Gott ist die Liebe
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Gott ist die Liebe
Gott ist die Liebe
Liebe Gemeinde,
am heutigen 1. Sonntag nach Trinitatis stellen wir die Frage nach einem viel gebrauchten, aber auch einem viel missbrauchten Wort. Wir stellen uns die Frage „Was ist die Liebe?“ Darauf gibt es viele Antworten. Manche dieser Antworten haben Sinn, andere sind Unsinn. Zwei Antworten möchte ich heute geben zu dem, was Liebe ist. Einmal habe ich die künstliche Intelligenz ChatGPT befragt. Ihre Antwort lautet:
Liebe ist ein komplexes emotionales und psychologisches Phänomen, das sich auf verschiedene Arten und in unterschiedlichen Kontexten manifestieren kann. Es gibt keine eindeutige Definition von Liebe, da sie von Individuum zu Individuum unterschiedlich sein kann und verschiedene Facetten hat.
Im Allgemeinen wird Liebe als ein starkes Gefühl der Zuneigung, des Verlangens und der Fürsorge für jemanden oder etwas beschrieben. Es kann auch eine tiefe Verbundenheit, Hingabe und Wertschätzung beinhalten. Liebe kann in verschiedenen Beziehungen auftreten, sei es romantische Liebe zwischen Partnern, elterliche Liebe zu einem Kind, Geschwisterliebe, platonische Liebe zwischen Freunden oder sogar Liebe zu Haustieren oder Hobbys.
Liebe kann auch mit verschiedenen Arten von Verhaltensweisen und Ausdrucksformen einhergehen, wie zum Beispiel Fürsorge, Unterstützung, Aufopferung, Vertrauen, Ehrlichkeit, Zärtlichkeit und sexuelle Anziehung. Sie kann auch mit positiven Emotionen wie Glück, Freude, Geborgenheit und Wärme verbunden sein.
Es ist wichtig anzumerken, dass Liebe nicht immer einfach ist und dass sie auch Herausforderungen und Konflikte mit sich bringen kann. Liebe kann auch verletztlich machen und mit Enttäuschungen, Verlust und Schmerz einhergehen.
Insgesamt ist Liebe ein komplexes und vielschichtiges Phänomen, das von vielen Faktoren beeinflusst wird, einschließlich individueller Erfahrungen, Werte, Überzeugungen und sozialer Einflüsse. Es ist ein grundlegendes Element menschlicher Beziehungen und kann ein tiefer Quell des Glücks und der Erfüllung sein.
Soweit erst einmal ChatGPT.
Nun fragen wir uns heute: Was sagt die Bibel zum Thema Liebe?
Das Erste, was wir in der Bibel über die Liebe lesen, ist das sogenannte Doppelgebot der Liebe, in dem Jesus uns unmissverständlich klarmacht, dass Liebe immer etwas mit Aktion zu tun hat und ein Gegenüber braucht:
Jesus sagt:
30 und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und mit all deiner Kraft« . 31 Das andre ist dies: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst« . Es ist kein anderes Gebot größer als diese.
Dann lesen wir in der Bibel davon, worin die Liebe überhaupt ihren Ursprung und ihre Quelle hat. Und wir lesen, welche Macht und Stärke sie hat, wie sie Angst und Furcht überwindet. Das schreibt der Apostel Johannes in seinem 1. Brief im 4. Kapitel:
13 Daran erkennen wir, dass wir in ihm bleiben und er in uns, dass er uns von seinem Geist gegeben hat. 14 Und wir haben gesehen und bezeugen, dass der Vater den Sohn gesandt hat als Heiland der Welt. 15 Wer nun bekennt, dass Jesus Gottes Sohn ist, in dem bleibt Gott und er in Gott. 16 Und wir haben erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat: Gott ist Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm. 17 Darin ist die Liebe bei uns vollendet, auf dass wir die Freiheit haben, zu reden am Tag des Gerichts; denn wie er ist, so sind auch wir in dieser Welt. 18 Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus. Denn die Furcht rechnet mit Strafe; wer sich aber fürchtet, der ist nicht vollkommen in der Liebe. 19 Lasst uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt. 20 Wenn jemand spricht: Ich liebe Gott, und hasst seinen Bruder, der ist ein Lügner. Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, der kann nicht Gott lieben, den er nicht sieht. 21 Und dies Gebot haben wir von ihm, dass, wer Gott liebt, dass der auch seinen Bruder liebe.
Die älteren unter euch können sich vielleicht noch an Perry Mason erinnern, den fiktiven amerikanischen Strafverteidiger. Eine Romanfigur des US-amerikanischen Autors Erle Stanley Garner. Den meisten ist Perry Masson als Fernsehserie bekannt. Davon gab es sogar zwei. In beiden spielte Raymond Burr die Hauptrolle.
Als Jugendlicher habe ich Perry Masson mit Begeisterung im Fernsehen angesehen, besonders als ich noch Spätschicht bei Zeiss in Jena hatte.
Auf jeden Fall hatte Perry Masson immer solche Leute zu verteidigen bei denen von der Polizei her, also nach Spurenlage, Zeugenaussage, Indizien usw. klar war, dass diese die Täter waren. Da gab es vor Gericht eigentlich nichts anderes zu erwarten als ein Gerichtsurteil – auch wenn die Täter nach wie vor ihre Unschuld beteuerten. Manchmal war die Beweislast so groß, dass der vermeintliche Mörder die Tat gestand, auch wenn er es nicht war. Da war es die große Kunst des Perry Masson im Kreuzverhör den wahren Täter zu entlarven, so dass dieser unter der Last zusammenbrach und alles gestand.
Daran muss ich denken, wenn ich den Vers 17 des heutigen Predigttextes lese: „Dann werden wir dem Tag des Gerichts voll Zuversicht entgegensehen können; denn auch wenn wir noch in dieser Welt leben, sind wir doch wie Christus mit dem Vater verbunden.“
Wir Menschen gehen alle dem Tag des Gerichtes entgegen. Das steht fest. Stellt euch das einmal vor! Wenn wir sterben, werden wir vor Gott stehen. Und dazu gehört auch dieses Gerichtsverfahren, von dem die Bibel spricht.
Gott wird also genau danach sehen, wie wir dieses Leben hier auf dieser Erde gelebt haben und er wird auch ein Urteil über uns sprechen. Und dieses Urteil wird hart sein. Wie das aussieht, können wir im Matthäusevangelium, Kapitel 25 nachlesen.
Ich lese nur die Ergebnisse von Jesus. Das ganze Gleichnis könnt ihr ja zu Hause nachlesen:
Zu den einen sagt der König:
Kommt her, ihr seid von meinem Vater gesegnet! Nehmt das Reich in Besitz, das seit der Erschaffung der Welt für euch vorbereitet ist.
Zu den anderen sagt der König:
Geht weg von mir, ihr seid verflucht! Geht in das ewige Feuer, das für den Teufel und seine Engel vorbereitet ist!
Und das Ergebnis des Urteils:
So werden sie an ´den Ort` der ewigen Strafe gehen, die Gerechten aber werden ins ewige Leben eingehen.
Nun werdet ihr fragen, und das zu Recht, was hat das Ganze mit einem Gott der Liebe zu tun? Wie passt das zu dem Thema des heutigen Sonntags? Wo ist die gute Nachricht der Liebe?
Wir wissen um andere Bilder in der Bibel, welche vom Tag des Gerichtes sprechen.
Gehen wir einmal zurück in den Gerichtssaal zu Perry Mason. Stell Dir vor Du bist dort angeklagt. Du stehst jetzt vor dem Richterstuhl Gottes.
Jetzt beginnt der Staatsanwalt mühsam die lange Liste der vergehen aus deinem Leben vorzulesen. Diese Liste will nicht enden. Es wird immer deutlicher: Du bist ein absolut hoffnungsloser Fall, da ist nichts mehr zu machen. Da nützt die beste Rehabilitation nichts mehr.
Dann tritt Perry Masson auf. Mit einer nicht enden wollenden Strafverteidigerrede holt er die Kohlen aus dem Feuer – und der Richter glaubt ihm. Er bedankt sich bei Perry Masson für seine Verteidigung und fordert den Gerichtsdiener den Gefangen als Zeichen seiner Unschuld neue Kleider zu geben und die alten zu vernichten.
Das ist die gute Botschaft dieses Tages. Wir haben so einen Perry Masson, der uns herausholt, aus dem Gericht, besonders aus dem Gericht Gottes, besonders aus dem letzten Gericht. Dieser Strafverteidiger ist die Liebe, ist Gottes Liebe:
Gott ist Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.
Wenn das bei uns der Fall ist, hat uns die Liebe von Grund auf erneuert. Dann werden wir dem Tag des Gerichts voll Zuversicht und Gottvertrauen entgegensehen können; denn, wenn wir auch noch in dieser Welt leben, sind wir doch wie Jesus Christus mit dem Vater verbunden.
Wo die Liebe regiert, hat die Angst keinen Platz: ´Gottes` vollkommene Liebe vertreibt jede Angst. Angst hat man dann, wenn man mit einer Strafe rechnen muss. Wer sich noch ´vor dem Gericht` fürchtet, bei dem ist die Liebe noch nicht voll wirksam.
Machen wir es uns klar! Es ist Gottes Liebe, die uns für unschuldig erklärt, obwohl wir alle, durch die Bank weg, schuldig sind. Das können wir daran erkennen, weil Jesus Christus für uns am Kreuz gestorben ist. Weil er für uns am Kreuz starb, machte er uns frei von der Last unserer Schuld und unserer Misserfolge. Er machte uns frei von der Last unseres Versagens und unserer Fehler. Er starb für unsere Sünde und Schuld. Er starb dafür, dass es über unserem Leben jetzt heißt „Nicht schuldig!“. Das Urteil „Frei von Schuld“ gilt immer denen, die sich von der Liebe Gottes in ihrem Leben bestimmen lassen.
Die vollkommene Liebe gibt uns Zuversicht am Tag des Gerichts, vor dem wir uns nicht fürchten sollten. Die Liebe vertreibt die Angst vor dem Gericht und ermöglicht es uns, auch andere zu lieben (denn Gott liebt uns zuerst).
Sich von dieser Liebe Gottes bestimmen lassen, nicht anderes kann man eigentlich, wenn man diese in seinem Leben erfahren hat. Und diese Liebe an den anderen weiter zugeben dazu werden wir gerade heute ermutigt. Dann ist es uns selbstverständlich Liebe zu üben. Einander zu lieben, vervollkommnet die Liebe Gottes, indem es anderen erlaubt, sie zu sehen.
Der Heilige Geist ist die Garantie, dass wir in ihm bleiben und er in uns. Das Bleiben kommt mit dem Bekenntnis, dass Jesus der Sohn Gottes ist. Johannes bezeugt, dass der Vater den Sohn gesandt hat, um der Retter der Welt zu sein. So wissen wir, dass Gott die Liebe ist und bleiben in ihr. Diese vollkommene Liebe ist ein gegenseitiges Bleiben in der Liebe zu Gott und auch zum Nächsten.
Gott ist in der Liebe und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm und in ihr. Wenn jemand sagt: Ich liebe Gott, und hasst seinen Bruder oder seine Schwester, ist er ein Lügner. Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er gesehen hat, kann nicht Gott lieben, den er nicht gesehen hat.
Man kann nicht behaupten, Gott zu lieben, und doch seinen Bruder hassen. Dieser Vorwurf richtet sich wiederum an die Gegner von Johannes und der Kirche (vgl. 2,7-11). Johannes kehrt zu Jesu Gebot zurück, dass man, um Gott zu lieben, seinen Bruder lieben muss.
Dietrich Bonhoeffer schreibt dazu: Als Gott uns barmherzig wurde, als er uns Jesus Christus als den Bruder offenbarte, als er uns das Herz durch seine Liebe abgewann, da begann zu gleicher Zeit der Unterricht in der brüderlichen Liebe.
Der Glauben an Gottes umfassende Liebe ist kein rosaroter Vorhang, der über alle Konflikte gehängt wird. Gottes Liebe stärkt vielmehr zu bestimmtem Verhalten und verweigert, wo sich Liebe in Hass verwandelt. Deshalb finden sich Christen und Christinnen ja auch überall dort, wo protestiert wird gegen Fremdenfeindlichkeit, gegen rassistische und terroristische und sexistische Aussagen und Handlungen. Deswegen gibt es in vielen Kirchengemeinden viele engagierte Menschen, die verstanden haben: Glaube an Gottes allumfassende Liebe bedeutet, ganz konkret die Menschen zu unterstützen und zu begleiten, die im Moment besonders unsere Hilfe brauchen: Kinder, Jugendliche, Erwachsene, die aus ihren zerstörten Ländern zu uns geflohen sind und neue Perspektiven brauchen. Noch einmal:
Gott ist die Liebe und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.
Lasst uns immer wieder von dieser umfassenden göttlichen Liebe neu erfüllt werden und uns Gott und sogleich auch dem Nächsten zuwenden.
Amen