Meine Zeit steht in deinen Händen (2)

Sermon  •  Submitted
0 ratings
· 3 views
Notes
Transcript

Meine Zeit steht in deinen Händen

Liebe Gemeinde,
ich habe ihnen gestern schon angekündigt, dass ich ihnen heute ein Stück aus dem Buch von Hape Kerkeling „Ich bin mal weg“ vorlesen will. Und mit diesem Stück will ich in die Predigt einsteigen.
Hape Kerkeling kommt auf seinem Pilgerweg nach Carrion del los Condes in das ehemalige Benediktinerkloster Real Monasterio San Zoilo. Dort wandelt er im Kreuzgang und hat dabei Gedanken, die mich faszinieren:
Später gehe ich etwas benebelt auf die andere Seite des Kreuzganges und setze mich wieder auf eine Bank. Diesmal in die Sonne. Ich blicke auf die Säule vor mir. Dort ist ein Neugeborenes in den Stein gehauen. Sterben, um neu geboren zu werden, kommt mir natürlich sofort in den Sinn. Durch die Nacht auf den Morgen zugehen. Die wesentlichen Merkmale des Lebens sind Geburt und Tod. Sie wechseln sich unentwegt ab und machen das eigentliche Leben aus.
Aufstehen - Schlafengehen, Arbeitsbeginn - Arbeitsschluss, Ausbildungsbeginn - Rentenbeginn. Alles beginnt und hört wieder auf, obwohl es immer Jetzt ist und eigentlich alles in einem einzigen gigantischen Moment passiert.
Vom Kreuzgang begebe ich mich in die Kathedrale. Dort bin ich allein und beobachte, wie eine Taube auf den Altar zufliegt. Direkt darüber hängt das riesige Kruzifix und zum ersten Mal nehme ich bewusst wahr, dass der Gekreuzigte eindeutig in eine Richtung schaut. Von uns ausgesehen. schaut Jesus Christus auf den meisten Darstellungen nach links. Nach Westen. Dem Sonnenuntergang, der Nacht dem Tod entgegen.
Aber aus seiner Sicht schaut er nach rechts, nach Osten. Dem Sonnenaufgang entgegen. Das, was uns wie ein düsteres Ende erscheint, ist für ihn in Wahrheit der strahlende Anfang. Und ganz zweifelsfrei kann nur seine Wahrnehmung als die richtige angesehen werden. Unsere ist die falsche Sichtweise. Vollends zu begreifen ist das für einen Menschen sicher nicht.
Ich muss ehrlich, wenn ich auf diesem Pilgerweg währe und hätte diese Erkenntnis, dann hätte der Weg sich schon für mich gelohnt.
Schon der Apostel Paulus schreibt, dass unser Wissen und unsere Erkenntnis Stückwerk ist. Wir können nicht alles erfassen. Und so ist es auch mit unserem eigenen Leben und Erleben. Wir machen dabei schnell die Entdeckung, dass unser Leben Veränderung heißt, ständig strömt auf uns neues ein Gutes und Schlechtes. Manchmal hat man das Gefühl, man kommt unter die Räder der Zeit, wir werden überrollt mit all dem, was auf uns einströmt.
Dann ist es schlimm, wenn wir keinen Halt, keinen Fixpunkt im Leben haben, an dem wir uns orientieren können. Der Predigttext des Letzten Tages im Jahr aus Hebräer 13,8-9b zeigt uns den Halt für unser Leben auf:
Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit. 9 Lasst euch nicht durch mancherlei und fremde Lehren umtreiben, denn es ist ein köstlich Ding, dass das Herz fest werde, welches geschieht durch Gnade.
Die Internet-Suchmaschine Yahoo hat einmal eine Umfrage gemacht: „Was ist euer Halt im Leben?“
Da gab es doch recht unterschiedliche Antworten:
Spiritualität, Yoga, Esoterik, meine Katze und Gott natürlich
Meine Familie, meine Kinder, die Menschen um mich herum
Me, myself an I
Nur, was ich anfassen kann
Der Spaß am Leben
Nichts, ich habe keinen Halt im Leben
Jesus, der Einzige, der immer bleibt.
Es sind unterschiedliche Antworten, die wir hier hören.
Was hättet ihr auf diese Frage geantwortet?
Und schon hören wir sie, die Warnung des Hebräerbriefes:
„Lasst euch nicht durch mancherlei und fremde Lehren umtreiben ...“
Welch große und schillernde Palette der Lebenshilfe-Angebote? Wie schnell kommt am da ins Trudeln, und wo schwimmen wir mit, auch als Christen?
Da müssen wir doch erst einmal Stop sagen – Nein, wenn wir uns den verschiedensten Trends und Strömungen hingeben, finde wir keinen Halt.
Darum stellt sich auch heute am Ende des Jahres uns neu die Frage: Was gibt uns Halt? Die Menschen um uns herum? Gerade in unsicheren Zeiten haben wir hohe Erwartungen an Menschen, die Familie, die Freunde usw. Aber wie oft wurden wir auch schon enttäuscht. Menschen können versagen, können fallen, werden auch eines Tages gehen. Keiner bleibt ewig bei mir.
Also Menschen können uns den Halt nicht geben.
Was kann uns dann Halt geben, wenn wir nun in das neue Jahr hinübergehen, das da vor uns liegt wie ein unbeschriebenes Blatt.
Der Schreiber des Hebräerbriefes schreibt dazu: „es ist ein köstlich Ding, dass das Herz fest werde, welches geschieht durch Gnade.“ – also ein durch Gnade festgemachtes Herz.
Aber was ist das und wie bekommt man das? Ist das eine Haltung, die durch nichts sich erschüttern lässt?
Doch wie ist es dann, wenn sich in meinem Leben die Probleme häufen. In der Ehe, in der Familie, mit der Gesundheit oder am Arbeitsplatz. Wenn man vielleicht nachts nicht mehr schlafen kann und das Herz beginnt zu rasen – wie trainiert man dann das feste Herz, dass einen die Krise nicht aus der Bahn wirft.
Manchmal hört man Leute sagen: „du must Haltung bewahren“. Doch was ist, wenn ich nicht mehr kann? Da stelle ich fest, wenn es hart auf hart kommt, da kann ich mich nicht auf mich selbst verlassen.
Ja, was ist, wenn einem nun auch noch alles innerlich ins Schwimmen in den Fluss gerät, wie die Zeit im Bild des Gottesdienstflyers. Wenn man nicht mehr weiß, wo rechts und links ist? Wo einem so viel Verführerisches umschwärmt? Wenn man vom Trendgeist der Zeit angesteckt wird?
Da hört man doch: „Kopf hoch, du hast doch deine Prinzipien, halte dich an sie!“ Aber wenn ich da nun nicht mehr durchblicke. Ich spüre, wenn es hart auf hart kommt, auf meine Prinzipien kann ich mich nicht verlassen.
Ein Glück, dass der Hebräerbrief nicht in diese Apelle einstimmt. Er weiß, wir können von uns aus das Herz nicht fest machen. Darum spricht er nicht vom festen Herz, sondern vom Herz, dass festgemacht wird durch Jesus Christus.
Ich und du, wir dürfen ihn um ein festes Herz bitten. Und er will es uns aus seiner Gnade heraus schenken.
Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit.
Genau das ist die Botschaft des heutigen Silvestertages: In allen Stromschnellen des Lebens findest du nur an einem Punkt Halt bei Jesus Christus. Mach dich an ihm fest.
Der Liederdichter Albert Frey schreibt: Er ist das Zentrum der Geschichte, er ist der Anker in der Zeit. Er ist der Ursprung allen Lebens und unser Ziel in Ewigkeit, und unser Ziel in Ewigkeit.
So wollen wir uns nun auf Jesus Christus konzentrieren:
Jesus Christus gestern: Gott hat seinen Sohn hinein gesandt in diese unstete Welt. Seine wunderbare Ewigkeit kam in diese kaputte Zeit und brachte Heilung:
Einsamen Hirten wurden mit großer Freude überwältigt, Todkranke fanden Heilung, Tote fanden zum Leben, verunsicherte Jünger fanden eine Lebensperspektive Verzweifelte neue Hoffnung und Schuldige Vergebung.
Wenn wir nun auf das vergangene Jahr zurückschauen, dann sehen wir vieles, was wir erlebt haben, manches, wo wir an anderen schuldig geworden sind, wo wir versagt haben, vieles worüber wir dankbar sein können, die guten und die schlechten Erfahrungen. Alles das können wir heute vor Jesus Christus bringen, und am Schluss können wir für alles dankbar sein. Wir können so Mut für das Morgen finden für das neue Jahr.
Jesus Christus, so wie er gestern war, ist auch heute derselbe.
Auch heute, wenn wir uns in unserer Kirche versammeln. Er hat jeden von uns im Blick. Er weiß was uns heute bewegt. Er will zu uns kommen und uns für das Morgen Mut machen. Er will das wir heute mit ihm beginnen und uns wieder ganz neu bewusst an ihm festmachen.
Er ist eben nicht nur der Weltenheiland, der durch die Zeit der Geschichte geht, sondern er ist unser Heiland heute
Und
Jesus Christus auch in Ewigkeit. Er, der aus der Ewigkeit kam, und bleibt der Ewige, der Treue, der Unwandelbare. Viele Menschen auch wir selbst enttäuschen. Doch er Jesus Christus bleibt der Treue.
Amen
Related Media
See more
Related Sermons
See more