Abschied nehmen

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Abschied nehmen

Predigt Lukas 24,50-53
Luke 24:50–53 BB
50 Jesus führte sie aus der Stadt hinaus bis nach Betanien. Dann hob er die Hände und segnete sie. 51 Noch während er sie segnete, entfernte er sich von ihnen und wurde zum Himmel emporgehoben. 52 Sie fielen zu Boden und beteten ihn an. Dann kehrten sie voller Freude nach Jerusalem zurück. 53 Sie verbrachten die ganze Zeit im Tempel und lobten Gott.
Liebe Gemeinde!
Von lieben Menschen Abschied zu nehmen, fällt uns normaler Weise allen schwer. Wenn man zu jemandem eine gute und intensive Beziehung hat und sich von ihm trennen muss, vielleicht für eine lange Zeit, vielleicht für immer dann tut das weh. Es bereitet uns Schmerzen und macht uns traurig.
Nun so einen Abschied erleben wir auch heute – Christi Himmelfahrt – Jesus nimmt Abschied von seinen Jüngern, von seinen Freunden, von seinen Vertrauten, Menschen mit denen er drei Jahre lang ganz intensiv gelebt hat. Müsste das nicht alle traurig machen? Nun hören wir, was in der Situation des Abschiedes geschieht.
Wir lesen Lukas 24,50-53 nach der Neuen Genfer Übersetzung:
50 Jesus führte die Jünger aus der Stadt hinaus bis in die Nähe von Betanien. Dort erhob er die Hände, um sie zu segnen.
51 Und während er sie segnete, wurde er von ihnen weggenommen und zum Himmel emporgehoben.
52 Die Jünger warfen sich nieder und beteten ihn an. Dann kehrten sie nach Jerusalem zurück, von großer Freude erfüllt.
53 Und sie waren von da an ständig im Tempel und priesen Gott.
Geschieht da nicht etwas paradoxes, ja etwas widersprüchliches. Jesus wird hinweg genommen und die Jünger sind erfüllt mit Freude. So voll Freude, dass sie Gott lobten. Was war geschehen?
Christi Himmelfahrt – Tag des Abschieds – Jesus geht endgültig von dieser Erde. Es ist ein Abschied, ja. Doch dieser Abschied setzt vieles frei.
1. Der Gehende ist der Segnende!
Man kann sich so und so verabschieden. Man kann einfach gehen, wortlos gar, die Tür hinter sich zuschlagen. Aber wie müssen sich da Angehörige fühlen? Man könnte ja noch einen Brief schreiben, ein paar Worte hinterlassen. Vielleicht noch eine Email oder eine SMS. Aber ist das nicht eigentlich zu wenig, um zu verstehen. Man kann im Weggang noch etwas Böses hinausschreien. Wie bedrückend.
Wie tragisch kann das sein, wenn man im Streit geht.
Ganz anders ist da Jesus. Er geht, und dennoch ist ganz nahe bei denen, die bleiben müssen. Er wird erhöht und da stellt er seine Freunde noch einmal unter seinen Segen. So kannten sie es von ihm. So ist er. Für seine Leute will er immer nur das Beste. Da sorgt er sich um sie, selbst am Kreuz hängend, kümmert er sich noch um sie. Und auch jetzt hier beim Abschied als er diese Erde verlässt. So spricht er ihnen seinen Segen zu. Er tat es gestern. Er tut es heute. Und er tut es morgen bis in Ewigkeit. Nichts anderes tut er. Seinen Segen gibt er, denn er lebt.
So gab er seinen Freunden damals und gibt uns heute seinen Zuspruch, seinen Schutz, seine Liebe. Da wird deutlich, trotz das wir getrennt sind, kann uns nichts trennen von ihm. Wir sind von ihm angenommen, erwählt, begleitet.
Das galt für die elf Leute, die sich damals von Jesus verabschiedeten. Sie waren keine Überflieger. Sie haben Jesus auf der Erde nicht immer Freude bereitet. Vieles haben sie überhaupt nicht verstanden, ja am Ende sind sie weggelaufen und haben ihn verleugnet. Mit dem Glauben an die frohe Botschaft taten sie sich richtig schwer.
Und nun stehen sie mit Jesus außerhalb der Stadt und Jesus nimmt Abschied von ihnen Als letztes segnet er sie. Die erhobenen Hände haben etwas Zeichenhaftes. Wir werden an Mose erinnert, der für das Volk bittet. Es ist, als wollte Jesus allen auf einmal die Hände auflegen. Es geht um Bestärkung, Vergewisserung, um das Festmachen für den weiteren Weg der vor den Freunden Jesu liegt.
Himmelfahrt – ist das Fest der Vergewisserung, das Fest der Segenszusage: wir haben einen Herrn, auch wenn er zum Himmel gefahren ist, ist er doch gegenwärtig. An allen Orten und Plätzen und zu allen Stunden dürfen wir mit ihm rechnen. Denn von ihm geht der Segen aus. Er sagt uns zu: Vertraut mir: Gott selbst hält seine Hand über euch.
Genau das hat etwas Heilendes. Wir erfahren die Gewissheit, dass das Leben gelingen kann und Frucht bringt, trotz unserer Fehler, trotz unseres Versagen.
Über uns steht der segnende Christus. Wie er die Hände hebt. Wir sind nicht einem bösen Schicksal ausgeliefert. Er lässt uns nicht als Waisen zurück, noch einem chaotischen Ganzen, von dem keiner weiß, wo es hinaus will. Wir leben und bewegen uns unter seinem Segen. Das gilt es festzuhalten.
Ein eindrucksvolles Bild des segenenden Christus finden wir in der Christusstatue Monumento Cristo Redentor auf dem Berg Corcovado bei Rio de Janeiro.
Himmelfahrt. Das heißt doch: Jesus sitzt jetzt zur Rechten Gottes. Und wer zur Rechten Gottes sitzt, dem ist alle Macht im Himmel und auf Erden gegeben. Der Eckstein den die Bauleute verworfen haben ist der tragende Grund von allem geworden.
Uns segnet nun der, der selbst durch den Tod hindurch ist. Uns segnet nun der, der in Vollmacht eingesetzt wurde.
Über allem Dunkeln leuchtet sein Segen. Dieser ist stärker als Flüche der Welt zusammen. Er weiß um meine Fehler und um mein Versagen. Dennoch schenkt er die Freiheit von der Schuld. Und setzt in jedem von uns, die wir ihm vertrauen, neue Kräfte frei.
2. Der Erhöhte ist der Angebetete!
Der erhöhte Christus segnet seine Freunde, Diese können nichts anderes tun als Gott zu loben. Die Anbetung der Freunde Jesu ist die Folge des segnenden Christus. Das ganze Geschehen hat sie ganz neu ins Beten hineingeführt. Da wird nichts erklärt. Da gab es keine Geheimnisse. Es steht da: »Sie beteten ihn an.«
Die Freunde Jesu hatten Grund zum Staunen und zum Loben.
Anbetung hat mit Suchen und mit Hingabe zu tun. Aber auch mit Anerkennung und Verzicht. Gott ist, der da handelt, ihm ganz und gar vertrauen, und zwar in den guten und den schlechten Stunden des Lebens. So wird Anbetung zur täglichen Kraftquelle. Die stille Zeit, in der sich der innere Mensch stärken lässt für den Alltag.
Vor vierzehn Tagen war ich in der steirischen Krakau und habe dort Urlaub gemacht. Wir sind viel gewandert. Ich musste ja den Kaiserschmarrn und die Apfelstrudel, welche ich mir nicht entgehen ließ, kompensieren. Nun da habe ich ein Schild entdeckt mit einem Spruch darauf, der genau das ausdrückt:
„Einmal nur am Tage ein Weilchen stille sein, mit Deinem Gott allein. Dies löst dir manche Frage, dies lindert manches Leid, dies Weilchen nur am Tage führt Dich zur Ewigkeit.“
Anbetung, die in Bewegung setzt, die Freunde Jesu von damals, aber auch die Freunde Jesu von heute. Nicht fliehen, auch nicht der Welt entfliehen, sondern diese Welt sehen lernen, wie sie ist und die uns gestellten Aufgaben anpacken. Der segnende Christus ist dabei.
Anbetung – es ist der Versuch mit dem Willen Gottes eins zu werden. Gott es Willen an mir und durch mich geschehen lassen.
Anbetung. Sie ist durch nichts zu ersetzen und sie ist mit nichts zu vergleichen. Der Spruch macht uns deutlich, fehlt sie, fehlt unsrem Glauben und Leben die Mitte und die Kraft. – Anbetung als Antrieb für unseren Glauben.
In unsrer Welt wird heutzutage vieles angebetet. An was sich die Menschen alles und besonders ihr Herz hängen und wem sie letzte Macht und Kraft zusprechen. Martin Luther sagte: „Woran du dein Herz hängst, das ist dein Gott.“
Das Geschehen der Himmelfahrt rückt die Dinge in unserer Welt zurecht. Anbetung allein dem, der der Herr ist. Es ist der Erste und der Letzte und der Lebendige, der Anfang und Ende ist.
Wenn auch in unserem Predigttext von der Zukunft nicht viel gesagt wird. Wir wissen aber, wem sie gehört. Die Himmelfahrt von Jesus hat die Jünger gestärkt. Durch das Gebet ist da erst wirklich etwas in Gang gesetzt worden und in Gang geblieben – bis heute.
Darum wird uns heute an Christi Himmelfahrt die Frage gestellt: Wie viel Raum hat eigentlich die Anbetung unter uns? Wie viel Zeit nehmen wir uns betend, der Gegenwart Jesu nachzuspüren, uns dieser auszusetzen?
Heutzutage wird heute viel über die Zukunft der Kirche nachgedacht, auch in unseren Kirchengemeinden und Kirchgemeinden denken wir über die Zukunft nach, wie wir sie miteinander gestalten können. Viele Vorschläge und Konzepte für eine wachsende Kirche liegen auf dem Tisch. Aber unsere Erfahrung ist doch eine andere, erleben wir doch eine schrumpfende Kirche – ganz gegen den Trend in der weiten Welt. Ist das nicht eigenartig. Warum nur?
Ich denke es fehlt unter uns das Leuchtfeuer des Gebetes, der Ruf zur Anbetung. Irgendwie vergessen wir bei allen unseren Aktionen, was das Entscheidende bei den Freunden Jesu damals war und bei den Freunden Jesu wieder werden muss: die Anbetung!
3. Mit Freude zurück!
Nun noch einmal zu dem ungewöhnlichen Abschied, den wir hier erleben. Wo Menschen Abschied nehmen und doch mit Freude zurückkehren. Woran liegt das?
Freude über einen Weggang – das tun wir doch nur höchsten dann, wenn wir den Menschen nicht leiden können? Aber hier ist es ganz anders. Freude über das Weggenommen sein Jesu? Woran liegt das? Womit hat das zu tun? Die Freude der Freunde Jesu ist Freude für ihren Herrn! Noch vor seinem Abschied hat Jesus gesagt: » Wenn ihr mich wirklich lieben würdet, würdet ihr euch freuen, dass ich zum Vater gehe; denn der Vater ist größer als ich.« (Joh. 14,28).
Jetzt ist er bei seinem Vater. Damit liegt nun alles hinter ihm, was er zu leiden hatte. Erhöht ist er zur Rechten des Vaters. Darum freuen sich die Freunde Jesu für ihn. und mit ihm.
Er ist doch nicht einfach nur entrückt, nicht einfach verschwunden, sondern in Herrschaft und Vollmacht zur Rechten Gottes eingesetzt. Er ist nun »in Kraft« und wirkt als solcher. Das macht die Freunde froh. Denn einem solchen Herrn dürfen sie vertrauen, denn er ist ihr Fürsprecher bei Gott dem Vater. Das hilft ihnen in allen Lebenslagen.
Wie auch bei uns es geschieht, wie auch bei den Jüngern damals, dass man im Gebet nachlässt, sich schwach fühlt: Die Freunde Jesu damals und wir als Freunde Jesus dürfen wissen, ihr und unser Herr vertritt sie und er vertritt uns aufs Beste.
Mehr noch: Ihre Freude ist die Freude über sein Nahe sein. Der, der heimgekehrt ist zum Vater, ist dennoch bei ihnen und auch bei uns mit auf dem Weg. Immer und überall sagt er ihnen und uns heute seine Nähe zu. In alles können wir hineinfallen, aber nie aus seiner Liebe herausfallen. Wir dürfen wissen, unserem Herrn Jesus Christus gehört die Zukunft, der, der zum Vater gegangen ist, wird wiederkommen wird.
Das macht die Freude nach Himmelfahrt aus, die Glaubensfreude und die Bekenntnisfreude der Freunde Jesu damals und auch unsere heute. Die Freude hat mit Erwartung zu tun und sie ist auf Wirken ausgelegt. Der, der die Freude ist, will nun durch sie sprechen und wirken.
Himmelfahrt heißt: wir haben Grund zur Freude!
Nun wissen wir alle, dass niemand solche Freude einfach so machen kann. Und sie durchhalten trotz Belastungen, Leiden, Anfechtungen ist auch nicht einfach. Wie schaffen wir es, sie neu zu wecken? Diese Freude zu bewahren? Wie haben es die Jünger damals geschafft?
Das Geheimnis liegt wohl darin, nicht die Hoffnung aufzugeben. An ihr festhalten können wir, weil wir wissen, dass sie in Erfüllung geht. Unsre Hoffnung basiert doch auf einem Gott der Liebe. Seine Versprechungen bleiben gültig, auch wenn viele Tatsachen dagegen zu sprechen scheinen. Sein Wort ist beständiger als alles andere, was unser Leben bedroht. Es ist diese Hoffnung, die uns froh macht.
Himmelfahrt: Der Gehende ist der Segnende! Der Erhöhte ist der Angebetete. Mit Freude gehen auch wir heute zurück!
Amen.
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