230604 Eine gefährliche Botschaft Apg 9,19-31

Gott in Aktion  •  Sermon  •  Submitted   •  Presented
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Vorüberlegungen

1) Die TN verstehen die Bedeutung der Begriffe “Sohn Gottes” und “Christus”. 2) Die TN spüren, dass die Botschaft von Jesus als Sohn Gottes und Christus auch heute noch anstösst. 3) Die TN bekennen Jesus als Sohn Gottes und Christus.
Apg 9,19-31; Gal 1,17-19; 2Kor 11,32f;
Kontrast von Apg 9,31 zum Rest des Texts.
Parallelen zu Stephanus
Wie beweist man den Sohn Gottes/Messias? (Betonung der Abstammung von Gott im lukanischen Stammbaum vgl. Lk 3,38). “Beweisen” symbibazein=zusammenfügen

Predigt

Einleitung

Paulus hatte ein gutes Händchen dafür, sich unbeliebt zu machen. Schauen wir uns nur mal den Text von heute an. Die Begegnung mit Jesus hat ihn so verändert, dass er vom Verfolger zum Verfolgten wurde. Erst hätte er am liebsten alle umgebracht, die irgendetwas mit diesem Jesus zu tun gehabt haben. Doch dann wollen alle ihn umbringen, weil er plötzlich im Team Jesus mitspielt. Wie es genau dazu gekommen ist, kannst du in der Apostelgeschichte 8-9 nachlesen. Der heutige Predigttext umfasst nur 13 Verse, aber in diesen wenigen Zeilen schafft es Paulus zwei Mal, dass er für so viel Aufruhr sorgt, dass man ihn umbringen will. Es entsteht so viel Unruhe, dass man es zwei Mal für sicherer hält, wenn Paulus die Stadt verlässt. Diesen Abschnitt beendet Lukas mit der Aussage: “So hatte die ganze Gemeinde Frieden”. Die Interpretation überlasse ich jetzt euch. Mir geht es um etwas anderes: Wir sehen in der Apostelgeschichte immer wieder, dass Menschen stinksauer werden, wenn man ihnen von Jesus erzählt. Petrus und Johannes landen im Gefängnis, Stephanus wird gesteinigt, Paulus muss fliehen. Was haben die bitte den Leuten erzählt? Und warum wird bei uns heute die wenigsten Leute wütend, wenn sie die Apostelgeschichte lesen? Ich glaube, es lohnt sich, genau hinzuschauen, was Paulus und seine Kollegen den Leuten erzählt haben. Ich möchte über die beiden Aussagen sprechen, die Paulus in diesem Abschnitt macht. 1) Jesus ist der Sohn Gottes. 2) Jesus ist der Messias/Christus. Ich werde versuchen zu zeigen, warum das damals ärgerlich war. Wir werden sehen: Die Zeiten haben sich geändert. Viele der Dinge, die damals anstössig waren, sind heute unproblematisch. Und doch haben diese beiden Aussagen noch heute Zündkraft.

Hauptteil

Sohn Gottes

Fangen wir mit dem ersten an, dem Sohn Gottes. Im Alten Testament gibt es drei verschiedene Art von Söhnen Gottes.
Israel (Ex 4,22f; Jes 1,2; 30,1; 43,6; 45,11; 63,8; Jer 3,19; 31,9.20; Hes 21,15; Hos 11,1;). Israel als ganzes Volk ist der Sohn Gottes. In diesem Sinn können auch die einzelnen Israeliten als Kinder Gottes bezeichnet werden.
Könige und Priester (2Sam 7,14; 1Chr 17,13; 22,10; 28,6; Ps 2,7; Mal 1,6; ). Könige und Priester sind zwar alle Israeliten und damit Söhne Gottes, doch an manchen Stellen, werden sie aus der Masse herausgehoben und besonders erwähnt.
Die Gottessöhne (Gen 6,2-4; Hi 1,6; 2,1; 38,7): Sie sind hochrangige himmlische Wesen, die bei der Schöpfung dabei gewesen sind.
Ein Spezialfall ist die Weisheit in Spr 8,22-31. Der Begriff “Sohn Gottes” oder “Kind Gottes” wird nicht erwähnt, aber die verwendeten Bilder zielen eindeutig in diese Richtung. Im Christentum wurde diese Stelle immer wieder auf Jesus hin gedeutet.
Also was meint Paulus, wenn er sagt, dass Jesus der Sohn Gottes ist. Naja, wenn er damit einfach sagen möchte, dass Jesus ein Israelit ist, dann wird ihm niemand widersprechen. Damit ärgert er niemanden. Wenn man die Paulusbriefe liest, dann findet man Anspielungen sowohl auf das zweite und dritte. Jesus ist der rechtmässige König (Röm 1,3f; 1Kor 15,28; Kol 1,13). Darüber lässt sich im Judentum natürlich streiten. Immerhin hatten die jüdischen Führer Jesus genau deswegen bei Pilatus angeklagt. Und der hatte ein Schild über dem Kreuz anbringen lassen mit der Aufschrift “König der Juden”. Also zu wiederholen, dass Jesus der König sei, war nicht ganz ungefährlich. Dann gibt es aber auch sehr viele Stellen, in denen Paulus den Titel “Sohn Gottes” nicht im Sinn von “König” verwendet. Z.B. wenn er davon spricht, dass wir Menschen durch den Tod des Sohnes Leben und Vergebung der Sünden haben (Röm 5,10; 8,32; Kol 1,13f). Das ergibt keinen Sinn, wenn man an die AT-Könige denkt. Hier hat Paulus etwas anderes im Sinn.
Schauen wir mal die dritte Kategorie an. An vielen Stellen ist eindeutig, dass Paulus Jesus für mehr als einen Menschen gehalten hat. Jesus ist ein übernatürliches Wesen. Man sieht das dort, wo Paulus vom Glauben an den Sohn Gottes spricht (Gal 2,20). An einen menschlichen König darf man nicht glauben, denn er ist nur ein Mensch. Paulus spricht auch davon, dass Jesus schon da war, bevor er als Mensch gelebt hat (Röm 8,3; Gal 4,4-6). Das passt sehr gut zu einem übernatürlichen Wesen. Wenn man dann genau hinschaut, dann merkt man, dass Paulus bei Jesus nicht an irgendeinen Engel denkt. Er ist eben nicht irgendein Sohn Gottes. Er ist der Sohn Gottes. Paulus sprengt also auch hier die bestehende Kategorie. Jesus ist der König - und noch mehr. Jesus ist ein übernatürliches Wesen - und noch mehr. Dass man dafür bei strenggläubigen Juden Ärger bekommt, ja damit muss man rechnen.
Wie sieht es denn heute aus? Wer der König von Israel ist, interessiert bei uns eigentlich niemanden. Aber das macht gerade das NT und insbesondere Paulus aus: Jesus ist nicht nur der König der Juden, sondern der König der ganzen sichtbaren und unsichtbaren Welt. Persönliche Leseempfehlung dazu: Epheser- und Kolosserbrief.
In unserer Gesellschaft hat eigentlich niemand ein Problem damit, wenn man sagt, dass Jesus ein weiser Mensch gewesen ist. Ein guter Lehrer und Weltverbesserer. Und für viele ist auch noch akzeptabel, wenn wir Christen davon reden, dass Jesus ein übernatürliches Wesen ist. 2000 Jahre Kirchengeschichte in Europa haben doch Spuren hinterlassen. Jesus ist Gott? Ja, warum nicht, dann glaubt ihr das eben. Brenzlig wird es da, wo wir sagen: Jesus hat auch Macht über dich, ob du das willst oder nicht. Jesus ist dein König und er wird dich zur Rechenschaft ziehen, wenn du ihm nicht gehorchst. Ui, da habe ich gerade ein paar Warnlampen angehen sehen. Wenn wir das wirklich behaupten, dann ist die Botschaft von Jesus als dem Sohn Gottes immer noch brandgefährlich.
(Paulus spricht immer wieder davon, dass Jesus der Erstgeborene unter vielen Brüdern ist (Röm 8,29; Kol 1,18; Off 1,5). Er meint damit, dass alle, die an Jesus glauben, ebenfalls Kinder Gottes werden können. Jesus ist unser grosser Bruder.)

Messias

Wie sieht es denn mit der zweiten Aussage aus, dass Jesus der Christus, also der Messias ist? Zur Zeit des NT gab es verschiedene Ideen, was der Messias genau ist. Manche Juden gingen auch von mehreren Messiassen aus. D.h. hier eine etwas pointierte Meinung zu haben, war damals nichts Ungewöhnliches. Aber es gab Grenzen. Die Juden waren sich z.B. einig, dass der Messias eine königliche Funktion haben würde. Er würde ein Reich wie das von David aufrichten. Mehr noch, viele träumten davon, dass Israel unter dem Messias zur neuen Weltmacht werden würde. Also was damals Rom war, das würde später einmal Israel sein. Wenn jetzt also Paulus kommt und behauptet, dass Jesus der Messias ist, dann kommt sofort die Frage: Wo ist denn sein Königreich? Vielleicht erinnert ihr euch noch an den Anfang der Apostelgeschichte. Das ist genau die Frage, die die Jünger Jesus kurz vor Auffahrt stellen: Wirst du jetzt das Königreich für Israel aufrichten? Ähm, nein und ja. Nein, nicht so wie ihr denkt, aber nicht so, wie ihr denkt.
Für viele Juden war aber auch klar, dass der Messias eine priesterliche Rolle hat. D.h. er würde der geistliche, spirituelle Führer des Volkes sein. Und weil man nach AT-Gesetz eigentlich nicht gleichzeitig König und Priester sein kann, sind einige jüdisch Gruppen davon ausgegangen, dass es zwei Messiasse geben wird: einen König und einen Priester. Aber auch wenn es nur ein einziger Königsmessias sein würde, dann würde der trotzdem dafür sorgen, dass Israel 100% den Bund mit Gott halten würde. Und dann kommt dieser Paulus und spricht davon, dass man die Bundesgebote nicht halten muss, wenn man dem Messias Jesus folgt. Zugegeben, ich weiss nicht, ob ihm das so kurz nach seiner Bekehrung in Damaskus schon bewusst gewesen ist. Aber gehen wir mal einfach davon aus. Also: Die Erwartung ist, dass der Messias die Menschen dazu bringen wird, das Gesetz perfekt zu halten. Und jetzt kommt Paulus und sagt: Das Gesetz findet in Jesus seine Erfüllung und sein Ende. Viele Juden waren der Überzeugung, dass die Römer nur darum im Land waren, weil die Juden den Bund nicht richtig gehalten haben. Und dann kommt Paulus mit so einer Aussage. Paulus, wir stehen schon unter Fremdherrschaft! Soll es denn noch schlimmer werden? Jep, mit solchen Aussagen hat sich Paulus nicht nur Freunde gemacht.
Aber auch hier: Was geht uns das heute an? Wenn ich jetzt rausgehe und jemanden auf der Strasse frage, wie relevant die jüdischen Reinheitsgebote für ihn sind, dann wird er sagen: “Zero!” Who cares? Trotzdem ist die Botschaft von Jesus als Messias heute noch genau so provokativ wie damals, aber aus anderen Gründen. Was ist die Funktion des Messias? Er tut das für das Volk, was das Volk alleine nicht tun kann. Er ist der Stellvertreter, der das macht, was du nicht kannst. Oder etwas pointiert ausgedrückt: Du bist nicht so gut, wie du denkst. Du bist unfähig, wirklich gut zu sein. Ui, und schon gehen die Alarmsirenen wieder an. Was ist das Mantra unserer Zeit? Wenn du willst, dann kannst du alles schaffen. Wer sagt, dass Jesus der Christus ist, der sagt damit auch. Nein, du kannst nicht alles schaffen. Schlimmer noch, du scheiterst schon an den allereinfachsten Sachen wie liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Und mit liebe Gott von ganzem Herz, ganzer Seele und ganzem Verstand müssen wir gar nicht erst anfangen. Wer sich selbst Christ nennt, der sagt damit: “Ich brauche Hilfe! Ich brauche Hilfe von diesem Jesus.”

Anwendung

Was heisst das jetzt? Müssen wir alle sein wie Paulus? Ist man erst ein richtiger Jesus-Nachfolger, wenn man eine Morddrohung im Briefkasten hat? Nein, das denke ich nicht. Aber ich habe das Gefühl, dass wir heute oft versuchen, Jesus und den Glauben möglichst kuschelig zu verpacken. Wir möchten es niemandem zu schwer machen, um zu Jesus zu kommen. Und dieses Anliegen ist ja auch gut. Wir müssen dabei einfach aufpassen, dass wir Jesus und seine Botschaft nicht weichspülen. Wenn wir sagen, dass Jesus der Messias und der Sohn Gottes ist, dann gefällt das nicht allen. Wir sagen damit nämlich, dass es da jemanden gibt, der über dich bestimmen kann. “Jeder muss für sich selbst entscheiden, was gut ist.” Nein, es hat schon jemand entschieden was gut ist und was nicht. Sein Name ist Jesus, der Sohn Gottes.
Beim zweiten Punkt glaube ich, dass langsam ein Umdenken stattfindet. Gerade der jungen Generation ist bewusst, dass wir unsere grossen gesellschaftlichen Probleme nur gemeinsam lösen können. Aber auch da gibt es Schwierigkeiten: “Was, es soll einen einzigen geben, der die Antwort auf alles ist? Gefährlich! Was, er ist der einzige Weg zum Ziel? Gefährlich!” Ich glaube, ich erzähle euch da nichts Neues. Jesus, der Christus, der königliche Retter, das ist eine gefährliche Botschaft für unsere Zeit.
Ich wünsche dir und mir den Mut, diese Botschaft in die Welt zu tragen. Denn ich glaube, unser Land muss das hören. Aber es ist so, wie es schon Jesus seinen Jüngern bei der Aussendung der 72 gesagt hat: Es wird Menschen geben, die diese Botschaft hören wollen und aufnehmen. Aber es gibt auch diejenigen, die davon nichts wissen wollen und sogar böse werden. Darum muss diese Botschaft, dass Jesus der Sohn Gottes und der Messias ist, erst einmal bei uns selbst ankommen. Ja Jesus, du bist mein Herr und Retter.
Gebet
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