Der gute Hirte
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Der gute Hirte
Der gute Hirte
Liebe Gemeinde,
heute ist einer der Sonntage mit den schönsten Bildern und Texten im Kirchenjahr. Angefangen vom Psalm 23, der Psalm dieses Sonntags bis hin zum Evangelium, wo von Jesus als dem guten Hirten gesprochen wird. (Ich denke genau dieses Bild hier passt heute zur Goldenen Konfirmation, wenn wir auf die letzten 50 Jahre seit der Konfirmation zurückblicken.)
Ich lese das Evangelium noch einmal nach der Neuen Genfer Übersetzung:
Joh 10,11-16
11 »Ich bin der gute Hirte. Ein guter Hirte ´ist bereit, ` sein Leben für die Schafe herzugeben.
12 Einer, der gar kein Hirte ist, sondern die Schafe nur gegen Bezahlung hütet, läuft davon, wenn er den Wolf kommen sieht, und lässt die Schafe im Stich, und der Wolf fällt über die Schafe her7 und jagt die Herde auseinander.
13 Einem solchen Mann, dem die Schafe nicht selbst gehören, geht es eben nur um seinen Lohn; die Schafe sind ihm gleichgültig.
14 Ich bin der gute Hirte. Ich kenne meine Schafe, und meine Schafe kennen mich,
15 genauso, wie der Vater mich kennt und ich den Vater kenne. Und ich gebe mein Leben für die Schafe her.
16 Ich habe auch noch Schafe, die nicht aus diesem Stall sind. Auch sie muss ich herführen8; sie werden auf meine Stimme hören, und alle werden eine Herde unter einem Hirten sein.
Wir hören vom guten Hirten, der sein Leben für seine Schafe lässt. Andererseits gibt es auch das Bild vom Wolf und vom schlechten Hirten. Vom Wolf, der die Schafe reißt und vom schlechten Hirten, der die Flucht ergreift.
Doch da stellt sich für uns die Fragen: Wovon wird hier überhaupt gesprochen und was hat das Ganze mit uns heute zu tun?
Eigentlich ist das Bild vom guten Hirten ein romantisches Bild. Und wenn ich im Internet surfe und mir die Bilder dazu anschaue, ist auch manches so süßliche Jesusbild dabei, besonders die Amerikaner lieben das, Doch diese Bilder entsprechen längst nicht mehr unserer Lebenswirklichkeit.
Hirten, kennen wir inzwischen eher vom Krippenspiel oder vielleicht aus dem Urlaub oder eben von solchen Bildern. Zwar erleben wir in unseren Dörfern noch ab und an, dass Schafherden hindurch getrieben werden und den Verkehr aufhalten, aber der, der sie treibt, den würden wir kaum einen Hirten nennen.
Wer einmal durch die Heide oder bis an die Nordseeküste gefahren ist, der kann freilich noch große Schafherden sehen, aber die mit Handy, Laptop und Kleintransporter ausgerüsteten Schäfer, die uns viel von den Tieren, mehr aber noch über Schafhaltung und landwirtschaftliche Kalkulation erzählen können, fügen sich kaum noch in unser so idyllisches Bild vom Hirten.
Diese Bild stammt eben doch mehr aus Erzählungen, aus Geschichten, Liedern und aus der Weihnachtsgeschichte, als dass es mit unseren Lebenswirklichkeit zusammenhinge. Nur aus einer ziemlichen Ferne, etwa beim Blick aus dem Autofenster im Vorbeifahren auf der Landstraße gelingt es uns vielleicht, die Gestalten, die wir bei den großen Herden zur Linken oder zur Rechten erkennen können, für Hirten zu halten so wie wir sie uns vorstellen und wünschen.
Aus der Nähe betrachtet, verlieren diese Hirten und ihre Herde schnell ihre Beschaulichkeit.
Selten nämlich kann solch ein Hirte nur der traute Geselle sein, dem die Tiere willig folgen und der Tag und Nacht bei ihnen wacht.
Inzwischen wachen andere über beide, über Menschen und Tier, in Ämtern und höheren Häusern.
Und bis tief in die Nacht wird so mancher Hirte über Unbezahltem und Unbezahlbarem wach bleiben und sich vor der Stunde eines anderen Wolfs fürchten.
Bei der Wache über die Tiere helfen ihm Hunde, Hunde übrigens, auf die Kinder besser nicht zugehen. Immer ist der Hirte auch der, der auswählt unter den Tieren ist ein Mann über Leben und Tod seiner Tiere.
Schäfer und Hirten, sie leben mit ihren Tieren einen harten Beruf in einer anscheinend immer noch härter werdenden Zeit. Keiner wird es ihnen verdenken können, wenn sie sich mit dem Gedanken tragen, ihren Hirtenhut an den Nagel zu hängen.
2.Jesus der gute Hirte
Doch in unserem Predigttext wird auch von einem Hirten gesprochen, dem guten Hirten. In unserer Umwelt heute Fernsehen, Zeitungen, Werbung, Internet usw. preisen sich viele als Hirten an, die uns Menschen in besonderer Weise leiten wollen.
Da stellt sich schnell die Frage:
Welchem dieser Hirten kann man sich wirklich anvertrauen, wenn Menschen sich dem Menschen gegenüber solchen Aufgaben anmaßen?
Wie so ein Vertrauensverlust aussieht, das Durchleben und Durchleiden wir im Umgang mit den Banken und der Wirtschaft. Manager, die leiten sollen, erweisen sich als im biblischen Sprachgebrauch als Mietlinge, die das ihre suchen.
„Ich bin der gute Hirte“, was wie eine schnelle überhebliche Antwort klingt, erklärt dieser eine Hirte sogleich und ganz konkret: “Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe.“ Er selbst wird auch das Lamm sein, das zur Schlachtbank geführt wird.
Darum wollen wir uns heute an diesem Sonntag des guten Hirten ihn genauer ansehen:
2.1Der gute Hirte hat sein Leben geopfert
Dieser Hirte, den wir nicht suchen müssen, sondern der sich uns vorstellt und in dem wir Jesus von Nazareth, den Sohn Gottes, erkennen können, will nicht über Leben und Tod entscheiden, sondern hat sein Leben für uns geben. Er hat sich keine Menschen herangezogen, die ihm genehm sein konnten und die ihm auf seinen Befehl Kadavergehorsam leisten. Und doch wer ihm wirklich folgen will, der lässt alles stehen und liegen, und folgt ihm nach. Aber aus freien Stücken.
Dann hat sich der Hirte in die Hände derer begeben, denen er selbst nicht genehm war, und dahin mochte und konnte auch keiner seiner Freunde mehr folgen.
Und doch: denen, die ihn in seinem Sterben allein ließen, hat er selbst die Treue gehalten und wird sie zu seinem Vater führen.
Er hat es nicht für Lohn getan, wer von uns hätte ihn auch für sein Sterben am Kreuz bezahlen können; und für Gotteslohn hätte der Gottessohn nicht dienen müssen.
Uns ganz allein wollte er dienen. Wer möchte da nicht zu seiner Herde gehören. Doch er kennt seine Schafe.
2.2Der gute Hirte kennt seine Schafe weiß um ihre Bedürfnisse und Nöte
Er kennt uns und unser Leben, alle Sorgen und Nöte, alle Ängste, alles, was uns bedrückt. Er weiß aber auch um das, was uns froh macht und fröhlich sein lässt. Wie ein Schafhirte am Blöken seiner Schafe erkennt, ob es ihnen gut geht oder nicht, sieht es auch der gute Hirte an uns Menschen, an jedem einzelnen von uns.
(Schauen sie einmal als Goldene Konfirmanden auf die vergangenen 50 Jahre zurück und sie werden trotz manchem schweren, was sie sicher erlebt haben auch dankbar auf die Bewahrung und den Segen zurückblicken können, dass sie mit diesem guten Hirten erfahren haben.)
2.3Der gute Hirte leitet seine Schafe mit seiner Stimme
Es genügt aber nicht, sich zu seiner Herde zu halten und geduldig und heimlich mitzutrotten.
Nur wer seinen Ruf hört und seinem Wort folgt, der gehört auch zu ihm und folgt ihm nach.
Sein Ruf ergeht immer wieder und klingt weit über die Hürden hinaus.
Auch heute und hier
Die Hürden sollen uns nicht trennen von den anderen draußen, sondern uns sehen und spüren lassen, bis wohin wir gekommen sind und worüber hinaus er uns noch führen mag.
Auch ich soll ihm folgen, auf seine Stimme warten, bis ich sie heraus höre aus all den Stimmen, die auf mich einreden und mir einflüstern wollen, wohin die Reise schon lange gehen könnte und wohin sie ohne sie schon lange gegangen wäre. Stimmen die mir so lange in den Ohren liegen, bis ich daran glaube, dass ich ohne sie schon ganz von gestern wäre, mit ihnen jedoch das morgen endlich erreichte.
Aber die freundliche Stimme meines guten Hirten erkenne ich wohl, so wie er mich in der Herde erkennt hat und gerade zu mir spricht: „Ich bin der gute Hirte“. Er sagt: „Ich bin dein guter Hirte.“ Auf diesen Augenblick warte ich und vertraue meinem guten Hirten.
2.4Der gute Hirte gibt Hoffnung auf das ewige Leben
Der gute Hirte verspricht sie uns nicht nur, sondern er gibt sie uns: die Hoffnung auf eine Zukunft, die Hoffnung auf das ewige Leben. Der Tod ist daher nicht mehr das letzte, sondern nur noch das vorletzte.
Wir müssen diese Zukunft nicht verdienen, sondern er hat sie uns geschenkt.
2.5Der gute Hirte verspricht Geborgenheit und Schutz
Das ist doch etwas nach dem wir uns alle sehnen Geborgenheit und Schutz. Gerade auch in dieser Unsicherheit in der wir heute leben. Gerade auch in den Ängsten, die uns heute umgeben, brauchen wir die Zusagen des guten Hirten:
Meine Schafe hören meine Stimme und ich kenne sie, und sie folgen mir, und ich gebe ihnen das ewige Leben, und sie werden nimmermehr umkommen, und niemand wird sie aus meiner Hand reißen. Mein Vater, der mir sie gegeben hat, ist größer als alles, und niemand kann sie aus des Vaters Hand reißen.
3.Hirten der Welt
Nach dem wir so viel Gutes über den guten Hirten gehört haben, vergleichen wir ihn noch einmal mit den Hirten dieser Welt, in der wir leben. Da stellt sich uns die Frage:
Wer sind die schlechten Hirten in unserer Welt?
Das lässt mich erst einmal zögern: Bin ich da als Ihr Pastor gemeint? Ich nenne mich ruhig einmal so – auch wenn ich sonst den Titel Pfarrer habe: Pastor – Hirte!?
Sind da unsere Politiker, Manager, Chefs oder die Eltern oder Lehrer gemeint?
Kann man da einfach Namen nennen? Sicher würden wir da eine ganze Reihe Namen nennen können.
Aber zuerst einmal sollten wir uns selbst prüfen, ob wir rechte Hirten sind in unserem Lebensbereich, wo wir Verantwortung tragen?
Wie gehen wir mit unseren Eltern um?
Wie gehen wir mit unserem Ehepartner um?
Wie gehen wir mit unseren Kindern um?
Wie gehen wir mit uns anvertrauten Menschen um?
Fragen, die wir uns stellen bzw. auch heute gerade vom guten Hirten stellen lassen müssen.
Es hat keinen Zweck über Missstände in unserem Leben zu meckern. Der gute Hirte würde uns fragen, was tun wir selbst, damit sie geändert werden?
Wo sind wir bereit verantwortlich für uns und unsere Mitmenschen einzutreten?
Nicht immer wird alles richtig und gut werden. Wir werden Fehler machen, aber wir dürfen wissen in allem, was wir für andere tun, steht uns der gute Hirte bei.
Damit kommen wir zurück zu unserer Kirche, zu unserer Gemeinde. Die brauchen wir, damit wir im Gottesdienst durch das Wort des guten Hirten gestärkt werden, für das Gute einzutreten. Und dazu möchte ich Sie immer wieder einladen. Lassen sie sich von dem Wort des guten Hirten für den Alltag stärken.
Auch den Goldenen Konfirmanden wünsche ich, dass sie sich auf diesen einen Hirten Jesus Christus einlassen, und so auch in die Zukunft sehen können.
Amen.