Vor Gottes Richterstuhl!
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Vor Gottes Richterstuhl!
Vor Gottes Richterstuhl!
Predigt 4. Stg. n. Trin. 27.06.2010 Römer 14,10-13
Liebe Gemeinde,
wer von Ihnen hat schon einmal in einem Gerichtssaal gesessen? Dabei egal ob als Zuschauer, als Kläger, als Angeklagter oder als Zeuge. Wer?
Die meisten kennen die Gerichtssäle ja nur aus dem Fernsehen.
Das ist vielleicht besser so, das dachte sich der Wirt eines römischen Lokals:
Zwei Jurastudenten stritten sich in Rom um einen bestimmten Paragraphen.
Sie konnten sich nicht einig werden. Schließlich baten sie den Kellner:
"Prego Signore, bringen Sie uns mal das Strafgesetzbuch."
Nach einer Weile kam er mit leeren Händen zurück und meinte:
"Signores, der Wirt hat sich bereit erklärt, den Wein zurückzunehmen und Ihnen die Zeche zu erlassen."
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Aber Recht haben wir doch alle schon mal gesprochen. Oder etwa nicht? Haben wir uns nicht schon einmal ein Urteil über andere Menschen gebildet? Dabei sei es einmal dahingestellt wie es ausgefallen ist, ob es richtig war oder falsch.
Ich kenne Menschen, die habe ein richtiges Gespür andere Menschen zu beurteilen. Auf deren Urteil kann man sich zu 90 % verlassen. Eine 10% ige Fehlerqote gibt es sicher auch.
Doch manchmal sind wir eben schnell bei den sogenannten Vorurteilen und dann haben wir den anderen vorverurteilt. Wir haben ihn in einen Schubkasten gesteckt und dort gehört er unserer Meinung nach hin.
Dass man so etwas tut, das gehört zu unserem Menschsein dazu, aber richtig ist es nicht. Davon schreibt eben der Apostel Paulus den Christen in Rom.
Wir lesen Römer 14,10-13:
10 Woher nimmst du dir da noch das Recht, deinen Bruder oder deine Schwester zu verurteilen? Und du – woher nimmst du dir das Recht, deinen Bruder oder deine Schwester zu verachten? Wir alle werden einmal vor dem Richterstuhl Gottes stehen.
11 Denn es heißt in der Schrift:»So wahr ich lebe, sagt der Herr: Vor mir wird jedes Knie sich beugen, und jeder Mund wird Gott die Ehre geben.«
12 So wird also jeder von uns über sein eigenes Leben vor Gott Rechenschaft ablegen müssen.
13 Hören wir darum auf, einander zu verurteilen! Statt den Bruder oder die Schwester zu richten, prüft euer eigenes Verhalten, und achtet darauf, alles zu vermeiden, was ihm ein Hindernis in den Weg legen und ihn zu Fall bringen könnte.
„Und doch habe ich recht gehabt!“ Wer hat das von uns nicht schon gesagt, oder wenigstens für sich gedacht? Ich habe das schon öfters gedacht und sicher auch in der vergangenen Woche einige Mal.
Ach wie sieht die denn aus, kann die sich nicht einmal ein paar ordentliche Sachen leisten?
Was hat der schon wieder ein neues Auto, dieser Möchtegernreiche.
Wie die mit ihren Kindern umgeht – das ist doch ein Fall fürs Sozialamt!
Der bringt aber auch nichts auf die Reihe – hat der doch schon wieder seine Arbeit geschmissen.
Diese oder andere Vorwürfe und Vorurteile begegnen uns immer wieder, ja haben wir doch manchmal auch selber gegenüber anderen Menschen. Da verhalten wir uns dann ihnen gegenüber ganz reserviert.
Und das macht genauso vor Christen untereinander kein Halt auch hier in Fraureuth und in Gottesgrün nicht.
Nun könnte ich einfach sagen: Es gehört sich einfach als Christ nicht, über andere zu urteilen und zu richten. Und damit basta – aber zufrieden würde mich das nicht machen. Ich gehöre zu den Menschen, die immer eine Begründung brauchen – ihr sicher auch oder nicht?
Nun Paulus begründet es. Ich lese euch seine Begründung noch einmal vor: „Wir alle werden einmal vor dem Richterstuhl Gottes stehen.“
Da wird es uns ja gleich irgendwie mulmig.
Nun der entscheidende Grund, warum wir kein Recht haben, den anderen zu richten, ist tatsächlich, dass wir alle einmal vor dem Gericht Gottes stehen werden.
Wir Menschen sind nicht Richter, sondern Gerichtete. Das gehört zu unserem Menschsein dazu. Und Paulus zitiert dann Jesaja, der im Namen Gottes folgendes aufgeschrieben hat: „Jedes Knie wird sich vor mir beugen und jeder Mund wird mich bekennen.« (Jesaja 45,23)
Jedem Juden damals war das bewusst. Und die alten Rabbinen hatten dazu noch folgenden Ausspruch: „Bilde dir nicht ein, das Grab sei eine Zuflucht, gezwungenermaßen bist du erschaffen, gezwungenermaßen geboren, gezwungenermaßen lebst und stirbst du; und gezwungenermaßen wirst du Rechenschaft ablegen müssen vor dem König der Könige, dem Heiligen, gesegnet sei er.“
Wenn wir uns das eben Gehörte wirklich bewusst machen, dann vergeht es uns doch ganz schnell über den anderen zu reden oder zu urteilen.
Gott allein hat das Recht uns Menschen zu richten. Auch unsere Mitmenschen werden genauso, wie wir vor dem Richterstuhl Gottes stehen.
Ich gebe zu, das ist heute Morgen erst einmal kein Evangelium, sondern das ist Gesetz, was uns allen gilt.
Und es ist noch ein ganzes Stück härter als unsere menschlichen Gerichte. Vor menschliche Gerichte können uns unter Umständen noch andere begleiten. Da gehören auch Anwälte, Gutachter, Berater, Zeugen usw. dazu.
Aber vor dem Gericht Gottes stehen wir ganz allein. Jeder und jede für sich. Nackt und bloß kommen wir auf diese Welt. Nackt und bloß verlassen wir diese Welt.
Und so nackt und bloß stehen wir auch vor dem Richterstuhl Gottes.
Nur wir selbst, mit dem, was wir im Leben aus uns gemacht haben, stehen vor Gottes Richterstuhl.
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Aber Stopp – das ist ja doch nicht die ganze Wahrheit – und hier beginnt das Evangelium.
Wir stehen nicht allein vor Gottes Richterstuhl, sondern uns ist zugesagt und so wird es sein – Jesus Christus, der Sohn des Lebendigen Gottes ist bei uns.
Und dann stehen wir doch nicht nackt und entblößt vor Gott – sowie Adam und Eva im Paradies, die sich da geschämt haben.
Nein unsere Blöße unser Nacktsein wird durch den Sohn Gottes bedeckt. Er kleidet uns durch seine Verdienste, durch sein Sterben am Kreuz und durch seine Auferstehung.
So können wir nun vor Gott treten. Und dann, dann hören wir unser ganzes Versagen, unsere Sünden, unsere Schuld fein säuberlich aufgezählt.
Zum Schluss das Urteil: „Du mein schlechter und treuloser Knecht reg dich nicht auf, auch wenn wir über dich all das Schlechte gehört haben, missfällst Du mir trotzdem nicht, denn ich habe dich lieb.“
Wir missfallen Gott nicht, sondern er hat uns lieb. Er hat uns um seines Sohnes Jesu Christi willen lieb. Wir müssen zwar unsere Seele vor Gottes Richterstuhl entblößen, aber wer mit Jesus Christus hier und heut lebt, dem wird dieser im Tode und nach dem Tode vor Gottes Richterstuhl beistehen. Er wird dessen Sache vor Gott vertreten. Wird es auch Deine Sache sein?
Praktische Folgen:
Nun wir wissen ja Paulus ist keine Theoretiker, sondern ein Pragmatiker. Deswegen gibt er den Christen dann klare Anweisungen, wie so ein Leben heute mit diesem Jesus Christus auszusehen hat.
Darum wandelt er diesen Missstand des Nachredens und des Urteilen über andere, gleich in eine positive Aufgabe um. Es ist eine Aufgabe, an der wir uns genauso beteiligen können:
13 Hören wir darum auf, einander zu verurteilen! Statt den Bruder oder die Schwester zu richten, prüft euer eigenes Verhalten, und achtet darauf, alles zu vermeiden, was ihm ein Hindernis in den Weg legen und ihn zu Fall bringen könnte.
Es sind drei kleine Anweisungen. Aber wenn wir sie befolgen, hat das Folgen für uns persönlich und auch für die ganze Gemeinde und unser Zusammenleben miteinander.
Erste Anweisung
- Aufhören zu verurteilen!
Zweite Anweisung
- eigenes Verhalten prüfen
Dritte Anweisung
- vermeiden von Hindernissen und Fallstricke
Zum Aufhören zu verurteilen haben wir ja schon eine ganze Menge gehört. Andere zu verurteilen baut Mauern auf und zieht Gräben – auch und ganz besonders in einer Kirchengemeinde – wo man als Christen aneinander gewiesen ist.
Darum ist denke ich die zweite Anweisung besonders wichtig – immer wieder sein eigenes Verhalten zu überprüfen – und ihr Lieben – das ist nicht leicht – als Christ braucht man einen Menschen des Vertrauens, der einem auch Fehler sagen kann, ohne dass man ihm das übel nimmt.
Ich erinnere nur an das Wort Jesu: »Du Heuchler! Zieh zuerst den Balken aus deinem eigenen Auge; dann wirst du klar sehen und kannst den Splitter aus dem Auge deines Bruders ziehen.« Mt 7,5
Ja und die dritte Anweisung ist auch eine wichtige praktische Sache, die im Neuen Testament häufig Thema ist, besonders auch im Miteinander in den christlichen Gemeinden.
- das Vermeiden von Hindernissen und Fallstricken im Leben als Christen und im Glauben . Ich will es mal praktisch deutlich machen. Für den einen kann die Party im Diskotempel ein Glaubenshindernis sein und für den anderen nicht. Sollte der, dem es kein Hindernis ist, nicht um des anderen willen verzichten.
Sicher ist die Sache selber erst einmal weder rein noch unrein, oder weder christlich noch unchristlich. Aber wozu sie wird, ist von dem abhängig, der damit umgeht.
Zur Zeit läuft die Fußball-WM an und für sich eine gute Sache und es macht vielen auch Freude den Spielen zuzusehen – manchen kann sie aber zur Religion werden. Da muss dann vielleicht auch die Frage gestellt werden: Ist es besser darauf zu verzichten?
Ich sehe heute keinen Grund dafür – aber so etwas kann auch in anderen Bereichen unseres gemeindlichen Miteinanders möglich sein.
Zum Schluss möchte ich noch an den Wochenspruch erinnern, welcher das alles zusammenfasst:
Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen. (Gal. 6,2)