Predigt über Matthäus 9,9-13
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Der radikale Ruf Jesu
Der radikale Ruf Jesu
Einstieg:
Der radikale Ruf Jesu lautet heute das Thema der Predigt.
Radikal. Ein Wort, das gemischte Gefühle auslöst. In mir löst es eher unbehagen aus. Ich denke dann direkt an Extremisten. Menschen, die anderen Menschen Leid zufügen usw.
Ürsprünglich heißt radikal (lat.) Wurzel. Von Grund aus.
Der Duden gibt gleich mehrere Bedeutungen her:
Mit rücksichtsloser Härte vorgehen.
Vollständig, gründlich.
Gegen die bestehende Ordnung ankämpfend.
Ich weiß jetzt nicht, ob Sie sich mit den Bedeutungen gleich besser fühlen - wahrscheinlich irgendwie nicht.
Und dennoch ist Jesus selbst radikal und fordert uns zu radikalem Verhalten heraus.
Und als Jesus von dort wegging, sah er einen Menschen am Zoll sitzen, der hieß Matthäus; und er sprach zu ihm: Folge mir! Und er stand auf und folgte ihm.
Und es begab sich, als er zu Tisch saß im Hause, siehe, da kamen viele Zöllner und Sünder und saßen zu Tisch mit Jesus und seinen Jüngern. Als das die Pharisäer sahen, sprachen sie zu seinen Jüngern: Warum isst euer Meister mit den Zöllnern und Sündern? Als das Jesus hörte, sprach er: Nicht die Starken bedürfen des Arztes, sondern die Kranken. Geht aber hin und lernt, was das heißt : »Barmherzigkeit will ich und nicht Opfer.« Ich bin nicht gekommen, Gerechte zu rufen, sondern Sünder.
1. Der radikale Ruf in die Nachfolge
E: Wir befinden uns in Kapernaum, einem kleinem Dorf (oder damals einem größerer Ort) am See Genezareth. Hier treffen drei Regionen aufeinander. Die nördliche Dekapolis (griechisch geprägt), das Land von Herodes Antipas (Galiläa und Peräa) und die Grenze von Phillipus (Golan). Daher führte in Kapernaum und entlang des See Genezareths eine wichtige Handelstraße. Es ist also wenig verwunderlich, dass es in so einem Drei-Ländereck auch Zollstationen gab.
An einer diesesr Zollstationen saß auch Matthäus, wahrscheinlich im jüdäischen Teil aufgrund seines jüdischen Namens.
Matthäus war Zöllner. In einem Kommentar las ich auch von der Bezeichnung als Steuereintreiber.
Steuereintreiber…Haben wir Finanzbeamte hier? ;-)
Zöllner waren aber alles andere als beliebt.
Sie kollaborierten mit der verhaßten Besatzungsmacht, den Römern
Sie nahmen oft mehr Geld ein, das sie in die eigene Tasche wirtschafteten
Aus diesen Gründen wurden sie als Verräter und “Nicht-Juden” angesehen.
Sie galten damals als kriminelle Betrüger und Gesocks.
Matthäus saß da also in seinem Zollhäusschen. Wir wissen kaum etwas über ihn, außer, das er wohl das Evangelium geschrieben hat, aber sonst?
Warum wurde er überhaupt Zöllner? Hatte ihn die Not dahingetrieben? Hauptsache ich mache irgendwie ganz schnell Geld, weil ich keine andere Perspektive habe?
Dieses Phänomen gibt es heute auch noch, wenn man sich das Abendprogramm von RTL einmal antut. Immer schriller, immer perverser, immer primitiver - hauptsache auffallen und schnelles Geld.
Vielleicht war er von Grund auf kriminell? Hatte keine Lust einem normalen Job hinterherzugehen?
Wir kennen die Gründe nicht, warum er da saß. Er saß jedenfalls da und schien zu warten.
Darauf, dass sich irgendetwas ändert. Vielleicht war er die bösen Blicke der Leute satt, konnte sie nicht mehr ertragen. Hatte ein schlechtes Gewissen, das ihn quälte.
Ich will Veränderung.
Kennen Sie diese Sehnsucht? Das sich etwas grundlegend im Leben ändern soll, aber es ändert sich einfach nichts? Sehnsüchtig blickt man in die Ferne und wartet. Manche warten bis zum letzten Atemzug. Dann erzählen sie dem Pfarrer kurz vor dem Tod noch: Hätte ich mal und sterben dann - als Wartende, die nie etwas verändert haben.
Ich habe mal eine Frage an Sie:
Wollen Sie als Wartende sterben? Zurückblickend zugeben: Ich habe nie etwas verändert in meinem Leben?
Matthäus ist vielleicht ein paar mal aufgestanden, aber setzte sich immer wieder hin. Hat es nie gewagt wirktlich etwas zu ändern. Das kennen wir heute ja auch - meistens, weil wir zu bequem geworden sind.
Plötzlich stand der Rabbi Jesus da und sagt einfach nur: Folge mir. Und Matthäus folgte.
Folgen: Der Rabbi ging vor den Schülern her und sie folgten ihrem Meister. Meist für die Dauer von 1-2 Jahren.
Jesus aber fordert lebenslange Folgschaft.
Was hier in aller Kürze beschrieben wird, hat doch tiefgreifende Auswirkungen.
Indem Mattäus aufsteht und folgt, beging er einen existentiellen Bruch in allen bedeutenden Fragen seines Lebens.
Er hörte damit sofort auf Zöllner zu sein. Er wendete seiner unschönen Vergangenheit den Rücken zu. Er blieb derselbe Mensch, der sein Leben aber von Grund auf änderte und wurde dadurch doch irgendwie ein anderer.
Der Ruf Jesu in die Nachfolge forderte von Mathhäus den radikalen Bruch in seinem Leben. Und das fordert Jesus von uns heute auch.
Was sind die Dinge mit denen Sie radikal brechen müssten? Ist es der Beruf? Sind es Perspektiven und Einstellungen, die ich im Laufe der Zeit angelernt habe, die ich nicht loswerde?
Brechen Sie sie heute noch und folgen dem Ruf unseres HERRN.
Das Leben soll von grundauf geändert werden.
2. Radikal gerecht - sein
Als das Jesus hörte, sprach er: Nicht die Starken bedürfen des Arztes, sondern die Kranken.
Matthäus stellt seine Berufung zwischen eine vielzahl von Heilungsgeschichten. Voraus geht die Heilung des Gelähmten. Es scheint als setze er sie bewusst in diesen Kontext. Er sieht seine Berufung auch als Heilung an. Im Grundegenommen war ich krank und konnte mich kaum mehr bewegen. Ich habe mich elend gefühlt.
Immer wenn Menschen vorbeikamen und mich verachteten, habe ich mich danach noch elender gefühlt. Ich weiß, dass das, was ich tue nicht ok ist. Ich verachte mich schon selber dafür und Schäme mich in Grund und Boden, aber es ist doch irgendwie ein Teufelskreis. Die Verachtung meiner Mitmenschen drängt mich irgendwie noch immer tiefer in den Sumpf hinein.
Das ist ein typischer Teufelskreislauf, der einen an jeglicher Veränderung hindert. Jetzt kommt aber Jesus an und ruft gerade IHN in die Nachfolge. Er fragt nicht nach dem, was Matthäus ist oder was er gemacht hat, sondern er spricht ihn einfach an. Kommst du? Oder lässt du es sein? Matthäus kommt. Denn er weiß: Ich brauche Hilfe.
Matthäus ist krank und weiß das. Er ist nicht etwas körperlich krank, sondern seelisch. Seine Seele ist sterbenskrank, aber nach außen hin, konnte man es nie wirklich sehen.
Liebe Geschwister, wie gesund sind Sie denn in ihrer Seele? Wie sehen die Vitalfunktionen da aus?
Sind Sie der Meinung, da ist alles gesund? Super, dann brauchen Sie ja gar keinen Arzt. Dann brauchen sie erst gar nicht auf einen zu warten.
Es könnte am Ende aller Tage, aber herauskommen, dass Ihre Seele vielleicht mehrere Brüche hatte. Das Sie in in sich verkrümmter Mensch waren, wie sehr hätte man doch gehofft, das im Leben schon zu heilen?
Da gibt es nämlich die Gruppe von Menschen, die die Bibel als Pharisäer bezeichnet. Josephus sagt 150 Jahre später: Es ist die genaueste Partei im Judentum gewesen. In allen Ehren muss man halten, dass sie wirklich versucht haben fromm zu leben. Dabei beließen sie es aber nicht. Sie sahen auf alle anderen herab, die nicht so genau waren (oder sein konnten) wie sie.
Sie waren wie alle anderen Parteien aber eine Minderheit in einem Volk, die allerdings viel zu sagen hatten. Das allgemeine Volk kannte sich überhaupt nicht wirklich mit allen Gesetzen und Regeln aus, weil sie auch ihrer Arbeit nachgehen mussten.
Die Pharisäer sonderten sich daher “aus dem Volk ab”. Pharisäer kommt aus dem hebr. Paruschim und bedeutet: Die Abgesonderten. Daraus wurde schnell: Wir sind etwas besseres!
Und das ist die übelste aller Krankheiten und sie vergiftet die Seele. Selbstgerechtigkeit.
Jesus hasst Selbstgerechtigkeit! Und auch in unseren Tagen greift sie um sich:
Da gibt es scheinbar die Sprachpolizei, die darauf achtet, wie andere reden und sie tadelt. Die Gendersternchen sind die Guten und alle anderen die schlechten.
Da gibt es immer mehr eine Gesinnungspolizei. Nur einmal in der Woche Biofleisch, sagt der hochbezahlte Akademiker zu den armen Arbeitern am Band.
Dann zahlen wir halt 5€ Sprit pro Liter, sagt die Klimaaktivistin aus reichem Hause zu der Alleinerziehenden Mutter, die eine Teilzeitstelle als Friseurin zwei Dörfer weiter hat, in dem ein Mal am Tag der Bus fährt.
Wir sind die Guten und Ihr die Bösen!
Das gibt es bei Gott nicht. Ihr seid alle krank und gebrochen! Ihr braucht alle einen Arzt. Und ihr, die ihr alles so genau nehmt! Ihr die von der genauen Partei! Ihr kennt die Schrift doch so gut! Ihr studiert sie doch Tag und Nacht! Dann lest doch mal was in Hos 6,6
Denn ich habe Lust an der Liebe und nicht am Opfer, an der Erkenntnis Gottes und nicht am Brandopfer.
steht. Ich will Liebe und nicht dein liebloses Opfer!
Die Pharisäer bemängeln auch die Übergriffigekit, merken aber nicht, wie übergriffig sie selbst sind.
Mit rücksichtsloser Härte gehe ich, Gott, dein HERR gegen Selbstgerechtigkeit vor und das lesen wir denn auch in der Pharisäerrede unseres HERRN im 23. Kapitel.
3. Berufung leben / Radikal anders
Er solidarisiert sich nicht mit den Sünden der Menschen, aber er meidet sie nicht. Er sondert sie nicht ab, sondern er geht hin um sie zu rufen. Chrysostomos schreibt: Ein Arzt, der die Fäulnis der Krankheit meidet, weil er ihre Fäulnis nicht sehen kann, wird keine Krankheit heilen können.
Jesus lässt sich daher zu Tisch einladen von Matthäus und das hatte einen großen Wert im Orient (und hat es immer noch). Tischgemeinschaft heißt: Wir hier sind verbunden. Ich bin gerne mit euch zusammen und arbeite mich nicht an einme Smalltalk mit euch ab.
Wie ätzend es in der Kirche ist, dass man immer noch meint die high society zu sein, in der der Knigge 1 zu 1 eingehalten wird. Jesus tut das nicht. Er gibt sich der Praxis der Abgesonderten nicht hin und drückt damit aus: Ich bin besser als ihr alle, obwohl er das meiste Recht dazugehabt hätte, weil der Sohn Gottes besser als wir alle zusammen sind. Als einziger Mensch auf dieser Erde hatte er keine gebrochene Seele gehabt, war nicht krank gewesen, sondern von Grund auf immun.
Chrysostomos hat recht. Ein Arzt muss schon zum Patienten hin, um ihn zu heilen. Jemand, der sich absondert kann es nicht. Ich muss das Wort Gottes schon hören, um es in mir aufzunehmen, sonst erreicht es mich nicht und meine Seele bleibt auf ewig unheilbar krank. Jesus geht also mitten in diese Welt voller Zöllner und Sünder. Er isst mit ihnen. Die anderen schimpfen ihn als Fresser und Säufer.
Dabei gibt es einen feinen, aber wichtigen Unterschied. Er wird nicht zu einem Zöllner und Sünder, sondern er hängt mit ihnen rum, um ihnen von Gott zu erzählen. Von der Chance auf ein neues und anderes Leben. Von der Möglichkeit der Umkehr und der Buße.
Und deshlab haben wir Christen den Auftrag in die Welt hinauszugehen und es unserem HERRN gleichzutun!
Hinaus in die Welt der Fresser, Säufer und Huren. Ran an ihre Tische! Rein in die Festlichkeiten als Christ, der von seinem Glauben erzählt. Und lasst die Anderen reden. Denn das fordert der HERR von uns: Radikal anders in dieser Welt zu leben.
So sprach Papst Franziskus vor 3 Mio Jugendlichen in Brasilien:
Wisst ihr, welches das beste Mittel ist, um die Jungendlichen zu evangelisieren?”
“Ein anderer Jugendlicher! Das ist der Weg, den ihr gehen müsst.”
Schluss:
Jesus Christus möchte, dass wir unser Leben von Grund auf neu ausrichten. Machen sie es wie Matthäus und stehen sie auf.
Jesus Christus möchte, dass wir mit rücksichtsloser Härte gegen die bestehende Ordnung der Selbstgerechtigkeit angehen.
Jesus Christus möchte, dass wir radikal anders in dieser Welt leben.
In diesem Sinne: Lassen sie uns radikale Christen werden, wenn Sie es noch nicht sind.