Predigt (unbenannt) (3)

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Transcript

Vor ungefähr drei Jahren machte ich für drei Monate einen missionarischen Einsatz in Bangladesch. Dafür bekam ich Kulturtraining. Man erklärte mir, wie ich mich in dieser mir fremden Kultur verhalten soll. Wie man sich kleidet. Wie man isst. Wie man sich begrüsst und wie man sich verabschiedet. Man erklärte mir alle Verhaltensregeln. So ist z.B. die linke Hand die Hand, die prinzipiell unrein ist. Mit links macht man also alle unreinen Dinge – wie seinen Toilettengang. Mit rechts isst man, legt man das Geld in den Opferstock,… Als weiteres Beispiel ist Essen, also viel Essen eine Liebessprache in Bangladesch. Indem man viel isst, zeigt man, dass man seine Gastgebet gerne hat.
So wie ich für meinen Einsatz in Bangladesch Verhaltensregeln lernen muss, so bringt uns auch Paulus Verhaltensregeln und Verhaltensweisen für unseren Umgang in der Gemeinde bei. Sozusagen Kulturtraining für die Gemeinde. Und damit auch Training für unser Leben am Montag, Dienstag,…
Folgende Verhaltensweisen fordert Paulus für die Gemeindekultur in Epheser Kapitel 4 ab Vers 1:
1 So ermahne ich euch nun, ich, der Gefangene in dem Herrn, dass ihr der Berufung würdig lebt, mit der ihr berufen seid, 2 in aller Demut und Sanftmut, in Geduld. Ertragt einer den andern in Liebe 3 und seid darauf bedacht, zu wahren die Einigkeit im Geist durch das Band des Friedens (Eph 4,1-3)
Die Verhaltensregeln haben bei Paulus ein klares Ziel im Auge: Die Einheit der Gemeinde. Paulus träumt. Träumt von einer Gemeinde, in der Einheit herrscht. Frieden regiert. Der Frieden Gottes, der alles übersteigt. Der Traum von Gemeinden, die ihre Einheit so sehr schützen, wie ihren Augapfel. Die sich bemühen, sich anstrengen die Einheit zu bewahren. Und zu erhalten.
Paulus sagt also: Das Ideal ist schon da. Schon vorhanden. Die Einheit, die Gottes Geist bewirkt, ist schon mitten uns. Wir müssen dieses Ideal also nicht selbst kreieren oder produzieren. Wir müssen die Einheit nicht aus unserer eigenen Kraft herstellen. Wir müssen die Einheit nicht aus unserer eigenen Anstrengung hervorbringen. Sondern unsere Aufgabe ist bewahren. Erhalten. Für diese Erhaltung sollen wir uns aber eifrig einsetzen. Alles daran setzen. Uns bemühen.
Gott handelt also zuerst, bevor wir handeln. Gott schafft zuerst die Einheit durch seinen Geist und erst dann sind wir im Zug. Auch im gesamten Epheserbrief finden wir diese Struktur. Gott handelt zuerst. Und erst dann sind wir gefordert. Unserem Handeln ist Gottes Handeln vorausgesetzt. In den ersten drei Kapiteln des Epheserbriefes beschreibt Paulus das, was Gott für uns getan hat. Sie handeln von der Geschichte des Evangeliums. Von Gottes Handeln. Und nun im vierten Kapitel des Epheserbriefes geht es um unser Handeln. Nun sind wir am Zug. Nun spricht Paulus uns an. Er sagt nun uns, was wir tun sollen. Was unsere Reaktion auf Gottes Handeln sein soll. Und er beantwortet die riesige Frage, wie wir als Nachfolger und Nachfolgerinnen von Jesus leben sollen. Die Ermahnung wirkt in diesem Zusammenhang weniger harsch. Sondern eher ermutigend. Aufmunternd. Motivierend. Wegweisend.
Wie sollen wir als Christen und Christinnen leben? Wir sollen wir uns als Jesusnachfolger und Jesusnachfolgerinnen in der Gemeinde verhalten?
dass ihr der Berufung würdig lebt, mit der ihr berufen seid, 2 in aller Demut und Sanftmut, in Geduld
Paulus ermuntert uns ein Leben zu führen, dass unserer Berufung als Gottes Familie, als seiner Gemeinde würdig ist. Angemessen. Angebracht. Würdig leben. Würdiger Lebenswandel. Ein Verhalten, dass die Einheit in der Gemeinde fördert. Ein Verhalten, das die Einheit erhält und bewahrt.
Dieser Lebenswandel spezifiziert Paulus mit drei Wörtern, in all denen das deutsche Wort „Mut“ stecken. Dieser würdige Lebenswandel umfasst also dreimal Mut: Demut, Sanftmut, Langmut. Mut ist „die Kraft des Wollens“ oder die „Bereitschaft des Empfindens“. Es ist also kein Gefühl, das einfach kommt und wieder geht. Sondern eine Entscheidung. Eine Lebenshaltung, die wir bewusst einnehmen. Eine Frage unseres Willens. Wollen wir demütig, sanftmütig und langmütig sein? Demut, Sanftmut und Langmut fordern und erfordern unsere Bereitschaft.
Jesus sagt über sich selbst in Mt 11,29: …lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig… Jesus ist unser Demuts- und Sanftmuts-Vorbild. An Jesus können wir also lernen, was es heisst demütig und sanftmütig zu sein.
…so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.
Und Jesus knüpft eine Verheissung an seine vorherige Aussage. Sanftmut und Demut führt dazu, dass wir Ruhe finden für unsere Seele. Sanftmut und Demut führt zu Frieden. Sie sind Friedens-Förderer. Und damit kommen wir wieder zurück zu unserem Text aus dem Epheserbrief. Wo Paulus uns auffordert demütig, sanftmütig und langmütig zu sein, um die Einheit zu bewahren. Um den Frieden in der Gemeinde zu erhalten.
Demut – eine Lebenshaltung des Dienens
Demut. Demut ist eine Lebenshaltung des Dienens. Man dient freiwillig und nicht aufgrund von Unterdrückung oder Zwang. Es ist der Mut zum Dienen. Demut meint selbstgewählt die Einstellung eines Dieners oder einer Dienerin zu haben.
Demut bedeutet aber nicht, dass man sich selbst schlecht redet. Sich selbst runtermacht. Seine Begabungen herunterspielt. Sondern, dass man eine realistische Haltung zu sich selbst hat. Ein Demütiger weiss um seine Begabungen. Er spielt aber seine Begabungen auch nicht gegen andere Begabungen aus. Erhöht sich nicht über andere.
Vor einigen Wochen nahm ich Teil an einem Wochenende für Verliebte und Verlobte. An einem Abend organisierten die Leiter und Leiterinnen für uns ein Candle-Light-Dinner. Ihnen war dieses Wochenende und tragfähige Beziehungen so wichtig, dass sie unermüdlich über vier Stunden den Paaren Gang nach Gang servierten. Den besten Service boten. Sie selbst hatten fast keine Zeit zum Essen. Assen schnell im Stehen in der Küche. Mich berührte es an diesem Abend so sehr, wie sehr die Leiter und Leiterinnen uns Teilnehmenden dienten. Wie demütig sie waren.
Jesus wusch seinen Freunden die Füsse. Diente ihnen, indem er als Gottes Sohn, die Aufgabe eines Dieners oder eines Sklaven übernahm.
Mutter Teresa definierte Demut folgendermassen: „Demut ist der Verzicht auf Überlegenheit“. Meine Leiterinnen und Leiter verzichteten auf ihre Überlegenheit. Auf ihren höheren Status als Leiter. Stattdessen dienten sie uns. Arbeiteten ehrenamtlich dafür, dass wir gute Gespräche mit unseren Partnern führen konnten. Jesus erniedrigte sich. Übernahm Aufgaben, die die untersten der Gesellschaft sonst machten. Wenn, dann hätten seine Jünger ihm die Füsse waschen müssen. Doch Gottes Sohn wäscht seinen Jüngern, seinen Lehrlingen die Füsse. Jesus verzichtete auf seine Überlegenheit.
Und Jesus verzichtete so sehr auf seine Überlegenheit, dass er als Gottes Sohn Mensch wurde. Für uns geschlagen. Für uns bespuckt. Für uns ausgepeitscht wurde. Er erniedrigte sich so sehr, dass er für uns am Kreuz starb!
Dies können wir in einem anderen Brief von Paulus lesen. Im zweiten Kapitel des Philipperbriefes ab Vers 6:
6 Er, der Gott in allem gleich war und auf einer Stufe mit ihm stand, nutzte seine Macht nicht zu seinem eigenen Vorteil aus. 7 Im Gegenteil: Er verzichtete auf alle seine Vorrechte und stellte sich auf dieselbe Stufe wie ein Diener. Er wurde einer von uns – ein Mensch wie andere Menschen. 8 Aber er erniedrigte sich noch mehr: Im Gehorsam gegenüber Gott nahm er sogar den Tod auf sich; er starb am Kreuz wie ein Verbrecher. (Phil 2,6-11, HFA)
(Putzlappen hoch heben) Mit einem Putzlappen kann man schauen, dass die Dinge lange halten. Nicht verstauben und somit länger ganz und funktionsfähig sind. Darum ist Putzen auch house-keeping 😊. Also Haus-Erhaltung. Haus-Unterhaltung. Dieser Putzlappen ist ein Symbol für Demut. Und Demut erhält unsere Gemeinden. Erhält die Einheit und damit den Frieden in unserer Gemeinde. Demut ist also ein Friedens-Förderer.
Sanftmut
Sanftmut. Sanftmut beschreibt ein sanftes Gemüt. Eine ruhige, friedliche und ausgeglichene Wesensart mit wohlwollender Gesinnung.[1]Einfühlsam. Verständnisvoll. Selbstbeherrscht.
Das Gegenteil von Sanftmut wäre Zorn. Zorn führt zu Streit und zu Unfrieden. Sanftmut hingegen führt zu Frieden. Sanftmut heisst aber nicht, dass ich zu allem Ja und Amen sagen. Sondern, dass man Dinge barmherzig und friedvoll anspricht und ausspricht.
Und auch in der Sanftmut ist Jesus uns ein Beispiel und Vorbild. So können wir im 1.Petrusbrief lesen:
Auch Christus hat ja für euch gelitten und hat euch damit ein Beispiel hinterlassen. Tretet in seine Fußstapfen und folgt ihm auf dem Weg, den er euch vorangegangen ist 22 er, der keine Sünde beging und über dessen Lippen nie ein unwahres Wort kam; 23 er, der nicht mit Beschimpfungen reagierte, als er beschimpft wurde, und nicht mit Vergeltung drohte, als er leiden musste, sondern seine Sache dem übergab, der ein gerechter Richter ist; (1.Pet 2, 21-23)
Petrus fordert uns auf in die Sanftmut-Fussstapfen von Jesus zu treten. Auf Beschimpfung freundlich und ruhig zu reagieren. Nicht mit Rache zu drohen. Nicht selbst für sein eigenes Recht sorgen. Sondern Gott Richter sein zu lassen.
Zur Sanftmut eine Geschichte von Rabbi Hillel. Ein Rabbi war ein jüdischer Lehrer, der sich in den 5 Büchern Moses gut auskannte und diese erklärte.
Zwei Männer hatten miteinander gewettet, wer geht und den Hillel in Zorn bringt, der erhält vierhundert Sus. Einer sagte: Ich will ihn ärgerlich machen. Er ging zu Hillels Haus. Dieser war gerade beim Haarewaschen. Der Mann ging hin an die Tür und fragte: Ist Hillel zu Hause? Ist Hillel zu Hause? Dieser hüllte sich in seinen Mantel und ging ihm entgegen. Mein Sohn, redete er ihn an, was ist dein Begehr? Ich habe, antwortete er, eine Frage an dich. Trage sie vor, mein Sohn! versetzte Hillel. Der Mann sprach: Warum sind die Köpfe der Babylonier rund? Da hast du eine grosse Frage gestellt, mein Sohn! gab Hillel zur Antwort, weil sie keine geschickten Hebammen haben.
Der Mann kam aber nochmals. Rief wieder Hillel aus seinem Haus heraus und stellte wieder eine Frage. Dann kommt er wieder und stellt wieder eine Frage. Die Geschichte endet damit, dass der Fragende folgendes sagt: Ich hätte noch viele Fragen, fuhr der Mann fort, allein ich fürchte mich, ich könnte dich zum Zorn reizen. Alle Fragen, versetzte Hillel, die du noch hast, möchte ich hören. Darauf sagte der Fremde: Bist du denn Hillel, den man den Fürsten von Israel nennt? Jawohl! sprach Hillel. So möge es deinesgleichen nicht viele in Israel geben. Warum nicht, mein Sohn? Weil ich durch dich vierhundert Sus verloren habe. Sei behutsam, sagte Hillel zu ihm, Hillel ist wohl wert, dass du durch ihn vierhundert Sus und noch einmal so viel verlierest, er ist nicht böse zu machen.[2]
Hillel, ein Gelehrter, der sich sehr gut im Alten Testament auskannte, konnte nicht zornig gemacht werden. Selbst die nervigsten Fragen im ungünstigsten Moment machten ihn nicht zornig. Da bin ich oftmals anders. Jemand möchte mir etwas erzählen, während ich lerne. Unterbricht mich. Durchkreuzt meinen Tagesplan. Gefährdet die Erreichung meiner To-Dos. Und so reagiere ich genervt. Verärgert. Harsch. Nicht sanftmütig. Sondern zornig.
(Weichspüler hoch heben) Weispüler dient zur Erhaltung des Friedens-Bandes. Weispüler macht die Wäsche weich und sanft. Und so will auch Jesus unsere Herzen sanft-mütig machen. Unsere Herzen weich spülen. Zorn in Sanftmut verwandeln. Dieser Weichspüler ist ein Symbol für Sanftmut. Und Sanftmut erhält unsere Gemeinden. Erhält die Einheit und damit den Frieden in unserer Gemeinde. Sanftmut ist also ein Friedens-Förderer.
Langmut
Langmut. Langandauernder Mut. Eine Form von Geduld, die sich auf Personen bezieht. Geduld gegenüber unseren Mitmenschen.
Die Bibel ist eigentlich eine grosse Langmuts-Geschichte. Gottes Langmut mit seinem Volk. Gottes Langmut mit seiner Gemeinde. Gottes Langmut mit uns.
Wunderschön drückt dies auch folgende Liedzeile aus:
Du hast Erbarmen und zertrittst all meine Schuld.
Du hilfst mir auf in deiner Treue und Geduld.
Du nimmst mir meine Last,[3]
Gott ist geduldig mit uns. Vergibt uns immer wieder. Lässt uns immer wieder zu ihm zurückkommen. Er geht geduldig den Weg unserer Heiligung mit uns.
(Nadel und Faden hoch heben) Es braucht mich immer sehr viel Geduld und Langmut, wenn ich den Faden in eine Nadel einfädeln möchte. Mit Nadel und Faden kann das Band des Friedens erhalten werden. Kleine Risse, die mit der Zeit entstehen können so zusammengenäht werden. Und so wird das Band des Friedens bewahrt. Nadel und Faden ist ein Symbol für Langmut. Und Langmut erhält unsere Gemeinde. Erhält die Einheit und damit den Frieden in unserer Gemeinde. Langmut ist also ein Friedens-Förderer.
Jesus war und ist demütig, sanftmütig und geduldig uns gegenüber. Und so können wir demütig sein, weil Gott zu uns demütig ist. So können wir sanftmütig sein, weil Gott sanftmütig zu uns ist. So können wir langmütig sein, weil Gott langmütig mit uns ist. Unserem Handeln geht also Gottes Handeln voraus. Gottes Handeln ermöglicht unser Handeln!
Schluss
Demut, Sanftmut und Langmut sind Verhaltensweisen, die die Einheit in der Gemeinde fördern. Schützen. Bewahren. Erhalten. Und dafür sollen wir uns eifrig einsetzen. Für diese Einheit. Für den Frieden in unserer Gemeinde.
Mit dem Putzlappen kann das Band des Friedens abgestaubt werden. Mit dem Weichspüler kann das Band des Friedens gepflegt werden. Und mit Nadel und Faden können kleine Risse im Band des Friedens zusammengenäht werden. Lasst uns also zum Putzlappen, zum Weichspüler und zu Nadel und Faden greifen! Die 3 Friedens-Förderer. Demut. Sanftmut. Langmut.
Gebet[4]
Wir beten mit einem alten Kirchenlied:
Komm, führe unsere stolze Art
In deine Demut ein
Nur wo sich Demut offenbart,
kann Gottes Gnade sein
Komm, führe unser zornige Art
In deine Sanftmut ein
Nur wo sich Sanftmut offenbart
Kann Gottes Gnade sein
Komm, führe unsere ungeduldige Art
In deine Langmut ein
Nur wo sich Langmut offenbart,
kann Gottes Gnade sein
Der du noch in der letzten Nacht
Eh du für uns erblasst
Den Deinen von der Liebe Macht
So schön gepredigt hast
Erinnre deine kleine Schar
Die so leicht entzweit
Dass deine letzte Sorge war
Der Glieder Einigkeit[5]
[1] Definition Sanftmut aus: https://www.values-academy.de/sanftmut/ [2] Geschichte aus: Aggada im Talmud (Schabbat 31a) [3] Du hast Erbarmen, Albert Frey [4]Strophe 2 & 3 von mir hinzugefügt [5] Lied Nr. 814 aus dem Evangelisch-reformierten Gesangsbuch
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