Psalm 73 - Konflikt zwischen der Welt und Gottes Reich
Entsprechend vermag der Psalmist die Antwort nicht selber zu ergründen (vgl. 16); die Lösung des Problems liegt nicht in ihm selbst beschlossen, sondern wird ihm durch eine Gottesbegegnung an dessen “heiligen Stätten” zuteil (vgl. 17). Mit der Gotteserfahrung in Zusammenhang steht eine Erweiterung der Wahrnehmung: Er erkennt, dass die ihm vor Augen stehende Wirklichkeit nicht die ganze Wahrheit umfasst. Wer sich von Gott als Lebensquelle abgesondert hat, mit dem kann es am Ende nicht gut ausgehen. Dies führt zum Perspektivenwechsel, bei dem das zuvor als so problematisch empfundene eigene Leiden nun gegenüber dem Glück der Gottesgegenwart auf eine geradezu provokative Weise gleichgültig geworden ist (vgl. die Spitzenaussagen 24–26.28). In der Begegnung mit Gott geschieht etwas an diesem Menschen, das sein Leben ändert und auch seine Not beseitigt – obwohl die Not seines Lebens offensichtlich nicht aufgehoben wird, obwohl die Frevler (noch) nicht bestraft worden sind und obwohl Gott ihm auch keine gedanklich stringente Erklärung anbietet (vgl. W. Bittner).
Vom NT her lässt sich sagen: Gott löst das Leid, indem er es in Jesus auf sich nimmt. Seit Jesus das Leiden der ganzen Welt trug, erfährt niemand sein eigenes Leiden mehr als erster. Es ist ein immer schon von ihm getragenes Leiden, in das er uns stellt (vgl. W. Bittner).