Wächter sein gegen die Feinde der Stadt des Glaubens

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Wächter sein gegen die Feinde der Stadt des Glaubens

Jesaja 62,6-7.11-12
Zurück zu den Ursprüngen – Frage an uns: Möchten wir das wirklich? Immer und zu aller Zeit – manchmal wäre es gut, wenn wir es könnten, oder auch täten, andere Mal sind wir froh, dass wir das nicht brauchen.
Heute feiern w und gedenken wir der Reformation Martin Luther – und sagen damit auch zurück zu den Ursprüngen. Und um von vornherein klarzumachen, hier in Sachen Glauben müssen wir es tun - immer und immer wieder. Wir müssen uns zurückbesinnen:
- was hat Jesus gesagt?
- was hat Jesus getan?
- wie sah die erste Gemeinde aus
- wie haben die Christen damals ihren Glauben gelebt
- ist das, was in Apostelgeschichte 2 über die Gemeinde gesagt wird, auch heute noch die Basis unserer Gemeinde
- oder müssen wir uns heute reformieren, zurückbewegen und besinnen auf das damals gesagte:
Die nun sein Wort annahmen, ließen sich taufen; und an diesem Tage wurden hinzugefügt etwa dreitausend Menschen. 42 Sie blieben aber beständig in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und im Gebet.
Leben wir als Gemeinde heute hier in Fraureuth so?
Oder leben wir anders und müssen uns darauf zurückbesinnen?
Nun hören wir Worte aus dem Buch des Propheten Jesaja im 62. Kapitel. Es sind Worte, die an das Volk Israel, als das Volk Gottes, gerichtet sind. Und dieses Volk lebte, weil es Gott ungehorsam war, in der Verbannung in Babylon.
Jesaja schreibt:
O Jerusalem, ich habe Wächter über deine Mauern bestellt, die den ganzen Tag und die ganze Nacht nicht mehr schweigen sollen. Die ihr den HERRN erinnern sollt, ohne euch Ruhe zu gönnen, lasst ihm keine Ruhe, bis er Jerusalem wieder aufrichte und es setze zum Lobpreis auf Erden! Gehet ein, gehet ein durch die Tore! Bereitet dem Volk den Weg! Machet Bahn, machet Bahn, räumt die Steine hinweg! Richtet ein Zeichen auf für die Völker! Siehe, der HERR lässt es hören bis an die Enden der Erde: Saget der Tochter Zion: Siehe, dein Heil kommt! Siehe, was er gewann, ist bei ihm, und was er sich erwarb, geht vor ihm her! Man wird sie nennen »Heiliges Volk«, »Erlöste des HERRN«, und dich wird man nennen »Gesuchte« und »Nicht mehr verlassene Stadt«.
Liebe Gemeinde!
Ein seltsamer Text zum Gedenken der Reformation!
Auf den ersten Blick finden wir keinen eigentlich keinen richtigen Bezug dazu, kein Hinweis auf Jesus Christus, kein Hinweis auf Gnade.
Und dann eine bildhafte Sprache, die wir kaum verstehen.
Wo ist da der Gedanke an "Reformation"?
Wo ist hier Luthers Entdeckung, dass der gerechte Gott auch ein gnädiger Gott ist?
Wo ist das Evangelium von der geschenkten Gnade an den Sünder um Jesu Christi willen?
Doch schauen wir uns den Text noch einmal genauer an und lesen die ersten beiden Verse nach einmal:
O Jerusalem, ich habe Wächter über deine Mauern bestellt, die den ganzen Tag und die ganze Nacht nicht mehr schweigen sollen. Die ihr den HERRN erinnern sollt, ohne euch Ruhe zu gönnen, lasst ihm keine Ruhe, bis er Jerusalem wieder aufrichte und es setze zum Lobpreis auf Erden!
Ist da doch nicht ein Bezug auf die Reformation im ersten Satz dies Textes: O Jerusalem, ich habe Wächter über deine Mauern bestellt, die den ganzen Tag und die ganze Nacht nicht mehr schweigen sollen.
Da begegnet uns das Wort: „Wächter“.
Martin Luther, war er nicht so ein Wächter.
In einer sicher anderen Zeit hat er die Menschen vor dem Einbruch der Feinde in die Stadt des christlichen Glaubens gewarnt. Der "Ablasshandel" war damals dieser sich so breitmachende Feind.
Dieser Feind kam so daher: "Ey Leute, wenn ihr nur Geld bezahlt, wenn ihr einen Ablassbrief kauft, dann könnt ihr alle Schuld und Sündenstrafen loswerden. Selbst von noch nicht begangenen Sünden könnt ihr euch vorher loskaufen. Und deinen Vater oder eure Großmutter, die in der Hölle sitzen, könnt ihr auch mit Geld befreien!"
Da schlug der "Wächter" Martin Luther mit seinen 95 Thesen Alarm. Er schreibt:
"Schuld und Sünde werden wir nur durch wahre Buße los. Gott verlangt keine Geldzahlung, sondern ein reuiges Herz. Er ist gnädig. Der gekreuzigte Christus ist unser Lösegeld. Auf ihn sollen wir vertrauen!"
Und ich muss sagen: Wächter sein ist ein harter Job, der viel Ausdauer, Kraft und Geduld braucht. Am Lebenswerk Luthers sehen wir es.
Sicher war das damals Anfang des 16. Jahrhunderts eine andere Zeit.
Doch ist es nicht so, solche Wächter für die Stadt des Glaubens werden zu allen Zeiten gebraucht. Ich meine sogar, heute mehr denn je! Gerade die Mauern um unseren Evangelischen Glauben herum werden von allen Seiten berannt, überhaupt die des Christseins. Und manche der Feinde sitzen schon längst innerhalb der Stadtmauern und tun dort völlig ungehindert ihr zerstörerisches Werk.
Bevor ich ein paar dieser Feinde nenne, noch eine Ortsbestimmung für diese "Stadt des Glaubens":
Ich meine damit nicht die Thüringer Landeskirche, zu der wir gehören! Auch nicht die Gemeinde, die es hier in Fraureuth gibt. Wobei ich aber weiß, dass die Ortsgemeinde der Kern christlicher Gemeinschaft ist.
Selbst wenn die ganze Kirche unterginge und die Gemeinde sich hier auflöste, könnte ja der Glaube der Christen noch bestehen. Wenn allerdings der Glaube selbst erst verloren geht, dann ist alles verloren, der Halt im Leben und im Sterben, die Zukunft, die Hoffnung - und dann auch die Kirche und die Gemeinde.
Nein, ich meine diese Stadt, auf deren Mauern Luther zuerst gewacht hat und über deren Toren geschrieben steht: "Wir sind vor Gott gerecht und erlöst allein aus Glauben, allein durch Jesus Christus, allein weil Gott gnädig ist und uns liebt."
„Allein aus Gnaden seid ihr gerettet.“
Und genau vor diesem Tor und innerhalb dieser Mauern stehen die Feinde. Hier sind ein drei Namen und Beschreibungen der feindlichen Mächte unserer Tage:
Da ist zuerst die Gleichgültigkeit. Wen interessiert der Glaube eigentlich noch? Dabei rede ich jetzt nicht von den Nichtchristen, sondern von denen, die sich Christen nennen, von denen die sagen, ich gehöre zu der und der Kirche, ich gehöre zu der und der Gemeinde.
Aber bei vielen war es das auch schon – sie tauchen bestenfalls zu Weihnachten und bei Taufe, Konfirmation, Hochzeit und Beerdigung auf.
Im wahren Christsein ist ein gelebter, sichtbarer, hörbarer und darum glaubhafter Glauben an Jesus Christus gefragt.
Nicht bloß der Namens-"Christ" und der Eintrag evangelisch in der Steuerkarte sind gefragt.
Ich kann zwar auch Mitglied im Sport- und Gesangverein sein und brauche nie hinzugehen.
Doch hier bei uns muss es anders sein, wer den Namen „Christ“ trägt, für dessen Leben muss das auch Konsequenzen haben.
Für die Gemeinde heißt das, dass jeder Christ ist auch ein Mitarbeiter ist.
Ein anderer Feind ist die Trägheit.
Sich aufmachen in den Gottesdienst, besonders um 8.30 Uhr, in die Gemeinschaftsstunde, in die Bibelgesprächskreis und in den Hauskreis zu gehen, fällt manchen unserer Mitchristen schwer.
Sich in Bewegung setzten ist oft schwer. Es ist, als ob uns da der innere Schweinehund festhält. So ähnlich wie bei der Stromwerbung im Fernsehen.
Ein weiterer Feind der Stadt des Glaubens ist die Undankbarkeit. Wie viele von uns Menschen versprechen, dies und das zu tun, nachdem sie Gott aus einer schlimmen Zeit geführt oder vor Schaden und Unfall wunderbar bewahrt hat. Was ist schon allein hier in Fraureuth noch davon übriggeblieben und erfüllt worden?
Wie viele Menschen tun lange Jahre einen auf-reibenden Pflegedienst an ihren Eltern, ohne je ein Dankeschön zu hören?
Wie viele Kinder, und auch schon lange erwachsene Kinder, kämen niemals auf die Idee - nicht einmal am Muttertag - ihrer Mutter auch einmal dafür zu danken, dass sie ihr Zimmer in Ordnung hält, ihnen kocht, die Wäsche wäscht und bügelt.
Und wie sehr sind unsere anderen Beziehungen von Kritik, Nörgelei, Beschwerde und Vorwurf bestimmt - und wie wenig vom Dank!?
Wie viele Mitarbeiter machen schon seit vielen Jahren treu ihren Dienst in der Gemeinde und haben noch nie ein Dankeschön gehört, geschweige denn dass sie gelobt wurden?
Auf solche Herzen jedenfalls trifft dann die Botschaft von Gott geschenkter Gnade, von seiner Liebe, die keine Leistungen will und nicht verdient werden muss. Wen wundert es da, dass Menschen, die nicht mehr danken wollen und oft nicht mehr können, dann ohne zu verstehen auf das Kreuz Jesu schauen und nicht mehr begreifen, was das mit ihnen zu tun haben soll?
Noch viele weitere Feinde der Stadt des Glaubens gibt es. Doch beginnen wir damit, als Wächter dieser Stadt, nur aufmerksamer als bisher nach diesen drei Ausschau zu halten: Der Gleichgültigkeit, der Trägheit, der Undankbarkeit!
Schauen wir nicht nur dorthin, wo wir die Zeichen dieser Feinde bei anderen entdecken! Sondern beginnen wir selbst bei uns. Wir selbst werden und sind auch schon angegriffen von ihnen. Es wäre schon gut, wenn wir hier diesen Wächterdienst aufnehmen.
Dass wir laut und vernehmlich ins Horn blasen, wenn wir dieser Feinde ansichtig werden.
Dass wir denen, die doch Christen heißen, an deren Leben allerdings niemand noch den kleinsten Hinweis darauf ablesen kann, das einfach einmal sagen: "Du willst doch ein Christ sein, woran merkt man das bei dir eigentlich noch?"
Dass wir denen, die mit ihrer ewigen Lustlosigkeit, ihrem Aufschieben immer wieder und ihrer beharrlichen Trägheit dafür sorgen, dass nach und nach alles Gute und Wichtige im Gemeindeleben dahinkränkelt und schließlich stirbt, einmal klar machen, wie das mit ihnen zu tun hat.
Und dass wir schließlich denen, die nicht danken können, einmal sagen: "Freust du dich eigentlich an dem, was ich täglich für dich tue?" Stören wir uns einmal nicht an dem verständnislosen Blick, den wir erst erhalten. Vielleicht kommt da ein Nachdenken in Gang, ein Besinnen, ein erster Gedanke in die richtige Richtung... Und natürlich wird gerade hier unser gutes Vorbild auch viel ausrichten können: Wenn auch wir selbst mehr als bisher die vielen Gründe zum Danken wahrnehmen und diesen Dank wirklich aussprechen.
Liebe Gemeinde, wenn wir uns heute dazu bereit erklären würden, Wächter gegen diese drei Feinde der Stadt des Glaubens zu sein: Gleichgültigkeit, Trägheit, Undankbarkeit... Dann hätte uns dieser alte Text eine wichtige Hilfe dazu gegeben, was "Reformation" heute bedeutet: Allem entschieden entgegenzutreten, was uns von dieser Wahrheit abbringen oder sie uns verdunkeln will: "Wir sind vor Gott gerecht und erlöst allein aus Glauben, allein durch Jesus Christus, allein weil Gott gnädig ist und uns liebt."
Lassen Sie uns mit dem Blick auf diese Ursprünge unseres Glaubens, die ganz allein in Jesus Christus liegen, nach vorn schreiten und von den Worten des Propheten Jesaja ermutigen lassen:
„Gehet ein, gehet ein durch die Tore! Bereitet dem Volk den Weg! Machet Bahn, machet Bahn, räumt die Steine hinweg! Richtet ein Zeichen auf für die Völker!“
Lasst uns so in Fröhlichkeit und Gewissheit unseren Glauben leben.
Amen.
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