230604 Löwe und Lamm Off 5 Kirchriedt

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Notes
Transcript

Vorüberlegungen

1) Die TN verstehen den irritierenden Kontrast zwischen dem Löwen und dem Lamm. 2) Die TN staunen über den Jesus, der durch seinen Tod siegt. 3) Die TN beten Jesus an.

Predigt

Einleitung

Das letzte Jahr war für unsere Familie herausfordernd. Wir hatten zwei Todesfälle, die uns ziemlich mitgenommen haben. In dieser Zeit ist mir ein Bibeltext neu aufgeleuchtet. Und zwar ist es Off 5. In diesem Text sind zwei Figuren sehr wichtig: der Löwe und das Lamm. Eigentlich ist es zweimal die gleiche Figur. Der Löwe und das Lamm stehen beide für Jesus. Doch diese beiden Symbole zeigen uns unterschiedliche Dinge, wer Jesus ist. Ich werde euch den Text jetzt lesen. Achtet doch mal darauf, wo der Löwe und wo das Lamm vorkommen. Was tun die beiden? Und was sagt uns das über Jesus?

Hauptteil

Off 5,1-14: 1 Und ich sah in der rechten Hand dessen, der auf dem Thron saß, ein Buch, beschrieben innen und außen, versiegelt mit sieben Siegeln. 2 Und ich sah einen starken Engel, der rief mit großer Stimme: Wer ist würdig, das Buch aufzutun und seine Siegel zu brechen? 3 Und niemand, weder im Himmel noch auf Erden noch unter der Erde, konnte das Buch auftun und hineinsehen. 4 Und ich weinte sehr, weil niemand für würdig befunden wurde, das Buch aufzutun und hineinzusehen. 5 Und einer von den Ältesten spricht zu mir: Weine nicht! Siehe, es hat überwunden der Löwe aus dem Stamm Juda, die Wurzel Davids, aufzutun das Buch und seine sieben Siegel. 6 Und ich sah mitten zwischen dem Thron und den vier Gestalten und mitten unter den Ältesten ein Lamm stehen, wie geschlachtet; es hatte sieben Hörner und sieben Augen, das sind die sieben Geister Gottes, gesandt in alle Lande. 7 Und es kam und nahm das Buch aus der rechten Hand dessen, der auf dem Thron saß. 8 Und als es das Buch nahm, da fielen die vier Gestalten und die vierundzwanzig Ältesten nieder vor dem Lamm, und ein jeder hatte eine Harfe und goldene Schalen voll Räucherwerk, das sind die Gebete der Heiligen, 9 und sie sangen ein neues Lied: Du bist würdig, zu nehmen das Buch und aufzutun seine Siegel; denn du bist geschlachtet und hast mit deinem Blut Menschen für Gott erkauft aus allen Stämmen und Sprachen und Völkern und Nationen 10 und hast sie unserm Gott zu Königen und Priestern gemacht, und sie werden herrschen auf Erden. 11 Und ich sah, und ich hörte eine Stimme vieler Engel um den Thron und um die Gestalten und um die Ältesten her, und ihre Zahl war vieltausendmal tausend; 12 die sprachen mit großer Stimme: Das Lamm, das geschlachtet ist, ist würdig, zu nehmen Kraft und Reichtum und Weisheit und Stärke und Ehre und Preis und Lob. 13 Und jedes Geschöpf, das im Himmel ist und auf Erden und unter der Erde und auf dem Meer und alles, was darin ist, hörte ich sagen: Dem, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm sei Lob und Ehre und Preis und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit! 14 Und die vier Gestalten sprachen: Amen! Und die Ältesten fielen nieder und beteten an.
Was ist euch aufgefallen? Der Löwe kommt nur am Anfang vor und danach nicht mehr. Habt ihr das schon mal erlebt? Ihr erwartet Besuch und es klingelt an der Tür. Dann macht ihr auf, aber es steht gar nicht der erwartete Besuch vor der Tür, sondern jemand ganz anderes. Genau das passiert in diesem Text. Da gibt es dieses Buch, dass niemand öffnen darf. Es ist mit sieben Siegeln verschlossen. Bei “Buch” sollten wir nicht unbedingt an so ein gebundenes Buch denken, sondern eher an eine Schriftrolle. Man merkt dass daran, dass es heisst, sie sei innen und aussen beschrieben. Was ist so besonders an diesem Buch? Was steht darin? In der Theologie ist viel darüber spekuliert worden. Wenn wir weiterlesen, dann sehen wir, dass diese Siegel eines um das andere aufgebrochen werden. Und mit jedem Siegel kommt ein neues Unglück über die Welt. Manche sagen, dass in dem Buch die Plagen aufgeschrieben sind, die ausgeführt werden, sobald eines der Siegel gebrochen wird. Ich denke, dass das nicht stimmt. Stellt euch das mal vor: Ich habe eine Schriftrolle. Und niemand kann sie lesen, weil sie mit diesen sieben Sieglen verschlossen ist. Wenn ich das erste Siegel aufbreche, kann ich dann lesen, was darin steht? Nein, denn es hat ja noch sechs weitere. Erst wenn alle sieben Siegel aufgebrochen sind, kann die Schriftrolle geöffnet werden. Was auf dieser Rolle steht, wird also erst klar, nachdem die sieben Siegel aufgebrochen worden sind.
In der Offenbarung gibt es aber ein Buch, dass erst ganz am Ende geöffnet wird. Es ist das Buch des Lebens. Darin stehen die Namen von all den Menschen, die Gott treu gedient haben und die Ewigkeit im ihm verbringen werden (Off 17,8; 20,12-15). An zwei Stellen wird dieses Buch explizit das Lebensbuch des Lammes genannt (Off 13,8; 21,27). Und jetzt verstehen wir auch, warum es so eine Katastrophe ist, wenn niemand das Buch öffnen kann. Wenn das Buch nicht geöffnet wird, dann kann niemand wissen, wer die Ewigkeit mit Gott verbringt. Kein Wunder, dass Johannes weint, als man niemanden findet, der würdig ist, das Buch zu öffnen. Ich stelle mir das ganz lebhaft vor. Da kommt dieser starke Engel und ruft: “ Wer ist würdig, dieses Buch aufzumachen?” Und er durchforscht den ganzen Himmel und findet niemanden. Dann geht er auf die Erde und findet niemanden. Da wird er schon langsam nervös, aber vielleicht gibt es ja jemanden in der Unterwelt? Nein. Niemand ist würdig. Und da weint Johannes
Doch dann wird er getröstet. Einer der 24 Ältesten, die vor dem Thron Gottes stehen, weiss, wer die Schriftrolle auftun darf. Es ist der Löwe von Juda, der Spross Davids, der überwunden hat. Ja, das ist wirklich ein würdiger Kandidat. Ein königlicher Löwe. Gross und stark. Einer, der auch die stärksten Feinde überwinden kann. Ja, der ist würdig. Doch dann geschieht diese merkwürdige Wechsel. Wenn wer jetzt die Bühne betritt, ist kein Löwe, sondern ein Lamm. Und es ist nicht mal ein besonders schönes oder starkes Lamm. Nein, es sieht so aus, als hätte man ihm gerade die Kehle durchgeschnitten. Kein schöner Anblick. Johannes, wo ist der Löwe, den der dir versprochen worden ist? Das ist der Löwe. Dieses geschlachtete Lamm. Denn wenn man genau hinschaut, bemerkt man etwas Seltsames. Das Lamm hat sieben Hörner und sieben Augen. Hörner sind in der Bibel oft Symbole für Macht. Sieben Hörner sind also vollkommene Macht. Augen stehen meistens für Wissen und Weisheit. Und so wird es hier auch erklärt. Es sind sieben Geister, welche die ganze Erde durchstreifen. So weiss das Lamm alles, was auf der Erde geschieht. Also doch kein so schlechter Kandidat. Das Lamm nimmt dann die Buchrolle und alle beten es an.
Mich hat dieser Kontrast im letzte Jahr immer wieder bewegt. In meinem Leben wünsche ich mir oft, dass Jesus mehr wie dieser Löwe auftritt. Wir haben letztes Jahr zwei Fehlgeburten erlebt und ich habe Gott oft darum gebeten, dass diese beiden Kinder doch leben dürfen. Jesus, du bist doch der starke Löwe, der sogar den Tod überwunden hat. Überwinde doch auch hier! Vielleicht kennst du auch solche Momente in deinem Leben, wo du betest: Jesus, greif doch ein! Doch dann geschieht nichts. Mir ging es im letzten Jahr oft so, dass ich in Jesus nur dieses Lamm gesehen habe. Wie soll denn ein geschlachtetes Lamm helfen können? Etwas Hilfloseres kann man sich kaum vorstellen. Ist der Löwe nur ein leeres Versprechen? Nein. Es wird die Zeit kommen, in der Jesus als Löwe auftritt. Wenn er wiederkommt, dann werden alle seine Herrschaft anerkennen. Doch bis dahin sehen wir Jesus meistens nur als Lamm.
Was ist das wichtigste Symbol des Christentums? Das Kreuz. Und was ist das Kreuz? Es ist ein römisches Folter- und Hinrichtungsinstrument. Das Kreuz ist ein Symbol des Todes. Jedenfalls für diejenigen, die in Jesus nur das geschlachtete Lamm sehen. Was haben die Priester Jesus zugerufen als er am Kreuz hin? Steig vom Kreuz herunter, dann werden wir an dich glauben (Mt 27,40-42; Mk 15,30-32). Mit anderen Worten: Zeig dich als Löwe, dann werden wir vor dir niederknien. Doch Jesus hat sich nicht als Löwe gezeigt, sondern als geschlachtetes Lamm. Und er wurde ausgelacht dafür. Und so stehen wir heute vor dem gleichen Jesus. Und auch wir würden gerne den Löwen sehen. Den mächtigen König. Diese Zeit wird kommen, aber noch nicht jetzt. Wenn Jesus als Löwe kommt, dann werden sich alle vor ihm beugen. Respekt vor einem Löwen zu haben, ist nicht schwer. Wenn ich in den Züri Zoo gehe, dann bin ich froh, dass sie die Löwen eingesperrt haben. Aber Lämmer? Die könnten sie von mir aus auch frei herumlaufen lassen. Die Frage an uns heute ist, ob wir in diesem geschlachteten Lamm bereits den König der Welt sehen. Denn ich bin überzeugt: Im Buch des Lebens stehen diejenigen, die sich jetzt schon vor dem Lamm verneigen. Am Ende werden alle vor dem Löwen niederknien. Doch wer kniet jetzt schon vor dem Lamm?

Anwendung

Für mich hat das im letzten Jahr bedeutet, dass ich daran festhalte, dass Jesus der Herr über Leben und Tod ist, selbst wenn unsere beiden Kinder meiner Meinung nach zu früh gestorben sind. Ich hätte mir gewünscht, dass Gott ein Wunder tut und sie leben. Ich hätte mir den Löwen gewünscht. Aber gesehen habe ich nur das Lamm. Für mich war das letzte Jahr emotional sehr herausfordernd. Aber meine Beziehung zu Gott ist nochmals viel stärker geworden. Gott hat sich mir in einer Art gezeigt, wie ich es nicht gekannt habe. Mein Bild von ihm ist reicher, grösser und schöner geworden.
Ich habe mir gewünscht, den Löwen zu sehen und das wünsche ich mir immer noch. Aber ich habe ganz tief gelernt, in diesem gekreuzigten, geschlagenen Jesus, dem geschlachteten Lamm, bereits den Löwen zu sehen. Und das wünsche ich dir in deinen Herausforderungen. Ich wünsche dir, dass sich Jesus als Löwe zeigt. Und manchmal tut er das. Aber ich wünsche dir auch, dass du das Lamm sehen lernst und dich schon vor im verbeugst.
Gebet

Abendmahl

Paulus spricht in 1Kor 10-11 ausführlich über das Abendmahl. Seinen Höhepunkt finden wir in:
1Kor 11,23-26: “Denn ich habe von dem Herrn empfangen, was ich euch weitergegeben habe: Der Herr Jesus, in der Nacht, da er verraten ward, nahm er das Brot, dankte und brach’s und sprach: Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; das tut zu meinem Gedächtnis. Desgleichen nahm er auch den Kelch nach dem Mahl und sprach: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut; das tut, sooft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis. Denn sooft ihr von diesem Brot esst und aus dem Kelch trinkt, verkündigt ihr den Tod des Herrn, bis er kommt.”
Wenn wir das Abendmahl feiern, dann verkündigen wir den Tod des Herrn. Wir verkündigen ihn also als den Gekreuzigten, das geschlachtete Lamm. Mit dieser Feier sagen wir auch: Ja Jesus, du bist würdig, das Buch des Lebens zu öffenen. Wir stimmen ein in den Lobpreis der himmlischen Heerscharen und der Heiligen Off 5,12: “Das Lamm, das geschlachtet ist, ist würdig, zu nehmen Kraft und Reichtum und Weisheit und Stärke und Ehre und Preis und Lob.”
Wir dürfen das Abendmahl feiern, weil der Tod von Jesus alles beseitigt hat, was uns von Gott trennt. In Off 5,9-10 wird es so formuliert: “Du bist geschlachtet und hast mit deinem Blut Menschen für Gott erkauft aus allen Stämmen und Sprachen und Völkern und Nationen und hast sie unserm Gott zu Königen und Priestern gemacht, und sie werden herrschen auf Erden.” Wir kommen nicht als Bettler, sondern als Könige und Priester. Was für eine Ehre!
Ich bete:
Herr Jesus, die geschlachtetes Lamm Gottes, wir stimmen ein in den himmlischen Lobpreis. Du bist würdig, das Buch des Lebens zu öffnen. Dir gehört alle Ehre! Und wir danken dir, dass du uns erlöst hast. Und wir bitten dich: Nimm weg und vergib, was dir an unserem Leben nicht gefällt. Wir danken dir für dein Opfer am Kreuz von Golgatha. Du hast deinen Leib und dein Blut für uns gegeben, damit ein neuer Bund geschlossen werden kann zwischen Gott und uns Menschen. Dafür danken wir dir! Wir bitten dich: Segne Brot und Wein! Komm mit deinem Heiligen Geist und erfülle uns neu, so dass wir deinen Tod und deine Auferstehung würdig verkündigen können. Amen
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