Simson - sein erstes Gebet

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Bibeltext

Richter 15,14-20 “Und als er nach Lehi kam, jauchzten die Philister ihm entgegen. Aber der Geist des Herrn geriet über ihn, und die Stricke an seinen Armen wurden wie Fäden, die das Feuer versengt hat, sodass die Fesseln an seinen Händen zerschmolzen. Und er fand einen frischen Eselskinnbacken. Da streckte er seine Hand aus und nahm ihn und erschlug damit tausend Mann. Und Simson sprach: Mit eines Esels Kinnbacken habe ich sie über den Haufen geworfen; mit eines Esels Kinnbacken habe ich tausend Mann erschlagen. Und als er das gesagt hatte, warf er den Kinnbacken aus seiner Hand, und man nannte die Stätte Ramat-Lehi. Als ihn aber sehr dürstete, rief er den Herrn an und sprach: Du hast solch großen Sieg gegeben durch die Hand deines Knechts; nun aber muss ich vor Durst sterben und in die Hände der Unbeschnittenen fallen.Da spaltete Gott die Höhlung im Kinnbacken, dass Wasser herausfloss. Und als er trank, kehrte sein Geist zurück, und er lebte wieder auf. Darum heißt der Ort »Quelle des Rufenden«; die ist in Lehi bis auf den heutigen Tag. Und er richtete Israel zu den Zeiten der Philister zwanzig Jahre.”

Einleitung

Ich liebe Simson – aber manchmal bin ich von ihm auch enttäuscht. Ich hoffe heute beides, sowohl meine Begeisterung, wie auch meine Enttäuschung über Simson mit euch teilen.
Was wäre dafür ein besseres Ausgangspunkt als ein Gebet von Simson.
Zwei Gebete von Simson sind uns überliefert. Mit dem einen fängt Simsons Richterdienst an und mit dem anderen Gebet geht sein Dienst (tragisch) zu Ende. Ein besonderer Mensch war Simson schon vor seinem Richterdienst. Doch erst nach diesem ersten Gebet fängt sein Richterdienst an. Erst nach diesem Gebet lesen wir: Simson richtete Israel 20 Jahre. So zentral ist das gelesene Ereignis in Simsons Lebe.

Hier betet jemand, dem die Kraft ausgegangen ist:

Simson ist vor allem eines: Er ist bärenstark!
Wen manche auch nichts vom Richterbuch wissen mögen, so kennt man üblicherweise über die Bärenkraft Simsons. Er konnte Löwen mit einem Zug auseinanderreissen und ein tonnenschweres Stadttor trug er einst etwa 50km weit. Simsons Kraft war eine Gabe des Heiligen Geistes, aber dass scheint er regelmäßig zu vergessen.
In unserem Abschnitt sagt Simson, nachdem er die Schlacht alleine gewinnt: „Mit eines Esels-Kinnbacken habe ich sie über den Haufen geworfen; mit eines Esels Kinnbacken habe ich tausend Mann erschlagen“. Ich, ich ich!
—> Doch plötzlich ist seine Kraft alle: Simson, dieser Mann, dem offensichtlich nichts zu schwer wird, wird es schwarz vor Augen, er fängt an zu wanken, die Kehle ist staubtrocken. Nun ist der Adrenalin vorbei und Simson merkt, dass er kurz vor dem Sterben ist.
Nun ruft er zu Gott! Er ruft: Du hast solch großen Siege geben durch die Hand deines Knechts; nun aber muss ich vor Durst sterben und in die Hände der Unbeschnittenen fallen.” Plötzlich nicht mehr Ich, ich, ich, nein wir hören ein “Du” aus Simsons Mund.
Jesaja 40,30-31 “Jünglinge werden müde und matt, und Männer straucheln und fallen; aber die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft.”
Nirgendwo war Simsons stärker, als in seiner Kraftlosigkeit. Das birgt zwei Ermutigugnen für uns:
1) Nur weil wir keinen Ausweg sehen, ist Gebet nicht wirkungslos! Simsons Gebet klingt auf den ersten Blick so, als wäre er nicht sicher, ob Gott ihn erhört. Aber das ist eigentlich nicht ganz richtig. Nicht das ist seine Unsicherheit. Das was Simson unklar ist, ist: Wie kann Gott mir hier Wasser schicken. Er kann es sich schlicht nicht vorstellen, wie Gott seine Gebete erhören soll. Und doch kann er das!
Aber noch etwas anderes, womöglich wichtigeres fällt uns auf:
2) Gott wirkte schon längst, bevor Simson überhaupt betete. Woher kam den die Kraft? Wer ließ die Schnüre auf Simsons Muskeln schmelzen? Es war Gottes Geist! Das fällt Simson zwar erst auf, als ihn dürstet, aber wie bekannt kommt uns das vor. So lange etwas gut läuft, kommen wir gar nicht auf die Idee, dass es Gott ist, der uns hilft.

Hier betet ein armer Mann

Das Buch der Richter enthält viele Besonderheiten, darunter wohl die ausgefallenste Sammlung ungewöhnlicher Waffen: Ein gewisser Shamgar tötet 600 Philister mit einem Ochsenstecken, eine Jael tötet den Kriegshauptmann Sisera mit einem Zeltpflock. Und während Gideon mit Facken und Krügen kämpft, kämpft Simson hier mit einem halben Eselsschädel.
Das zeugt vor allem von einem: von furchtbarer Armut und militärischer Unterlegenheit Israels gegenüber seinen Feinden. Die Philister und die Hethiter wussten, wie man Bergbau und Metallurgie betreibt. Dieses Wissen brachten die Philister aus Kreta mit. Die Juden waren als Bauern und Hirtenvolk hilflos unterlegen. Sie wussten schlichtweg nicht, wie man Metallwaren herstellt. Und die Philister hüteten diesen Machtvorteil sehr geschickt. Noch viele Jahre später gibt es in der ganzen israelischen Armee bloß zwei Männer die ein Schwert besaßen: Der König und sein Sohn.
In Simsons Armut wird aber etwas besonderes sichtbar, dass ich hier unterstreichen möchte: Da erweist sich doch dieser Eselschädel als wunderbare Waffe. Doch kaum ist der Kampf vorbei, schmeißt Simson den Eselskinnbacken einfach fort.
Diese Geste Simsons, dass er nicht an dieser Waffe wie an einer besonderen Sache festhält, macht mir Simson sehr sympathisch. Denn was ich hier sehe ist eine Tat des Glaubens.
Es ist die einzige Waffe weit und Breit, eine Anti-Philisterkeule, und Simson ist bereit, diese Waffe nach der Schlacht sofort wegzuschreiben. Nicht in den Waffen sieht Simson seine Hilfe, sondern in Gott. Er betet ja so: “Du hast solch großen Siege geben durch die Hand deines Knechts; “
Gott sah diesen Glauben und ließ die Quelle gerade an der Stelle heraussprudeln, wo der Schädel aufschlug.
Hier sehe ich zwei Ermahnungen für unser Gebet:
1) Wir hören auf zu beten, weil wir denken, dass Gott unserer Armut nicht aufhelfen will. Aber wir vergessen, dass Gottes Vorsehung größer ist, als unsere Armut. Und er wird es sich in seiner Majestät vorbehalten, wie er unserer Armut aufhilft. Gott sorgte schon viele Jahre davor, dass gerade an dieser Stelle dieser Eselskopf liegen sollte, aber es sollte noch viele Jahrhunderte dauern, bis Israel verstand, wie man Waffen herstellt. Wie Gott unserer Armut aufhilft, dass will er sich selbst vorbehalten. Und als Simson diesen mächtigen Eselskinnbacken wegwirft, liefert er seine “Armut” direkt Gott aus, er überlässt es Gott, wie er ihm hilft.
2) Die zweite Ermahnung halte ich kurz, auch wenn sie womöglich die tragischere ist: Es kann sein, dass wir in unseren Gebeten erkalten, weil wir uns an diesem Eselskinnbacken unseres Wohlstands festhalten. Warum sollen wir bei Gott um Hilfe flehen, wenn wir doch gerade so einen großen Sieg, oder so einen großen Erfolg hatten

Hier betet jemand, der immer das tat, was ihn recht dünkte.

Simson ist ein Mann seiner Zeit. Kein anderer Richter entspricht so sehr der Zeit, in der er gelebt hat, wie Simson. Wenn man in Israel zurückblickte, nannte man die Richterzeit „Die Zeit, in der jeder das tat, was ihm in seinen Augen rechtdünkte“
—>Welch Ironie, dass ausgerechnet dem Menschen, der das tut, was seinen Augen recht dünkt, die Augen ausgestochen werden! Aber merken wir auch die Ironie, die über unseren Gebeten herrscht:
Simson ist wie seine Zeitgenossen gewohnt, dass zu tun, was er für richtig hält. Selbst seine heilige Nasiräerwürde achtet er gering. Er holt sich Honig aus einem Kadaver, spaziert an Weinbergen entlang und gewöhnt sich so sehr an seine Kraft, dass er denkt, dass er sie unabhängig von seiner Gottesberufung besitzt. Selbst in seiner Tat vor dem Gebet ging er leichtfertig damit um, denn die Bibel schreibt uns, dass “Und er fand einen frischen Eselskinnbacken.” Das war also noch ein Kadaver. Und doch erhört Gott Simsons Gebet. Oder anders formuliert:
“Simson konnte Gott keinen Grund dafür geben, dass er seine Gebete erhört. Er ist ja noch gerade in diesem Kampf leichtsinnig mit seiner Nasiräerwürde umgegangen, da er ausgerechnet ein Stück eines Eselkadavers als Waffe nutzte. Und doch erhörte Gott ihn!
Welche Ermutigung ist das für uns, wenn wir den Mut verlieren zu beten, weil wir meinen, dass Gott keinen Grund hätte, unsere Gebete zu erhören. Völlig recht gesprochen: Würde Gott nach unserer Leistung gehen, hätte er keinen Grund, unsere Gebete zu beantworten, aber Gott schaut nicht auf unsere Leistung, sondern auf seine Leistung. Gott will Gebete erhören, deswegen erhört er unsere Gebete! Deswegen erfreut sich Gott an unseren Gebeten und er ist allezeit geneigt, seine Kinder mit gutem zu überschütten. Psalm 50,15 “und rufe mich an in der Not, so will ich dich erretten, und du sollst mich preisen.«”

Simson – Heiland oder Versager?

Eine abschließende Überlegung: Die Bibel bezeichnet die Richter auch aus Heilande: Ist Simson nun ein Heiland oder ist er ein Versager? Bringt er Rettung oder Chaos? Simson ist irgendwie beides: Vor den Menschen ein Retter, vor Gott ein Sünder. Nicht immer hat man Simson so kritisch gesehen, wie wir es gewohnt sind, viele Kirchenväter schwärmen von ihm, Josephus meinte gar, dass der einzige Makel von Simson darin bestand, dass er sich so schnell verführen ließ. Was ist
Kein anderer Richter hat so viel Ähnlichkeit mit Jesus. Immer wieder liest man den Text und denkt sich, das erinnert mich doch an die Geschichte von Jesus. So war es schon mit seiner Geburt, die von einem Engel angekündigt wird und so geht es bis zu seinem Tod, als wir dann plötzlich lesen, dass Richter 16,30 “dass es mehr Tote waren, die er durch seinen Tod tötete, als die er zu seinen Lebzeiten getötet hatte.”
Tatsächlich ist das fünfzehnte Kapitel sogar so aufgebaut, um zu zeigen, dass Gott besonders Simson gebrauchen möchte, um den Kampf gegen die Philister zu führen. Immer wieder zerstört Simsons die Machtspiele der Philister. Sie nehmen ihm seine Frau, aber er brennt ihre Felder an. Sie verbrennen seine Frau und er “zerschlägt ihnen alle Knochen”
Sie wollen ihn demütigen, in dem sie ihn von seinem eigenen Volk ausliefern lassen und er besiegt sie mit einem einzigen Knochen. Richter 15 ist so aufgebaut, dass es Freund und Feind zeigt: “Seht dass ist euer Heiland”. Aber wenn wir aus Gottes Perspektive auf Simson blicken, dann sehen wir einen, der sich selbst liebt, der Gottes Gebote missachtet, der immer nur das tut, was ihn recht dünkt.
Und hier erinnert uns Simson besonders an Jesus. Er war der tadellose Heiland, und doch steht er vor Gott plötzlich als mit unzählbar vielen schweren Sündern da. Als der größte Sünder überhaupt, der je auf der Erde wandelte. Und Gottes Zorn entlädt sich auf den, der zu unserem Heiland bestimmt wurde. Aber wenn wir die geladenen Sünden näher betrachten, merken wir, dass es meine Schuld ist und deine Schuld, dass er “um unserer Missetat willen geschlagen wird”. Und so merken, dass es genau diese Tat Christi war, die der Grund ist, dass unsere Gebete vor Gott angenehm werden. Dass Gott so unverhandelbar hinter Simson steht, ihn erhört und annimmt, wie er es auch mit uns tut, wenn wir zu ihm kommen.
—> Was sollte unsere Lippen mehr zum Lobendem Gebet anregen als die Taten unseres Heilands.
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