Das Wenn-Dann-Prinzip - Ehe-Scheidung-Kinder
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Das Wenn-Dann-Prinzip - Ehe-Scheidung-Kinder
Das Wenn-Dann-Prinzip - Ehe-Scheidung-Kinder
Was Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden.
Was Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden.
Liebe Gemeinde,
vor kurzen hatte ich über die Zehn Gebote gepredigt. Da ich habe gesagt, dass diese die zehn großen Freiheiten Gottes an uns sind. Doch was machen wir Menschen oft daraus? Wir machen aus diesen Geboten regelrechte Verbote.
Vielleicht erinnert ihr euch daran, wie ihr als Kinder von euren Eltern auch das eine oder andere Verbot gehört habt, dass mit “Du musst!” oder “Du sollst nicht!” begann: “Du musst deinen Möhrenbrei aufessen, sonst bekommst du deinen Kompott nicht!” “Du sollst nicht popeln, sonst bekommst du ein paar auf die Finger!” “Du sollst deine Füße unter dem Tisch stillhalten, sonst gehst du raus!”
Diese Liste können wir fortsetzen. Da würde uns noch manches Verbot einfallen, was wir als Kinder gehört, und als Erwachsen auch selbst gesagt haben. Dabei, wenn wir genauer hinsehen, ist sogar manche Kausalität völlig irrational und unverständlich.
Mit solch einer ähnlich irrationalen Wenn-Dann-Kausalität begegnen die Menschen heute im Predigttext Jesus. Es sind Pharisäer, die Jesus eins reinwürgen, ihn auf Kreuz legen und seine Botschaft ad absurdum führen wollen. Letztlich wollen sie ihn indirekt bei Herodes anschwärzen, der mit der Frau seines Bruders zusammenlebt und deswegen schon von Johannes, dem Täufer wegen Ehebruch kritisiert wurde. Die Folge war, Johannes, der Täufer, wurde einen Kopf kürzer gemacht.
Wir lesen aus dem Markusevangelium, Kapitel 10:
2 Da kamen Pharisäer und fragten ihn: »Darf sich ein Mann von seiner Frau scheiden lassen?« Damit wollten sie Jesus auf die Probe stellen. 3 Jesus antwortete: »Was hat euch Mose vorgeschrieben?« 4 Da sagten die Pharisäer: »Mose hat erlaubt, dass ein Mann seiner Frau eine Scheidungsurkunde ausstellt und sie wegschickt.« 5 Jesus erwiderte: »Nur weil ihr euer Herz gegen Gott verschlossen habt, hat Mose euch dieses Gebot gegeben. 6 Aber vom Anfang der Welt an hat Gott die Menschen als Mann und Frau geschaffen. 7 Deshalb verlässt ein Mann seinen Vater und seine Mutter und verbindet sich mit seiner Frau. 8 Die zwei sind dann eins mit Leib und Seele. Sie sind also nicht mehr zwei, sondern ganz eins. 9 Was Gott so verbunden hat, das soll der Mensch nicht trennen.« 10 Zu Hause fragten ihn die Jünger noch einmal danach. 11 Jesus sagte zu ihnen: »Wer sich von seiner Frau scheiden lässt und eine andere heiratet, der begeht Ehebruch gegenüber der ersten. 12 Ebenso gilt: Wenn sich eine Frau von ihrem Mann scheiden lässt und einen anderen heiratet, begeht sie Ehebruch.« 13 Einige Leute brachten Kinder zu Jesus. Sie wollten, dass er ihnen die Hände auflegte. Aber die Jünger wiesen sie schroff zurück. 14 Als Jesus das merkte, wurde er zornig und sagte zu ihnen: »Lasst doch die Kinder zu mir kommen, hindert sie nicht daran! Denn für Menschen wie sie ist das Reich Gottes da. 15 Amen, das sage ich euch: Wer sich das Reich Gottes nicht wie ein Kind schenken lässt, wird nie hineinkommen.« 16 Dann nahm er die Kinder in die Arme, legte ihnen die Hände auf und segnete sie.
Man wollte Jesus also wieder einmal eine Falle stellen. Jesus kann die Falle natürlich schon zehn Meter gegen den Wind riechen, doch in der Art und Weise, wie er damit umgeht, verliert er nicht seine Integrität.
Pharisäer, Schriftgelehrte und vor allen die Hohepriester versuchen das immer wieder. Damit wollen sie die Autorität von Jesus untergraben und erschüttern. Sie wollen seinen Einfluss bei den Menschen begrenzen. Dazu benutzen sie jetzt eine für sie keinesfalls theoretische Frage, sondern ein damals schon sehr aktuelles Thema, die Ehescheidung. Nach der alttestamentlichen Gesetzgebung war die Scheidung einer Ehe ein einseitiger Akt des Ehemannes und es sollten auch handfeste Gründe vorliegen. Nur in ganz wenigen Ausnahmefällen durfte die Ehefrau die Ehescheidung initiieren. Aber scheinbar ist das Ganze seit der Gesetzgebung in der Mosezeit sehr aufgeweicht worden. Und eine Scheidung wurde damals ziemlich schnell vollzogen. Darum war diese Frage schon recht aktuell. Aber man wollte Jesus in eine Zwickmühle bringen, denn es hatte eben nicht nur eine theologische, sondern auch eine politische Brisanz.
Vielleicht so ähnlich, wie die Fragestellung an uns Christen heute, wenn Menschen uns fragen: Welches Verhältnis hast du zu den Flüchtlingen und zu den Migranten heute? Besonders wenn unter ihnen auch Feinde Israels sind? Dennoch stellt sich an uns die Frage, was sagen Gottes Gebote über unser Verhältnis zum Fremden?
Nun die politische Brisanz der Frage an Jesus habe ich schon am Anfang genannt. Wenn also Jesus gegen die Ehescheidung öffentlich auftritt, könnte es ihm ähnlich ergehen, wie Johannes dem Täufer, denn dann greift Jesus damit indirekt Herodes, den Großen an.
Aber Jesus weiß darum, was das Gebot Gottes über die Dauerhaftigkeit der Ehe ist, und er benennt es auch:
9 Was nun Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden.
Nicht nur von Mose und den Geboten her ist die Ehe auf Dauerhaftigkeit angelegt, sondern auch vom Schöpfungswirken Gottes her. Und würde Jesus nicht dazu stehen, wäre er jetzt in den Augen der Pharisäer ein Irrlehrer und Blender.
Nun nimmt Jesus erst einmal die geltenden Rechtsbestimmungen auf. Er geht zurück auf Mose und dessen Scheidebriefpraxis. Das ist ein geschickter Schachzug von Jesus, denn für die Pharisäer sind Mose und seinen Weisungen von großer Bedeutung. Von Mose her wird ja die Möglichkeit der Scheidung der Ehe eingeräumt. Die auf Dauer angelegte Ehe kann doch geschieden werden.
Jesus sagt nicht, dass Mose mit der „Erlaubnis“ in Deuteronomium falsch lag, aber er besteht darauf, dass man zu Genesis zurückgehen sollte, direkt zum Schöpfungsbericht, um den Willen des Schöpfers zu entdecken.
Jesus macht hier deutlich, das ist eine menschliche Entscheidung. Darum sollte die Scheidung auch in einer geordneten Weise geschehen. Darum auch der Scheidebrief.
Wir kennen das ja auch heute, wie schlimm das sein kann, wenn Eheleute nach einer Scheidung noch jahrelang vor Gericht prozessieren. Wir nennen das ja auch Rosenkrieg.
Aber Jesus selber sieht in der ehelichen Treue und Liebe ein reales Abbild des Verhältnisses zwischen dem Messias und dem Volk Gottes. Wenn die Ehe zwischen Menschen zerstört ist, dann kann Ehe kein Realsymbol mehr für das kommende Reich Gottes sein. Darum wäre Jesus auch nicht Jesus, wenn er hier nicht deutlich macht, dass Gottes Wille ein anderer ist:
5 Da sagte Jesus zu ihnen: »Nur wegen eurer Uneinsichtigkeit hat Mose euch diese Vorschrift gegeben. 6 Am Anfang jedoch, bei der Schöpfung, hat Gott die Menschen als Mann und Frau erschaffen. 7 ›Deshalb wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und sich mit seiner Frau verbinden, 8 und die zwei werden ein Leib sein.‹ Sie sind also nicht mehr zwei, sondern sie sind ein Leib. 9 Darum: Was Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht trennen.«
Die Frage nach der Ehescheidung steht stellvertretend für die Frage, wie treu wir sein können. Während Gott seinem Volk, den Menschen, die zu ihm gehören, auch durch tiefe Täler und über lange Phasen der Untreue treu geblieben ist und es bleibt, ist die Treue unter uns gefährdet.
Jesus beruft sich mit seiner Ansage auf das aktive Schöpfungshandeln Gottes. Er macht die Grundintention des Handelns Gottes deutlich, dass es Gottes Wille ist, die Menschheit in der Zweisamkeit als Mann und Frau zu erschaffen. Jesus betont damit die Dauerhaftigkeit und die Ernsthaftigkeit der Ehe. Er macht deutlich, dass Mann und Frau ihre Ehe ganz und gar ernst nehmen sollen und unter dem Gebot und Segen Gottes gestalten sollen. Nicht ohne Grund habe ich bei meinen Trauansprachen davon gesprochen, dass Gott der Dritte im Bunde ist.
Die Einheit der Ehepartner ist von Gott gestiftet und der Mensch soll sie nicht trennen. Die Schöpfungsordnung ist heilig und unantastbar, weil sie von Gott zum umfassenden Wohl der Menschen geschaffen wurde. Demgegenüber ist der gesetzlich erlaubte Scheidebrief sekundär und eine bloße Konzession an die Hartherzigkeit der Menschen.
Der Theologe Dietrich Bonhoeffer schrieb in einer Traupredigt aus der Gefängniszelle an ein zukünftiges Pfarrerehepaar über die Ehe: „In eurer Liebe seht ihr euch beide nur allein auf der Welt, in der Ehe seid ihr ein Glied in der Kette der Geschlechter, die Gott zu seiner Ehre kommen und vergehen lässt und zu seinem Reich ruft; in eurer Liebe seht ihr nur den Himmel eures eigenen Glückes, durch die Ehe seid ihr verantwortlich in die Welt und die Verantwortung der Menschen hineingestellt; eure Liebe gehört euch allein und persönlich, die Ehe ist etwas Überpersönliches, sie ist ein Stand, ein Amt.“
Die Ehe ist eben von Gott eingesetzt. Darum sollten Scheidung und Wiederheirat keine Lösung im Leben sein, die von vornherein schon auf dem Programm stehen. Für Jesus ist die Ehe auf Dauer – auf Lebenszeit angelegt. Es gilt eben dieser Satz aus dem Schöpfungsbericht: „Was Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht trennen.«
Nun gibt es manchmal die Frage von Leuten: Wenn aber eine Ehe nicht von Gott zusammengefügt ist? Ich behaupte einmal kühn, wo Mann und Frau einander Ja sagen, gibt Gott seinen Segen.
Die Jünger Jesu sind an dieser Stelle total unsicher. Das ist verständlich, scheint Jesus doch über Mose hinauszugehen und die Ehescheidung generell auszuschließen.
Jeder, der in der heutigen Zeit, besonders im Westen, in einer christlichen Gemeinde die Verse 10–12 laut vorliest, wird wahrscheinlich grausam, gefühllos, unversöhnlich, ausschließend und was es sonst noch für Begriffe gibt, genannt werden. So viele Menschen haben von der Erfahrung des Scheiterns einer Ehe eine Menge Verletzungen davongetragen, dass es (so heißt es dann) „unchristlich“ sei, wenn man das Thema auch nur aufwirft, geschweige denn, wenn man eine strenge Auffassung dazu vertritt. Das Thema dürfen wir dennoch nicht einfach beiseiteschieben.
Wir wissen ja alle um kaputte und desolate Ehen, wo Mann und Frau sich gegenseitig zerstören und herunterziehen, auch unter frommen Christen. Wir machen da keine Ausnahme. Wo die Entfremdung dann zu groß geworden ist, dass eine Annäherung unmöglich ist? Wo die Spannungen nicht mehr gelöst werden können? Wo einer von beiden oder beide keine Hoffnung mehr haben auf Entspannung und Neuanfang? Wo am Ende sogar das Leben gefährdet sein kann!
Jesus weiß um unsere harten menschlichen Herzen. Manchmal können diese durch sein Wirken wieder neu weich und erneuert werden. Manchmal können die Mauern, die wir aufgebaut haben, wieder abgerissen und Brücken der Versöhnung und Erneuerung gebaut werden. Dann ist da ein Neuanfang möglich. Aber nicht immer. Doch ein Versuch sollte es uns wert sein. Denn Gott will Neues in unseren Ehen wachsen lassen. Verbauen wir ihm nicht den Weg zu unseren harten Herzen. Und Eheleute sollten sich auch nicht schämen, therapeutische und seelsorgerliche Hilfen zu suchen. Eine Vertrauensperson von außen kann sehr oft eine gute Hilfe sein. Sie kann neutral die Beziehung anschauen und Hilfen anbieten.
Doch was tun, wenn wirklich nichts mehr geht. Sicher aus biblischer Sicht ist die Scheidung eine Sünde, eine Zielverfehlung des Willens Gottes, die eben auch sein kann, wie jede andere Sünde, jede andere Zielverfehlung, jedes andere Versagen, das Gott gegenüber im Leben eines Menschen geschieht und sie kann von Gott vergeben werden. Denn wir Christen leben aus der Vergebung, aus der Gnade Gottes, die uns auch in solchen Situationen gilt. Darum wer eine Scheidung erleiden musste, darf auch die vergebende Kraft von Jesus in Anspruch nehmen.
Scheidung sollte immer zur Lösung der Ehekrise nur der letzte Ausweg sein. Sie ist nie gut, und doch ist sie manchmal in unserer sündigen Welt das Beste, was zwei Menschen tun können. Unser Gott ist ein Gott der Liebe und Heilung. Jesus gewährt die Chance zu einem Neuanfang.
Wir haben dann nicht das Recht, über Geschiedene den Stab zu brechen. Auch hier gilt: »Wer von euch ohne Schuld ist, werfe den ersten Stein.«
Und nun noch eines. Die, die oft am meisten unter einer Scheidung leiden, sind die Kinder. Vielleicht steht gerade darum auch das Wort der Kindersegnung so dicht an dem Wort über die Ehe und die Scheidung.
In unserem Predigttext geht Jesus harsch mit denen um, die Kindern den Zugang zu ihm verweigern. Ja sie ziehen regelrecht den Zorn von Jesus auf sich, denn Kinder sind etwas Wichtiges und Entscheidendes in der Familie, sie sind das Urbild des Glaubens. Sie sind es die unbedingt die Wärme der Liebe Gottes und des Angenommenseins brauchen. Wenn Kinder in einer liebevollen Familie aufwachsen, rennen sie mit ihren Nöten und Problemen zu ihren Eltern. Auch wenn sie etwas verbockt haben, vertrauen sie sich ihnen an. Das macht sie zu einem Rollenvorbild für uns. Wir wissen auch: Das Scheitern einer Ehe kann Kinder zugrunde richten, sogar erwachsene Kinder; es kann bleibende Schäden verursachen.
Andererseits müssen wir uns mit dem Scheitern unseres Lebens nicht verstecken, es nicht schönreden, aber auch nicht verzweifeln. Sondern wir dürfen mit allem – auch mit der Erfahrung zerbrechender und zerbrochener Beziehungen, Ehen und Freundschaften – zu Jesus Christus kommen. Niemand kann und darf uns davon abhalten. Auch nicht unsere Schuld. Auch nicht unser Versagen. Auch nicht unsere Sünde. Jesus Christus sagt auch mit Blick auf uns: Wehrt ihnen nicht! Lasst sie zu mir kommen!
Jesus segnet hier die Kinder. Und heute will er auch uns segnen, dich und mich. Und sein Segen führt uns Wege ins Leben. Am Anfang der Schöpfung steht Gottes Segen und der macht das Leben erst möglich.
Und der Segen, den Jesus Christus uns zuspricht, macht entsprechend auch bei uns Neuanfänge nach dem Scheitern möglich. Manchmal so, dass Wunden heilen, manchmal aber leider auch so, dass Menschen getrennte Wege gehen. Mit dem Segen von Jesus bleiben wir nicht festgelegt auf unser Versagen, auf unsere Schuld und unser Scheitern. Bei ihm ist ein Neuanfang möglich. Mit dem Segen von Jesus wird neues Leben möglich – jenseits aller schmerzhaften Erfahrungen des Zerbrechens und Verfehlens. Und diesen Segen hat Jesus Christus am Kreuz für uns gewonnen. Dafür ist er gerade am Kreuz gestorben, dafür hat er am Kreuz seine Hände ausgebreitet. Und seinen Segen teilt er nun bis ans Ende dieser Welt aus.
Mit diesem Segen ist all unser Leben in Freundschaften und Beziehungen, in Ehe und Familien, in allem Gelingen und trotz all unserer Schuld möglich. Jesus schenkt uns, was gut für uns ist. Er schenkt Neuanfänge. Er vergibt Sünde. Er schenkt uns Perspektiven, wo wir keinen Ausweg mehr sehen
Amen.
Lied: Gut, dass wir einander haben