Wiedersehen macht Freude
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Wiedersehen macht Freude
Wiedersehen macht Freude
Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und unserem Herrn und Heiland Jesus Christus,
Liebe Gemeinde,
manchmal erscheint unser Leben sehr schwierig. Ja es ist ermüdend, frustrierend, enttäuschend und schmerzhaft. Jeder von uns hat schon solche Momente in seinem Leben durchgemacht. Und sind wir ehrlich, unsere Gesellschaft trägt einen großen Anteil bei. Denken wir nur an den Krieg in der Ukraine, und die damit steigenden Lebenskosten. Die Unsicherheiten auf dem Energiemarkt. Mit was werden wir in Zukunft noch heizen. Können wir das noch bezahlen? Manchmal hat man den Eindruck, wir werden von Narzisten regiert, die nur ihr eigenes ins Trockene bringen wollen?
Vielleicht haben wir gedacht, weil wir Christen sind, geht es uns in dieser so verrückten Welt etwas besser und wir kommen mit diesen Problemen des Lebens besser klar. Ja, vielleicht hofften wir, dass durch unser Christsein die Probleme verschwinden oder wenigstens weniger werden oder wir besser damit klar kommen. Aber die Wahrheit ist, sie verschwinden nicht. Ja sie werden sogar im Gegenteil manchmal noch mehr.
Aber mit unserem Christsein hat sich dennoch etwas geändert. Es hat sich der Fokus, das Lebensziel, geändert. Denn wir haben jetzt ein anderes Ziel für unser Leben. Das Ziel heißt die Hoffnung mit Jesus Christus haben. Unsere Hoffnung ist nun nicht mehr die Erwartung, dass alle unsere Lebenswünsche erfüllt werden, sondern dass wir eine Zukunft, ein Morgen mit Jesus haben.
Die Jünger Jesu waren mit ihrem Meister und Boss in der vorösterlichen Zeit unterwegs und lebten in der Vorstellung und Erwartung, dass das lange so weiter geht, dass sie mit Jesus unterwegs sind und dass er sein Evangelium, seine Gute Nachricht verkündet und die Menschen heilt und ihnen hilft. Hier und da legte er sich mit den Oberen Israels an. Aber beim Volk war er grundsätzlich beliebt. Doch im großen und ganzen wird es so weitergehen. Das dachten wenigsten die Jünger. Aber dann kommen Aussagen von Jesus, die klingen auf einmal ganz anders. Wir hören von einem vorösterlichen Geschehen, das schon in das nachösterliche hineinreicht.
Da spricht Jesus folgendes im Johannesevangelium, Kapitel 16, Vers 16-23a:
16 »Es dauert nur noch kurze Zeit, dann werdet ihr mich nicht mehr sehen. Doch noch einmal kurze Zeit später werdet ihr mich wiedersehen.« 17 Da fragten die Jünger einander: »Was bedeutet das, wenn Jesus zu uns sagt: ›Es dauert nur noch kurze Zeit, dann werdet ihr mich nicht mehr sehen. Doch noch einmal kurze Zeit später werdet ihr mich wiedersehen‹? Und: ›Ich gehe zum Vater‹?« 18 Sie fragten weiter: »Was bedeutet das, wenn er sagt: ›Es dauert nur noch kurze Zeit‹? Wir verstehen nicht, wovon er redet.« 19 Jesus merkte, dass sie ihn fragen wollten. Deshalb erklärte er ihnen: »Ich habe gesagt: ›Es dauert nur noch kurze Zeit, dann werdet ihr mich nicht mehr sehen. Noch einmal kurze Zeit später werdet ihr mich wiedersehen.‹ Macht ihr euch nun darüber Gedanken? 20 Amen, amen, das sage ich euch: Ihr werdet weinen und klagen, aber diese Welt wird sich freuen. Ja, ihr werdet traurig sein, aber eure Trauer wird sich in Freude verwandeln. 21 Es ist wie bei einer Frau: Sie leidet Schmerzen, wenn sie ein Kind zur Welt bringt – ihre Stunde ist gekommen. Aber wenn das Kind geboren ist, denkt sie nicht mehr an ihre Angst. Sie freut sich nur noch, dass ein Mensch zur Welt gekommen ist. 22 Auch ihr seid jetzt traurig. Doch ich werde euch wiedersehen. Dann wird euer Herz voll Freude sein, und diese Freude kann euch niemand mehr nehmen. 23 An diesem Tag werdet ihr mich nichts mehr fragen. Amen, amen, das sage ich euch: Alles, worum ihr den Vater in meinem Namen bittet, das wird er euch geben!
Fragen über Fragen haben sie jetzt, die Jüngern! Fragen über Fragen haben auch wir! Bisher haben sie mit Jesus in relativer Sicherheit gelebt. Doch auf einmal macht sich Unsicherheit breit. Es zieht ihnen fast den Boden unter den Füßen weg. Was sagt Jesus da? Das ist so unverständlich, so mysteriös. Ja es macht ihnen regelrecht Angst. Dabei haben sie doch für Jesus alle ihr bisheriges Leben aufgegeben. Der eine hatte an seiner Zollstation alles stehen und liegen gelassen, die anderen haben ihre Bote ans Land gezogen und ihren Fischereibetrieb aufgegeben. Wieder andere haben ihre Familien verlassen und vieles mehr, nur um Jesus nachzufolgen. Aber jetzt macht ihnen Jesus mit seinen Worten vom Verlassen und Wiederkommen, von Traurigkeit und Freude richtig Angst. Es klingt so mystisch und unverständlich. Es ist ihnen bei den Worten Jesu unwohl dabei.
Darum jetzt ihr besorgtes Fragen. Sie wollen von ihm dieses geheimnisvolle Reden erklärt bekommen. Aber es wird noch schwieriger, die Worte Jesu zu verstehen.
Vielleicht kennt das der eine oder andere auch. Da stehe ich einer anderen Person gegenüber. Sie erzählt etwas wirklich sehr Wichtiges, aber ich merke: Ich verstehe es nicht, was er oder sie da redet. Es ist für mich sprichwörtlich “Böhmische Dörfer”. Welche Gefühle machen sich da bei mir breit? Sicher recht ungute. Nicht nur, weil man da nicht dumm dastehen möchte, sondern auch, weil mir doch mein Gegenüber wichtig ist. Vielleicht versucht es mein Gesprächspartner mir darum auch auf die unterschiedlichsten Arten und Weisen deutlich zu machen. So jedenfalls macht es Jesus hier bei seinen Jüngern.
Vielleicht erst einmal das Positive hier, was Jesus sagt: “Egal was geschieht, egal wohin ich gehe, egal was passiert: “Ich komme wieder!” Das ist die Aussage die Jesus schon allem vorweg nimmt.
Irgendwie wirken die Jünger dennoch richtig ratlos, mit dem, was Jesus ihnen sagt. Es ist ein richtig komisches Wechselspiel, was er ihnen zumutet: Jesus ist da, Jesus ist weg, Jesus ist da. Man kann alles mehrdeutig verstehen oder auch gar nicht. Die Jünger spürten nur, dass Jesus mit seinem Wirken auf dieser Erde zum Abschluss kommt.
Nach Ostern haben sie dann verstanden, denn nach seiner Auferstehung zeigte sich Jesus seinen Jüngern als der Auferstandene – das war der Anlass zur Freude. Doch auch da blieb er nicht bei ihnen, denn an Himmelfahrt ging er wieder weg und sandte den Heiligen Geist.
Und nun: Es steht noch am Ende seine Wiederkunft aus. So können wir diese Szene mit großer Weite sehen, auch wenn seine Jünger in diesem Moment den konkreten Kreuzestod Jesu vor Augen hatten. Sie betraf vor allem die Bedrängnis, als Jesus gekreuzigt wurde.
Jesus selbst beschreibt dieses Geschehen in einem Gleichnis, in dem Gleichnis der gebärenden Frau. Er hat ja oft in Gleichnissen zu den Menschen damals gesprochen. Noch einmal das Gleichnis von der gebärenden Frau:
21 Eine Frau, wenn sie gebiert, so hat sie Schmerzen, denn ihre Stunde ist gekommen. Wenn sie aber das Kind geboren hat, denkt sie nicht mehr an die Angst um der Freude willen, dass ein Mensch zur Welt gekommen ist.
Wie die Hochzeit ein Bild für die höchste Freude ist, so der Geburtsschmerz ein Bild für die schlimmste Not. Es ist klar: Die Jünger erfahren Not und Bedrängnis und zwar durch die Passion Jesu. Aber und das ist auch wichtig zu wissen, in der Bibel ist die gebärende Frau nicht nur ein Bild der Not, sondern auch ein Bild der Freude, der Freude über die Geburt eines Kindes und sogar noch der Gedanke, dass mit der Geburt auch neues Leben beginnt. Mit der Auferstehung hat gewissermaßen auch das Leben Jesu neu begonnen. So finden wir hier sogar eine verhüllte Prophezeiung der Auferstehung.
Kommen wir zurück zu den Jüngern und ihrem Nichtverstehen und ihrer Enttäuschung. Wie gehen wir in solchen Augenblick mit unserer Enttäuschung und unserem Frust um? Was machen wir heute, wenn Jesus scheinbar nicht da oder anders da ist, als wir es uns wünschen?
Jesus verweist darauf, dass nicht das Erleben in der Situation (Bedrängnis) unseren Blick einnehmen soll, sondern wir den Weitblick erhalten und behalten: Begegnung mit ihm bedeutet Freude! Damals – heute – und in Zukunft. Denn Wiedersehen macht Freude. Dieses Wiedersehen erlebten die Jünger damals (vorübergehend) sichtbar, dann in der Kraft des Heiligen Geistes, und das wird unsere Freude werden, wenn wir Jesus in der Zukunft begegnen. Einen Teil davon können wir bereits heute erfahren.
Wiedersehen macht Freude… angesichts von Trauer und Angst
Jesus verschweigt den Jüngern nicht, was auf sie zukommt und auf was er sie gerade vorbereitet: Ihr werdet weinen, Klagen anstimmen, Angst haben und die Traurigkeit wird euch übermannen. Denn die Gegner stimmen in Jubelgesänge ein, sie freuen sich über ihren scheinbaren Sieg und freuen sich über die Kreuzigung.
Das ist nur vorübergehend. Das Blatt wendet sich. Am Ende freut ihr euch. Das hat einen guten Grund: Wir sehen uns wieder. Die erneute Begegnung mit Jesus entzündet Freude. Und sie geht von ihm selbst aus, denn er betont: »Ich will euch wiedersehen!« Ja, Jesus will. Seine Verheißung kommt zum Ziel. Er geht weg, er kommt wieder und seine Zusage ermutigt uns in der schwierigen Zwischenphase.
Das Beispiel der gebärenden Frau verdeutlicht besonders gut, wie Angst, Schmerz und Spannungen mit der Freude am Ende zusammenhängen. So ist es auch bei der Jesus-Nachfolge. Warum sollte es Jesus-Jüngern damals und heute anders gehen als ihrem Meister? Nicht alle werden für uns sein; Jesus spricht zuvor von Hass und Verfolgung. Und die Jünger und wir tun uns schwer damit, dass wir damit konfrontiert werden.
Dabei ist bei uns das nicht in dem Ausmaß erlebbar, wie bei unseren Glaubensgeschwistern weltweit. Sie erleben Bedrängnis und Verfolgung in einer ganz anderen Dimension. Für uns stellt sich d eher die Frage: Wie könnten wir hier Ermutiger und Helfer in ihrer Situation sein?
»Eine kleine Weile« – das ist deshalb so wichtig zu betonen, damit wir nicht den Mut verlieren und nicht aufgeben, bis wir am Ende Jesus begegnen. Es geht hier nicht um Zeitrechnungen, sondern um das klare Ziel vor Augen: Unvergleichlich, wie groß die Freude im Vergleich zur Trauer und den Schmerzen sein wird! Das ist die Ermutigung für das »Dazwischen«. Zwischen Nichtsehen und Sehen liegt eine Zwischenzeit. So, wie wir sie im Gebet erleben zwischen Bitte und Erfüllung. Wir leben noch in der Zwischenzeit und sind herausgefordert, Spannungen auszuhalten, wie die Jünger damals – aber: ebenso mit ihm. Und wir können uns auf ein Wiedersehen freuen: Denn Wiedersehen macht Freude.
Damals – heute – am Ende. Und bis dahin sicherlich in der Begegnung mit ihm, konkret im Gebet.
Die riefen die ersten Christen nicht nur „Amen“, sie riefen auch „Maranatha, komm Herr Jesus“, und wenn wir als Gottes Volk hier diese Sehnsucht teilen, dann ruft es auch: Maranatha, komm Herr Jesus!
Amen