Das Leid (Teil 2)

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Introlied

“Dir gehört mein Lob” von Matt und Beth Redman, 2002 [GL 316 = SuG 25]

Rückblick / Zusammenfassung Teil 1

Ich möchte den ersten Teil zusammenfassen. Ich werde es etwas ausführlicher tun, da mir jenes Ergebnis sehr wichtig ist. Ich werde hierbei auch vor einem Fehler warnen, den wir alle, auch ich, beim Bibellesen tun. Wundert Euch also nicht, wenn die Wiederholung ausführlicher ist.
siehe PowerPoint

Folie 3

Folie 3: Drei Abbildungen: Welche biblischen Personen werden dargestellt?
Lazarus aus Betanien (Bruder von Maria und Marta)
Hiob mit seinen drei Freunden
Der Blindgeborene

Folie 4

Weder der Blindgeborene, noch seine Eltern, noch der geliebte Lazarus, noch der vorbildliche Hiob, noch unser Herr am Kreuz hatten das Leid verursacht, das ihnen widerfuhr.
Es war Gott, der das Ziel hatte, sich in dem Leid der seinen zu verherrlichen. Menschen leiden, damit er verherrlicht wird.
Die letzte Predigt endete mit diesem wichtigen Glaubenssatz. Lernt ihn auswendig und erkennt, warum das Buch Hiob zur Weisheitsliteratur der Bibel gehört! Es geht nämlich darum, welches Mindset ein Narr oder ein Vollpfosten hat - und mit welchem Mindset wahre Gläubige das Leben annehmen:
Hiob 2,10: »[Hiob] aber sagte zu [zu seiner Frau]: Wie eine der Törinnen redet, so redest auch du. Das Gute nehmen wir von Gott an, da sollten wir das Böse nicht auch annehmen? Bei alldem sündigte Hiob nicht mit seinen Lippen.«

Folie 5

Ich hatte beim letzten Mal einen Bogen ausgelegt, auf dem rund ein Dutzend Bibelstellen standen. Ich habe diesen Bigen um 1-2 Stellen erweitert und optisch überarbeitet, ein neuer Ausdruck liegt hier vorne oder kann unter bit.ly/leidvongott eingesehen werden.
Damit verlassen wir die Erinnerung an den ersten Teil, setzen aber inhaltlich genau an dieser Stelle fort. Ich habe ein wenig auf die öffentlichen Gebete seit jener Predigt geachtet. Würdest du sagen, dass es eine Veränderung gab - würdest du das für dein eigenes, privat gesprochenes Gebet sagen? Betest du jetzt zum Thema Leid anders als vor der Predigt?
Ich wünsche mir sehr, dass die biblische Lehre Auswirkungen in unser Leben hat. Es ist eines, einer Predigt zuzuhören, aber was sagt Jakobs? Seid nicht allein Hörer des Wortes, sondern Täter (Jak 1, 22-25). Wer wird glückselig sein? Jemand, der kein vergesslicher Hörer ist, sondern wer ein Täter ist (Jak 1,25).
Deswegen möchte ich noch zweimal mit dem Predigerhämmerchen auf den eigentlich bereits eingeschlagenen Nagel draufklopfen und Euch einladen, biblische Theologie in Euer Denken und Reden aufzunehmen.

Folie 6

Rut 1,19-20: »Und als [Ruth und Noomi] nach Bethlehem hineinkamen, […] sprachen die Frauen: Ist das die Noomi?
Sie aber sprach zu ihnen: Nennt mich nicht Noomi, sondern Mara; denn
der Allmächtige hat mir viel Bitteres angetan.
Voll zog ich aus, aber leer hat mich Jahwe wieder heimgebracht.
Warum nennt ihr mich denn Noomi, da doch Jahwe mich gedemütigt hat
und der Allmächtige mir Leid angetan hat?«
Noomi hatte Ehemann und Söhne verloren und kommt in ihren Heimatort zurück. Und sie diese arme Frau leidet, nimmt aber das Leid durchweg aus der Hand Gottes an. Wer hat ihr viel Bitteres angetan? der Allmächtige. Wer denn auch sonst? Was für eine hervorragende Bezeichnung für Gott! Der, der alles kann und über alles und jeden Macht hat, war weder überrascht noch hilflos, als Ehemann und Söhne starben. Er, in dessen Macht alles liegt, er hat ihr bitteres, ja: viel Bitteres angetan.
Erinnert Ihr Euch an die Fürbitte letzte Woche für Angela und andere Kranke? Da wurde gebetet: Wir wissen nicht, warum du ihnen solche Schmerzen und Ängste auferlegst, aber wir bitten dich um Deinen Beistand. Natürlich sind durch die Sünde Adams Krankheit und Tod in das Leben hineingekommen, aber der Allmächtige steht dem nicht ohnmächtig gegenüber und zuckt hilflos mit den Schultern. Noomi weiß: Der Allmächtige tut ihr das an.
Was tat er: Er hat sie in die Armut gebracht und gedemütigt. Noch krasser: er hat ihr Leid angetan. So redet Noomi über Gott, und sie redet richtig. Erinnert euch an Hiob: Wir müssen das Böse genauso aus Gottes Hand annehmen wie wir es mit dem Guten tun - und die Schrift sagt, dass diese Aussage von Hiob keine Sünde war. Und so hat auch Noomi Recht. Lernen wir von diesen beiden.
Ein letztes Beispiel soll uns helfen.

Folie 7

Schaut Euch diese Folie an. Wer sagt das (Hanna) und in welcher Form (Gebet)?
Bevor wir einen längeren Exkurs machen, lasst uns festhalten, dass auch die Mutter des letzten Richters und großen Propheten Samuel hier ganz klar sagt, dass Gutes und Böses gleichermaßen von Gott kommen. Richtig?
An dieser Stelle möchte ich das Predigtthema für ein paar Minuten parken und Euch in etwas wichtiges mit hineinnehmen. Ich möchte Euch auf eine Gefahr aufmerksam machen, in der wir alle stehen - mich definitiv mit eingeschlossen. Und es lässt sich hervorragend an dieser schönen Grafik illustrieren.
Ertragt bitte also einen kurzen Exkurs zu einem sehr interessanten Foliensatz, den ich vor wenigen Jahren auf meinen endlosen Reisen durchs Internet in die Hände bekam. Der Foliensatz stammt von einem Professor der Fachhochschule Kiel. Er beschäftigt sich in seinem Vortrag mit der Frage, ob wir Informationen, die uns entgegentreten, eigentlich ohne Verluste aufnehmen, oder ob wir in unserer Informationsaufnehme und -verarbeitung möglicherweise Störungen haben. Er spricht von Informationspathologien oder Informationsdefekten. Diese Fremdwörter sollen nicht abschrecken; ich will auch gar nicht auf alles eingehen, sondern nur zwei Dinge herausgreifen

Folie 8

Prof. Schneider fasst in seinem Foliensatz über 20 Informationsdefekte auf. Was meint das? Seit Jahrzehnten untersuchen Psychologen, ob wir Menschen eine präsentierte Information eigentlich unverfälscht aufnehmen, oder ob es Dinge gibt, die dazu führen, dass wir zwar meinen, alles richtig verstanden zu haben - aber die Information hat auf dem Weg in unser Gehirn eine Veränderung erfahren. Für mich als Lehrer ist das eine spannende Sache; und für jeden, der lernt, sollte es ebenfalls Pflicht sein zu erfahren, ob das was in unserem Gehirn gespeichert ist, eigentlich der Realität entspricht, oder ob es Möglichkeiten gibt, eine Information bewusst oder unbewusst verfälscht in unserem Gehin zu parken. Denn dann können wir der gespeicherten Informatiuon nicht mehr so richtig vertrauen. Wenn wir aber wissen, was alles schief gehen kann, dann sind wir vorsichtiger, aufmerksamer und möglicherweise auch zurückhaltender und demütiger im Umgang mit dem, was wir meinen zu “wissen”.
Wie gesagt, ich will nur zwei Aspekte und diese kurz herausgreifen:

Folie 9

Zwei Arten von Verfälschung von Informationen werden durch den sogenannten “Bestätigungsfehler” und den “Framing Effekt” ausgelöst.
Der Bestätigungsfehler wurde erstmals von Peter Cathcart Wason formuliert, dem vom damals führenden Forscher der experimentiellen Denkpsychologie. Der Framing Effekt wurde u.a. von Daniel Kahnemann beschrieben. Kahnemann wird von manchem als der “wichtigste lebende Psychologe” bezeichnet. Das habe ich alles ungeprüft aus Wikipedia entnommen.

Folie 10

Wie viele andere Theorien sind auch diese in der Wissenschaft nicht unumstritten, aber für unsere Zwecke genügt das Renommee der Wissenschaftler, darüber nachzudenken.
Der Bestätigungsfehler (confirmation bias) ist unsere meist unbewusste Tendenz,
auf die Informationen zu schauen, die mit der eigenen Sichtweise übereinstimmen.
Wir fokussieren uns selektiv nur auf das, was wir vorher schon geglaubt haben.
Wir neigen also dazu, nicht 100% der uns übermittelten Informationen aufzunehmen, sondern wir wählen aus. Und Informationen, die wir schon vorher für wahr hielten, werden wahrgenommen/abgespeichert; andere Informationen eher nicht.
Das ist interessant, oder? Es bedarf also einer gewissen Stärke und Aufmerksamkeit, sich mit Informationen zu beschäftigen, die unserem bisherigen Bild von der Realität widersprechen.
Diese Psychologen haben jetzt weder Bibelleser noch Predigthörer auf ihrem Schirm gehabt, es geht einfach um Menschen. Aber bibellesende und predigthörende Menschen sollten sich fit halten, nicht nur das bereits Geglaubte zu verarbeiten (sofern da etwas zu verarbeiten ist). Wir sollten den andersklingenden Informationen eine Chance geben, bedacht zu werden. Das heißt nicht, dass wir alles glauben und alles für richtig halten; das wäre eine zwar moderne aber dennoch falsche Sicht auf “Wahrheit”.
Aber der Bestätigungsfehler besagt einfach, dass es bislang nicht geglaubte Informationen schwerer haben, in unser Denken und Leben Einzug zu nehmen.
Framing Effekt: Personen bewerten
unterschiedlich präsentierte,
aber inhaltsgleiche Informationen unterschiedlich.
Die Wissenschaftler bringen dieselben Fakten, stellen sie aber unterschiedlich da. Sie präsentieren sie in einem anderen Rahmen (das englisch Wort “Frame” bedeutet “Rahmen”). Durch die Art und Weise, wie Informationen eingeleitet oder umgarnt werden, nehmen wir sie anders auf. Total spannend.
Ich möchte nicht sagen, dass Framing in jedem Zusammenhang schlecht ist. Wenn z.B. ein Kind Angst vor einem Krankenhausaufenthalt hat, könnte ein Framing helfen, sich mit dem unausweichlichen anzufreunden. Aber man steht natürlich schnell in der Gefahr, den anderen zu manipulieren.
Was alles hat das mit unserem Thema zu tun?

Folie 11

Ich denke, dass diese Grafik, die wir vorhin sahen, durch die grafische Gestaltung ein solches Framing darstellt. Was steht groß und in harmonischer Schriftart da? Er macht lebendig, führt herauf, macht reich, erhöht.
Menschen, die immer lieber an den “lieben Gott” glauben, nehmen diesen Vers auf und speichern diese als positiv empfunden Handlungen Gottes. Er ist der Gute, fertig: Der nächste Vers darf kommen, das nächste Kalenderblatt, die nächste Predigt. Wir haben ja “Bibel” betrachtet.
Aber das Kleingedruckte ist nicht minder Gottes Offenbarung über sich selbst. Oder stimmt das nur zu 40%, proportional zur Schriftgröße? Die Psychologie sagt uns, nicht mehr, aber auch nicht weniger, dass wir in der Gefahr stehen, das bereits Geglaubte zu “lernen”… das, was unserer bisherigen Vorstellung von Gott widerspricht, aber eher herauszufiltern.
Und die schöne grafische Darstellung begünstigt das: Es stehen zwar 100% der Sachinformation da. Das Unangenehme über Gott wird klein gemacht, verniedlicht, unscheinbar, ist nur ein Beigeschmack, eine Randnotiz.
Bitte missversteht mich nicht: Ich will weder das Bild völlig demontieren noch dem Künstler irgend eine Absicht unterstellen. Aber die biblische Botschaft des Textes könnte eventuell so besser dargestellt werden, und ich gebe zu, auch ich nehme ein Framing vor:

Folie 12

Wer Gott anbeten will, muss ihn in Geist anbeten und in Wahrheit (Joh 4,24). Wahrheit meint eine Übereinstimmung mit Jesus und seiner Offenbarung, dem Wort Gottes.
Wahre Anbetung muss lernen, Gott anzubeten, wie er sich geoffenbart hat, nicht nur einen selbst ausgewählten Teil davon, so richtig dieser Teil auch sein mag.
Den liebenden Gott möchten viele, den regierenden Gott nicht.
Den barmherzigen und gnädigen Gott finden viele gut, aber nicht den urteilenden Gott.
Den belohnenden Gott wollen alle, aber nicht den bestrafenden.
Christian stellte uns jüngst das dekalogische Bilderverbot vor. Gott verbietet es, dass wir uns ein (Stand)Bild von Gott machen. Keine Skulptur kann Gott korrekt wiedergeben. Genauso falsch handeln wir , wenn wir unserem Kopf erlauben, uns Gott anders vorzustellen als so, wie er sich geoffenbart hat. Wir brauchen die regelmäßige Beschäftigung mit dem Wort Gottes, damit unser primitives Bild von ihm näher an die Realität herangeführt wird. Und wir wollen darauf achten, dass uns Bequemlichkeit, Faulheit, geistige Trägheit nicht dazu bringen, dass uns ein “halbwegs richtiges Bild” von Gott ausreicht.
(wird fortgesetzt)
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