Jesus zieht ein
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Jesus zieht ein
Jesus zieht ein
Liebe Gemeinde,
ich weiß nicht, wie es euch ergeht, wenn bald ein wichtiges Ereignis im Leben passiert, sei es ein Fest – bei unseren Konfirmanden ist es vielleicht die Konfirmation, oder eine Hochzeit oder vielleicht eine Prüfung, ein Abschluss oder ähnliches.
Bei mir entsteht immer kurz vorher eine Spannung auf das, was da kommt. Ich habe dann ein Kribbeln im Magen und manchmal sogar so etwas wie eine Vorfreude – bei Prüfungen kann ich dann beweisen, dass ich etwas kann. Bei Festen freue ich mich, dass ich wieder liebe Menschen treffen.
Natürlich kann eine Spannung auch in negativer Form entstehen, dass man dann hofft, dass die Sache bald vorüber ist und man dann wieder atmen kann oder dass wenigstens die Ungewissheit vorbei ist.
Diese negative Spannung kann ich mir gut bei Jesus vorstellen, schließlich sagt die Bibel, dass er ganz Mensch ist, und im Garten Gethsemane wird uns das auch gezeigt.
Nun heute begegnet uns am Palmsonntag der Bericht über den Einzug von Jesus in Jerusalem. Man kann dabei fast diese Spannung spüren beim Lesen dieses Berichtes. Und am Schluss heißt es noch „Alle Welt läuft ihm nach“. Doch wir wissen in wenigen Stunden ist alles anders, da läuft ihm keiner mehr nach. Auch seine engsten Freunde verlassen ihn.
Ich lese das Evangelium noch einmal nach der Neuen Genfer Übersetzung aus Johannes 12,12-19:
Johannes 12,12-19
Der Einzug in Jerusalem
12 Am nächsten Tag hörten die Menschen, die in großer Zahl zum Passafest gekommen waren, dass Jesus auf dem Weg nach Jerusalem war.
13 Mit Palmzweigen in der Hand zogen sie zur Stadt hinaus, um ihn zu empfangen.»Gepriesen sei Gott!«, riefen sie. »›Gesegnet sei er, der im Namen des Herrn kommt‹, der König von Israel!«
14 Jesus ritt auf einem jungen Esel, den er hatte bekommen können. In der Schrift heißt es:
15 »Du brauchst dich nicht zu fürchten, Volk von Zion! Dein König kommt, er reitet auf einem Eselsfohlen.«
16 Dieses Wort erfüllte sich damals, doch das verstanden die Jünger zunächst noch nicht. Später allerdings, als Jesus in seiner Herrlichkeit offenbart war, erinnerten sie sich daran, dass man ihn genauso empfangen hatte, wie es in der Schrift vorausgesagt war.
17 Die Menschen, die in großer Zahl dabei gewesen waren, als Jesus Lazarus aus dem Grab gerufen und ihn von den Toten auferweckt hatte, hatten überall davon erzählt.
18 Das war der Grund, weshalb ihm jetzt so viele Leute entgegenzogen. Sie hatten von dem Wunder gehört, das er getan hatte. 19 Da sagten die Pharisäer zueinander: »Ihr seht doch, dass wir so nicht weiterkommen. Alle Welt läuft ihm nach!«
Nun zieht Jesus in Jerusalem ein. Die Menschen sind voller Erwartungen. Sie erwarten Großes von ihm. Die Menschen sind begeistert. Im Moment kann man so etwas ähnlicher erleben, wenn der amerikanisch Präsident Barak Obama auftaucht.
Jesus wird hier begrüßt als der, der alles kann. Es hat sich bei den Menschen herumgesprochen: Jesus hat Kranke geheilt. Und wenige Tage vorher sogar seinen Freund Lazarus aus dem Tode zurück ins Leben geholt. Man kann von ihm noch viel erwarten.
Darum werden Rufe laut: Halleluja! Gelobt sei Gott! Und: Hosianna, Herr hilf. So begrüßt man einen König, der in eine Stadt einzieht und es ist der Ruf, mit dem nach alter Tradition der Messias begrüßt werden sollte.
Viele nichtjüdische Menschen waren auch beim Passafest dabei. Sie sind extra angereist, um dieses in Jerusalem zu erleben. Es sind kluge Köpfe, die am Glauben Israels interessiert sind. Auch diese wollen ihn kennenlernen. Von ihnen hatten wir in der vor vierzehn Tagen schon gehört.
Also die Menschen aber auch Jesus selber leben in einer Spannung wie vor einem großen Ereignis.
Und mittendrin befinden sich auch die Feinde Jesu, die Priester und die Schriftgelehrten. Noch können sie nur sagen: „Ihr seht doch, dass wir so nicht weiterkommen. Alle Welt läuft ihm nach!“
Sie stehen ohnmächtig dem Geschehen um Jesus gegenüber. Sie sind zu Zeit im wahrsten Sinne des Wortes machtlos. Sie haben keine Macht mehr, sie sehen, dass ihre Felle davon schwimmen. Sie wissen nicht, was sie tun können um das ganze Treiben um Jesus zu stoppen. Sie haben Angst den Zorn des Volkes auf sich zu ziehen.
In der vergangenen Woche war der G20Gipfel und es gab wieder viele Demonstrationen gegen den Gipfel, gegen die Globalisierung – und die für Ordnung sorgen müssen, haben Angst vor einer Eskalation. Sie wissen nur zu gut, wie schnell in einem Selbstlauf Unheil und Terror entstehen.
Genauso ging es den Feinden Jesu. Sie hatten Angst ihre Macht und ihren religiösen Einfluss zu verlieren. Sie fürchteten auch den Zorn der Römischen Regierung. Darum rückten sie enger zusammen: Die Priester und Schriftgelehrten wollen Jesus aus der Welt schaffen. Doch jetzt geht es nicht. Die Stimmung des Volkes lässt es nicht zu. Aber sie kennen das Volk: Wehe denn, Jesus zeigt sich schwach, dann kehrt sich die Stimmung um.
Stellt euch einmal vor Barak Obama würde einen großen politischen Fehler machen, wie schnell wäre der Jubel der Menschen dahin.
Wie regiert nun Jesus selber auf das ganze Geschehen:
Er sagt kein einziges Wort, still zieht er auf dem Esel ein, seiner Verherrlichung, seiner Krönung, seinem Kreuzesthron entgegen.
Schon hier beginnt sich das Wort aus Jesaja 53,7 zu erfüllen:
Als er gemartert ward, litt er doch willig und tat seinen Mund nicht auf wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird; und wie ein Schaf, das verstummt vor seinem Scherer, tat er seinen Mund nicht auf.
Wie einer der schon hier die Last und die Schuld der ganzen Welt getragen hat.
Martin Luther hat in einer seiner Predigt dazu gesagt:
Sieh doch, er reitet nicht auf einem Hengst, einem kriegerischen Tier, sondern sitzet auf einem Esel, einem Tier, zu Last und Arbeit da und um den Menschen zu helfen. So will er anzeigen, wozu er komme: den Menschen nicht zu schrecken noch zu treiben oder zu bedrücken, sondern zu helfen, seine Last zu tragen und auf sich zu nehmen...“
Das will er ihnen allen bringen, die ihm jetzt zujubeln, den Juden sowie den Nichtjuden: Die Lasten ihres Lebens will er ihnen mittragen helfen, entlasten will er sie von der Angst vor Gott, der Angst und der Furcht vor Gottes Gericht und Gottes Zorn, den wahren Frieden will er ihnen bringen: Frieden mit Gott und Frieden mit sich selbst.
Ein zufriedenes, mit Dank erfülltes Leben will er euch bringen. Wie hat es Ulrich Parzany in dieser Woche bei ProChrist gesagt: Der Mann am Kreuz schafft eure Vergangenheit weg.
So geschieht das ungeheure Wunder der Vergebung.
Den Herrschern dieser Welt, besonders den bösen Herrschern, will er ihre Macht nehmen – auch dem Tod und dem Teufel.
Dagegen sollen alle Menschen ihn als den König und Herrscher der Welt und ihres Lebens annehmen, lieben und ehren. Nicht aus Zwang, sondern mit freiwilligen Herzen, als Einladung zum Leben.
Wir werden von Jesus eingeladen zum wahren Leben mit ihm.
Darum weiß er: Er muss diesen Weg gehen, hinein in Leiden, Angst und Tod am Kreuz. Er muss mit dem Esel nach Jerusalem einziehen, sich feiern lassen und wenige Stunden später den Ruf ertragen. Kreuzige ihn, muss den Spott und die Peitschenhiebe ertragen, muss Demütigung und Entblößung ertragen muss den Tod am Kreuz auf sich nehmen, und das schlimmste: Gott hat ihn verlassen. Er ruft im Sterben. Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Und uns stellt er die Frage: Das tat ich für dich, was tust du für mich?
Er muss einen Kampf kämpfen, wie solch ein Kampf seit Anfang der Welt noch nie gekämpft wurde und den man nur durch Leiden und Lieben gewinnen kann. Das scheinbare Verlieren führt zum Sieg.
Und das kündigt er einzelnen seiner Jünger später durch das Wort vom Weizenkorn an. Solange es für sich ist, ein einzelnes Korn, hart, mit fester Schale – solange bleibt es für sich und bewirkt nichts. Sondern es muss in die Erde, es muss aufgeweicht werden, ja es muss ersterben, dann erwächst daraus neues Leben, viel Frucht, reicher Segen.
So geht Jesus hinein in den Tod, steigt hinab ins Reich des Todes, öffnet den Toten das Gefängnis, so dass sie nun ins Weite, ins Freie, in den Himmel gehen dürfen. Das Kreuz ist und bleibt sein Thron.
Dort und von dort herrscht er, und wenn wir seine Nachfolger, seine Followers sind, kann uns der Teufel, der Beherrscher unserer Welt, nicht mehr zwingen noch verführen und betrügen. Sondern dann regiert uns Jesus, der uns und allen Menschen Vergebung der Sünde und ewiges Leben anbietet und schenkt.
Am Kreuz wird er „verherrlicht“ werden. Da geschieht und beginnt die Verherrlichung in Wahrheit, die diesen ganzen Text hier durchzieht. Die Menge jubelt ihm jetzt als dem König zu.
Er ist ja auch der König, doch er ist ein König von ganz anderer Art als jeder irdische König, Herrscher, Präsident oder Kanzlerin - ein König, dessen Thron ein Kreuz ist, ein König, dessen Reich in dieser Welt, aber nicht von dieser Welt ist – und darum das einzige Reich, das alle Reiche überdauert.
Die Pharisäer in unserm Text sagen: Alle Welt läuft ihm nach, und es werden ihm Menschen aus allen Ländern der Welt – nun nicht nachlaufen, aber nachfolgen. Also auch wie das Weizenkorn werden – nicht länger hart, fest, für sich allein, sondern so dass das Feste und Harte in uns erstirbt und wir durch Hingabe Frucht und Segen bringen.
Das Volk ruft „Halleluja“ und „Hosianna“
Bis heute werden diese Bitt und Jubelrufe laut in jedem unserer Gottesdienste, in dem er als unser Herrscher und Heiland in unsere Herzen einzieht.
Das Volk rühmt ihn, dass er sogar Tote auferwecken kann. Und er wird auch uns von den Toten auferwecken.
Es wäre schön, wenn auch heute von ihm heißt: Alle Welt läuft ihm nach! Und die Menschen in ihm das Heil für ihr Leben und Sterben entdecken. Karfreitag und Ostern ist das große Liebesangebot Gottes an uns Menschen.
Amen.