Der neue Mensch – Wunschtraum oder Wirklichkeit?!

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Der neue Mensch – Wunschtraum oder Wirklichkeit?!
Liebe Jubelkonfirmanden, liebe Gäste, liebe Gemeinde,
Da hatte Nikodemus von Jesus gehört. Er fand diesen Jesus doch recht interessant. Er konnte bei ihm neue Gedanken und Zeichen göttlicher Vollmacht entdecken. Er wollte sich gerne mit Jesus unterhalten. Er wollte seine Ansichten über das Leben, über den Glauben und über Gott austauschen.
»Heute Abend werde ich ihn besuchen.« - Nicht vor aller Öffentlichkeit, sondern heimlich still und leise.
Es kommt die Nacht, und in ihrem Schatten überfällt Nikodemus die Frage: »Geht das Rätsel meines Lebens wirklich so glatt auf, wie ich mir? Irgendetwas fehlt mir, ich habe keinen Frieden, mein Leben rollt ab in einem Leerlauf.«
Wie diese Geschichte weitergeht, dazu hören noch einmal das Evangelium aus Johannes 3,1-8. Wir lesen es nach der Neuen Genfer Übersetzung:
1 Einer der führenden Männer des jüdischen Volkes, ein Pharisäer namens Nikodemus,
2 suchte Jesus einmal bei Nacht auf. »Rabbi«, sagte er zu ihm, »wir wissen, dass du ein Lehrer bist, den Gott gesandt hat. Denn niemand kann solche Wunder tun wie du, wenn Gott nicht mit ihm ist.«
3 Jesus entgegnete: »Ich sage dir: Wenn jemand nicht von neuem geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht sehen.« –
4 »Wie kann ein Mensch, wenn er alt geworden ist, noch einmal geboren werden?«, wandte Nikodemus ein. »Er kann doch nicht in den Leib seiner Mutter zurückkehren und ein zweites Mal auf die Welt kommen!«
5 Jesus erwiderte: »Ich sage dir eins: Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht ins Reich Gottes hineinkommen.
6 Natürliches Leben bringt natürliches Leben hervor; geistliches Leben wird aus dem Geist geboren.
7 Darum sei nicht erstaunt, wenn ich dir sage: Ihr müsst von neuem geboren werden.
8 Der Wind weht, wo er will. Du hörst zwar sein Rauschen, aber woher er kommt und wohin er geht, weißt du nicht. So ist es bei jedem, der aus dem Geist geboren ist.«
Der neue Mensch – ein uralter Menschheitstraum
Liebe Jubelkonfirmanden, ich freue mich, dass heute so viele gekommen sind, nach vielen Jahren ihrer Konfirmation einmal Gott Danke zu sagen, dass sie bisher geführt und bewahrt hat. Auch durch die Tiefen ihres Lebens. Aber es ist auch ein Moment des Nachdenkens – ist das Rätsel meines Lebens bisher aufgegangen? Habe ich erreicht, was meinem Leben Sinn und Frieden gibt? Oder brauche ich eine Kurskorrektur – eine Neuorientierung?
So oder ähnlich wird sich sicher Nikodemus gefragt haben, als er zu Jesus kommt.
Zu jeder Zeit können wir zu Jesus kommen. Auch für jeden unserer Jubelkonfirmanden gilt das. Und nicht nur heute ist das so, sondern auch damals schon sind die Menschen zu allen Zeiten zu Jesus gekommen:
Sie sind selber zu ihm gekommen oder wurden zu ihm gebracht: Kranke, Verhasste, Zöllner, Prostituierte, Und eben auch vornehme Leute, Gelehrte und Fromme.
Nikodemus - die Lebenserfahrung hat ihm einiges gelehrt.
Auch eure Lebenserfahrung hat euch sicher einiges gelehrt, wenn ihr auf euer Leben zurückblickt.
Für Nikodemus war klar: Das Leben ist unumkehrbar, es gibt kein Zurück in den Schoß der Mutter. Es bleibt ein Traum im Leben noch einmal von vorn zu beginnen, vielleicht ohne die Fehler, man bisher in seinem Leben getan hat.
Mit der Geburt und sogar schon vorher beginnen die Festlegungen für unser Leben. Je älter wir werden, umso schwerer wird es, neu anzufangen. Auch für uns. Mancher von den älteren unter euch kann das sicher bestätigen.
So wendet er sich an Jesus und sagt: Wenn du von Gott kommst, dann muss du einiges vom Himmel erzählen können.
Doch was erlebt er? Da redet Jesus auf einmal vom Kinderkriegen. Das kapiert der studierte Mann gerade nicht. Wie kann der Embryo in den Leib der Mutter zurückkehren und als Baby zur Welt kommen? Das ist ja total unverständlich, was da Jesus redet.
Was wäre denn wirklich gewonnen, wenn der Mensch in den Mutterleib zurückkehren würde, würden dann die Fehler nicht alle wiederholt mit gleicher Schuld?
Würden wir nicht vielleicht doch unsere Fehler der letzten 25, 50, 60 oder 65 Jahre wieder tun?
Sitzt Nikodemus nicht heute hundertfach unter der Kanzel?
Vielleicht als ein Mensch, dessen Leben irgendwie mehr oder weniger gleich abläuft und der sich dann am Ende fragt: »Wozu das alles?«
Oder als ein Mensch des Erfolgs, der sich dennoch fragt: »Was bringt mir der Stress?«
Oder ein Mensch, der mit Technik und modernen Medien umgeht, und doch die Frage stellt: »Was kommt bei all dem am Ende heraus?«
Oder als eine sorgende Mutter, die sich um ihre Kinder müht: »Wie mache ich es, dass meine Kinder den Sinn des Lebens finden?«
Nikodemus kommt zu Jesus, und so kommen heute sie und ich zu Jesus.
Nikodemus spürt hier: Dieser Jesus hat mit dem zu tun, was mir fehlt.
Aber wer sich mit Jesus einlässt, der muss wissen, dass hier total Neues passiert. Eine ganz radikale Veränderung – so wie es das Wort hier sagt - radikal – radix – von der Wurzel her.
Die Gefahr ist groß, dass man in seinem Leben ein bisschen renoviert und alte Schadstellen übertüncht.
Mancher von ihnen besitzt ein Haus und er weiß nur zugut was es heißt, wenn man den Schwamm im Haus hat. Man kann sicher eine gewisse Zeit das ganze übertünchen und notreparieren. Aber er bricht immer wieder durch. Heute kann man einiges mit chemischer Keule und speziellen Heiztechniken tun, aber bis vor wenigen Jahren gab es nur eine Möglichkeit: Alles abreißen und neu aufbauen. Denn normal ist Schwamm übertragbar. Er muss total von der Wurzel her vernichtet werden.
Nun das ist bei einer totalen Umkehr im Leben nötig. Ist das wirklich nötig? Kann ich nicht mit ein paar Schönheitsreparaturen mein Leben wieder in den Griff bekommen? Das muss doch auch bei diesem Jesus möglich sein, gerade wo doch andere Religionen in Konkurrenz mit ihm stehen und da viel einfacher sind? Ein bisschen Yoga, ein bisschen bei der Transzendentalen Meditation und ähnliches.
Andere suchen ihren inneren Frieden im Alkohol oder bei Drogen. Bei den Zelttagen in Werdau vergangener Woche hat gerade ein Mitarbeiter von der Heilsarmee berichtet, wie er damit gescheitert ist.
Oder Menschen streben nach der Innenerneuerung auf die fromme Tour – fromm, frömmer, am frömmsten – heilig – heiliger am heiligsten. Auch und gerade bei Christen gibt es das.
Oder man bemüht sich immer mehr um den Einsatz auf sozialem Gebiet, und setzt sich noch mehr für Opfer und Unterdrückte ein?
Ein Kind Gottes ist man aber nicht als Ergebnis von menschlichen Erbanlagen oder von Erziehung, Bildung, Fleiß, Karriere. Das ist das Niveau des alten Menschen. Auch das noch so christlichen Bemühen– ist und bleibt Fleisch – ist und bleibt vergänglich, hat keinen bestehenden Wert.
Jesus ist da total radikal: „Was vom Fleisch geboren ist, bleibt Fleisch.“
Aber er zeigt uns den Weg.
Der neue Mensch – er steht vor dir
Heute geht es um den von Gott erneuerten Menschen. Welches Thema eignet sich denn gerade nicht besser dazu für den heutigen Gedenktag der Konfirmation. Denn jeder Gedenktag der Konfirmation ist sogleich auch Taufgedächtnis. Und die Taufe ist gerade das äußere Symbol dieses neu werden – dieses neuen Menschen durch Jesus Christus. Doch wie geschieht das nun?
Jesus offenbart sich im Johannesevangelium als das Brot des Lebens, als Licht der Welt, als die Auferstehung und das Leben, und noch viel mehr. Da wird in ihm dieser neue Mensch Gottes in der alten und vergänglichen Welt gegenwärtig.
Er spricht vom Neugeborenwerden. Das ist keine Rede über ein frommes Selbstbewusstsein, - so etwa „Ich denke, also bin ich“ oder auf lateinisch Cogito ergo sum, wie es der Philosoph René Descartes' nach radikalen Zweifeln an der eigenen Erkenntnisfähigkeit formuliert hat.
Nein dieses Neugeborenwerden bezieht sich zuallererst und vor allem auf den gekreuzigten und auferstandenen Herrn.
Wir Menschen sind alle ohnmächtig. Kein Arzt, Politiker, Wirtschaftsführer kann die Welt wirklich ändern. Das haben wir alle nur zugut in den letzten Monaten gespürt. Doch hier steht einer, vor dem müssen die dunklen Gewalten weichen.
Jesus entzieht sich bei der Diskussion mit Schriftgelehrten mancher Scheinfrage. Aber auf ehrliche Fragen antwortet er. Auch auf Deine und meine echten Fragen heute!
Ganz höflich beginnt Nikodemus das Gespräch, wie sehr er Jesus schätzt. Eigentlich müsste doch Jesus sich geehrt fühlen.
Doch so ganz anders ist da seine harte Antwort:
»Nur, wer von neuem geboren ist, …«
Jesus macht von Anfang an klar, dass er für ein bloß lockeres Gespräch der falsche Gesprächspartner ist. Er macht klar, dass es mit ihm keine unverbindliche Begegnung gibt.
Echte Begegnungen verbinden und verändern, und besonders auch bei Jesus. Auch heute und hier – Wer in diesem Gottesdienst gekommen ist, der muss damit rechnen, dass er durch Jesus radikal verändert wird. Wer gekommen ist, um nur in ein paar alten Erinnerungen zu schwelgen, der ist heute falsch hier.
Auf die Frage: »Bin ich aus dem Geist geboren?«, gibt es für uns heute die Antwort von Jesus:
Sieh auf deine Taufe, halte dich an mein Wort. Öffne deinen Mund und iss das Brot und trinke den Wein. Ich bin da. Mit meinem Kreuzestod und meiner Auferstehungskraft kehre ich bei dir ein. Deshalb bist du aus dem Geist geboren.
Genau das ist Gedenken an die Konfirmation – nur darum sind sie heute hier.
Der neue Mensch – er erfährt Rückenwind
Nun wie geht es weiter nach diesem Neuwerden? Es ist wie beim Drachensteigenlassen. Wenn kein Wind da ist, muss man mit dem Drachen an der Schnur herumrennen, damit er ein wenig hochsteigt.
Sobald man außer Atem stehen bleibt, sinkt der Drachen wieder zu Boden. Ganz anders wird das, wenn ein Wind weht. Dann geht es ganz leicht. Man kann ihn sogar mühelos aus der Hand steigen lassen.
Der Heilige Geist ist die Kraft, die uns aufhilft. Sie lässt uns gelingen, woran wir sonst scheitern. Sie macht uns zur Liebe, zur Geduld und zum Gehorsam Gott gegenüber fähig.
Er wirkt dann in allen Situationen unseres Lebens oft auch dann, wenn wir nicht erwarten. Er treibt uns in die Richtung, die Gott gefällt. Es ist nicht unbedingt die Richtung, die wir wählen würden. Vielleicht sind sie in ihrem Leben nicht da angekommen, wo sie gern hinwollten. Vielleicht sind sie so ganz anders geführt worden? Unter Umständen ins Leiden und dabei ist es deutlich geworden, dass wir manches in unserem Leben ändern müssen.
Die Richtung; die der Geist Gottes uns führt, lässt uns von manchem Liebgewordenen Abschied nehmen. Sind wir bereit, uns denn vom Geist Gottes leiten zu lassen? Auch heute, wenn wir am Gedenktag der Konfirmation nicht nur zurückblicken, sondern auch nach vorn – in ein Morgen, wie es auch immer aussehen wird?
Jesus sagt: »Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder …« Sie sind wehrlos, offen, sich beschenken zu lassen, verwundbar, empfänglich für die Liebe, die die Eltern ihnen geben. Sie leben von der Liebe und haben nichts von sich aus. Sie lernen Liebe ohne Anstrengung, ohne Willenskraft, nur einfach als Antwort.
Wir leben im Glauben und nicht im Schauen. Doch der Geist Gottes verändert heute die Atmosphäre unter Menschen. Er setzt Menschen in Bewegung für das Evangelium einzutreten. Der Geist führt zu dem, wozu wir von uns aus nicht in der Lage sind, nämlich zu Glaube, Hoffnung, Liebe.
Im Neugeborenwerden, von dem Jesus hier spricht, geht es um das neue Sehen. Wenn ein Mensch geboren wird, dann sagen wir, er hat das Licht der Welt erblickt. Der Mensch beginnt zu sehen. So sieht der Neugeborene das Reich Gottes.
Das Neugeborenwerden ist das Gegenteil von bloßem Scheinchristentum: Taufschein, Konfirmationsschein, Trauschein, kirchliche Beerdigung. Das ist die Gefahr von Christsein bloß aus Tradition und Gewöhnung; eine Erfahrung nur aus zweiter Hand.
Wer zweimal geboren ist, stirbt nur einmal, nämlich den natürlichen Tod. Wer einmal geboren ist, stirbt zweimal, nämlich den natürlichen Tod und den ewigen Tod.
Amen
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