Ein lebendiges Opfer

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Psalm 118,22–29 (SLT)
22 Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, der ist zum Eckstein geworden;
23 vom Herrn ist das geschehen; es ist wunderbar in unseren Augen!
24 Dies ist der Tag, den der Herr gemacht hat; wir wollen uns freuen und fröhlich sein in ihm!
25 Ach, Herr, hilf! Ach, Herr, lass wohl gelingen!
26 Gepriesen sei der, welcher kommt im Namen des Herrn! Wir segnen euch vom Haus des Herrn aus.
27 Der Herr ist Gott, er hat uns Licht gegeben. Bindet das Festopfer mit Stricken an die Hörner des Altars!
28 Du bist mein Gott, ich will dich preisen! Mein Gott, ich will dich erheben!
29 Dankt dem Herrn, denn er ist gütig, ja, seine Gnade währt ewiglich!

Mit Stricken an den Altar binden?

Das sind wunderschöne messianische Verse, die im NT zitiert werden, aber wie ist V. 27 zu verstehen?
Psalm 118,27 (SLT)
Der Herr ist Gott, er hat uns Licht gegeben. Bindet das Festopfer mit Stricken an die Hörner des Altars!
Was hat es mit den Stricken und den Hörnern des Altars auf sich?
Die Anbeter sind aufgerufen, ein freiwilliges Opfer zu bringen, um Gottes Befreiung zu feiern.
Dies sollte von Danksagung ggü. ihrem persönlichen Bundesgott begleitet werden.
Die Tatsache, dass das Opfer mit Stricken an die Hörner des Altars gebunden war, weist darauf hin, dass es lebendig und nicht als toter Tierkörper zum Altar gebracht wurde. Das erinnert an Römer 12,1, wo wir ermahnt werden, unseren Leib als lebendiges Opfer darzubringen, als unseren geistlichen Gottesdienst.

Anwendung

Gott hat uns Jesus als das Licht der Welt gesandt, um uns zu erleuchten (Joh 1,9). Das ist das Evangelium. Das ist das, was Paulus im ersten Teil des Römerbriefs erläutert und was er in Röm 12,1 als Barmherzigkeit Gottes zusammenfasst.
Auf der Grundlage seiner Barmherzigkeit in Christus sind wir nun aufgerufen, uns in einem Bund an den Altar zu binden, wo wir uns selbst als lebendiges, heiliges, Gott wohlgefällige Opfer darbringen.
1. Johannes 4,19 (SLT)
Wir lieben ihn, weil er uns zuerst geliebt hat.
Der Altar ist das Kreuz Christi. Dort ist Christus für uns gestorben, dort hat er unsere Erlösung erwirkt, und dort sind wir mit ihm gekreuzigt:
Galater 2,20 (SLT)
Ich bin mit Christus gekreuzigt; und nun lebe ich, aber nicht mehr ich selbst, sondern Christus lebt in mir. Was ich aber jetzt im Fleisch lebe, das lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat.
Hörner sind in der Bibel ein Symbol der Macht bzw. der Kraft. Unsere Hingabe muss an die Kraft des Kreuzes gebunden sein, sie kann nicht aus unserer eigenen Kraft geschehen. Wir müssen auf die Kraft des Fleisches verzichten und uns an die Kraft Gottes binden, d.h. an den Heiligen Geist, der allein unser Opfer heilig, gottgefällig und fruchtbar machen kann. Die Hörner des Altars wurden mit Blut besprengt (3Mo 4,7.18.25.30.34; 8,15; 9,9; 16,18), was mich an das alte Lied erinnert: "Es ist Kraft in dem Blut".
Vor dem Binden des Opfers an den Altar heißt es “Der HERR ist Gott”, danach lesen wir: "Du bist mein Gott!". Erst durch unsere Hingabe machen wir Gott, der uns zuerst geliebt hat, zu unserem persönlichen Gott, den wir nun auch lieben.
Daraus erwächst der persönliche Dank: “Ich will dich preisen! Mein Gott, ich will dich erheben!“
und in der Folge der Wunsch, dass auch andere seine Gnade erkennen und ihm danken:
Psalm 118,29 (SLT)
Dankt dem Herrn, denn er ist gütig, ja, seine Gnade währt ewiglich!
In dem Kapitel “Die Beziehung zwischen Schöpfer und Geschöpf” in seinem Buch “Gottes Nähe suchen” schreibt A. W. Tozer dazu treffend:
Jede Seele gehört Gott und existiert, weil er Gefallen daran hat. Aufgrund des Wesens Gottes und des Wesens der Menschen gibt es nur eine denkbar mögliche Beziehung zwischen Gott und den Menschen, nämlich absolute Herrschaft auf seiner Seite und absolute Unterwerfung auf unserer. Wir schulden ihm jede Form der Ehrerbietung, deren wir fähig sind; etwas Geringeres ist seiner nicht würdig.
Gott nachfolgen bedeutet, die eigene Persönlichkeit in völligen Einklang mit der Persönlichkeit Gottes zu bringen; und dies nicht nur theoretisch, sondern ganz praktisch. Ich spreche hier nicht von der Gerechtsprechung durch Glauben an Christus. Ich beziehe mich vielmehr auf das willentliche Erheben Gottes, bis er die angemessene Position über uns einnimmt, bis wir in anbetender Unterordnung und willentlicher Hingabe unseres ganzen Wesens vor Gott knien, so wie es der Beziehung zwischen Schöpfer und Geschöpf entspricht.
Sobald wir uns dazu entschlossen haben, Gott über alles zu erheben, verlassen wir den Kurs dieser Welt. Wir werden feststellen, daß wir gar nicht mehr in diese Welt passen, und dies um so mehr, je mehr Fortschritte wir auf unserem neuen Weg der Heiligung machen. Wir werden eine völlig neue Sichtweise bekommen; in uns wird eine neue und ganz andere Geisteshaltung Gestalt annehmen; wir werden über die Entdeckung und die Auswirkungen einer neuen Kraft in uns überrascht sein.
Der Bruch mit dieser Welt wird die direkte Folge unserer veränderten Beziehung zu Gott sein. Denn die Menschen in dieser Welt, die in ihren Sünden gefangen sind, geben Gott nicht die Ehre, die ihm gebührt. Viele bezeichnen sich zwar als Christen und bezeugen ihm auch einen gewissen Respekt, doch schon ein einfacher Test beweist, wie wenig sie ihn wirklich ehren. Es genügt bereits die einfache Frage, wer oder was über allem steht, und schon wird deutlich, wo die meisten Menschen wirklich stehen. Wenn es darum geht, sich zwischen Gott und dem Geld zu entscheiden, zwischen Gott und anderen Menschen, zwischen Gott und dem persönlichen Ehrgeiz, zwischen Gott und dem eigenen Ich, zwischen Gott und der Nächstenliebe, wird Gott bei den meisten Menschen immer den zweiten Platz einnehmen. AIl diese Dinge werden über alle anderen erhoben, selbst über Gott. Wer das nicht glauben will, der braucht sich als Beweis nur die tagtäglichen Entscheidungen vor Augen zu führen, die die meisten Menschen ihr ganzes Leben lang treffen.
»Sei erhoben, o Gott!«, ist die siegreiche Sprache geistlicher Erfahrung. Sie ist der Schlüssel zu den großen Schätzen der Gnade. Sie ist für das Leben mit Gott von zentraler Bedeutung. Möge der Gott suchende Mensch jenes Stadium erreichen, wo sein Leben und seine Lippen gemeinsam sagen können: »Sei erhoben, o Gott!«, dann werden viele kleinere Probleme sich von ganz alleine lösen. Sein Leben als Christ wird nicht länger die komplizierte Aufgabe sein, die es einst war, sondern wird von Grund auf einfach sein. Er hat sich willentlich dazu entschlossen, einen bestimmten Kurs einzuschlagen, und auf diesem Kurs wird er auch bleiben, wie von einem Autopilot gesteuert. Wenn er für einen Augenblick vom rechten Kurs abweicht, wird er auf diesen Kurs wieder sicher zurückkehren, wie von einer geheimen Steuerung seiner Seele gelenkt. Der Geist Gottes wirkt im Verborgenen zu seinen Gunsten. Er hat das Problem seines Lebens erkannt und behoben, alles andere wird nun folgen.

Jesus und Psalm 118

Lasst uns zum Schluss noch bedenken, dass es sich um einen messianischen Psalm handelt und dass Jesus diesen Psalm wahrscheinlich im Herzen und auf den Lippen hatte, bevor er mit seinen Jüngern vom letzten Abendmahl in Richtung Gethsemane ging (Mt 26,30 - der erwähnte Lobgesang war nach jüdischer Tradition das sogenannte Hallel: Ps 113 - 118). Aber selbst wenn er den Psalm nicht zu dieser Gelegenheit betete bzw. sang, so doch bestimmt zu anderen Gelegenheiten, denn der Psalter ware das Gebetsbuch der gottesfürchtigen Juden.
Jesus ist unser Vorläufer in der Hingabe an Gott, er ist der Anfänger und Vollender des Glaubens, er hat das Ziel erreicht, uns die Bahn frei gemacht und jetzt ruft er uns, ihm mit derselben Hingabe nachzufolgen (Heb 12,1-3).
Weil er sich dem Vater völlig hingegeben hat, haben wir Vergebung und ewiges Leben. Wir wollen ihm unser Leben in freudiger Dankbarkeit hingeben!
2. Korinther 5,15 (SLT)
und er ist deshalb für alle gestorben, damit die, welche leben, nicht mehr für sich selbst leben, sondern für den, der für sie gestorben und auferstanden ist.
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