Den anderen mit den Augen Gottes sehen

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„Den anderen mit den Augen Gottes sehen!“

Ihr Lieben,
in diesem Jahr möchte ich einige Predigten zu dem Thema „So wird ihr Christsein ansteckend“ halten.
Ich gebe dabei gern zu, dass dabei die Grundlage der Predigten ein Buch des amerikanischen Pastors Bill Hybels von der Willow-Creek-Gemeinde in Chicago ist. Es heißt „Bekehre nicht – lebe“. Hier in diesem Buch steht vieles, was auch mir am Herzen liegt.
Heute wollen wir einmal über das Thema „Den anderen mit den Augen Gottes sehen!“ nachdenken.
Die ersten Fragen an uns: Wie ansteckend ist unser Christsein heute wirklich? Wann haben wir das letzte Mal mit einem Nichtchristen über unseren Glauben gesprochen?
Vielleicht sind wir gar nicht so sicher, wie man das richtig tut?
Doch wir spüren, wenn wir darüber nachdenken, dass es nichts Lohnenderes gibt, als einen Mitmenschen für die Liebe Gottes und Wahrheit empfänglich zu machen.
Klar ist, dass niemand Christ wird, wenn man ihm die Bibel auf den Kopf schlägt. Doch wie werden wir dazu bereit, in richtiger Weise Zeugnis zu geben? Vielleicht ist es gut, wenn wir uns einmal aus unserer Welt heraus in Gottes Perspektive setzen.
Dazu zwei Illustrationen:
Überraschende Entdeckung
Der Kosmologe Brandon Carter hat 1973 das so genannte anthropische Prinzip eingeführt, welches folgendermaßen lautet „Wenn wir die Welt um uns her betrachten, dann können wir, zumindest unseren Eindrücken zu folge, dass das Weltall darauf ausgelegt ist, die Idealbedingungen für menschliches Leben zu stellen.
Egal ob man etwas davon hält oder nicht, das anthropische Prinzip macht uns deutlich, dass es da einen Plan hinter dem Universum geben muss, egal ob man dabei als Wissenschaftler religiös oder areligiös ist. Natürlich versuchen die Skeptiker dazu eine andere Erklärung zu finden. Hier die Fakten:
−Eine Beschleunigung oder Verlangsamung der Ausdehnungsgeschwindigkeit des Universums um ein Millionstel hätte ausgereicht, um die Entstehung des Lebens zu verhindern.
−Wenn die durchschnittliche Entfernung zwischen den Sternen größer wäre, als sie ist, dann wären Planeten wie die Erde nicht entstanden; wäre sie kleiner, als sie ist, dann existierten die Umlaufbahnen nicht, die eine notwendige Bedingung für die Entstehung des Lebens darstellen.
−Wenn das Verhältnis von Kohlenstoff zu Sauerstoff auch nur geringfügig anders wäre, als es ist, dann gäbe es jetzt keine Menschen, die die Luft atmen können.
−Wäre die Erdachse geringfügig in die eine Richtung verschoben, dann würden wir erfrieren. Wäre sie in die andere Richtung verschoben, würden wir gebraten.
−Angenommen, die Entfernung der Erde zur Sonne wäre geringfügig größer oder kleiner; angenommen, die Erde wäre geringfügig größer oder kleiner; angenommen, die Erde würde sich etwas langsamer oder schneller drehen: Schon eine einzige dieser Veränderungen würde ausreichen, um alles menschliche Leben auszulöschen.
Daher lässt sich aus dem anthropischen Prinzip folgender Schluss ziehen: Irgendjemand muss sich »große Mühe« gegeben haben, um sämtliche Bedingungen zu gewährleisten, die zu unserer Existenz notwendig sind. Kurz gesagt, weist die moderne Wissenschaft auf die Tatsache hin, dass wir Gott wirklich sehr am Herzen liegen müssen!
Ein Grundsatz aus dem Geschäftsleben
Nun gehen wir von der Naturwissenschaft zur Betriebswirtschaft über. Wussten Sie, dass gerade auf diesem Gebiet ein radikales Umdenken stattgefunden hat, von dem wir auch als Christen etwas Wichtiges lernen können?
Da heißt es jetzt:
Wenn Betriebe langfristig erfolgreich sein wollen, dann müssen sie aufhören, um die eigene Achse zu kreisen, und anfangen, ihre Energie auf ihre einzige Existenzberechtigung zu verlagern, nämlich auf den Dienst am Kunden.
Bevor wir diesen Leuten hier vorwerfen, einen Riesenwirbel um eine banale Selbstverständlichkeit zu machen, wollen wir ihnen lieber bescheinigen, dass ihr Ratschlag dringend nötigt, ist.
Wie oft ärgern Sie sich, wenn es mit der Bedienung nicht funktioniert, sei es an der Tankstelle, im Restaurant, in der Bank, in der Bäckerei oder im Kaufhaus? Überall haben Betriebe, egal, ob sie groß oder klein sind, eine natürliche Neigung, nur sich selbst zu sehen. Und wir bei der Kirche sind auch nicht besser.
Nun kommen die Experten mit einem Vorschlag, der ebenso schlicht wie fundiert ist: Höchste Zeit, die Betriebspyramide auf den Kopf zu stellen, das Augenmerk auf den Mann an der Spitze zu richten und das ist der Kunde, nicht der Chef. Wir müssen kundenorientierter werden.
Da fällt doch nicht schwer, eine Parallele zwischen den Problemen und Lösungen der Geschäftswelt und denen innerhalb unserer christlichen Gemeinde zu sehen. Da dreht sich doch vieles um unsere eigenen Themen und Fragen und um unsere persönliche Problematik innerhalb unserer Gemeinden, so dass wir den Hauptzweck unseres Daseins hier auf diesem Planeten vergessen, nämlich das Erreichen der »Leute auf der Straße«.
Auch wir als Christen müssen uns neu auf das Ziel ausrichten, welches uns Gott gegeben hat, nämlich auf Menschen, die geistlich gesehen auf verlorenem Posten stehen.
Die Naturwissenschaft lehrt uns, dass Menschen vor Gott wichtig sind. Die Welt der Unternehmen lehrt uns, dass die Menschen uns genauso wichtig sein sollten. Erst wenn wir Menschen, die abseits von unseren christlichen Kreisen stehen, mit Wertschätzung betrachten, werden wir echte Erfüllung erleben und dem Auftrag, den Gott uns gibt, gerecht werden.
Doch sind wir mal ehrlich: Es ist schwer, das Ziel im Auge zu behalten. Wir neigen dazu, in unserer Wertschätzung Menschen gegenüber, die noch weit weg von Gott sind, nachzulassen. Wir vergessen viel zu leicht, wie wichtig gerade sie für Gott sind.
Dagegen sind wir doch viel zu schnell geneigt, andere wegen ihres Verhaltens oder ihres Lebens abzuurteilen. Weil die so anders sind, will ich mit denen nichts zu tun haben. Da haben wir doch alle eine Schwäche dafür, uns vorzustellen, für wen Gott etwas übrighat und für wen nicht. Und ganz schnell gibt es eine Liste derer, die unserer Meinung nach Gott wichtig sein sollte. Ja und das ist doch eine kleine Gruppe von ausgewählten Menschen, die unserer Meinung nach Gott lieben. Und da ist kein Kirchendistanzierter.
Wenn wir so denken, da haben wir uns auf ganz unmerkliche Art der Hoffnung beraubt, andere mit der Botschaft von der Gnade Gottes zu erreichen.
Ein uraltes Problem
Doch dieses Denken ist nicht neu. Auch in der Bibel finden wir solche Einstellungen. Das war auch ein zentraler Punkt der Lehren Jesu gegen dieses Denken zu wirken. Jesus versuchte immer wieder, seine Nachfolger zu motivieren, die religiös Distanzierten mit anderen Augen zu sehen.
Einmal, als Jesus in einer dicht besiedelten Gegend lehrte, war er von einer großen Menge unfrommer Leute umringt. Es waren die moralisch Kaputten der Stadt. Leute, für die Gott unmöglich etwas übrighaben konnte.
Und dann standen da am Rand des Geschehens einige religiöse Führungspersönlichkeiten, die kopfschüttelnd und mit gedämpfter Stimme miteinander diskutierten. Sie fanden es höchst bedenklich, dass da Jesus, der ja angeblich, der Sohn Gottes sein, mit ... na, sagen wir's, wie's ist: mit solchen Typen Gemeinschaft pflegte.
Jesus wusste genau, was sie dachten. Darum fing er an, mit fester und eindringlicher Stimme eine Reihe von Geschichten zu erzählen, die es in sich hatten.
Verloren und gefunden
»Da gab es einmal einen Mann, der hundert Schafe hatte«, sagte er. »Und als er mit seinen Schafen auf der Weide war, kam es einem seiner Schafe in den Sinn, zu verschwinden. Da ließ dieser die übrigen neunundneunzig Schafe zurück und machte sich auf die Suche nach dem einen, das sich verirrt hatte. Und er hörte nicht auf zu suchen, bis er es endlich fand. Behutsam hob er das Schaf auf, legte es über seine Schultern und trug es zur Herde zurück. Dann rief er ein paar seiner Freunde zusammen, und sagte: >Kommt, wir feiern ein Fest. Ich habe mein verirrtes Schaf gefunden<!«
Die zweite Geschichte, die Jesus erzählte: »Dann war da eine Frau, die zehn Münzen hatte. Eine kam ihr abhanden. Da zündete sie eine Lampe an, fegte im ganzen Haus, sah unter allen Möbeln nach und suchte unermüdlich, bis sie die Münze endlich fand. Und als sie sie gefunden hatte, war sie so überglücklich, dass sie ihre Freundinnen zu einem Freudenfest einlud.«
Und nun die dritte Geschichte: »Und dann gab es auch einen Mann, der zwei Söhne hatte, und der Jüngere fing an, große Töne zu spucken. Er wollte die Welt erobern. Deshalb überredete er seinen Vater, ihm sein Erbe vorzeitig auszuhändigen, und er machte er sich auf den Weg in ein fernes Land. Dort fand er viele Freunde und machte Party. Bald merkte er, dass die Leute, mit denen er sich angefreundet hatte, sich schnell dünn machten, als das Geld alle war.
Nun er musste dann Schweine hüten, kam zur Besinnung und machte sich auf den Heimweg um dort bei seinem Vater als Knecht zu arbeiten.
Sein Vater, hielt voller Sehnsucht nach seinem Sohn Ausschau, und nun sah er ihn. Er lief ihn entgegen, fiel um den Hals, schoss ihn in seine Arme.
Der Junge sagte: >Ich habe einen Fehler gemacht und bin es nicht wert, dein Sohn zu sein ...< Doch der Vater unterbrach ihn: >Komm, sag nicht so etwas! Ich bin froh, dass du endlich wieder zu Hause bist!< Er freute sich und ließ ein großes Fest vorbereiten. Er rief seinen Knechten zu: >Ladet alle ein, schlachtet das Mastkalb und holt frische Kleidung. Mein Sohn, der verloren war, ist wieder da!< Und sie feierten ein unvergessliches Fest!«
Gemeinsame Aussagen
Diese Geschichten aus dem 15. Kapitel des Lukasevangeliums haben mehrere Punkte gemeinsam.
in jeder Geschichte etwas Kostbares fehlte, etwas von großem Wert. Das verirrte Schaf war für den Schäfer sehr wichtig; es stellte einen bedeutenden Teil seines Lebensunterhalts dar. Die Frau, die ihre Münze verloren hatte, war auf diese Münze angewiesen.
Wie viel der verlorene Sohn seinem Vater bedeutete, versteht sich eigentlich von selbst.
Einige fingen an zu begreifen, auf was Jesus hinauswollte. Es ging ihnen endlich ein Licht auf.
Einige dachten nun: Ist es da möglich? Wir schauen verächtlich auf diese unfrommen Leute herab, von denen wir meinen, Gott habe nichts für sie übrig. Und Jesus zeigt uns nun, dass diese Leute in den Augen des himmlischen Vaters kostbar sind! Gott liebt sie.
Die Liebe, ist so groß, dass sie über die Sünden hinwegsehen kann, um den verirrten Menschen wertzuschätzen. Sie ist so stark, dass sie geduldig Jahre der Auflehnung, der egoistischen Vergnügungssucht, der Jagd nach Geld und Erfolg überdauern kann. Die Liebe Gottes sagt »Wenn du meilenweit vom Weg abgekommen bist, du bist mir wichtig! Mir liegt an dir!«
Der Mühe wert
Nun sagt ihr: ich sehe ja ein: Menschen sind Gott wichtig. Aber wie wichtig eigentlich?«
Diese Frage führt uns zu dem zweiten gemeinsamen Element in den drei Geschichten, die Jesus erzählte: Das, was fehlte, war wichtig genug, um eine große Suchaktion zu rechtfertigen. Das Schaf verirrte sich, und der Schäfer suchte unermüdlich, bis er es gefunden hatte. Die Münze kam abhanden, und die Frau durchkämmte das ganze Haus, bis sie das Geldstück entdeckt hatte. In der Geschichte des verlorenen Sohnes übte der Vater Zurückhaltung, weil er den Freiheitsanspruch des Sohnes respektierte und weil ihm daran lag, dass der Sohn aus Erfahrung klug wurde. Doch er hörte nicht auf, Ausschau nach ihm zu halten und den Tag herbeizusehnen, an dem der Sohn heimkehrte. Wenn man etwas verliert, was einem viel bedeutet, dann will man verständlicherweise nichts unversucht lassen, um es zu finden.
Wir haben einen Auftrag
Tief in jedem echten Christen steckt das Bewusstsein, dass unsere Existenz auf diesem Planeten einen höheren Zweck hat als eine Karriere aufzubauen, die Rechnungen zu bezahlen, unsere Familien zu lieben und unsere Rolle als ehrenhafte Bürger zu erfüllen. Selbst der Gang zum Gottesdienst, so wichtig dieser auch sein mag, hinterlässt manchmal das Gefühl, dass irgendetwas fehlt. Schließlich können wir Gott eine ganze Ewigkeit lang im Himmel loben; dafür müssen wir nicht unbedingt auf dieser Erde sein.
Was ist es denn nun, das so vielen Gläubigen zur inneren Erfüllung fehlt? Was um alles in der Welt erwartet Gott von uns, das wir tun sollen?
Gott möchte, dass wir ansteckende Christen werden seine Botschafter, die seine Liebe aufnehmen und sie auf ansteckende Weise jedem weitergeben, der bereit ist, sich auf sie einzulassen. Das ist Gottes Wille, den Jesus so überzeugend veranschaulichte. Es geht darum, Gottes Gnade und Wahrheit von Mensch zu Mensch weiterzugeben, bis die ganze Welt von der »Epidemie der veränderten Herzen« erfasst ist.
Und wie können Sie sich persönlich an diesem begeisternden Vorhaben beteiligen? Genau darüber wollen wir in einigen Predigten in diesem Jahr nachdenken, wie wir die lebensverändernde Botschaft Gottes wirkungsvoll weitergeben können.
Dabei drängt sich die Frage auf: »Und was habe ich davon?«
Nun darüber wollen wir in einer späteren Predigt nachdenken, nur so viel: Wenn wir den Glauben an andere weitergeben, gibt es niemanden, der Verlust macht. Es lohnt sich.
Amen.
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