Lasst euch versöhnen mit Gott

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Lasst euch versöhnen mit Gott

Predigt Karfreitag 2010 2.Kor 5,19-21
Liebe Gemeinde!
Heute am Karfreitag stirbt der Herr der Christen. Der Sohn des lebendigen Gottes wird hingerichtet. Er wird ans Kreuz geschlagen. Am blutigen Holz des Kreuzes lässt er sein Leben. Warum? Weil der lebendige Gott und sein Sohn uns lieben. Jesus Christus starb für dich und für mich.
Dieses Ereignis ist grausam. Wer sich da hinein vertieft, dem muss traurig zumute werden, dem muss es das Herz fast zerreißen.
Wer vielleicht den Film „Die Passion Christi“ gesehen hat, der kann sich da hinein denken. An dem Film wird kritisiert, dass er so grausam ist. Aber er stellt die Wirklichkeit dar. Neben bei, was da täglich über den Bildschirm flimmert, ist oft nicht weniger grausam.
Unter dem Kreuz des Herrn gibt es wohl nur das eine Entsetzen.
Da hören wir seine Stimme: "Mich dürstet!" Da dringt uns sein gequälter Schrei durch und durch: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen.
Dort müssen wir sein Leiden mit ansehen. Dort riecht es nach Blut und Schweiß, nach Qualen und Schmerzen.
Wer erträgt den Anblick des gemarterten Körpers? Wer fasst die ungeheuerliche Botschaft: "Dieser war Gottes geliebter Sohn"?
Und wer erträgt von uns ganz bewusst diesen Gedanken:
Für dich geschlagen?
Für dich gelitten?
Für dich getötet?
Wir fliehen doch lieber vor dem Kreuz.
Oben auf dem Hügel, wo das Blut fließt und seine Qual laut wird, halten wir es nicht aus. Allenfalls aus der Ferne wollen wir es sehen. Das Entsetzliche komme uns nicht zu nah. In gehörigem Abstand wird das Kreuz erträglich klein. Und nicht nur seines.
Aber warum das alles? Eine Antwort darauf gibt uns der Apostel Paulus im 2. Korintherbrief Kapitel 5.
Ich lese den Text noch einmal nach der Neuen Genfer Übersetzung :
2.Kor 5,19-21
19 Ja, in ´der Person von` Christus hat Gott die Welt mit sich versöhnt, sodass er den Menschen ihre Verfehlungen nicht anrechnet; und uns hat er die Aufgabe anvertraut, diese Versöhnungsbotschaft zu verkünden.
20 Deshalb treten wir im Auftrag von Christus als seine Gesandten auf; Gott selbst ist es, der die Menschen durch uns ´zur Umkehr` ruft. Wir bitten im Namen von Christus: Nehmt die Versöhnung an, die Gott euch anbietet!
21 Den, der ohne jede Sünde war, hat Gott für uns zur Sünde gemacht, damit wir durch die Verbindung mit ihm die Gerechtigkeit bekommen, mit der wir vor Gott bestehen können.
„Nehmt die Versöhnung an, die Gott euch anbietet!“ oder wie es in der Lutherübersetzung heißt
"Lasst euch versöhnen mit Gott",
Das ist die Botschaft, die uns unser Herr Jesus Christus zu ruft.
Vielleicht haben wir Mühe, seine Worte zu verstehen. Zu weit haben wir uns vom Kreuz entfernt. Und auch die Schuld, die ihn ans Holz gebracht hat, haben wir verdrängt.
Manchmal meint man, uns Christen wäre das Wissen um die Botschaft, um das Wort vom Kreuz abhanden gekommen: Dieser trägt die Sünde der Welt. Meine und deine Schuld bringt ihn ans Kreuz. Begreifen wir diesen Zusammenhang noch?
Sieht es nicht manchmal bei uns so aus, als wollten wir Ostern ohne Karfreitag, Auferstehung ohne Leiden und Tod, Herrlichkeit ohne die Gedanken an Sünde und Schuld?
Müsste uns da das Entsetzen ankommen? Über uns selbst. Ein heilsames Entsetzen wäre das! Der Herr, nach dem wir heißen, opfert sich für uns. Er leidet, damit wir Frieden mit Gott ha-ben. Er vollbringt unsere Versöhnung. Unser Freibrief von Sünde und Tod ist mit seinem Blut geschrieben. Und er bittet uns noch am Kreuz inständig: Lasst euch versöhnen mit Gott...
Wie ist das, wenn Menschen miteinander uneins waren und sich dann auf einmal einander die Hand reichen wollen?: Einsicht muss wohl da sein. Erkennen: Ich habe einen Fehler gemacht. Wenigstens aber muss man sagen können: Wir haben uns wohl beide nicht richtig verhalten. Bewusst werden muss es uns: Es liegt ein Fehler vor, einer ist schuldig geworden, oder eher sogar beide. Jetzt kann man sich versöhnen.
Jetzt wird ein neuer Anfang möglich. Aus der Erkenntnis von Schuld kann die Aussöhnung kommen. Anders nicht.
Lasst euch versöhnen mit Gott!
Kann ich ferne vom Kreuz wie ein Unbeteiligter stehen?
Kann ich denn da nur Zuschauer bleiben?
Sehe ich da wirklich "aus der Ferne", was da geschieht? Wohl kaum!
Begreife ich, dass es meine Sünde ist, die ihn foltert, die ihn ans Kreuz bringt, die ihm die Seite durchbohrt und ihm Hände und Füße zerfetzt, die ihn sterben lässt?
Nur unter Jesu Kreuz wird mir aufgehen, dass sein Leiden meine Schuld ist. Und nur so kann es Versöhnung geben.
Das tat ich für dich! Was tust du für mich?
Wie aber leben wir Christen?
Wie steht es mit unserem Bewusstsein von Sünde und Schuld?
Viele Menschen, auch mancher Christ, scheinen ganz und gar durchdrungen zu sein von dem Gedanken: Ich bin doch ein anständiger Mensch. Ich tue niemandem Böses. Mein Besitz und Eigentum ist auf meiner Hände Leistung gewachsen. Ich halte mich an die Gebote und achte Recht und Anstand.
Das schlimme dabei ist: Dass alles das stimmt! Vor den Augen der Menschen ist alles in Ordnung. Nach den Maßstäben dieser Welt, in der Gottes Wille keine Rolle mehr spielt, kann es diesbezüglich keine Einwände geben.
Doch Gott stellt hier andere Ansprüche als unsere Zeitgenossen! Bloß "anständig" sein genügt bei Gott nicht.
Selbst wenn wir unsere Feinde lieben, reicht das nicht. Das "Böse" vermeiden ist zu wenig. Das Gute sollen wir jederzeit tun, selbst an denen, die uns hassen.
Und da erkenne ich, dass meine "Leistung" genau betrachtet nicht mein Verdienst ist. Ich kann nichts aus mir selbst heraus tun.
Alles bin ich durch Gott. Und die "Grenzen" von Recht und Anstand sind nicht die Grenzen, die Gott mir setzt, vielmehr: Vollkommen sollen wir sein, wie er vollkommen ist.
Das ist der Anspruch Gottes an uns!
Aus diesen Gedanken kommt Erkenntnis meiner Schuld. Aus dieser Erkenntnis kann jetzt die "Versöhnung" kommen. Und genau für diese Versöhnung hängt jetzt Jesus am Kreuz.
Doch auch das gibt es: Da weiß jemand, es gibt da eine dunkle Stelle in meiner Vergangenheit. Doch es ist schon viele Jahre im Leben nicht alles in Ordnung. Man weiß um die eigene Schuld.
Aber dazu stehen kann man nicht. Die Schuld wird verdrängt und verschleiert. Alle Energie wird dazu aufgewendet, zu verdecken, zu verharmlosen und abzulenken. Und die Menschen in der Umgebung lügen eifrig mit. Nennen schwarz weiß und hängen der Schuld einen Mantel der Verharmlosung und Verniedlichung vor. Sie singen mit Willi Millowitsch: „Wir sind alle kleine Sünderlein, war immer so, war immer so …“
Und man meint damit ist doch alles in Ordnung. Dabei müsste Schuld einmal ausgesprochen werden. Wenigstens im vertrauten Gespräch: Du hast Schuld auf dich geladen. Du bist schuldig geworden vor Gott und den Menschen.
Und man kann sie auch aussprechen. Man kann dazu stehen. Unterm Kreuz kann ich meine Schuld annehmen. Und dort kann ich sie auch gleich wieder loswerden: Dafür hängt unser Herr am Holz.
Dafür hat er gelitten. So geschieht Versöhnung. Aber ohne mein persönliches Ja zu meiner Sünde, geschieht nichts. Ohne dieses Ja ist Christus umsonst gestorben - für mich jedenfalls.
Ich sage es noch einmal: Entsetzen müsste uns packen. Einsam stirbt unser Herr am Kreuz.
Und wir begreifen es schwer, was ihn ans Kreuz bringt. Zuletzt werden wir alle von weitem nach Golgatha schauen, wie auf eine ferne Bühne, auf der Unbegreifliches vorgeführt wird. Sind wir bloß Zuschauer einer rätselhaften Vorstellung Gottes – oder?.
Es kann kein neues Leben geben ohne Kreuz. Kein Ostern ohne Karfreitag. Keine Auferstehung ohne den Geschmack von Leid und Tod. Keine Versöhnung ohne die Erkenntnis von Schuld.
Liebe Gemeinde!
darum noch einmal den Ruf des Apostels: „Lasst euch versöhnen mit Gott!“
Lasst uns unter das Kreuz gehen.
Lasst uns dort aushalten, wenigstens so lange, bis wir begreifen: Sein Leid ist unsere Schuld.
Wir haben ihm die Schmerzen bereitet. Er stirbt an unserer Sünde. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten und durch seine Wunden sind wir geheilt.
Darum noch einmal:
Lasst Euch versöhnen! Hängt euer Herz an Christus! Dann werdet ihr eine neue Kreatur. Ihr dürft neu anfangen!"
Amen.
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