Gottes Verheißung - Euch ist heute der Heiland geboren!

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Gottes Verheißung - Euch ist heute der Heiland geboren!

Liebe Gemeinde,
keinen Platz zu haben. Vielleicht ist es manchen gestern Abend so in einer Kirche gegangen. Manche Politiker hatten ja gerade vor ein paar Tagen einen aberwitzigen Vorschlag gemacht. Am Heiligen Abend sollten nur die Kirchenmitglieder in Kirchen hinein gelassen werden. Da kann ich nur sagen: Gott sei Dank, dass das nicht zu verwirklichen geht.
Nun wer am Heiligen Abend keinen Platz in einer Kirche gefunden hat – und es gibt auch mittlerweile Leute, die gehen bewusst nicht am Heiligen Abend, sondern am 1. Weihnachtstag in den Gottesdienst – ja also der keinen Platz in einer Kirche fand, der kann das Weihnachtsevangelium auch heute hören. Im Evangelium hörten wir es nach der Lutherübersetzung.
Jetzt hören wir die Weihnachtsgeschichte aus Lukas 2,1-20 noch einmal nach der Neuen Genfer Übersetzung
Die Geburt Jesu
In jener Zeit erließ Kaiser Augustus den Befehl an alle Bewohner seines Weltreichs, sich ´in Steuerlisten` eintragen zu lassen.
2 Es war das erste Mal, dass solch eine Erhebung durchgeführt wurde; damals war Quirinius Gouverneur von Syrien.
3 So ging jeder in die Stadt, aus der er stammte, um sich dort eintragen zu lassen.
4 Auch Josef machte sich auf den Weg. Er gehörte zum Haus und zur Nachkommenschaft Davids und begab sich deshalb von seinem Wohnort Nazaret in Galiläa hinauf nach Betlehem in Judäa, der Stadt Davids,
5 um sich dort zusammen mit Maria, seiner Verlobten, eintragen zu lassen. Maria war schwanger.
6 Während sie nun in Betlehem waren, kam für Maria die Zeit der Entbindung.
7 Sie brachte ihr erstes Kind, einen Sohn, zur Welt, wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Futterkrippe; denn sie hatten keinen Platz in der Unterkunft bekommen.
Engel und Hirten verkünden die Geburt des Messias
8 In der Umgebung von Betlehem waren Hirten, die ´mit ihrer Herde` draußen auf dem Feld lebten. Als sie in jener Nacht bei ihren Tieren Wache hielten,
9 stand auf einmal ein Engel des Herrn vor ihnen, und die Herrlichkeit des Herrn umgab sie mit ihrem Glanz. Sie erschraken sehr,
10 aber der Engel sagte zu ihnen: »Ihr braucht euch nicht zu fürchten! Ich bringe euch eine gute Nachricht, über die im ganzen Volk große Freude sein wird.
11 Heute ist euch in der Stadt Davids ein Retter geboren worden; es ist der Messias, der Herr.
12 An folgendem Zeichen werdet ihr das Kind erkennen: Es ist in Windeln gewickelt und liegt in einer Futterkrippe.«
13 Mit einem Mal waren bei dem Engel große Scharen des himmlischen Heeres; sie priesen Gott und riefen:
14 »Ehre und Herrlichkeit Gott in der Höhe, und Frieden auf der Erde für die Menschen auf denen sein Wohlgefallen ruht.«
15 Daraufhin kehrten die Engel in den Himmel zurück. Da sagten die Hirten zueinander: »Kommt, wir gehen nach Betlehem! Wir wollen sehen, was dort geschehen ist und was der Herr uns verkünden ließ.«
16 Sie machten sich auf den Weg, so schnell sie konnten, und fanden Maria und Josef und ´bei ihnen` das Kind, das in der Futterkrippe lag.
17 Nachdem sie es gesehen hatten, erzählten sie ´überall`, was ihnen über dieses Kind gesagt worden war.
18 Und alle, mit denen die Hirten sprachen, staunten über das, was ihnen da berichtet wurde. 19 Maria aber prägte sich alle diese Dinge ein und dachte immer wieder darüber nach.
20 Die Hirten kehrten zu ihrer Herde zurück. Sie rühmten und priesen Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten; es war alles so gewesen, wie der Engel es ihnen gesagt hatte.
Liebe Gemeinde!
Fangen wir einmal bei den letzten Personen der Weihnachtsgeschichte an – den Hirten von Bethlehem – denn das ist schon ein Problem für sich in der Weihnachtsgeschichte.
Wenn wir die Weihnachtsgeschichte des Lukas richtig verstehen wollen, müssen wir eigentlich erst einmal den romantischen, sentimentalen Schleier entfernen, der in unseren Köpfen herumspukt.
Schauen wir uns die Menschen einmal genauer an.
Der Hirtenberuf war damals überhaupt nichts Romantisches. Es war total unromantisch Hirte zu sein. Sie waren die letzten von der Gesellschaft verachtet. Hirte wurde, wer sonst wirklich nichts gelernt hatte, wer nicht viel Köpfchen, dafür aber viel Muskeln hatte.
Mann könnte sie heute mit tätowierten Schlägertypen vergleichen, die in unseren Tagen gerade noch einen Job als Rausschmeißer in einem Nachtlokal bekommen.
Und dann erst Maria und Josef! Mit denen war es auch nicht viel mehr her. Immerhin lastete auf der Maria, einem bis dato unbescholtenen jungen Mädchen aus gutem Hause von vielleicht 14 bis 16 Jahren, jetzt der Makel, ein uneheliches Kind geboren zu haben.
Was das damals bedeutete, habe ich ja schon am 4. Advent dargelegt. Da half es auch nicht, dass sie besser wusste, was mit ihr geschehen war. Die Sache mit der Jungfrauengeburt glaubte ihr auch schon damals kaum ein Mensch.
Und Joseph, eigentlich bis dahin ein rechtschaffener, frommer, aufstrebender Handwerker im Baugeschäft, dem erging es nicht viel anders. Zwar erwog er, seine Braut Maria bei nächstbester Gelegenheit zu verlassen; aber da kam die deutliche Anweisung von Gott, gerade das Gegenteil zu tun – sie »heimzuholen«, nämlich durch eine etwas überstürzte Hochzeit die ganze Sache auf sich zu nehmen.
Dann kam auch noch dieser verrückte Befehl des Kaisers dazu, sich in seiner Heimatstadt in die Steuerkartei eintragen zu lassen, und zu allem Überfluss führte dann der Weg völlig unerwartet direkt weiter nach Ägypten, auf der Flucht vor dem kindermordenden Herodes. Überfüllte Herbergen und eine armselige Notunterkunft vervollständigen das Bild nur:
Die Geburt von Jesus war alles andere, nur keine Sache fürs Gefühl. Sondern harte grausame Lewbenswirklichkeit, wie wir es auch in unserem Leben erfahren. Das haben auch unsere Vorfahren lange so festgehalten, bis man dann daraus eine Hirtenidylle und aus der Erinnerung an die Erniedrigung Gottes ein familiäre Geburtstagsparty machte.
Vielleicht kommt bei manchen die Leere am Weihnachtsfest auch daher: dass wir nicht wirklich wissen, was wir da feiern.
Nun, wir wollen wir einmal die Hirten anschauen und vielleicht auch von ihnen zu lernen. Die hatten nämlich auch gerade ein Spitzenerlebnis gehabt, eine »Transzendenzerfahrung«, wie man heute sagen würde.
Die hatten da wirklich »die Engel singen hören«. Und nun sind sie auf einmal wieder weg, verschwunden.
Was nun? Weihnachtliche Leere bleibt zurück.
» Daraufhin kehrten die Engel in den Himmel zurück. Da sagten die Hirten zueinander: »Kommt, wir gehen nach Betlehem! Wir wollen sehen, was dort geschehen ist und was der Herr uns verkünden ließ.«
Wahrscheinlich hatten die Hirten das bestimmte Gefühl: Bei dieser ganzen geradezu unglaublichen Geschichte kann man nicht beim Hörensagen oder bei Vermutungen stehen bleiben! Das glaubt uns ja kein Mensch! Das müssen wir nachprüfen. Wir müssen der Sache auf den Grund gehen! Außerdem: Wenn das wirklich stimmt, dass der Retter, der Erlöser der Menschheit, auch für uns gekommen ist, dann hätte das ja Konsequenzen für uns! Der Sache mit Jesus muss man nachgehen, sagen sie sich, und sie haben recht damit. Wer Jesus nur vom Hörensagen kennt, so um vier Ecken herum, von ein paar flüchtigen Eindrücken im Religionsunterricht oder der letzten Weihnachtspredigt, wer Jesus nur so kennt und dabei auch ganz zufrieden bleiben will, der kennt ihn eigentlich überhaupt nicht. Jesus muss man selbst, muss man persönlich begegnen, sonst ist überhaupt nichts gewonnen.
Die christliche Oma und der Urgroßvater, der früher vielleicht auch die Gemeinschaftsstunde gehalten hat, in allen Ehren – aber Jesus, unser Herr, will Leute, die sich die Mühe gemacht haben, ihn persönlich kennen zu lernen. Schließlich hat er selber weder Kosten noch Mühen gescheut und sich eigens dazu in unsere Menschlichkeit hineinbegeben – ohne Rücksicht auf Verluste.
Wer Jesus nicht persönlich kennt, kennt ihn überhaupt nicht.
» Sie machten sich auf den Weg, so schnell sie konnten, und fanden Maria und Josef und ´bei ihnen` das Kind, das in der Futterkrippe lag. Nachdem sie es gesehen hatten, erzählten sie ´überall`, was ihnen über dieses Kind gesagt worden war.«
Toll nicht war – hören – sehen –weitersagen!
Ja, weihnachtlicher Stress hat schon die ersten Weihnachtsgäste der Heiligen Nacht erfasst. Das ist nichts Neues.
So schnell sie konnten oder nach Luther: »Eilend«, d. h. gestresst kamen sie nach Bethlehem hinein, nicht, weil sie ihre Schafe nicht so lang allein lassen wollten, sondern weil sie keine Zeit verlieren wollten, sich Gewissheit zu verschaffen. Bei den Hirten bleibt es nicht bei weihnachtlicher Leere nach diesem Spitzenerlebnis. Sie machen es für sich persönlich fest:
»Christ, der Retter, mein Retter, ist da!«
Die Windeln und die Futterkrippe, der Stallgeruch und die ganze Armseligkeit an diesem Wochenbett stören sie nicht.
Er ist da! Das genügt ihnen.
» Nachdem sie es gesehen hatten, erzählten sie ´überall`, was ihnen über dieses Kind gesagt worden war. Und alle, mit denen die Hirten sprachen, staunten über das, was ihnen da berichtet wurde.«
Das ist die eine Art, wie Menschen auf die Botschaft von dem Erlöser reagieren: mit Staunen und freudigem Loben. Sie haben die Botschaft der Engel zu ihrer Botschaft gemacht, die Verheißung Gottes zu einer Verheißung, die gerade ihnen gilt:
»Euch ist heute der Heiland geboren!«
»Heiland« war damals übrigens gar kein ungebräuchliches Wort. Die Kaiser und Könige jener Zeit liebten es, sich selbst den Ehrentitel »Heiland« zu geben und sich mit ihm zu schmücken, das heißt nämlich »Erretter aus Todesgefahr«. In Wirklichkeit kamen sie für die von ihnen »Erretteten« eher als die Sieger und Besatzer, als Unterdrücker und Ausbeuter.
Das war bei Jesus anders. Er zwingt niemanden unter seine Herrschaft, er setzt seinen Willen nicht mit Gewalt durch. Er wirbt um uns und unser Vertrauen. Ob die Hirten von Bethlehem das wohl geahnt oder gar schon gewusst haben? Dass Jesus auch dem »Abschaum der Menschheit« eine echte Chance einräumen würde?
Aber auch den biederen Bürgern bietet er an, ihnen ihre Schuld zu vergeben, ihnen den Rücken frei zu machen für die Zukunft. Darum lobten die Hirten Gott, und sie wussten, was sie taten.
Völlig anders reagierten jene Leute, die die Hirten mit ihrer Nachricht beglückten:
» Und alle, mit denen die Hirten sprachen, staunten über das, was ihnen da berichtet wurde..«
Flüchtige Verwunderung ist die Reaktion derer, die beim Hörensagen stehen bleiben. Wie sollte es auch anders sein?
Sensationen gibt es genug in unserer Welt, an Unglaublichem mangelte es auch damals schon nicht. Aber was kümmert es mich, ob ein Kind aus dem vierten Stock eines Hauses gefallen und unverletzt geblieben ist, wenn das Kind mich nichts angeht? Was kümmert mich die Geburt eines Erlösers, wenn ich mir persönlich davon nichts verspreche?
Die Verwunderung verfliegt, Leere bleibt zurück, weihnachtliche Leere.
Nein, liebe Gemeinde, der Weg der Hirten, der Weg zur Krippe, der Weg zu Jesus, bleibt uns nicht erspart, wenn wir vom Hörensagen zum Glauben, vom Glauben zur persönlichen Begegnung und Erfahrung und von der Erfahrung zum lobenden Bekennen weitergehen wollen.
Dann freilich können wir nicht bei dem niedlichen Kind in der Krippe stehen bleiben, sondern wir müssen in ihm zugleich den Heiland am Kreuz sehen, der für uns, für mich stirbt. Der Weg des Gottessohns aus Gottes Ewigkeit in die Krippe von Bethlehem war der erste Schritt auf dem Weg zum Kreuz. Was in Bethlehem begann, war von Anfang an auf Golgatha ausgerichtet. Darum muss eineWeihnachtspredigt im Grunde immer auch eine Karfreitagspredigt sein. An Weihnachten feiern wir das Fest der Erniedrigung von Jesus.
Noch eine dritte Reaktion auf die Weihnachtsbotschaft berichtet uns Lukas. Neben das freudige Loben der Hirten und die flüchtige Verwunderung der Hörer tritt das stille Prüfen der Maria. »Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen.«
Genauer könnten wir übersetzen: »Sie hielt diese Worte nebeneinander.«
Dabei hat sie nichts anderes getan, als die Verheißungsworte des Alten Testaments mit der jetzt geschehenen Erfüllung zu vergleichen und so zu prüfen, ob tatsächlich beides zusammen stimmte. Maria kam dadurch in die Lage, die wahre Bedeutung dieser Ereignisse zu erfassen. So hätten die Hirten in ihrer Bestürzung und Betroffenheit über den offenen Himmel kaum reagieren können. Für sie war einfach wichtig zu wissen, ob es stimmte, was der Engel ihnen gesagt hatte, dass ihr ganz persönlicher Erlöser gekommen sei. Mit dieser Gewissheit zogen sie denn auch getrost von dannen. Maria braucht mehr. Sie fragt nach dem großen Zusammenhang mit der Verheißungsgeschichte Gottes. Das konnte sie tun, weil sie darin lebte, weil ihr GottesWort nichts Fremdes war.
Wie steht es da nun heute mit uns? Kennen wir uns noch so gut in der Bibel aus, dass wir auf Anhieb sagen könnten, was im Alten Testament vom Kommen des Erlösers gesagt wird? Werden unsere Kinder, die im christlichen Glauben zu erziehen wir bei ihrer Taufe versprochen haben, noch weniger an Wissen über die Bibel und den Glauben mitbringen als wir?
Wie sollen wir, wie sollen unsere Kinder zu eigenem Glauben an Jesus kommen, wenn wir allesamt kaum etwas über ihn wissen?
Liebe Gemeinde, darauf kommt es am Christfest an: dass wir – mit den Hirten – dahin gehen, wo Jesus ist; dass wir – wie die Hirten – Gottes Botschaft an uns hören; dass wir ihr Glauben schenken; dass wir Jesus selber begegnen und dass wir zu der Überzeugung gelangen: »Christ, der Retter, mein Retter ist da!« Amen.
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