Seid wachsam!

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Seid wachsam!

Textlesung: Markus 13, 31-37
Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Von dem Tage aber und der Stunde weiß niemand, auch die Engel im Himmel nicht, auch der Sohn nicht, sondern allein der Vater. Seht euch vor, wachet! Denn ihr wisst nicht, wann die Zeit da ist. Wie bei einem Menschen, der über Land zog und verließ sein Haus und gab seinen Knechten Vollmacht, einem jeden seine Arbeit, und gebot dem Türhüter, er solle wachen: so wacht nun; denn ihr wisst nicht, wann der Herr des Hauses kommt, ob am Abend oder zu Mitternacht oder um den Hahnenschrei oder am Morgen, damit er euch nicht schlafend finde, wenn er plötzlich kommt. Was ich aber euch sage, das sage ich allen: Wachet!
31 Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte vergehen nicht; sie bleiben gültig für immer und ewig.«
32 »Doch den Tag oder die Stunde, wann das Ende da ist, kennt niemand, auch nicht die Engel im Himmel nicht einmal der Sohn. Nur der Vater kennt sie. 33 Seht zu, dass ihr wach bleibt! Denn ihr wisst nicht, wann der Zeitpunkt da ist. 34 Es ist wie bei einem Mann, der verreist. Er verlässt sein Haus und überträgt seinen Dienern die Verantwortung. Jedem weist er seine Aufgabe zu, und dem Türhüter befiehlt er, wachsam zu sein. 35 So sollt auch ihr wach bleiben, weil ihr nicht wisst, wann der Hausherr kommen wird: am Abend, um Mitternacht, beim ersten Hahnenschrei oder wenn die Sonne aufgeht. 36 Wenn er kommt, soll er euch nicht im Schlaf überraschen! 37 Was ich euch vier Jüngern hier sage, das gilt für alle: Bleibt wach!«
31 Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte sind für alle Zeiten gültig und vergehen nie.»
32 «Niemand weiß, wann das Ende kommen wird; weder die Engel im Himmel noch der Sohn Gottes. Die genaue Stunde kennt nur der Vater. 33 Darum werdet nicht nachlässig und bleibt wach! Denn ihr wisst nicht, wann es so weit ist. 34 Es ist genau wie bei einem Mann, der auf Reisen geht. Bevor er sein Haus verlässt, weist er jedem Angestellten eine bestimmte Arbeit zu und befiehlt dem Pförtner, wachsam zu sein. 35 Genauso sollt auch ihr wach bleiben. Ihr wisst ja nicht, wann der Herr kommen wird, ob am Abend oder um Mitternacht, im Morgengrauen oder nach Sonnenaufgang. 36 Deshalb sollt ihr zu jeder Stunde auf seine Ankunft vorbereitet sein und nicht etwa schlafen. 37 Was ich euch sage, gilt auch für alle anderen Menschen: Ihr müsst immer wach und bereit sein!»
Liebe Gemeinde!
Viele, vielleicht die meisten von ihnen waren in den letzten Tagen auf dem Friedhof. Sie haben die Gräber für den Winter vorbereitet und geschmückt. Manche von ihnen gehen nach dem Gottesdienst oder am Nachmittag erst dorthin, andere kommen wohl schon von daher. Sie wollten früh gehen, heute, um nicht so vielen Menschen zu begegnen. Für sie ist alles noch so unbegreiflich und so schwer. Gern sind sie noch mit ihrem Schmerz allein, am liebsten an seinem, an ihrem Grab. Dort fühlen sie sich dem geliebten Toten am nächsten. Vielleicht sind ihre Gedanken auch jetzt in dieser Stunde dort. Ja, vielleicht können sie gar nicht hier sein, am Totensonntag des Jahres, in dem sie Abschied nehmen mussten?
Abschied braucht seine Zeit, er braucht Tränen, Trauer, vielleicht schwarze Kleider. Das Gefühl der Ohnmacht, der Schuld vielleicht, der Verlassenheit kommt immer wieder auf und auch die Angst, die jedes Sterben auslöst. Viele Fragen lassen uns nicht zur Ruhe kommen. Die Nächte sind oft schlaflos und manchmal voller belastender Träume.
Der Hut des Verstorbenen hängt noch an der Garderobe und sagt es immer wieder, wenn unser Blick darauf fällt: Er kommt nicht mehr. Ihre Uhr liegt noch auf dem Schreibtisch, als wäre auch die Zeit damals stehengeblieben, wie ihr Herz. Dort drüben in der Ecke wollte sie immer den Weihnachtsbaum aufgestellt haben. Jetzt hängt darüber ihr Bild, groß, im schwarzen Rahmen. Das Haus ist düsterer geworden seitdem, leer und verlassen. Es ist dunkel, nicht nur bei Nacht. –
Viele kennen das. Viele mussten ihn erfahren, den Schmerz nach einem schweren Verlust. Er gehört zu unserem Leben, unvermeidlich.
Liebe Gemeinde, ich muss da jetzt an Jesu Jünger denken, damals am Karfreitag, als sie von dem liebsten Menschen Abschied nehmen mussten, den sie hatten. Waren ihre Gefühle nicht ganz ähnlich? Eine verlassene Schar, ohne den Menschen, der ihnen Halt, Sinn und Aufgaben schenkte. Und ihre Fragen? Genau wie unsere: Was soll jetzt werden ohne ihn? Kann die Sache, für die wir gearbeitet haben, ja, kann unser Leben überhaupt noch weitergehen? Und dann: wie?
Ich kann mir die Trauer dieser Männer vorstellen, ihre grauen Gedanken, ihre Tränen. Auch bei den Freunden Jesu war es für eine ganze Zeit nicht entschieden, ob sie sich der Verzweiflung hingeben würden oder ob es doch noch einen Weg für sie geben könnte. Ihnen half damals der Gestorbene selbst. Er erschien ihnen, denn er war ja auferstanden. Der Tod war gar kein Schlussstrich unter sein Leben gewesen. Und darum unter ihres auch nicht! Er sagte ihnen, dass sie um ihn nicht zu bangen brauchen und dass sie nichts zu fürchten und nichts zu ändern hätten an ihrem Leben, ihrer Arbeit und ihrem Weg. Und sie verstanden ihn: Wir sollen die Aufträge und Aufgaben, die er uns gab, wieder aufnehmen, jetzt erst recht!
Und da sind wir jetzt bei dem Bild, das der Predigttext für heute malt: Es ist wie bei einem Mann, der außer Landes reiste, sein Haus verließ und seinen Knechten Vollmacht gab, jedem seine Arbeit... Das ist zuerst eine sehr schlimme Erfahrung, allein zu sein, sich selbst überlassen, ohne den, den man liebte. So erging es den Jüngern nach dem Tod des Herrn. So ging es vielen von uns, im letzten Jahr oder in den Jahren davor. Es fehlt auf einmal die Mitte, der Mensch, für den man immer da war, der Sinn und die Freude... Trotzdem: Die Jünger durften es erleben: es geht! Sie erkannten: Wir sind gar nicht so verlassen, wie wir dachten. Und je mehr sie sich darauf einließen, desto klarer wurde ihnen: Der, um den wir trauern, ist ja noch bei uns! Alles, was er war, wie er dachte und liebte und zu uns stand, ist ja noch gegenwärtig in unserer Erinnerung! Das macht uns Mut. Das kann uns helfen. Das gibt uns die Kraft, die nötigen Schritte zu tun.
So haben sich die Jünger damals für das Leben entschieden. Mit allen Fasern ihres Herzens wollten sie die Zeit nutzen, die ihnen noch geschenkt war, das zu tun, was der Herr sie geheißen hatte, in seinem Sinne zu arbeiten und zu wirken und zu lieben.
Liebe Gemeinde, das können auch wir. Jeder, der im Sinne des verstorbenen Menschen, den er geliebt hat, weiterlebt und arbeitet, wird es spüren: Das hilft! Das gibt Kraft. Das trocknet die Tränen und schenkt eine neue Erfahrung von Sinn, und eine neue Mitte wird unser Leben auch bekommen.
Die Menschen aus der Schar, die Jesus in Trauer zurückließ, haben "jeder ihre Arbeit" gefunden. Sie erwiesen sich nun gegenseitig die Freundlichkeit, die sie von ihrem Herrn gelernt hatten. Sie gaben einander die Liebe, die sie ihm nicht mehr geben konnten. Und sie gewannen damit noch viele Menschen hinzu. So merkten sie: Wir sind ja gar nicht allein. Wir sind stark durch ihn. Die Kraft dazu kam dabei aus der Erinnerung, die sie an den Herrn hatten. Seine Worte, seine Gleichnisse, seine Verheißungen, all seine Taten. Das war ja noch gegenwärtig. Das half ihnen zum Leben. Es war wie bei einem Hausherrn, der außer Landes gegangen war: Er selbst war zwar nicht mehr da, aber jede seiner Anweisungen war ihnen noch im Ohr, von ihm hatten sie jeder seine Aufgabe, sein Geist bestimmte noch, was im Hause geschah und zu geschehen hatte. Und sie durften sich sogar freuen: Der Herr des Hauses wollte ja wiederkommen. Die Zeit war zwar unbestimmt, aber er würde zurückkehren, darauf war Verlass! Er selbst hatte es versprochen. Ihm konnte man glauben.
Und für uns ist es genau so! Auch für uns ist es nicht das letzte Wort, dass wir verlassen sind, in einem einsamen Haus. Es ist nur vorübergehend. Wir werden einmal dem Herrn des Hauses begegnen. Und wir werden die wiedersehen, die schon vorausgegangen sind. Es wird nicht immer so dunkel bleiben, wie es jetzt ist. Und auch die, von denen wir Abschied nehmen mussten, sind uns in der Erinnerung nah. Sie sind uns nicht mehr erreichbar, aber wir können jetzt für andere da sein. Und es gibt ja so viele, die unsere Zuwendung brauchen, in der Familie, in der Nachbarschaft, in unserer Gemeinde...
Wenn wir die Zeit, die wir haben, nun einem einsamen Menschen in unserer Straße schenken, ihn besuchen, eine Weile bei ihm bleiben, ihm zuhören und mit ihm sprechen... Hätte das nicht auch der Mensch gewollt, den wir so vermissen?
Und wenn wir jetzt da mithelfen, wo eine Hand fehlt oder Beine, die einmal eine Besorgung machen, einen Gang, eine Hilfe für den, der sich ganz in unserer Nähe nicht mehr selbst helfen kann? Ob uns das nicht auch unser Verstorbener aufgetragen hätte?
Oder wenn wir uns jetzt einfach um mehr Freundlichkeit, mehr Mitgefühl, besseres Hinhören auf die oft unausgesprochenen Bitten unsere Mitmenschen mühen würden? Unser Herz so traurig wir auch noch sind ist jetzt doch auch wieder frei, sich um andere zu kümmern, denen Liebe zu schenken, an die sonst keiner in Liebe denkt. Und die gibt es so viel auch in unserer Gemeinde. Und ob nicht auch das ganz im Sinne der Frau, des Mannes wäre, deren Tod wir beklagen?
Am nächsten Sonntag beginnt des Advents und Weihnachtszeit. Vielleicht denken sie ja: Dann wird es gerade besonders schwer! An den Feiertagen wird mir mein Verlust gewiss am schmerzlichsten bewusstwerden. Es muss aber nicht so sein!
Vielleicht lassen sie sich heute ja einladen, die Tränen zu trocknen und für andere Gutes zu tun mit der Kraft und mit den Möglichkeiten, die sie haben. Sie können den Menschen, die sie oder ihre Hilfe brauchen, erweisen, was sie ihrem Toten gern erwiesen hätten. Sie werden sich wundern über den Trost, der daraus erwächst.
Lassen sie uns so bereit werden für die Ankunft des Herrn, jetzt in der kommenden Adventszeit und einmal am Ende aller Tage. Lassen sie uns wachen und tätig warten auf sein Kommen.
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