Was ist, wenn Fragen und Zweifel kommen?

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Was ist, wenn Fragen und Zweifel kommen?
Predigt: Joh 20,19-29
Liebe Gemeinde,
wer wartet von euch gern?
Wohl kaum einer. Selbst dann, wenn man weiß, dass man durch das Warten einen besseren Erfolg hat. Ich habe in der vergangenen Woche z.B. Blumenkohl gekocht, da mir aber die Zeit zu lange dauerte, habe ich ihn dann früher aus dem Topf geholt. Ich kann ehrlich sagen – er hat bei weitem nicht so gut geschmeckt, als wenn er gar gewesen wäre.
Auch in unserem Predigttext heute geht es ums Warten. Da muss jemand warten, bis sich seine Wünsche erfüllen, aber seine Wünsche sind auch recht extravagant. Nun wir hören den Predigttext aus Johannes 20,1929 noch einmal nach der Neuen Genfer Übersetzung:
John 20:19–29 BB
19 Es war Abend geworden an diesem ersten Wochentag nach dem Sabbat. Die Jünger waren beieinander und hatten die Türen fest verschlossen. Denn sie hatten Angst vor den jüdischen Behörden. Da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte: »Friede sei mit euch!« 20 Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Die Jünger freuten sich sehr, als sie den Herrn sahen. 21 Jesus sagte noch einmal: »Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich jetzt euch!« 22 Dann hauchte er sie an und sagte: »Empfangt den Heiligen Geist! 23 Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie wirklich vergeben. Wem ihr sie aber nicht vergebt, dem sind sie nicht vergeben.« 24 Thomas, der auch Didymus genannt wird, gehörte zum Kreis der Zwölf. Er war nicht bei ihnen gewesen, als Jesus gekommen war. 25 Die anderen Jünger berichteten ihm: »Wir haben den Herrn gesehen!« Er entgegnete ihnen: »Erst will ich selbst die Wunden von den Nägeln an seinen Händen sehen. Mit meinem Finger will ich sie fühlen. Und ich will meine Hand in die Wunde an seiner Seite legen. Sonst kann ich das nicht glauben!« 26 Acht Tage später waren die Jünger wieder beieinander. Diesmal war Thomas bei ihnen. Wieder waren die Türen verschlossen. Da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte: »Friede sei mit euch!« 27 Dann sagte er zu Thomas: »Leg deinen Finger hierher und sieh meine Hände an. Streck deine Hand aus und leg sie in die Wunde an meiner Seite. Sei nicht länger ungläubig, sondern komm zum Glauben!« 28 Thomas antwortete: »Mein Herr und mein Gott!« 29 Da sagte Jesus zu ihm: »Du glaubst, weil du mich gesehen hast. Glückselig sind die, die mich nicht sehen und trotzdem glauben!«
Liebe Gemeinde,
vielleicht ist es nicht einfach zwei Mal über den gleichen Predigttext zu predigen, ohne sich zu wiederholen. So wird sicher auch manches, was am Ostermontag genannt wurde auch heute noch einmal genannt. Aber wie heißt es: „Die Wiederholung ist die Mutter aller Weisheit.“
1. Es ist wahr – Jesus lebt!
Nun es war für die Freunde von Jesus gar nicht einfach zu verstehen, was da passiert oder neudeutsch ausgedrückt, was da abgeht. Da waren einerseits die Frauen mit ihrer recht unverständlichen Botschaft, dass Jesus auferstanden sei. Ein junger Mann, der im offenen Grab stand, hätte es ihnen gesagt. Auch wenn sie erst mit Angst und Schrecken das ganze erlebt, so behaupten diese nun: Jesus sei auferstanden. Das Grab ist leer.
Andererseits sind die Freunde von Jesus sehr vorsichtig geworden, vielleicht war das ja eine Falle. Schließlich war ja ihr Jesus erst drei Tage tot, weil die Pharisäer und Schriftgelehrten durch die römische Besetzungsmacht Jesus ans Kreuz nageln ließ. Man hing ihn zwischen zwei finstere Typen. Und Jesus ist nun gestorben.
Wem soll man da noch trauen. Lieber verstecken, Türen zu alles verriegeln und sich wegschließen.
Also man geht freiwillig in ein Gefängnis. Und so fühlten sie sich auch. Eingeschlossen im Gefängnis der Angst. Es war einfach zu viel, was sie da erlebt haben. Und dann haben sie auch Jesus allein gelassen. Da fühlt man sich doch Jesus gegenüber schuldig.
Doch dann passiert etwas, was einem schier den Atem stehen lässt. Man kann kaum noch Luft holen.
Keiner hat damit gerechnet. Schließlich waren alle Türen und Fenster geschlossen.
Da steht Jesus auf einmal mitten unter ihnen. Hell und strahlend. Da geht von ihm Licht und Wärme und Geborgenheit aus. Und Jesus spricht sie an. Er geht auf sie zu und spricht ihnen zweimal den Frieden zu.
Eigentlich beginnt erst hier die Osterfreude der Jünger.
Die Kälte der Angst verschwindet. Man kann das Erleben der Jünger mitfühlen.
Aber Jeus kommt gleich zu Sache – er holt sie aus ihrer Verzagtheit und Verstecktsein heraus. Er wir konkret und gibt ihnen gleich einen Auftrag. Den Auftrag seine Mission weiterzuführen: »Wie der Vater mich gesandt hat, so sende ich jetzt euch.«
Und er bevollmächtigt sie auch mit der Kraft des Heiligen Geistes – Ostern und Pfingsten mit einmal. Auf jeden Fall wird deutlich, wie eng beide zusammenhängen.
Der Auftrag der Freunde Jesu ist der gleiche, den Jesus hatte: Im Namen Gottes die Vergebung der Sünden zuzusprechen oder sie auch in ihrer Sünde belassen, wenn diese nicht zur Umkehr bereit sind, wenn sie nicht bereit sind sich auf Gott und seinen Willen einzulassen.
Natürlich waren die Freunde Jesu jetzt von Jesus jetzt begeistert. Aber Jesus setzte gleich deren Freudenenergie um in eine Vorwärtsbewegung. Er rief zum Aufbruch und zur Sendung hinaus in die Welt, hinaus zu den Menschen.
Genauso sollte es auch bei uns Christen sein. Jeder, der zum Glauben an Jesus Christus findet, sollte auch gleich in die Sendung des lebendigen Gottes eingebunden werden. Jeder sollte gleich seinen Platz der Mitarbeit in der Gemeinde finden. Es gibt kein Pantoffelchristentum, wo man sich mit einer Tüte Chips in der Hand in einen Schaukelstuhl lümmelt.
Nein zum Glauben an Jesus Christus finden, bedeutet sich in Bewegung setzen.
2. Warten kann hart sein
Nun waren die Freunde von Jesus begeistert. Sie waren bereit zu gehen. Für sie war die Welt nicht mehr traurig und depressiv. Sie hatten durch die Begegnung mit dem auferstandenen Jesus Christus Mut und Elan.
Und genau mitten in diesen Enthusiasmus kommt Thomas hinein. Ich kann mir vorstellen, wie geschockt er gewesen ist. Es war für ihn eine Art Kulturschock. Heute würde er fragen, ob die anderen ein paar Drogen eingenommen haben.
Es war ihm absolut unverständlich, was die anderen da von sich gaben: Jesus ist auferstanden – nein das kann doch nicht sein. Unmöglich – tot ist tot.
Aber die anderen blieben bei den, was sie da sagen: »Jesus lebt! Er ist auferstanden! Es ist ganz und gar wahr, was die Frauen heute Morgen schon gesagt haben!«
Was würden Sie jetzt tun, wenn sie in der Situation des Thomas gewesen wären? Ich wäre vielleicht verschwunden und hätte mich an den Kopf gegriffen und gesagt: Die anderen spinnen – da bleibe ich lieber für mich, dass ich nicht noch von deren Virus angesteckt werde.
Doch Thomas reagiert anders – und das macht ihn mir sympathisch. Er bleibt. Auch wenn die anderen so unbegreiflich anders geworden sind. Irgendwie fühlt er sich mit ihnen auch weiterhin verbunden, auch wenn er deren Freude und Enthusiasmus nicht begreift. Er fühlt sich dennoch mit ihnen verbunden. Aber er macht ihnen auch seine Skepsis deutlich, wenn er da sagt:
»Erst muss ich seine von den Nägeln durchbohrten Hände sehen; ich muss meinen Finger auf die durchbohrten Stellen und meine Hand in seine durchbohrte Seite legen. Vorher glaube ich es nicht.«
Dass Thomas nicht mit seiner Skepsis hinter den Berg hält, sondern klar seine Anfragen und Zweifel artikuliert, macht ihn mir recht sympathisch. Denn es erfordert Mut zu seiner Meinung zu stehen.
Wir werden wieder an den Titel von ProChrist erinnert „Zweifeln und Staunen“.
Es erfordert auch Mut Christen gegenüber seinem Zweifel zu artikulieren. Manchmal werden solche dann von den „Christen“ fast erschlagen – ich meine natürlich mit Worten: „Wie kannst du nur? Du musst nur einfach wollen. Fang doch mit beten an, dann geht alles andere einfach? Solche Aussagen könnte ich noch viele aufzählen und mancher von euch könnte da sicher noch mehre ergänzen.
Christen können manchmal auch ganz schön herausfordernd auch im negativen Sinn sein.
Doch Thomas bleibt dran. Er hält sich weiter zu den Freunden von Jesus. Er wusste aber nicht, was da noch auf ihn zukommen würde. Aber er blieb.
Genau an dieser Stelle wird Thomas uns ein Vorbild. Auch wir stehen immer wieder in der Versuchung uns schnell mit rechtoberflächlichen Antworten abspeisen zu lassen. Thomas dagegen hat seinen Freunden klar gemacht, wie er Jesus begegnen will.
Er will Gewissheit haben, dass das mit Jesus wirklich echt ist. Er will sich darauf verlassen können, er will selbst Gewissheit haben, welche er von Jesus selber bekommen will und nicht durch andere Menschen.
Nun wartet er darauf – acht Tage lang – und nichts passiert. Irgendwie fühlt er sich doch wie ein Fremdkörper in der Gemeinschaft mit den anderen Freunden Jesu.
Acht Tage lang fühlte er sich wie ein Fremdkörper in der Gemeinschaft der anderen Freunde Jesu.
Acht Tage lang bekam er von den anderen Glaubensgewissheit und Glaubensfreude demonstriert. Acht Tage lang blieb er sich treu.
Acht Tage lang blieb er lieber ungläubig als nur rechtgläubig. Aber er wollte eben nicht die Meinung der anderen übernehmen, sondern Jesus muss es sein. Er wollte seine eigene Erfahrung mit ihm machen. Mit weniger als Jesus selber wollte er sich nicht zufriedengeben.
Doch acht Tage können schrecklich lange, unbarmherzig lange sein.
Wie gehen wir mit den Zeiten unseres Lebens um, in denen sich unser Glaube nur wie eine hohle Form anfühlt? Wie gehen wir damit um, dass manchmal der Glaube gar nicht so gewiss und fest ist, dass es auch Zeiten des Zweifels und des Fragens gibt?
Wie gehen wir damit um, wenn die Gewissheit anderer Christen uns mehr belastet als aufbaut?
Wenn wir selbst keine Ermutigung und keine Umarmung vertragen können, weil wir Gott nicht verstehen können in dem, was er an uns tut? Wie er an uns handelt?
Wenn uns eher nach Verzweifeln als nach Vertrauen zumute ist?
Wenn unser Gebet nur bis zur Decke geht oder hohl oder gar nicht vorhanden ist?
Wenn wir mit anderen Menschen über alle Dinge des Lebens reden können, nur über eins nicht, über unseren Glauben?
Wenn wir uns in der Gemeinde eher wie Heuchler fühlen, wie ein Fremdkörper unter den anderen?
Wie gehen wir mit diesen Zeiten um?
Suchen wir verzweifelt nach schnellen Lösungen?
Ziehen wir uns von den anderen zurück? Betäuben wir uns und unsere Zweifel und Fragen mit Gemeinschaft oder mit Lobpreismusik oder mit anderen religiösen Dingen?
Machen wir es wie die meisten, lenken uns mit Konsum ab, materiell oder virtuell oder auch mit religiösem Konsum?
Oder machen wir es wie Thomas, wir bleiben echt und setzen uns mit dem auseinander und beginnen wir mit unseren Fragen und Zweifeln Jesus neu zu suchen, neu nach ihm zu fragen?
Und lassen wir nicht locker, bleiben wir dran, bis wir ihm neu begegnen?
Und zwar schonungslos und aufrichtig, mitten in der miserablen Situation, in der wir gerade stecken?
Thomas hat das getan: Das macht ihn mir ungeheuer sympathisch. Er blieb dran, auch wenn das gefährlich war! Denn er wusste ja nicht, was ihm da passieren würde, wenn er nun wirklich dem Auferstandenen gegenübersteht.
Warten kann manchmal ziemlich hart sein, kann manchmal lange dauern. Aber es sollte sich lohnen für Thomas. Es wird sich auch für uns lohnen, wenn wir nur warten auf Jesus!
3. Und dann heißt es bei Thomas:
Der auferstandene Jesus sagt: »Leg deinen Finger auf diese Stelle hier und sieh dir meine Hände an! Reich deine Hand her und leg sie in meine Seite! Und sei nicht mehr ungläubig, sondern glaube!«
Dann kommt Thomas zur Erkenntnis: »Mein Herr und mein Gott!«
Auch wir sind nun eingeladen, auf das Kommen dieses Herrn in allen Situationen, in allen unseren Fragen und Zweifeln zu warten. Der Auferstandenen wird kommen. Er wird zu uns kommen in seiner ganzen Liebe und Herrlichkeit.
Aber wir dürfen wissen, wer auf uns zukommt.
Wir dürfen wissen, dass für uns gilt:
Glücklich zu nennen sind die, die nicht sehen und trotzdem glauben.«
Amen.
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