabe erfüllt hat? Da ist man so richtig zufrieden und glücklich. Man freut sich.
Immer noch belohnt die Arbeit diejenigen reich, die sich daran freuen, diese zu tun.
Unsere Berufe geben uns die Möglichkeit, Projekte zu initiieren, durchzuführen, zu vollenden und solche Momente des Glücks zu erleben. Das ist ein Segen!
Darum ist Arbeit ist keine Strafe Gottes. Arbeit war sein Plan. Arbeit war Gottes Idee, die Zeit des Menschen mit angenehmer, sinnvoller Aktivität zu füllen.
Doch leider machen wir nun doch die andere Erfahrung, dass Arbeit zum Fluch werden kann.
Wenn wir in einem Job arbeiten, den wir hassen. Ich lese im Internet um mich in meiner Arbeit als Pfarrer weiterzubilden, auch verschieden Blogs über Berufe und Karriere. Da wird öfters das Thema angeschnitten, wie belastend das ist, wenn der Job, in dem man arbeitet, mehr Frust als Lust ist.
Arbeit kann zum Fluch werden, wenn sie zur Flucht aus der Lebensrealität wird. Wenn die Arbeit so viel wird, dass sie das Leben bestimmt. Wenn wir keine Zeit mehr für Beziehungen, für unsere Familien und unsere Kinder, für Entspannung, also für die Sportschau, den Tatort , das Joggen oder Radfahren im Werdauer Wald haben. Wenn der Druck so sehr steigt, dass ich nichts mehr mitkomme, was im Leben läuft. Wenn also die Arbeit mehr und mehr Dreh und Angelpunkt meines Lebens wird, dann läuft was total verkehrt.
Wenn ich dann noch beginne, meinen Selbstwert von meiner Arbeit her zu bestimmen; wenn ich von Termin zu Termin, von Gemeindeveranstaltung zur Gemeindeveranstaltung hetze – und auch noch stolz darauf bin, dass ich überall dabei bin, weil es ja zeigt, wie wichtig ich bin, dann ist das krank.
Dann wird schnell aus Arbeitslust, Arbeitssucht und da heraus kommt dann die Arbeitsfrust.
So verbringen viele Menschen den Großteil ihres Lebens damit, durch Arbeit Reichtum, Macht und Prestige anzuhäufen in dem sinnlosen Bemühen, sich selbst zu überzeugen, dass sie etwas wert sind. So in etwa wie es der Einstiegstrailer der Sparkasse uns das gezeigt hat.
Ein paar Forschern haben vor einiger Zeit eine Gruppe von 95jährigen Frauen und Männern zusammengerufen, um sie zu befragen.
Sie stellten ihnen die Frage: „Wenn Sie Ihr Leben noch einmal leben könnten, was würden Sie anders machen?“
Was meint ihr, werden die wohl geantwortet haben?
Ihre erste Antwort war: „Eh, wie war noch mal die Frage …?“ Aber nachdem sie die Frage verstanden hatten, gaben sie drei sehr konkrete Antworten, von denen wir sehr viel lernen können:
„Wir würden mehr reflektieren. Wir würden alles etwas entspannter machen, mehr Sonnenuntergänge genießen, mehr Eis essen, den Augenblick leben, das Leben genießen und wir würden auf jeden Fall nicht so viel und fieberhaft arbeiten.“
Geht es uns nicht manchmal so, dass wir vor lauter Arbeit kaum dazu kommen, die wirklich wichtigen Fragen zu stellen, und darüber gar nicht so unglücklich sind.
Es hat nämlich auch etwas Berauschendes weiter im Hamsterrad des Lebens seine Runden zu drehen. Da weiß man zumindest, was auf einen zukommt. Immer schneller, immer mehr, immer erfolgreicher.
Doch je mehr Zeit man für die Arbeit investiert, desto weniger Zeit bleibt für Beziehungen. Und bei immer weniger Beziehungen, stürze ich mich in immer mehr Arbeit, weil ich mich wenigstens da gebraucht fühle. Und wenn man dann mal ausgebrannt ist, oder arbeitslos, sitzt man ganz allein auf der Welt.
Kaum einer kommt auf die Idee, irgendwann zu sagen: „Stopp! Das reicht mir.“ Warum nicht einfach mal aus dem Hamsterrad aussteigen, wie wir es im Theaterstück gesehen haben?
Unsere Körper sind nicht dazu gebaut, ständig Höchstleistungen zu bringen. Unser Leben ist kein Marathon, und schon gar nicht ein ewig langer Sprint. Alles im Leben verläuft wie eine Amplitude – rauf und runter. Unser EKG, unser EEG, unsere Muskelspannung, unsere Nervenströme. Wir leben unser Leben aber oft so. Was würde es bedeuten, wenn unser EKG so aussähe? (Ich zeige einen geraden Strich)
Genau: ewige Ruhe! Damit das nicht passiert, müssen wir uns also Zeiten der Ruhe gönnen – einfach schon, unserem Körper zuliebe.
Das dritte Gebot „Du sollst den Feiertag heiligen“ ist kein Gebot um Gott ein Gefallen zu tun, es ist ein Gebot für uns selber, zu unserem Schutz. Gott sagt: „Nimm Dir einen Tag und halte ihn heilig. Das heißt, verbringe ihn anders.“
Ein Missionar in Afrika wunderte sich einmal, warum die Einheimischen während einer Safari immer wieder einen freien Tag einschoben. Auf seine Anfrage hin nannten sie ihm den Grund: „Wir ruhen uns einen Tag aus, damit unsere Seele nachkommt.“
Meinen Sie nicht auch, dass regelmäßig einen freien Tag zu nehmen Ihnen gut tun würde, Ihren Familien, Ihren Beziehungen, vor allem Ihrer Seele, dass sie nachkommt?
Ich habe für mich festgelegt, dass es bei mir der Montag ist. Auch wenn ich da bei manchen selbst in der Gemeinde und besonders bei den Bestattern auf Unverständnis stoße. Aber ich brauche den freien Tag. Nicht immer halte ich es durch – aber soweit es geht, versuche ich es schon.
Und dass Sie diesen Tag heiligen, indem Sie über Ihr Leben nachdenken. „Wir würden mehr reflektieren.“ das haben die 95jährigen gesagt. „Wir würden langsamer machen, mehr Sonnenuntergänge genießen, mehr Eis essen, den Augenblick leben, das Leben genießen und wir würden auf jeden Fall nicht so viel und fieberhaft arbeiten.“
Heiligen Sie den Sonntag! Und für die, die Sonntag arbeiten müssen, suchen sie sich einen anderen Tag in der Woche!
Nehmen Sie sich die Zeit, Ihr Leben aus einer anderen Perspektive zu reflektierten. Das ist auch der Grund, warum ich in den Gottesdienst gehe. Ich bekomme dort eine andere, sehr viel größere Perspektive vorgehalten. Das tut meiner Seele gut.
2) „Wir würden mehr riskieren. Wir würden das Leben mehr als ein Abenteuer angehen, wo man nichts gewinnen kann, wenn man sich nicht in Gefahr begibt.“
Frederick Vester schrieb in seinem Bestseller „Phänomen Stress“ dass bei den meisten Menschen schon bei der Berufswahl der Schalter auf Stress gestellt wird.
Statt nach seinen eigenen Neigungen, Gaben und Fähigkeiten zu fragen, sind bei der Berufswahl oft andere Faktoren ausschlaggebend:
Fragen wie Ansehen und Prestige oder auch die so genannte Zukunft eines bestimmten Berufs, die Familientradition und andere Faktoren.
Das führt dazu, dass der tatsächlich ausgeübte Beruf weder der gewünschte noch der geeignete ist. So stellt sich bald Angst vor Versagen und Selbstzweifel ebenso wie ein permanentes Sich-selbst-bestätigen-Wollen ein. Das sind die besten Voraussetzungen für einen Herzinfarkt.
Ich muss sagen bei mir hatte es bei meiner Berufswahl zweimal gut geklappt.
Das erste Mal, als ich wegen einer Lehrstelle vorsprach, habe ich einen Beruf bekommen, von dem ich nicht wusste, dass es überhaupt so einen Beruf gab. Ich glaube ich hatte bis dahin noch nie etwas wirklich von Computern gehört. Höchstens aus den Filmen Raumschiff Orion und Enterprise.
Doch der Beruf hatte mich über zehn Jahre erfüllt und als Hobby macht er mir auch heute noch Spaß .
Im zweiten Beruf als Pfarrer war es eine Berufung, da ich doch über einige Umwege in den Beruf gekommen bin und fühle mich bis heute von Gott dazu berufen, auch wenn es schon mal solche Momente der Angst vor Versagen und Selbstzweifel, wie des Sich-selbst-bestätigen-Wollen gegeben hat. Trotzdem kann ich sagen, ich kenne keinen besseren Job, als den, den ich zur Zeit mache.
Heute bin ich mehr denn je davon überzeugt, dass man nur einen Job übernehmen sollte, den man auch tun würde, wenn man dafür kein Geld bekommen würde, ja zu dem man sich berufen fühlt.
Hier sind ja einige junge Leute: Ich kann Euch nur dringend ans Herz legen herauszufinden, was eure Gaben, eure Träume und eure Neigungen sind, und dann einen Job suchen, der dazu passt.
Ein Baum bringt nur dann Frucht, wenn er vorher aufgeblüht ist.
Sucht einen Ort, wo Ihr aufblühen könnt, dann wird die Frucht (Einkommen, Anerkennung, Selbstvertrauen) von selbst kommen.
Dumm nur, dass die meisten von uns schon einen Job haben.
Was tun, wenn ich schon ewig in einem Job arbeite, den ich nicht liebe?
Die 95-jährigen schlagen vor, risikobereiter zu sein. Das sagen nicht nur die, sondern auch mancher Karriereberater.
Ich denke es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder es gelingt Ihnen, Ihrem Job einen Sinn zu geben, oder Sie müssen sich einen neuen sinnvollen Job suchen.
Ich glaube, dass man in fast jeder Arbeit einen Sinn finden kann. Es ist wie in dem berühmte Gleichnis vom Steineklopfer. Es ist eine Frage der Perspektive, ob einer Tag für Tag Steine klopft, weil das sein Job ist oder er dafür bezahlt wird, oder ob er Tag für Tag Steine klopft, weil er an einer Kathedrale baut.
Es kann die gleiche Arbeit sein, aber alles hängt von dem Sinn ab, den wir ihr geben. Wenn Sie sagen: „Wow! Ich baue gerade eine Kathedrale“, dann macht selbst das Steine klopfen Sinn.
Aber wenn Sie in Ihrer Arbeit keinen Sinn finden können, dann wechseln Sie den Job und finden Sie eine sinnvolle Beschäftigung.
Albert Camus sagt zu Recht: „Ohne Arbeit ist das Leben trostlos. Aber wenn die Arbeit seelenlos ist, erstickt das Leben und stirbt dahin.“
Wenn wir einer Arbeit nachgehen, an der unser Herz nicht beteiligt ist, kann das tödlich sein. Wussten Sie, dass die Lebenserwartung eines Menschen ganz wesentlich davon abhängt, ob er seine Arbeit mag oder nicht. Was würde es für Sie bedeuten, in Ihrem Job mehr zu riskieren?
Teddy Roosevelt sagte einmal: „Es ist weit besser, große Dinge zu wagen, große Triumphe zu erzielen, auch wenn sie sich mit Misserfolgen abwechseln, als bei jenen kleinen Geistern zu sein, die weder viel genießen noch erleiden, weil sie im grauen Zwielicht leben, das weder Sieg noch Niederlage kennt.“
3) „Wir würden viel langfristiger investieren. Wir würden etwas mit unserem Leben machen, das weiterleben wird, auch lange nach unserem Tod.“
Um das deutlich zu machen, was das bedeutet, erzählte Jesus einmal ein Gleichnis. Er sagte:
„Ein reicher Gutsbesitzer hatte eine besonders gute Ernte. Er überlegte: ‚Wo soll ich bloß alles unterbringen? Meine Scheunen sind voll; da geht nichts mehr rein.’ Er beschloss: ‚Ich werde die alten Scheunen abreißen und neue bauen, so groß, dass ich das ganze Getreide, ja alles, was ich habe, darin unterbringen kann. Dann will ich mich zur Ruhe setzen. Ich habe für lange Zeit ausgesorgt. Jetzt lasse ich es mir gut gehen. Ich will gut essen und trinken und mein Leben genießen!’ Aber Gott sagte zu ihm: ‚Du Idiot! Noch in dieser Nacht wirst du sterben. Was bleibt dir dann von deinem Reichtum?’ So ergeht es dem, der für sich selber Schätze aufhäuft, aber vor Gott mit leeren Händen dastehen wird, weil er sich um einen Schatz im Himmel nicht gekümmert hat. Was nutzt es den Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber doch Schaden nimmt an seiner Seele?“ (Lukas 12,16-21)
Harte Worte, die Jesus hier sagte, oder? Der Mann hat doch an sich nichts Böses getan. Ganz im Gegenteil. Er war fleißig, erfolgreich und hat auch noch klug in seine Zukunft investiert.
Ein Bild von einem Geschäftmann. Und doch nennt Jesus ihn einen Narr. Nicht weil er neue Scheunen gebaut hat. Das ist keine Sünde. Aber weil er seine Seele vernachlässigt hat. Sich nicht die Zeit genommen hat, über die Ewigkeit nachzudenken. Weil er viel zu kurzfristig gedacht hat.
Idiotie, nennt Jesus das, und fordert uns auf, umzudenken.
Was tun Sie für Ihre Zukunft? Ich meine nicht, Ihre Lebensversicherung.
Ich meine Ihre Sterbeversicherung? Was bleibt, von dem, was Sie schaffen? Was hat Ewigkeitswert? Was schafft Ihnen einen Schatz im Himmel? Jesus ist hier so radikal, weil er weiß, welche Macht Geld und unsere Arbeit über uns haben. Schneller, als wir es wahrnehmen, sind wir Gefangene unserer Ansprüche. Und frei wird man davon nur, wenn man loslässt. Wenn man sich verschenkt. Wenn man seine Zeit und sein Geld in etwas investiert, das größer ist, als man selbst.
Verschenken Sie Zeit, Geld, Lebensenergie an ein Projekt, an eine Person, von der Sie nichts zurückerwarten können. Und erzählen Sie niemanden davon.
Sie werden merken, wie reich das Leben sein kann – und sie füllen damit Ihr Konto im Himmel auf.
Wirklich langfristig investieren, mehr riskieren und sich mehr Zeit zum reflektieren zu nehmen, das würden die 95-jährigen anders machen, wenn sie noch mal leben würden. Wir müssen nicht warten, bis wir 95 sind. Wir können damit heute beginnen. Dazu helfe uns Gott!