Röm 15,1-7: Ausharren in der Gemeinschaft

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Damit wir durch das Ausharren und den Trost der Schriften Hoffnung fassen

Römer 15,4–6 (SLT)
Denn alles, was zuvor geschrieben worden ist, wurde zu unserer Belehrung zuvor geschrieben, damit wir durch das Ausharren und den Trost der Schriften Hoffnung fassen. Der Gott des Ausharrens und des Trostes aber gebe euch, untereinander eines Sinnes zu sein, Christus Jesus gemäß, damit ihr einmütig, mit einem Mund den Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus lobt.
Das ist eine Schlüsselstelle zum Thema Ausharren. Interessanterweise geht es im Zusammenhang Röm (14,1 - 15,7) nicht um Ausharren allgemein sondern speziell um Ausharren im Kontext von Meinungsverschiedenheiten, gegenseitigem Richten, gegenseitigem Ertragen bzw. Tragen, Vermeidung von Anstoß und gegenseitiger Erbauung. Offenbar ist das ein Thema, wo es Ausharren braucht. Und ich denke wir können das gut nachvollziehen, denn selbst wenn wir gerade nicht unter Schicksalsschlägen, Krankheit, Verfolgung usw. leiden, so gibt es doch ständig das Thema zwischenmenschliche Beziehungen, das mitunter an die Substanz gehen kann.
Also eines sollte klar sein: Ausharren ist etwas, was alle benötigen - nicht nur die “vom Schicksal” Geschlagenen.
Lesen wir den Kontext: Röm 15,1-7
Warum zitiert Paulus in diesem Zusammenhang in V. 3 Ps 69,10?
Römer 15,3 (SLT)
Denn auch Christus hatte nicht an sich selbst Gefallen, sondern wie geschrieben steht: »Die Schmähungen derer, die dich schmähen, sind auf mich gefallen«.
Was hat das mit dem Thema zu tun? Warum zitiert Paulus nicht ein AT Beispiel, wo jemand Selbstverleugnung übt, um seinen Brüdern zu gefallen? Paulus wählt einen Vers aus dem messianischen Leidenspsalm 69, wo es darum geht, dass Christus nicht sich selbst, sondern dem Vater gefallen will, und die Schmähungen gegen Gott selbst ertragen muss. Was ist der Zusammenhang?
Christus hatte vom Vater eine Mission, nämlich Juden und Heiden zu erlösen, sein Leben als Lösegeld für viele zu geben. Diese Mission brachte viel Leid und Schmach mit sich. Der Gesandte blieb seiner Sendung und dem Vater, der ihn gesandt hatte, treu. Er verleugnete sich selbst, harrte in Leiden und Anfechtungen aus. Zu diesen Anfechtungen gehörte auch die Verachtung durch die eigene Familie (Ps 69,9) und der Verrat durch einen seiner engsten Vertrauten. Petrus versteht Ps 69,26 in Apg 1,20 als Gericht über den Verräter. Jesus harrte in der Anfeindung durch Freund und Feind aus und wurde so zum Prototyp des Überwinders. Dies sieht man auch am Wendepunkt von Psalm 69:
Psalm 69,30–34 (SLT)
Ich aber bin elend und voller Schmerzen; deine Rettung, o Gott, berge mich in der Höhe! Ich will den Namen Gottes loben mit einem Lied und ihn erheben mit Dank. Das wird dem Herrn angenehmer sein als ein Stier, als ein Jungstier, der Hörner und gespaltene Hufe hat. Wenn das die Elenden sehen, werden sie sich freuen. Ihr, die ihr Gott sucht, euer Herz soll aufleben! Denn der Herr hört auf die Armen und verachtet seine Gefangenen nicht.
Dieser Abschnitt zeigt, wie der Beter vom Klagen und Flehen zum Lobpreis durchbricht. In prophetischer Weise und als Vorläufer Christi hat David in seinem Elend zu Gott geschrieen und wurde erhört, so dass die Elenden es sehen und sich freuen. Durch diesen Psalm - und durch viele andere Psalmen und Schriften - können wir durch das Ausharren und den Trost der Schriften Hoffnung fassen.
Paulus lenkt also beim Ertragen der Geschwister unseren Blick auf unsere Identifikation mit dem Herrn. Wir wollen den Geschwistern gefallen und sie wo nötig ertragen, nicht um Menschen zu gefallen und ihren Beifall zu ernten, sondern um Gott zu gefallen. Unsere Liebe zu den Geschwistern stammt letztlich von der Liebe zu Gott. Wer Gott nicht liebt, kann die Geschwister nicht lieben und wer die Geschwister nicht liebt, liebt Gott nicht (1Joh 5,1).
Römer 14,17–19 (SLT)
Denn das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen Geist; wer darin Christus dient, der ist Gott wohlgefällig und auch von den Menschen geschätzt. So lasst uns nun nach dem streben, was zum Frieden und zur gegenseitigen Erbauung dient.
Die Treue zum Herrn und zu seinem Auftrag beinhaltet auch das Ertragen von Meinungsverschiedenheiten mit Geschwistern und den richtigen Umgang damit.
Im ursprünglichen Zusammenhang ging es wohl besonders um die Auseinandersetzungen zwischen Juden und Heiden in der römischen Gemeinde. Neben den Auseinandersetzungen zwischen Judenchristen und Heidenchristen in Bezug auf Fleisch essen, Wein trinken und Festtage einhalten, kann ich mir gut vorstellen, dass die Heidenchristen manchmal geschmäht wurden wegen ihrer Identifikation mit ihren jüdischen, “schwachen” Geschwistern. Statt es sich einfach zu machen und ihrer eigenen Kultur und Lebensweise zu folgen, nahmen sie Rücksicht auf die jüdischen Geschwister, um ihnen keinen Anstoß zu geben. Das war einerseits eine Einschränkung für sie, andererseits zogen sie dadurch gewiss auch Unverständnis und zum Teil Verachtung (Schmähungen) von Seiten ihrer Familie und Bekannten auf sich.
Unmittelbar vor dem von Paulus zitierten Vers lesen wir in Psalm 69:
Psalm 69,9 (SLT)
Entfremdet bin ich meinen Brüdern und ein Fremder geworden den Söhnen meiner Mutter.
Wir lesen von der Entfremdung des Beters von seinen Brüdern (Ps 69,9). Auch das gehört mitunter zu den Leiden, die ein Jünger Jesu zu ertragen hat. Manchmal stößt man bei Geschwistern auf Unverständnis oder gar Ablehnung, selbst wenn man sich bemüht, ihnen entgegen zu kommen. Paulus z.B. wurde von gesetzestreuen Juden (aber wohl auch von Judenchristen) geschmäht, weil er vehement dagegen war, dass sich Heidenchristen (aus den falschen Motiven) beschneiden lassen. Er kam ihnen sogar soweit entgegen, dass er Timotheus beschneiden ließ, um keinen unnötigen Anstoß zu erregen. Aber wenn es um den Weg der Errettung ging, um das Evangelium, kannte er keine Kompromisse. Das brachte ihm Schmähungen ein, die er um Christi willen ertrug.
Auch wir brauchen Ausharren, um das Ziel des Friedens und der Einheit mit den Geschwistern zu erreichen - und das, ohne die Wahrheit des Evangeliums zu kompromittieren.
Das großartige Ziel sollte uns im Ausharren motivieren: damit wir einmütig, mit einem Mund den Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus loben. (V. 6)
1. Korinther 10,16–17 (SLT)
Der Kelch des Segens, den wir segnen, ist er nicht die Gemeinschaft des Blutes des Christus? Das Brot, das wir brechen, ist es nicht die Gemeinschaft des Leibes des Christus? Denn es ist ein Brot, so sind wir, die vielen, ein Leib; denn wir alle haben Teil an dem einen Brot.
Durch den neuen Bund im Blut Christi sind wir mit dem Leib zu einer Einheit verbunden - sowohl mit Christus als auch mit den anderen Gliedern des Leibes. Wenn wir die Einheit mit Geschwistern zerstören und auch wenn wir uns nicht bemühen, sie wiederherzustellen, haben wir den Zweck der Gemeinde nicht verstanden. Wir arbeiten dann nicht mit Gott an seinem Ziel sondern dagegegen. Und wenn wir darüber nachdenken, wollen wir das bestimmt nicht.

Andere NT Texte zu diesem Thema

Galater 6,1–3 (SLT)
Brüder, wenn auch ein Mensch von einer Übertretung übereilt würde, so helft ihr, die ihr geistlich seid, einem solchen im Geist der Sanftmut wieder zurecht; und gib dabei acht auf dich selbst, daß du nicht auch versucht wirst! Einer trage des anderen Lasten, und so sollt ihr das Gesetz des Christus erfüllen! Denn wenn jemand meint, etwas zu sein, da er doch nichts ist, so betrügt er sich selbst.
Kolosser 3,12–15 (SLT)
So zieht nun an als Gottes Auserwählte, Heilige und Geliebte herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, Langmut; ertragt einander und vergebt einander, wenn einer gegen den anderen zu klagen hat; gleichwie Christus euch vergeben hat, so auch ihr. Über dies alles aber zieht die Liebe an, die das Band der Vollkommenheit ist. Und der Friede Gottes regiere in euren Herzen; zu diesem seid ihr ja auch berufen in einem Leib; und seid dankbar!

Die Rolle des Wortes und des Gebets

Römer 15,4–5 (SLT)
Denn alles, was zuvor geschrieben worden ist, wurde zu unserer Belehrung zuvor geschrieben, damit wir durch das Ausharren und den Trost der Schriften Hoffnung fassen. Der Gott des Ausharrens und des Trostes aber gebe euch, untereinander eines Sinnes zu sein, Christus Jesus gemäß,
Der Gott des Ausharrens und des Trostes - bzw. der Ermahnung, der Ermutigung, der Ermunterung, des Zuspruchs, des Beistands (gr. paraklesis) - ist der Autor der Schriften. Er redet und wirkt durch sie Ausharren und Zuspruch, man könnte sagen, er wirkt durch den Zuspruch der Schriften in uns das Ausharren. Der Zuspruch ist die Wirkung auf uns, das Ausharren die Wirkung in uns.
Weil es eben das Wirken Gottes ist, betet Paulus um das Ausharren in der Einheit als Ergebnis des Zuspruchs, der durch das Wort Gottes kommt.
Das Wort Gottes und das Gebet sind die Mittel, die Gott uns an die Hand gegeben hat, um zu überwinden, um auszuharren bis zum Ende.

Fragen zur Anwendung

Glaubst du, dass du in der Gemeinde ausharren wirst, wenn du nicht fest dazu entschlossen bist? Viele sind schon weggegangen.
Siehst du Reibereien mit Geschwistern und den Umgang mit Geschwistern, deren Art, Kultur, Benehmen dir nicht gefallen, oder die dich kritisieren, als Chance, dich im Ausharren zu bewähren und im Glauben zu wachsen?
Hast du überhaupt ein Auge für die Schwächen der Geschwister und siehst sie als Chance, deine Christus-Ähnlichkeit zu entwickeln, indem du ihre Lasten trägst? Sei es, weil sie körperlich schwach sind, intellektuell schwach, in bestimmten Lebensbereichen unerfahren, emotional schwach oder geistlich unreif. Es gibt viele Gelegenheiten, die Lasten der anderen zu tragen. Und genau dazu sind wir berufen. Es ist kein notwendiges Übel, das es - wann immer möglich - zu vermeiden gilt, sondern es ist Teil unserer Ausbildung und Umgestaltung. Es ist eine Möglichkeit, an den Leiden des Christus teilzuhaben und ihm auf diese Weise besonders nahe zu sein.
Ist es für dich ein motivierendes Ziel, dass wir alle einmütig, mit einem Mund den Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus loben? Gebrauche deine Phantasie! Versuch, es dir vorzustellen - eine Anbetung Gottes, die durch nichts getrübt wird, was zwischen uns, seinen Kindern, steht. Es ist ein Vorgeschmack des Himmels. Und es wird zu Gebetserhörung führen.
Nutzt du die richtigen Waffen im täglichen Kampf des Ausharrens?
das Wort Gottes: “Alles, was zuvor geschrieben worden ist, wurde zu unserer Belehrung zuvor geschrieben, damit wir durch das Ausharren und den Trost der Schriften Hoffnung fassen.“
das Gebet: “Der Gott des Ausharrens und des Trostes aber gebe euch, ...”
Lasst uns da anfangen: mit Gebet und Danksagung auf Basis der Wahrheiten, die uns im Wortes Gottes geoffenbart wurden. So bekommen wir Kraft zum Ausharren, so empfangen wir Ermutigung, so schöpfen wir Hoffnung.
Römer 15,5 (NGÜ)
Denn von Gott kommt alle Ermutigung und alle Kraft, um durchzuhalten. Er helfe euch, Jesus Christus zum Maßstab für euren Umgang miteinander zu nehmen und euch vom gemeinsamen Ziel bestimmen zu lassen.
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