Beten - weil Gott gute Entscheidungen trifft

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Redeskript

Notes
Transcript
Das vergangene Mal habe ich über das Gleichnis vom “ungerechten Richter und der armen Witwe” (Lk 18,1-8) gepredigt. Es ist das Gleichis der umgedrehten Vorzeichen, mit dem Jesus uns zum anhaltetendem Gebet ermutigt:
Gott ist kein ungerechter Richter und wir sind keine armen Witwen. Wir sind Gott, dem wahren Richter, dem König aller Könige unfassbar viel wert. Wir sind dazu berufen, seine Kinder zu sein. Darum dürfen wir beten. Reden mit Abba, dem Papi. (Römer 8,15)
Heute kommt die Fortsetzung der letzten Predigt. Wieder wird es ums Beten gehen. Und ich möchte mit einer Begebenheit starten, die schon einige Jahre her ist:
Mit 4 Jahren lernte unsere Tochter Maya das Fahrradfahren. Sie war ja so stolz auf sich. Sie fuhr auf der Straße vor unserem Haus und rief “Papa - schau mal!”
Richtig toll: Sie fährt, macht Kurven und strahlt über das ganze Gesicht. Sie fährt ans Ende der Sackgassenstraße, dreht… gibt Gas, fährt auf uns zu und… wahrscheinlich war sie dann doch zu schnell, auf jeden Fall schlägt ihr Lenker aus und verdreht sich… Maya stürzt zu Boden und ein markerschütternder Schrei durchdringt die Straße.
Sandra und ich rennen zu ihr hin, nehmen sie in den Arm und Maya zeigt uns ihren Bauch: Ein dicker, fetter roter Striemen… der Lenker hat einmal quer über den Bauch geratscht… Maya schaut mich durch ihre Tränen an: „Papa du musst beten, dass Jesus das weg macht“.
In diesem Moment bin ich über mich selbst erschrocken: Das Erste was mir in den Sinn kam war: „Wie kann ich jetzt beten, damit Maya nicht enttäuscht ist von Gott?“
Was passiert, wenn Gott nicht sofort heilt? Was, wenn Gott das Gebet nicht beantwortet? Ist Maya dann enttäuscht von Gott? Das will ich doch nicht… Wie kann ich also die Erwartungen von Maya soweit zurückschrauben, dass selbst wenn Gott nicht eingreift, sie nicht enttäuscht ist.
Dem Gedanken folgend war dann auch mein Gebet: „Jesus, bitte mach dass der Bauch von Maya bald wieder gut ist und nicht mehr ganz so weh tut!“
Meine Tochter kommt mit einem großen Glauben an einen großen Gott zu mir - „Jesus kann das“ - und ich versuche diesen Glauben runter zu schrauben. Anstatt konkret mit dem Anliegen zu ihrem und meinem himmlischen Vater zu gehen, fange ich an schwammig zu formulieren.
Was für ein Bild von Gott vermittle ich damit meiner Tochter?
Später habe ich darüber nachgedacht und mir die Frage gestellt: Warum ist das so? Warum fällt es mir manchmal schwer konkret zu beten? Obwohl Jesus uns doch genau dazu ermutigt.(Mt 7,7; 1.Petrus 5,7 u.v.a.)
Wie bete ich? Mit welcher Erwartung bete ich? Was traue ich Gott wirklich zu? Wobei es weniger ein Zutrauen in Gottes Fähigkeiten ist - er ist Gott, er kann das. Es ist mehr ein Mißtrauen darin, dass seine Entscheidung gut sind. Auch wenn ich das so nie formulieren würde. Aber was, wenn Gott nicht handelt?
Besonders in den heftigen Fällen. Mayas Bauch wäre wahrscheinlich auch von selber wieder verheilt.
Aber was ist, wenn es um mehr geht? Wenn der Einsatz höher ist?
Wenn ich mit oder für Menschen bete, die schlimm krank sind?
Oder als gute Freunde uns baten für ihr Kind zu beten?
Oder wenn ich um die Ehe von Freunden bete?
Oder wenn Jugendliche mich bitten, für die Ehe ihrer Eltern zu beten. Und ich sehe die Angst davor, was passiert, wenn die Familie zerbricht.
Oder wenn Schüler Panik vor der Schule haben, weil sie gemobbt werden? Oder nicht die Leistung bringen, die von ihnen erwartet wird.
Oder auch, wenn ich mit Nichtchristen bete. Wie bete ich da? Habe ich da das Bedürfnis Gebete möglichst wage zu verpacken, weil ich meine Gott in Schutz nehmen zu müssen? Damit die anderen nicht enttäuscht sind – oder in ihrer Haltung Gott gegenüber bestätigt? Gott den gibt’s doch gar nicht – du bist ein Spinner.
Wie geht es dir?
Wie betest du mit deinen Arbeitskollegen – oder betest du überhaupt nicht, weil du Angst hast, dass “es nicht klappt” ?
Wie betest du mit deinen Kindern? Welches Gottesbild lebst du deinen Kindern vor?
Was steckt hinter der Floskel: „ich bete für dich!“. Wirklich ein Gebet, oder mehr ein „ich denke an dich!“
Mit welcher Erwartungshaltung bete ich in Gebetsgemeinschaften?
Ich weiß nicht wie es euch geht, aber für mich sind Gebetsgemeinschaften manchmal eher so eine „ruhige Minute zum Nachdenken“. Es ist ganz spannend… oft sind Gebetsgemeinschaften vorbei, man hat gerade für ein Anliegen konkret gebetet und es werden prompt ganz viele Ratschläge verteilt… klar, können die auch Eindrücke von Gott sein… aber meist – gefühlt – sind es eher: „Ich hatte jetzt mal Zeit zum Nachdenken“.
Wie beten wir in Gebetsgemeinschaften?
Erwarten wir, dass Gott konkret eingreift, oder ist es mehr ein gemeinsamer Austausch und sich gegenseitig trösten – etwas, das ja auch wichtig ist, aber wofür man kein Gebet braucht.
Ich möchte euch in eine Situation mit hineinnehmen, in der es auch eine Gebetsgemeinschaft gab. Wir befinden uns in den Anfängen der christlichen Kirche. Mitten in Jerusalem. Genauer gesagt in einem Haus, hinter verschlossener Tür. Abgerrigelt. Was war geschehen?
Ich lese Apostelgeschichte 12,1-5
1 Um diese Zeit ließ König Herodes1 verschiedene Mitglieder der Gemeinde von Jerusalem festnehmen und schwer misshandeln.
2 Jakobus, den Bruder von Johannes, ließ er enthaupten.
3 Als König Herodes merkte, dass dies den Juden gefiel, ging er noch einen Schritt weiter und ließ auch Petrus gefangen nehmen – gerade in den Tagen des Passafestes.
4 Petrus wurde ins Gefängnis gebracht; zu seiner Bewachung wurden vier Gruppen zu je vier Soldaten abgestellt, die einander ablösen sollten. Herodes wollte ihm nach dem Fest vor allem Volk den Prozess machen.
5 So saß Petrus also streng bewacht im Gefängnis. Die Gemeinde aber betete Tag und Nacht inständig für ihn zu Gott.
Das muss für die junge Gemeinde in Jerusalem voll der Schock gewesen sein. Jakobus enthauptet. Und er war nicht der erste. Ein paar Wochen vorher wurde Stephanus gesteinigt und andere gefangen genommen und gefoltert.
Solche Verfolgungen kannten die Christen schon von früher. Aber sie haben erlebt, dass sie dann gemeinsam beten und alles wieder gut wurde.
Zum Beispiel als damals Petrus schonmal ins Gefängnis musste. Gefangenen genommen von den Soldaten des jüdischen hohen Rates. Da haben sie sich als Gemeinde getroffen – gebetet und Petrus ist auf spektakuläre Art freigekommen.
Ich kann mir vorstellen, mit was für einem großen Glauben die Gemeinde gebetet hat, als diese neue Verfolgungswelle losging: “Gott schreite ein! Handel im Einklang deiner Macht. So wie du es auch für Petrus getan hast. Gott, das wirst du nicht zulassen… “
Doch Jakobus kommt nicht frei. Stephanus kommt nicht frei. Im Gegenteil: Gott greift – scheinbar – nicht ein und Jakobus wird umgebracht. Anstatt der erwarteten spektakulären Rettung – auf die sie gehofft hatten – geschieht das Gegenteil:
Gott greift nicht ein und die Not wird noch größer. Jetzt ist mit Petrus der große Leiter der frühen Gemeinde im Gefängnis. Der „Fels“ von dem Jesus sagte, auf ihm will er seine Gemeinde bauen. Und er ist nicht nur im Gefängnis, sondern strengstens bewacht. 16 Soldaten speziell für ihn abgestellt. Nach den Festtagen soll er öffentlich hingerichtet werden.
Die Gemeinde betet wieder für ihn zu Gott. So wie damals, als Gott ihn schon mal aus dem Gefängnis befreit hatte. Aber dieses Mal betet die Gemeinde anders – wie wir später an ihrer Reaktion sehen werden. Vielleicht liegt dies daran, dass sie auch für einen Stephanus gebetet haben, aber der ist gestorben. Sie haben auch für Jakobus gebetet – und nichts ist geschehen. Auch Jakobus ist gestorben.
Die Gemeinde sitzt im Haus. Hinter verrigelten Türen. Voller Angst um Petrus (ihren Leiter) und um sich selbst. Sie beten. Aber aus ihrer späteren Reaktion merkt man: Sie haben nicht wirklich damit gerechnet, dass Gott auf mächtige Weise eingreift:
Ich lese weiter: Die Verse 6-17
6 In der Nacht, bevor Herodes ihn vor Gericht stellen wollte, schlief Petrus zwischen zwei der Wachsoldaten, mit Ketten an sie gefesselt. Vor der Tür der Zelle waren die zwei anderen als Wachtposten aufgestellt. 7 Plötzlich stand da der Engel des Herrn, und die ganze Zelle war von strahlendem Licht erfüllt. Der Engel weckte Petrus durch einen Stoß in die Seite und sagte: »Schnell, steh auf!« Da fielen Petrus die Ketten von den Händen. 8 Der Engel sagte: »Leg den Gürtel um und zieh die Sandalen an!« Petrus tat es, und der Engel sagte: »Wirf dir den Mantel um und komm mit!« 9 Petrus folgte ihm nach draußen. Er wusste nicht, dass es Wirklichkeit war, was er da mit dem Engel erlebte; er meinte, er hätte eine Vision. 10 Sie kamen ungehindert am ersten der Wachtposten vorbei, ebenso am zweiten, und standen schließlich vor dem eisernen Tor, das in die Stadt führte. Das Tor öffnete sich von selbst. Sie traten hinaus und gingen die Straße entlang, doch als Petrus in die nächste einbog, war der Engel plötzlich verschwunden. 11 Als Petrus zu sich kam, sagte er: »Es ist also wirklich wahr! Der Herr hat seinen Engel geschickt, um mich vor Herodes zu retten und vor dem zu bewahren, was das jüdische Volk sich erhofft hat!« 12 Als ihm das klar geworden war, ging er zu dem Haus, das Maria gehörte, der Mutter von Johannes mit dem Beinamen Markus. Dort waren viele Christen versammelt und beteten immer noch für seine Freilassung. 13 Petrus klopfte an das Hoftor, und die Dienerin Rhode kam, um zu hören, wer draußen sei. 14 Als sie Petrus an der Stimme erkannte, vergaß sie vor Freude, das Tor zu öffnen; sie rannte ins Haus und meldete, Petrus stehe draußen. 15 »Du bist nicht ganz bei Verstand!«, sagten die im Haus. Und als Rhode darauf bestand, meinten sie: »Das ist sein Schutzengel!« 16 Petrus aber klopfte und klopfte, bis sie schließlich aufmachten. Als sie ihn sahen, gerieten sie außer sich. 17 Er bat mit einer Handbewegung um Ruhe und erklärte ihnen, wie ihn Gott aus dem Gefängnis befreit hatte. »Berichtet das Jakobus und allen anderen Brüdern und Schwestern!«, sagte er. Dann verließ er Jerusalem.
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Wow! Da ist eine konkrete Notlage! Die Gemeinde betet und Gott handelt auf große Art und Weise. Petrus kommt frei! Und steht dann, mitten in der Nacht, vor der verschlossenen Tür… weil die Gemeinde nicht glauben kann, dass das was sie gebetet hat, wirklich eintritt. Im Gegenteil: Als die Dienerin es ihnen meldet meinen sie nur: „Du bist verrückt“ und versuchen es sogar zu vergeistlichen: „Das ist gar nicht Petrus… das ist… äh… sein Schutzengel“.
Jedes Mal wenn ich diese Geschichte lese, schlage ich mir an den Kopf! Da ist eine Gemeinde… die beten tagelang – und nächtelang für die Freilassung, aber wirklich dran glauben… dass Gott wieder so handelt, wie er es schon einmal tat… das glauben sie nicht. Denn Jakobus… der ist gestorben.
Ich schütel den Kopf über die damalige Gemeinde, die Petrus vor der Tür stehen lässt… und gleichzeitig erkenne ich mich da so gut drin wieder.
Denn: Was traue ich Gott zu? Mit welcher Erwartungshaltung bete ich? Wie gesagt, es nicht die Frage: „Kann Gott das“; sondern eher „tut er es auch?“ oder trifft Gott Entscheidungen, die in meinen Augen nicht gut sind? Und für die ich ihn später meine rechtfertigen zu müssen.
Was vermittel ich meinen Kindern, meinen Glaubensgeschwistern, meinen Nachbarn wenn ich mit ihnen bete?
Einen großen, mächtigen für uns streitenden Gott – oder bete ich sehr dezent… oder sogar gar nicht… nur um keine Enttäuschung aufkommen zu lassen… und vermittle dabei einen kleinen Gott.
Und das hat Auswirkungen:
Wer als Kind erlebt, dass seine Eltern zwar zur Gemeinde gehen und sagen, sie glauben an Gott – aber das Kind gleichzeitig im Alltag erlebt, dass gerade in Notlagen, Gott eine untergeordnete Rolle spielt – wenn überhaupt – dann wird das massiv das Gottesbild des Kindes prägen: Glaube ist was für Sonntags, Glaube ist eine nette Gemeinschaft, Gemeinde ist ein Ort, an dem ich mitarbeiten kann/muss – aber das da wirklich was dran… ein Gott der heute noch lebt und eingreift… ganz konkret im Leben: Eher schwierig: Denn sonst würden Mama und Papa ja ihn als Erstes fragen. Und das fängt in den ganz kleinen Bereichen des Alltages an. Kinder beobachten uns sehr genau.
Vielleicht ist das auch der Grund, warum ich es erlebte, dass manche Kinder aus einem gläubigen Elternhaus ein großes Wissen haben – aber es - manchmal - gemeindefremden Jugendlichen leichter fällt, ein eigenes Gebetsleben und eine eigene, persönliche Beziehung zu Gott aufzubauen. Denn sie kennen diesen Widerspruch nicht.
Wobei alles nur Gnade ist. Du kannst nicht für dein Kind glauben. Jedes Kind muss für sich selbst seinen Weg zu Gott finden. Oder besser: Gott muss den Weg zum Kind finden. Für Mama und Papa bleibt oft nur zu beten: “Herr, bitte fülle du all unseren Mangel in der Erziehung aus. Und mach du aus unserem Kind einen Menschen nach deinem Herzen.”
Genauso wie mit unseren nichtchristlichen Freunden und Arbeitskollegen. Was für ein Bild von Gott vermitteln wir?
Geben wir ihnen die Chance zu erleben, dass Gott in ihrem Leben eingreift – oder ist die Angst vor Gottes Entscheidungen zu groß? Was, wenn Gott doch nicht handelt? Fühlen sie sich dann in ihrem Bild Gott gegenüber bestätigt? Stehe ich dann als Spinner da?
Die Gemeinde damals hatte das Beispiel von Jakobus und Stephanus vor Augen. Gott schreitet nicht ein. Bei mir sind es andere Situationen, in denen Gott – scheinbar – nicht eingegriffen hat.
Ich habe vorher die Freunde erwähnt, für deren Kind wir gebet haben. Und wir haben echt viel gebetet. Aber das Kind ist gestorben. Und dann kommen diese Fragen auf: Hätten wir nicht anders beten sollen? Keine so große Erwartungshaltung haben? Wäre der Schmerz dann jetzt leichter? Die Enttäuschung geringer?
Wochen später stehe ich mit dem Vater, einem meiner besten Freunde, gemeinsam in einem Lobpreisgottesdienst und die Band spielt das Lied „blessed be your name?“
In der dritten Strophe heißt es:
Gepriesen sei dein Name Gott.
Auf einer Straße gekennzeichnet von Leid.
Trotz dem Schmerz – gepriesen sein dein Name.
Dieser Freund steht neben mir. Fängt zögerlich an das Lied mitzusingen. Und erlebt dann eine Begegnung mit Gott. Dem Gott, der größer ist als seine Enttäuschung. Größer ist als sein Schmerz. Nicht weil dieser Freund so einen großen und festen Glauben hat (sein Glaube ist ganz schön durchgeschüttelt worden) – sondern einfach, weil Gott da ist. Ganz real. Und er von diesem Gott – seinem himmlischen Vater - geliebt ist. Den Schluss von dem Lied, singt er, schreit schon fast, die Arme emporgehoben seinem Gott zu. Seinem himmlischen Vater - der da ist.
Ich bin in von einem Jugendlichen angesprochen worden, ob wir für seine Eltern beten mögen. Wir beten. Und die Eltern lassen sich trotzdem scheiden. Der Jugendliche kommt mit seinem Schmerz zu uns und wir beten für ihn. In dem Gebet begegnet dieser Jugendliche Gott. Ohne dass wir ihn irgendwie berührt haben, spürt er, ganz real, wie Gott da ist, ihn in den Arm nimmt, ihn umarmt und lange, lange drückt.
Wir müssen Gott nicht verteidigen, oder ihn in Schutz nehmen. Wir müssen vor seinen Entscheidungen keine Angst haben – Angst, dass Gottes Entscheidungen Menschen weiter von ihm wegbringen. All das hat Gott im Blick, wenn er seine Entscheidungen trifft. Das ist nicht unser Job.
Wo wir aufpassen müssen ist, keine falschen Aussagen über Gott zu treffen. Ihm die Entscheidungen abnehmen zu wollen: Ein
„Gott wird dich auf jeden Fall heilen, wenn wir für dich beten.“
sollte man schon sehr genau prüfen sein, bevor man so eine Aussage trifft. Denn Gott ist Gott. Wir dürfen ihn bitten, aber er trifft die Entscheidungen. Lasst uns das immer wieder betonen.
DOCH nicht zu beten… das ist die falsche Antwort.
Ein Jakobus ist gestorben – warum? Das weiß Gott. Ein Petrus ist freigekommen – warum? Das weiß Gott. Aber Gott ist da! In beiden Fällen.
So zu beten braucht Vertrauen – Vertrauen darin, dass Gott alles im Blick hat: Die konkrete Situation, aber auch, wie es mit den Leuten weiter geht. Was passiert, wenn er so oder so entscheidet. Gott weiß es. Gott entscheidet gut.
Um dieses Vertrauen dürfen wir beten. Und manchmal schenkt Gott dann ganz besondere Momente. Wie zum Beispiel auf einer Jugendfreizeit:
Ich bin von einer Jugendlichen angesprochen worden, ob ich mit ihr beten könne. Es ging um zwei Sachen: Einmal ein verstauchtes Gelenk (dick, grün und blau) und dann um eine zweite, tiefergehende, größere Sache. Die Jugendliche hat noch nicht so lange was mit Gott und Jesus zu tun. Und prompt plobte bei mir diese Versuchung auf, die Gebete schwammig zu formulieren. Denn was, wenn Gott nicht eingreift? Und dann dachte ich: Nein… André bete konkret. Überlass doch Gott die Entscheidung.
Also habe ich erstmal für das verstauchte Gelenk gebetet. Nach diesem Gebet gucken mich zwei völlig ungläubige weit aufgerissene Augen an: Das Mädchen drückt auf dem Gelenk rum… „da, da tut ja gar nichts mehr weh! Ich dachte wir beten dafür und das heilt dann einfach schneller… aber so? Wie geht das? “.
Ich schaute sie an und sagte: „Du, Gott kann das. Darum beten wir! Und nun lass uns für die zweite Sache beten“. Und dieses zweite Gebet war gefüllt mit einem Vertrauen an einen Gott, der real eingreift. Bei ihr - aber auch bei mir.
Solche Momente, Momente in denen wir sehen: Gott greift ein. Ganz real. Diese Momente sind so wichtig für uns. Denn sie helfen uns einen realistischen Blick zu bekommen. Einen Blick, dass wir einen Gott haben der stark und mächtig ist. Den realistischen Blick, den eine Maya mit ihren damals vier Jahren hatte: „Papa, bete dass Jesus das weg macht“ und die dann erlebt: Entweder heilt Gott – oder nicht. Aber Gott, ihr himmlischer Vater, ist in beiden Fällen da und hat die Kontrolle. Und ja: Gott ist groß. Für ihn ist es ein leichtes, auch einem vierjährigen Mädchen zu begegnen. Maya durfte das kurz darauf auf eine Art erleben, die bei Sandra und mir hat Gänsehaut entstehen lassen. Aber das ist ein Schatz der Maya gehört.
In unseren Jugendgottesdiensten oben in Ellerau haben wir einen Zeugnisteil gehabt. Eine Zeit, in der wir uns gegenseitig erzählen, was Gott tut. Wo er eingreift. Aber auch wo wir erleben, dass Gott im Leid da ist. Und dieser Austausch ist so wichtig.
Es ist so wichtig zu hören, dass Gott real ist und wie er heute noch eingreift. Denn es macht Mut. Mut mit Menschen zu beten – ohne Angst vor Gottes Entscheidungen. Denn Gott entscheidet gut.
Wir dürfen für Menschen beten. Je mehr wir das tun, desto mehr wird es zu etwas ganz Alltäglichem, was einfach zu uns dazu gehört. Etwas, was nicht aufgesetzt, sondern ganz natürlich ist. Und dann wird es sich auch nicht komisch anfühlen, wenn wir anderen Menschen Gebet anbieten. Sei es hier in der Gemeinde, oder Samstagsmorgens auf dem Sportplatz. Wenn man in der Halbzeitpause mit anderen Eltern ins Gespräch kommt. Es gibt in christlichen Kreisen diesen Mythos, dass Nichtchristen komisch reagieren, wenn man ihnen Gebet anbietet. Ja, das kann mal vorkommen. Aber in den meisten Fällen, die Sandra und ich erleben, sind die Menschen dankbar. Sie mögen vielleicht nicht daran glauben, dass es hilft, aber das Gefühl, dass da jemand für einen betet, das tut gut. … und vielleicht schreitet Gott ein. Ganz konkret. Und sie dürfen erkennen: “Ja, da gibt es wirklich diesen Jesus der mich und meine Situation sieht und hilft.”
In der Gemeinde und in unseren Familien haben wir die Möglichkeit das einzuüben. In den alltäglichen Gesprächen es zur Gewohnheit werden lassen: “Komm, lass uns noch beten”. Reden mit dem Papa im Himmel, der kein ungerechter Richter ist, sondern dem wir so sehr wichtig sind. Weil er uns liebt. Und weil er die liebt, die ihn noch nicht kennen.
Amen!
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