Jesus und das Weltgericht
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Jesus und das Weltgericht
Jesus und das Weltgericht
Liebe Gemeinde,
auch in diesem Jahr nehmen wir wieder Abschied von Menschen, die verstorben sind und gedenken in diesen Gottesdienst überhaupt unserer Verstorbenen. Auch ich stand in diesem Jahr an manchem Grab von lieben Menschen und mancher war sogar jünger als ich. Da stellen sich dann auch für uns selbst die Fragen nach dem Leben, nach dem Sterben und nach dem Tod. Auch die Frage nach dem Gericht Gottes.
Oder wie es ein Spiritual ausdrückt:
Wo werd ich sein, wenn die Posaune erschallt?
Wo werd ich sein, wenn sie laut erschallt,
wenn sie so laut tönt, dass die Toten aufstehn?
Wo werd ich sein, wenn sie erschallt?
2) Wo wirst du sein, wenn die Posaune erschallt?
Wo wirst du sein, wenn sie laut erschallt,
wenn sie so laut tönt, dass die Toten aufstehn?
Wo wirst du sein, wenn sie erschallt?
3) Wir wird es sein, wenn die Posaune erschallt?
Wir wird es sein, wenn sie laut erschallt,
wenn sie so laut tönt, dass die Toten aufstehn?
Wir wird es sein, wenn sie erschallt?
Von einer Gerichtsverhandlung hören wir heute. Der Predigttext ist in der Lutherbibel mit den Worten »Vom Weltgericht« überschrieben. Da geht es ganz anders zu als bei den uns bekannten irdischen Gerichten. Hier reden keine Leute durcheinander, da redet nur einer, das ist Jesus! Da sitzt nicht einer auf der Anklagebank, sondern da sitzen alle Menschen. Allesamt und ohne jede Ausnahme. Unbeteiligte Zuschauer oder Zuhörer gibt es keine. Alle sind beteiligt, alle sind in dieses Verfahren verwickelt. Alle sind Sünder, jeder hat vor Gott das Ansehen verloren, das er ihm ursprünglich bei der Schöpfung zugedacht hatte.
Es gilt für alle: Römer 3,23
23 Sie sind allesamt Sünder und ermangeln des Ruhmes, den sie vor Gott haben sollen,
Ich lese einmal den Text vom Weltgericht:
31 Wenn aber der Menschensohn kommen wird in seiner Herrlichkeit und alle Engel mit ihm, dann wird er sich setzen auf den Thron seiner Herrlichkeit, 32 und alle Völker werden vor ihm versammelt werden. Und er wird sie voneinander scheiden, wie ein Hirt die Schafe von den Böcken scheidet, 33 und wird die Schafe zu seiner Rechten stellen und die Böcke zur Linken. 34 Da wird dann der König sagen zu denen zu seiner Rechten: Kommt her, ihr Gesegneten meines Vaters, ererbt das Reich, das euch bereitet ist von Anbeginn der Welt! 35 Denn ich bin hungrig gewesen und ihr habt mir zu essen gegeben. Ich bin durstig gewesen und ihr habt mir zu trinken gegeben. Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen. 36 Ich bin nackt gewesen und ihr habt mich gekleidet. Ich bin krank gewesen und ihr habt mich besucht. Ich bin im Gefängnis gewesen und ihr seid zu mir gekommen. 37 Dann werden ihm die Gerechten antworten und sagen: Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und haben dir zu essen gegeben? Oder durstig und haben dir zu trinken gegeben? 38 Wann haben wir dich als Fremden gesehen und haben dich aufgenommen? Oder nackt und haben dich gekleidet? 39 Wann haben wir dich krank oder im Gefängnis gesehen und sind zu dir gekommen? 40 Und der König wird antworten und zu ihnen sagen: Wahrlich, ich sage euch: Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan. 41 Dann wird er auch sagen zu denen zur Linken: Geht weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln! 42 Denn ich bin hungrig gewesen und ihr habt mir nicht zu essen gegeben. Ich bin durstig gewesen und ihr habt mir nicht zu trinken gegeben. 43 Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich nicht aufgenommen. Ich bin nackt gewesen und ihr habt mich nicht gekleidet. Ich bin krank und im Gefängnis gewesen und ihr habt mich nicht besucht. 44 Dann werden auch sie antworten und sagen: Herr, wann haben wir dich hungrig oder durstig gesehen oder als Fremden oder nackt oder krank oder im Gefängnis und haben dir nicht gedient? 45 Dann wird er ihnen antworten und sagen: Wahrlich, ich sage euch: Was ihr nicht getan habt einem von diesen Geringsten, das habt ihr mir auch nicht getan. 46 Und sie werden hingehen: diese zur ewigen Strafe, aber die Gerechten in das ewige Leben.
Weil es vielen schwer fällt, vom Gericht zu reden, lenkt man sehr schnell seinen Blick auf die geringsten Brüder. Man deutet das als das Üben von Barmherzigkeit aus, was wir in unserer Kirche als Diakonie bezeichnen. Das ist sicher nicht falsch. Es deutet nur an, dass die Heiden, also die Menschen ohne Christus, und die Jesusleute vor Gott in ihrem Handeln her gleich beurteilt werden. In diesem Gericht entscheidet letztlich die Zugehörigkeit zu Jesus.
Ehe wir der Frage des brüderlichen Umgangs nachgehen, wollen wir einmal über das Weltgericht überhaupt nachdenken. Dieses Gericht Gottes beginnt nicht mit Furcht und Schrecken, wie wir uns das vielleicht selbst oft vorstellen, sondern damit, dass Jesus wiederkommt mit großer Herrlichkeit und Erhabenheit. Im ersten Vers unseres Abschnittes steht für Herrlichkeit im griechischen das Wort doxa. Man kann es mit Ruhm, Ehre, Glanz, Pracht oder auch himmlischen Lichtglanz übersetzen. Wenn also Jesus wiederkommt wird, das in Herrlichkeit geschehen. Da können wir uns nur auf den Boden werfen und ihn, den Einzigen und Ewigen, den Heiligen und Allmächtigen anbeten. Es wird sich erfüllen, was Paulus im Philipperbrief schreibt: Philipper 2,10-11
10 dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind, 11 und alle Zungen bekennen sollen, dass Jesus Christus der Herr ist, zur Ehre Gottes, des Vaters.
Doch wir dürfen uns nicht täuschen: Jesus kommt in aller Herrlichkeit und Pracht, aber er kommt auch als der Richter zum Jüngsten Gericht. Wer schon einmal bei einem irdischen Gericht als Zeuge war, weiß wie schnell man ins Stottern kommt. So werden wir hier stehen und verstummen vor der Erhabenheit und Majestät Jesu, weil wir erkennen: Von uns aus können wir vor Gott nicht gerecht werden. Wenn wir vor Jesus stehen, wird uns unsere Sünde und Schuld, auch das viele verborgene Gehabe unserer Selbsttäuschungen, mit einem Mal so groß werden. Aber wir werden auch erfahren, dass Jesus schon längst die Strafe getragen hat.
Der einst schwache und verachtete Jesus, der verspottete und angespuckte, den deshalb auch viele Menschen noch heute verachten, weil sie sagen: "Ein Gott, der sich kreuzigen lässt, ist kein Gott", genau dieser Jesus, dessen Gesicht von Schmerzen verzerrt ist, gekrönt mit der Dornenkrone, der als der Heiland der Sünder kam - und nur für die Sünder - der sitzt nun in göttlicher Herrlichkeit, in unwiderstehlicher Zielsicherheit und Macht auf dem Thron, und er wird das Gericht durchführen.
Es steht eine ganz aktuelle Frage im Raum, die auch uns heute gestellt wird: Was habt ihr mit meinen Brüdern gemacht? Was haben Sie mit den Juden gemacht? Was habt ihr mit den Menschen meines Volkes Israel gemacht? Hast du ihnen Unterschlupf gewährt oder hast du sie verfolgt und verraten? Hast du die Augen vor dem verschlossen, was vor sich ging?" Das Kriterium wird nicht sein: "Was hast du mit Jesus gemacht?", sondern "Was hast du den Juden getan?"
Es tut schon richtig weh, was in unserer Welt heute mit Gottes Volk, mit Israel gemacht wird. Das wird Gottes Prüfung sein. Beim Gericht der Völker wird der Herr die Haltung des Einzelnen zu den Juden als Zeichen dafür ansehen, wie seine Haltung ihm gegenüber gewesen wäre, wenn er von ihm gehört hätte. Was der Einzelne den Juden angetan hat, wird ein Beweis dafür sein, was er mit Jesus getan hätte. Die weltweite Zerstreuung der verfolgten Juden wird jedem die Möglichkeit geben, eine Geste des guten Willens gegenüber den Juden zu machen.
Es wird eines Tages dieses Völkergericht kommen. Die Juden, die noch am Leben sind, alle Gläubigen, werden zu Christus stehen. Die bunt zusammengewürfelte Menge der Heiden, die tausend Zungen reden, wird vor dem König versammelt sein. Alle Völker werden bei dem Gericht versammelt sein, das heißt es gibt keine Ausnahmen, jeder von uns wird dabei sein, auferstanden von den Toten, auferstanden zum Gericht.
Das Bild, das Jesus dafür gebraucht, steht hier: Auf der Weide sind die Schafe und die Ziegenböcke zusammen, sie durchmischen sich, ist ja klar, denn alle wollen gute Weide finden, sich ernähren, so wie wir Menschen das alle auch tun.
Früher dachte ich bei diesem Bild immer, jetzt wird eingeteilt in Gut und Böse. Das stimmt aber nicht; auf beiden Seiten befinden sich Gute und Böse. Es gibt auch unter denen, die Jesus nicht angenommen haben, viele gute Menschen, die wohltun, die Liebe üben, die angenehm sind für ihre Umgebung. Bei einem Ausleger bin ich auf die richtige Spur gekommen: Schafe und Böcke, das sind nicht Gute und Böse, sondern stehen eigentlich für Schwache und Starke. Der jüdische Talmud sagt dazu, dass die rechte Seite die Seite des Glücks, die linke aber die Seite des Unglücks ist. Zur rechten Hand des Hirten, das ist die Seite der Gnade, die linke Seite die Seite der Ungnade. So stehen auf der Seite der Ungnade nur solche, die die Gnade in Jesus Christus und seinem stellvertretenden Leiden und Sterben am Kreuz nicht haben annehmen wollen. Die sind wie die Böcke, die Starken, die selbst die steilsten Berghänge hochkommen, einfach weil sie meinen, die Kraft Gottes nicht zu brauchen. Auf der anderen Seite stehen die Schwachen, wie die Schafe, die genau wissen: Ich bin schwach, ich bin elend, ich bin sündig, ich brauche den Guten Hirten.
Der englisch Schriftsteller C.S. Lewis sagt dazu:
CMV-Materialsammlung Wer sagt zu wem: “Dein Wille geschehe”?
Am Ende gibt es nur zwei Arten von Menschen: Die, die zu Gott sagen: “Dein Wille geschehe”, und die, zu denen Gott am Ende sagt: “Dein Wille geschehe”. Alle, die in der Hölle sind, erwählen sie. Ohne diese Selbstwahl könnten sie nicht in der Hölle sein. Keine Seele, die ernstlich und inständig nach Gott verlangt, wird ihn verfehlen. Die, welche suchen, finden. Denen, die klopfen, wird aufgetan.
(C. S. Lewis, 1898–1963)
Amen.