Ankunft und Bewährung

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Ankunft und Bewährung

Eine englische Kirchgemeinde bekommt eine Brief von ihrem Gründer. Er kündigt an, dass er sie besuchen will. So beginnt eine fiktive Geschichte des englischen Schriftstellers Adrian Plass. Mit viel Humor nimmt der Autor den Zustand der Kirche und der Gemeinden in England und auch bei uns und das Verhalten mancher Christen in der Welt auf die Schippe. Er kritisiert diese und mit viel Eigenironie sich selbst.
In der Geschichte mit dem Titel “Der Gründer” kommt dieser Gründer. Es ist Jesus. Aber er verhält sich ganz anders, als man von ihm erwartet. Da werden manche Kirchlichkeit und manche Vorurteile aufgedeckt. Die Botschaft dieser Geschichte, die auch verfilmt wurde, ist deutlich. Der Gründer will die liebevolle Zuwendung "seiner" Gemeinde zu den Ausgegrenzten, den Schwachen und Armen. Menschlicher Glaube ist Stückwerk, aber er ist in Liebe möglich. Es wird versteckte Schuld und Versagen aufgedeckt, und es kommt zur Vergebung.
Gern habe ich den Film im Konfirmandenunterricht gezeigt und mit den Konfirmanden darüber gesprochen, wie Gemeinde sein soll. Besonders die Frage, was würden wir tun, wenn wir von Jesus einen Brief bekommen? Wie würden wir reagieren?
Heute geht es auch um Briefe von Jesus. Eigentlich sind es sieben Stück, die der auferstandene und im Himmel thronende Jesus Christus geschrieben hat. Doch wir wollen uns nur mit einem beschäftigen. Es ist der Brief an die Gemeinde in Philadelphia. Wir lesen dazu Offenbarung 3,7-13:
Offenbarung 3,7–13 LU
7 Und dem Engel der Gemeinde in Philadelphia schreibe: Das sagt der Heilige, der Wahrhaftige, der da hat den Schlüssel Davids, der auftut, und niemand schließt zu, und der zuschließt, und niemand tut auf: 8 Ich kenne deine Werke. Siehe, ich habe vor dir eine Tür aufgetan, die niemand zuschließen kann; denn du hast eine kleine Kraft und hast mein Wort bewahrt und hast meinen Namen nicht verleugnet. 9 Siehe, ich werde einige schicken aus der Versammlung des Satans, die sagen, sie seien Juden, und sind’s nicht, sondern lügen. Siehe, ich will sie dazu bringen, dass sie kommen sollen und zu deinen Füßen niederfallen und erkennen, dass ich dich geliebt habe. 10 Weil du mein Wort von der Geduld bewahrt hast, will auch ich dich bewahren vor der Stunde der Versuchung, die kommen wird über den ganzen Weltkreis, zu versuchen, die auf Erden wohnen. 11 Ich komme bald; halte, was du hast, dass niemand deine Krone nehme! 12 Wer überwindet, den will ich machen zum Pfeiler in dem Tempel meines Gottes, und er soll nicht mehr hinausgehen, und ich will auf ihn schreiben den Namen meines Gottes und den Namen der Stadt meines Gottes, des neuen Jerusalem, das vom Himmel herniederkommt von meinem Gott, und meinen Namen, den neuen. 13 Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt!
Die Gemeinde von Philadelphia hatte einen persönlichen Brief von Jesus Christus erhalten, wie sechs andere Gemeinden in Kleinasien. Dieser Brief war zwar recht kurz. Doch er beinhaltete vieles über das Leben der Gemeinde. Hier wird eine Gemeinde für ihr Verhalten in einer Zeit der Verfolgung gelobt. Sie wird für ihre Treue und Standhaftigkeit gelobt, trotz all ihrer Anfechtung, die sie erfahren hat.
Doch wer ist diese Gemeinde in Philadelphia überhaupt?
Erst einmal hat sie nichts mit der gleichnamigen um 1681 von William Penn gegründeten Stadt in Pennsylvenia, aber auch nichts mit dem Frischkäse-Brotaufstrich zu tun, obwohl dieser seinen Ursprung in der Region des amerikanischen Philadelphia hatte. Den Frischkäse gibt es jetzt auch als vegane Variante gibt.
Dieses Philadelphia heute befindet sich in Kleinasien. Es ist die heutige Stadt Alasehir in der Türkei. Sieben Gemeinden, einschließlich Philadelphia, wurden damals im 1. Jahrhundert nach Christus von Johannes in der Offenbarung angesprochen.
Historisch gesehen war Philadelphia eine Stadt, die auf Initiative von Attalos II. von Pergamon im 2. Jahrhundert vor Christus gegründet wurde. Die Stadt wurde wegen der Beziehung zu seinem Bruder Eumenes II. von Pergamon Stadt der Bruderliebe genannt. Diese Stadt Philadelphia in Kleinasien war nicht die einzige Stadt, die damals so hieß. In der Region gab es weitere Städte mit dem gleichen Namen.
Mancher wird jetzt fragen, was ist das für ein Predigttext mitten in der Adventszeit? Was hat er mit Advent zu tun? Da möchte ich erinnern - Advent heißt Ankunft. Es ist die Zeit des Wartens. Letzten Sonntag haben wir vom König, der einzieht, gesprochen. Diesen Sonntag sprechen wir vom kommenden Erlöser. Auch Epistel und Evangelium weisen uns darauf hin.
Heute werden wir gefragt, sind wir bereit für ihn. Am Beispiel der Gemeinde in Philadelphia wird uns gezeigt, was es heißt, bereit zu sein. Darum lobte der auferstandene und im Himmel thronende Christus die Gemeinde fin Philadelphia für ihre Bereitschaft.
Wir fassen dieses Lob in vier Abschnitte zusammen:
1. das Lob für Treue und Standhaftigkeit: Jesus lobt die Gemeinde in Philadelphia für ihre Treue und Standhaftigkeit trotz der begrenzten Kraft. Das weist uns darauf hin, dass die Gemeinde klein ist und dass die Christen trotz widriger Umstände und möglicher Verfolgung an ihrem Glauben festgehalten haben.
2. Die "Offene Tür": Jesus sagt der Gemeinde, dass er vor ihr eine Tür öffnet, die niemand schließen kann. Dass weist auf missionarische Aufgaben, Herausforderungen und Möglichkeiten zur Verbreitung des Evangeliums hin, die Gott ihnen ermöglicht. Philadelphia liegt am Rand zu den nichtrömischen Gebieten, zum wilden Phrygien. Also ein großes Tor zur Mission.
3. Die Bedrohung durch die Synagoge des Satans: Es wird in der Botschaft auch von Menschen gesprochen, die behaupten, Juden zu sein, aber es nicht sind und zur sogenannten "Synagoge des Satans" gehören. Das weist auf Irrlehrer hin, die sich als Christen ausgeben, aber in Wirklichkeit gegen die christliche Gemeinde arbeiten.
4. Die Verheißung der Bewahrung vor der Endzeitprüfung: Der Gemeinde in Philadelphia wird versprochen, dass sie wegen ihrer Treue vor der "Stunde der Versuchung" bewahrt werden wird, die über die ganze Welt kommen wird.
Das ist das Lob und die Zusagen des auferstandene und im Himmel thronende Christus an die Gemeinde.
Es ist interessant, dass in diesem Brief nicht steht, was in der Gemeinde alles schief gelaufen ist, sondern es wird ganz positiv und mutmachend geschrieben:
Ich kenne deine Werke …
Du hast eine kleine Kraft
Du hast mein Wort bewahrt
Du hast meinen Namen nicht verleugnet.
Hier lesen wir nichts von den Dingen, die nicht gut gelaufen sind. Und es gibt in Philadelphia sicher einige Dinge , die falsch gelaufen sind. Aus eigner Erfahrung wissen wir. Es menschelt in jeder Gemeinde. Doch Gott sitzt nicht da und rechnet die schlechten Dinge auf, sondern er sieht das Gute und das, was im Glauben getan wurde. Darum werden in diesem Brief ausnahmslos die guten Eigenschaften der Gemeinde aufgezählt. Es beginnt mit der Aussage: Du hast eine kleine Kraft. Haben wir uns hier etwa verhört? Wie kann eine kleine Kraft etwas positives sein? Nun sie bewirkt, dass man umso mehr auf Gott und sein Wirken vertraut.
Wie schnell vergleichen wir unsere Gemeinde mit anderen Gemeinden und beneiden mit welcher Kraft sie an manche Aufgaben herangehen. Wie sehr hätten wir es, dass bei uns mehr läuft, dass mehr Menschen erreicht werden, dass mehr Menschen in unserer Gemeinde aktiv sind. Und dann spüren wir wie uns die Kräfte fehlen. Wir wollen nicht nur äußere Dinge tun, wie unsere Kirche hier zu renovieren, sondern wieder Menschen in unseren Orten zum Glauben ansprechen. Wie viel Kraft wird gebraucht, dass wir immer wieder an den Rand unserer Kräfte kommen.
Da sagt Jesus hier positiv: „Ich kenne deine Werke. Ich weiß, dass du ein kleine Kraft hast. Das ist in Ordnung. Damit bin ich völlig einverstanden.“ Letztlich heiß das, dass Jesus auch sagt: “Vertraue mir!” Es ist gut, wenn einer nicht immer nur auf die Defizite sieht, sondern sagt: lebe mit deiner kleinen Kraft.
Es ist für uns heute wichtig: Wer möchte, dass die Tür zu Gott offen steht, der muss sich seiner kleinen Kraft bewusst sein und auf die große Kraft Gottes vertrauen. Dann kann Gott wirken und seinen Namen groß machen.
Wie ging es mit Philadelphia weiter?
Christen lebten in ihr bis ins 19. Jahrhundert hinein, selbst als sie zum Osmanischen Reich gehörte und den Namen Alasehir bekam. Während des 19. Jahrhunderts und bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts erlebte die christliche Bevölkerung in vielen Teilen des Osmanischen Reiches Veränderungen aufgrund politischer, sozialer und wirtschaftlicher Umwälzungen. Der Niedergang der christlichen Gemeinschaften in der Region war teilweise auf Diskriminierung, Pogrome und politische Instabilität zurückzuführen. Insbesondere nach dem Ersten Weltkrieg und dem Zerfall des Osmanischen Reiches im Jahr 1922 verlor die christliche Bevölkerung weiter an Einfluss und zog sich in vielen Regionen zurück.
Philadelphia war eine Gemeinde, die den Namen Gottes bewahrt hat. Wir sehen an ihr, dass Gott sich zu solchen Menschen, die das tun, in allen Anfechtungen und Stürmen des Lebens stellt. Wir sehen das Gott Bewahrung in der Versuchung gibt und eine offene Tür schenkt.
Und wir blicken mit ihr heute am zweiten Advent auf Jesus den kommenden Erlöser als dem Kind in der Krippe und als den kommenden Herrn und Heiland.
Amen
Lied: EG 66,1-3 Jesus ist kommen, Grund ewiger Freude
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