Predigt Advent - Jesus kommt wieder

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Einleitung

Die Adventszeit in diesem Jahr ist ja etwas ganz Besonderes. Es ist die kürzest mögliche Adventszeit, denn am 4. Advent ist ja schon Heiligabend. Wir haben diese Tatsache daher auch für unsere Predigtreihe zum Advent ausgenutzt.
Zum einen haben wir bewusst an die letzte Predigtreihe angeschlossen. “Jesus und … Wie die Begegnung mit ihm Menschen veränderte”. In dieser Predigtreihe haben wir Berichte aus dem Johannes-Evangelium betrachtet, in denen wir davon erfahren, wie Jesus damals Menschen begegnete und wie das diese Menschen berührt und verändert hat. Und natürlich auch, was das jetzt für uns heute bedeutet.
In den Predigten zum Advent haben wir das dann vertieft und darüber nachgedacht, was das Kommen von Jesus für uns heute bedeutet. Denn das bedeutet das Wort “Advent” ja: Er kommt. Am ersten Advent hat Sigi Paulat uns mitgenommen in den Advent vor 2000 Jahren, als Jesus in diese Welt gekommen ist. Ich weiß nicht, wie viele von euch in den letzten beiden Wochen vor einer geschlossenen Bahnschranke gestanden haben. Habt ihr euch dabei an Sigis Predigt erinnert und darüber nachgedacht, dass Jesus in diese Welt gekommen ist? Übrigens: das kann man auch nach der Adventszeit immer wieder einmal tun!
Am letzten Sonntag hat uns dann Eva Dittmann vor Augen geführt, dass Jesus nicht nur vor 2000 Jahren gekommen ist, sondern dass er seither immer wieder kommt - mitten in unser Leben hinein. Und Eva hat uns aufgefordert, dass wir uns das bewusst machen. Dass wir uns einüben in die Gegenwart Gott in unserem Alltag. Habt ihr in der letzten Woche die eine oder andere geistliche Übung gemacht, die Eva vorgeschlagen hat? Und auch hier: das kann man auch nach der Adventszeit immer wieder einmal tun!
Heute wollen wir gemeinsam darüber nachdenken, dass die Gemeinde von Jesus Christus seit seiner Himmelfahrt noch auf einen anderen Advent warten. Die Gemeinde lebt nicht nur von dem ersten Advent, dem Kommen von Jesus in diese Welt, her. Und sie lebt nicht nur in dem zweiten Advent, der Tatsache, dass Jesus hier und heute mitten unter uns ist. Sie lebt auch auf den dritten Advent hin. Jesus wird wiederkommen. Darauf warten wir!
Warten wir darauf? Ist das wirklich so? Wartest du darauf, dass Jesus wiederkommt? Und übrigens: auch wenn seine Wiederkunft noch einmal 2000 Jahre dauern wird - was ich persönlich nicht denke - gibt es doch immer die Tatsache, dass Jesus vielleicht nicht zu uns kommt, aber wir werden zu ihm kommen. Es gibt ja nichts, was so sicher ist wie die Tatsache, dass wir sterben werden. Und als Christen sind wir überzeugt, dass wir dann bei Jesus sein werden. Also: unser Leben geht so oder so auf den Zeitpunkt zu, an dem wir Jesus begegnen. Bei seiner Wiederkunft, oder bei unserem Tod.
Warten wir darauf? Ich meine nicht, dass wir nicht mehr das Leben in dieser Welt genießen dürfen und sollen. Paulus schreibt einmal davon, dass Gott uns so viele Dinge schenkt, und dass er das tut, damit wir sie genießen. Ich will dir also keineswegs die Freude an den guten Dingen, die Gott uns schenkt, vermießen. Aber wenn wir einmal bei Jesus sein werden, dann werden alle Freuden dieser Welt überstrahlt von Jesus und seiner Gegenwart. Und noch einmal die Frage: Warten wir darauf? Wartest du darauf?
In drei Schritten wollen wir uns heute morgen diesem Thema nähern: 1. Warten auf den Bräutigam Jesus, 2. Warten auf die Hochzeit mit Jesus und 3. Warten auf die Ewigkeit mit Jesus.

1. Warten auf den Bräutigam Jesus

Du und ich – wir sind die Braut von Jesus. Jetzt mal ehrlich – ist das nicht eine etwas seltsame Vorstellung? Vor allem für uns Männer …
Aber schon im Alten Testament hat Gott dieses Bild benutzt. Und auch im Neuen Testament finden wir den gleichen Gedanken. Paulus schreibt in Epheser 5 über das Verhältnis von Mann und Frau in der Ehe. Und dann beendet er diesen Abschnitt, indem er auf 1Mo 2 verweist („Darum wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und seiner Frau anhangen und die zwei werden ein Fleisch sein“), und dann sagt er: „Dieses Geheimnis ist groß; ich deute es aber auf Christus und die Gemeinde.“ (Eph. 5,32). Und im 2. Korintherbrief beschreibt er seine Aufgabe als Apostel mit den Worten „Ich habe euch verlobt mit einem einzigen Mann, damit ich Christus eine reine Jungfrau zuführe.“ (2Kor 11,2)
Die Offenbarung enthält ja viele schwer zu verstehende Dinge. Aber eins ist ganz klar: Sie berichtet davon, dass Jesus wiederkommen wird. Und sie tut das mit der Vorstellung eines Bräutigams (Jesus), der seine Braut (die Gemeinde) zu sich holt. In Offb. 21 ist es das neue Jerusalem, die Gemeinde, die aus den Gläubigen das Alten und des Neuen Testamentes besteht, die als die „Braut des Lammes“ bezeichnet wird (Offb 21,2.9).
Um dieses Bild richtig zu verstehen, müssen wir ein wenig mehr über die damals üblichen Hochzeitssitten wissen. Die Eheschließung ging damals in drei Schritten vor sich. Zunächst mussten sich Braut und Bräutigam sowie die jeweils dazugehörenden Eltern einig werden. Man klärte die grundsätzliche Bereitschaft der beiden ab, einander zu heiraten und legt den Brautpreis fest. Dabei musste der Mann sozusagen die Braut von ihrem Vater „abkaufen“.
Der nächste Schritt auf dem Weg zur Ehe war die Verlobung. Das war in Israel kein privater Akt, den niemand mitbekam, sondern ein rechtlich verbindlicher Vorgang. Bei dieser Verlobung wurde der Ehevertrag vorgelesen, der zwischen Braut und Bräutigam geschlossen worden war. Dann tranken beide Ehepartner gemeinsam aus einem Kelch Wein. Mit dieser Verlobung galten die beiden bereits als fest einander zugehörig. Nun hatte der Bräutigam die Aufgabe, die spätere gemeinsame Wohnung vorzubereiten.
Der dritte Schritt war dann die Heimholung der Braut. Den Zeitpunkt dafür bestimmte in der Regel der Vater des Bräutigams. Wenn alle Vorbereitungen abgeschlossen waren, häufig mitten in der Nacht, erklangen die Schofarhörner (in der Bibel meist als „Posaunen“ bezeichnet). Die Braut, die nicht wusste, wann genau diese „Heimholung“ sein würde, musste deshalb immer bereit sein für diesen Augenblick. Übrigens auch die Brautjungfern, die den Zug der Braut zu ihrem Bräutigam mit ihren Leuchten begleiten sollten. Sie führten die Braut zu dem Haus des Bräutigams, wo dann die offizielle Hochzeit und die anschließende ausgiebige Feier (oft bis zu 7 Tage lang) stattfanden. Hier sprach der Rabbiner die Segenssprüche zur Hochzeit und dann tranken die beiden noch einmal gemeinsam aus einem Kelch Wein.
Diese Elemente der jüdischen Hochzeit bilden den Hintergrund für das Bild der Braut und des Bräutigams, das wir im Neuen Testament finden. Jesus hat den Brautpreis bezahlt. Als er am Kreuz starb, hat er uns losgekauft. Alle unsere Schuld ist vergeben und wir gehören ihm. Wenn wir dieses Angebot der Vergebung annehmen, wenn wir unser Leben Jesus geben, dann wird dies auch für uns Wirklichkeit. Wir bezeugen das dann durch die Taufe. Sie ist sozusagen das Zeichen dafür, dass dieser Bund zwischen Jesus und uns geschlossen wurde, so, wie damals der Ehevertrag verlesen wurde. Und so, wie damals Braut und Bräutigam aus einem Kelch Wein tranken, tun wir das auch heute noch symbolisch jedes Mal, wenn wir Abendmahl miteinander feiern. Das ist sozusagen eine Erinnerung daran, dass wir verlobt sind. Wir gehören schon Jesus. Auch wenn wir noch nicht mit ihm zusammen sind, ist rechtlich doch schon alles klar.
Versetzen wir uns doch mal für einen kurzen Augenblick in eine solche Braut. Sie weiß, dass sie jederzeit abgeholt werden kann von ihrem Ehemann. Gespannt wartet sie. Jede Nacht könnte es soweit sein. Wenn sie sich abends ins Bett legt, liegt das Brautkleid schon bereit. Denn wenn das Schofarhorn ertönt, muss es schnell gehen. Da kann man sich nicht mehr auf die Suche nach dem Schleier machen.
Dieses Warten der Braut auf ihren Bräutigam ist keine schwere Verpflichtung, kein Problem, dem man sich stellen muss. Es ist etwas, was diese Braut erst zu einer wirklichen Braut macht. Es geht um ihr Leben, um ihre Zukunft, um das, was sie sich so sehnlich wünscht.
Und genau an dieser Stelle wird deutlich, was mit diesem Bild für uns ausgesagt wird. „Warten auf Jesus“ – das bedeutet zu dieser Braut zu gehören, die voller Sehnsucht auf ihren Bräutigam wartet. Die darauf wartet, dass er die Wohnung im Himmel vorbereitet hat (Joh 14,2) und dass er dann, wenn der Vater den Zeitpunkt für gekommen ansieht (Mt 24,36) und die Posaune erklingt (1Thess 4,16-17) uns, seine Braut, für immer zu sich holt.
Ist das so? Warten wir auf Jesus? Es geht dabei nicht um irgendwelche Dinge, die wir tun. Es geht um unsere innere Einstellung, um unser Leben mit Jesus. Je mehr wir heute mit Jesus im Alltag leben, umso mehr warten wir auch darauf, dass Jesus wiederkommt. Je mehr sich die Braut in Gedanken mit ihrem Bräutigam beschäftigt, umso sehnlicher wartet sie auf die Hochzeit. Erwarten wir eigentlich den Bräutigam? Sehnen wir uns nach Jesus?

2. Warten auf die Hochzeit mit Jesus

Bei der Vorbereitung dieser Predigt hatte ich diesen Punkt zunächst nur „Warten auf die Hochzeit“ genannt. Aber dann wurde mir deutlich, dass das zu wenig ist. „Warten auf die Hochzeit“ – das tun ja auch die Hochzeitsgäste. Sie warten auf ein paar besinnliche Momente, auf ein paar lustige Beiträge, auf das ausgelassene Tanzen und die Freude dabei - und natürlich auf ein gutes Hochzeitsessen.
Aber wir warten nicht auf die Hochzeit an sich. Wir warten auf die Hochzeit mit Jesus. Darauf, dass wir Jesus endlich Auge in Auge gegenüber stehen und dass wir nie mehr voneinander getrennt werden. Die Braut wartet auf die Hochzeit mit ihrem Bräutigam. Was wäre das für eine Braut, die sich während der Hochzeit mit allen möglichen Leuten vergnügt, aber ihren Bräutigam vergisst?
Die Bibel spricht sehr deutlich von dieser Hochzeitsfeier des Lammes. In Offb. 19,9 lesen wir: „Selig, wer zum Hochzeitsmahl des Lammes eingeladen ist.“ Wenn man das so liest, könnte man sich als Hochzeitsgast verstehen. Das ist natürlich auch nicht verkehrt. Auch dieses Bild finden wir in der Bibel. Wenn z.B. Jesus davon erzählt, dass ein Mann ein Hochzeitsmahl für seinen Sohn macht und die geladenen Gäste alle nicht kommen, dann sind wir sozusagen die Gäste, die eingeladen werden.
Aber das Hochzeitsmahl des Lammes ist noch mehr. Hier geht es um den letzten Schritt der Eheschließung. Braut und Bräutigam werden nun für immer zusammen sein. Als Zeichen dafür stecken wir uns Ringe an. In Israel damals trank man gemeinsam aus einem Kelch Wein. Jesus kündigt dies übrigens auch an, wenn er bei dem letzten Passahfest mit seinen Jüngern nach der Einsetzung des Abendmahles sagt: „Ich sage euch, ich werde von nun an nicht mehr von diesem Gewächs des Weinstocks trinken bis an den Tag, an dem ich von Neuem davon trinken werde mit euch in meines Vaters Reich.“ (Mt 26,29).
Darauf warten wir. Dass wir zusammen mit Jesus bei dem Hochzeitsmahl des Lammes sitzen und gemeinsam feiern werden. Und das Beste ist, dass wir nicht nur geladene Gäste sind, sondern neben dem Bräutigam Jesus die Hauptperson: wir sind seine Braut.
Ich habe mich an dieser Stelle gefragt, was das jetzt eigentlich für mich bedeutet. Für meinen Alltag, für mein Leben als Hans-Georg Wünch, meinen Unterricht am Theologischen Seminar, meine Ehe, meine Kinder und Enkelkinder. Zwei Dinge sind mir da aufgefallen: ein Zuspruch und ein Anspruch.
Der Zuspruch: Ich bin mit Jesus verlobt. Er hat mich teuer erkauft durch seinen Tod am Kreuz. Und Jesus ist in den Himmel gegangen, um dort die Wohnung für mich vorzubereiten. Eines Tages wird die Posaune erschallen und Jesus kommt wieder, um mich zu sich zu holen. Aber das ist nicht nur etwas, was irgendwann einmal eine Bedeutung haben wird. Schon heute gehöre ich Jesus. Er sorgt für mich. Er bringt mich ans Ziel. Er hat nicht so viel bezahlt, um mich jetzt wieder fallen zu lassen.
Stell dir vor, da ist ein Bräutigam. Er hat einen ungeheuer großen Brautpreis für seine Zukünftige bezahlt. Er ist jetzt dabei, das Zuhause für ein gemeinsames Leben vorzubereiten. Das ist Jesus. Er möchte mit dir gemeinsam Hochzeit feiern. Und deshalb wird er dich auch dahin bringen. Paulus sagt einmal, dass der, der in uns das gute Werk angefangen hat, es auch vollbringen wird bis der Tag Christi kommt (Phil 1,6). Wie gut! Gott hat angefangen. Er bringt mich auch ans Ziel. Das ist der ungeheure Zuspruch, den wir bekommen haben.
Und das andere ist ein Anspruch. Wir sind die Braut des Herrn der Welt. Benehmen wir uns auch so? Was würden wir von einer Braut denken, die in der Zeit des Wartens auf die Hochzeit ihren Bräutigam ganz vergisst oder vielleicht sogar mit anderen Männern flirtet? Wie kann das sein? Und wir? Merkt man uns eigentlich an, dass wir Jesus gehören? Dass er unser Herr ist? Nehmen wir es wahr, was es bedeutet, zu Jesus zu gehören, ja noch mehr: ihm zu gehören? Und können andere es an uns wahrnehmen?
Ein letztes:

3. Warten auf die Ewigkeit mit Jesus

Vielleicht ist das unser größtes Problem. Eine Braut, die auf ihre Hochzeit wartet, malt sich die spätere gemeinsame Ehezeit mit den schönsten Bildern aus. Nicht die Hochzeit an sich ist ihr Ziel, sondern die Ehe danach. Deshalb wartet sie sehnlichst auf diesen Tag. Wir dagegen wissen nicht, wie und warum wir auf Jesus warten können und sollen, weil wir nicht wissen, was das dann bedeuten wird. Man fragt heute so oft, was „es bringt“. Was bringt es denn, wenn Jesus wiederkommt? Klar. Dann gibt es keinen Tod mehr, keine Sünde, kein Leid, keine Schmerzen. Natürlich freuen wir uns darauf. Das alles gibt es dann nicht mehr. Aber was gibt es denn dann noch? Man kann ja nicht eine ganze Ewigkeit darüber definieren, was es da nicht mehr gibt!
Ich denke, hier ist es wichtig, dass ich einmal ein paar große Missverständnisse ausräume:
1. Die Ewigkeit ist nicht einfach nur endlos
Viele Menschen haben diese Vorstellung. „Ewig“, das heißt für sie, dass etwas kein Ende hat. Ganz ehrlich – ich lebe ja gerne, ich bin meines Lebens nicht müde. Aber wenn ich mir vorstelle, das würde jetzt ewig – also ohne Ende – so weitergehen – das wäre keine wirklich tolle Vorstellung.
Wenn die Bibel von der „Ewigkeit“ spricht, dann liegt die Betonung nicht auf der Endlosigkeit. Nicht die zeitliche Unbegrenztheit ist das, was „Ewigkeit“ eigentlich ausmacht. Der Begriff, den das Neue Testament für „Ewigkeit“ verwendet, ist „Äon“, Zeitalter. Damit ist nicht so sehr etwas zeitlich Ewiges gemeint, sondern es geht vielmehr um etwas, das ganz neue Vorzeichen hat. Es geht mehr um die Qualität als die Quantität. Wenn Jesus wiederkommt, beginnt ein ganz neues Zeitalter. Dann ist alles anders. Nichts ist mehr so, wie es heute ist. In der Offenbarung wird dieses völlig Neue so beschrieben: „Gott wird bei ihnen wohnen“ (Offb 21,3). Das Neue und Besondere an der Ewigkeit ist nicht, dass es kein Leid und keinen Tod mehr gibt, sondern dass wir dann ewige, ungetrübte Gemeinschaft mit Gott haben! Bisher sind Gottes Welt und unsere Welt klar voneinander getrennt. Wir können Gott nicht erfassen oder verstehen. Wir können ihn nicht sehen, sind in unserer Welt gefangen.
Das ist Ewigkeit: Dass die Grenze zwischen Diesseits und Jenseits aufgehoben ist. Dann ist Gott nicht mehr der „ganz Andere“, den wir nicht verstehen oder sehen können. Gott ist dann mitten unter uns. Alle Fragen, die wir jetzt an ihn haben, werden dann beantwortet sein. Und weil Gott mitten unter uns wohnt, deshalb gibt es dann auch kein Leid, keine Schmerzen, keinen Tod und keine Sünde mehr.
2. Die Ewigkeit findet nicht im Himmel statt.
Wir sprechen häufig davon, dass wir „in den Himmel“ wollen. Menschen wenden sich Gott zu, weil sie nicht in die „Hölle“, sondern in den „Himmel“ möchten. Aber was ist das dann, der „Himmel“? Ist das der Ort, an dem Petrus die Tür öffnen muss, der Ort, über den wir schon mal den einen oder anderen Witz machen, aber den wir uns – wenn wir ehrlich sind – überhaupt nicht vorstellen können?
Viele Christen haben die Vorstellung, dass wir in der Gegenwart Gottes, im Himmel, irgendwie körperlos, wie Geister leben werden. Wir sind dann sozusagen erlöst von der Bindung an die Materie. Die meisten Christen wissen nicht, dass diese Vorstellung nicht aus der Bibel, sondern aus der griechischen Philosophie stammt. Hier wurde die Materie als etwas Schlechtes, Böses angesehen. Die Materie galt als das Gefängnis für die Seele bzw. den Geist. In den ersten Jahrhunderten der Christenheit wurde diese Vorstellung von der Kirche aufgenommen. Sie beherrscht das Denken vieler Christen bis heute.
Aber das stimmt nicht. Als Gott diese Welt geschaffen hatte – und mit ihr die Materie, unseren Körper, alles, was wir sehen und anfassen können – da sagte er anschließend, das alles sei „sehr gut“ (1Mo 1,31). Er sagte nicht, es sei schon ein recht gelungener erster Versuch. Materie ist nichts Schlechtes oder Falsches. Und deshalb wird auch die neue Welt Gottes nicht eine köperlose Ewigkeit sein. Das meine ich mit dem Satz: Die Ewigkeit findet nicht im Himmel statt.
Gott wird einmal einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen. In dieser neuen Schöpfung wird der Unterschied zwischen Gottes Welt und unserer Welt aufgehoben sein, wie ich schon gesagt habe. Aber diese neue Welt wird greifbar sein, wird aus Materie bestehen. Die Bibel spricht davon, dass wir in dieser neuen Welt unseren alten Körper in verwandelter Form wiederbekommen werden.
In Phil. 3,20 schreibt Paulus davon, dass unser Bürgerrecht im Himmel ist, wir sind also Einwohner des Himmels - jetzt schon. Deshalb warten wir auf den Zeitpunkt, wenn Jesus Christus auf diese Erde zurückkommen wird. Dann, so fährt Paulus in V.21 fort, wird Jesus
... unseren armseligen Leib verwandeln ... in die Gestalt seines verherrlichten Leibes, in der Kraft, mit der er sich alles unterwerfen kann.
Wenn Jesus wiederkommt, wird er unseren sterblichen Leib verwandeln in einen unsterblichen, einen Leib, wie er selbst ihn bei seiner Auferstehung auch erhalten hat. Ich empfehle allen, zuhause noch einem 1Kor. 15 dazu zu lesen. Dort entfaltet Paulus diesen Gedanken ausführlich. Wir werden, so schreibt er dort wie hier, dann den gleichen Leib bekommen, wie ihn Jesus Christus auch hat.
Das wäre jetzt sicher eine ganz eigene Predigt, diesen Gedanken weiter fortzuführen. Das will ich heute Morgen natürlich nicht tun. Aber es ist mir sehr wichtig festzuhalten, dass die „Ewigkeit“ sich nicht in einem irgendwie verstandenen „Himmel“ abspielen wird, sondern auf der von Gott ganz neu geschaffenen Erde.
Ich weiß, dass wir uns das nicht vorstellen können. Und doch ist es so. Mit unserem neuen Leib werden wir einander begegnen, einander berühren, miteinander feiern können. Und wir werden uns erkennen, auch wenn der neue Leib ganz offensichtlich anderen Naturgesetzen gehorcht. Jesus ist ja der erste gewesen, der diesen neuen Leib bekommen hat. Paulus macht das z.B. in Kol 1,18 deutlich, wenn er schreibt: „Er ist der Anfang der neuen Schöpfung, der Erstgeborene aller Toten, der zuerst zum neuen Leben gelangt ist, damit er in jeder Hinsicht der erste sei.“ Wenn wir uns Jesus ansehen, dann können wir ein klein wenig davon verstehen, was es mit diesem neuen Leib auf sich haben wird.
Als Jesus seinen Jüngern erschien, da gab es Situationen, in denen sie ihn sofort erkannten, in anderen Situationen sprachen sie zuerst lange mit ihm, bevor sie merkten, dass es Jesus war. Es ist, als hätte dieser neue Leib noch ganz andere Seiten als unser alter. Und doch ist er immer noch erkennbar, so wie Jesus seinen Jüngern die Wundmale in seinen Händen, Füßen und seiner Seite zeigen konnte.
Der neue Leib wird frei sein von allen Schwächen und Krankheiten, allen Unvollkommenheiten dieses Leibes. Und doch wird es unser Leib sein. Ich weiß nicht, wie Gott das einmal tun wird bei denen, die schon lange tot sind, deren natürlicher Leib sich in seine Atome aufgelöst hat. Aber ich brauche es auch nicht zu wissen. Schließlich ist Zeit für Gott ja kein Problem. Die Auferstehung ist Gottes Sache. Ich weiß nur, dass sie kommen wird und dass unser neuer Leib dann unser alter Leib sein wird, der von Gott verwandelt und ganz neu gemacht worden ist.
Und das Gleiche gilt auch für diese Welt. Sie wird ganz neu gemacht, verwandelt. Damit bin ich bei dem dritten und abschließenden Gedanken:
3. Die Ewigkeit ist mehr als Halleluja-Singen
Manche Christen haben ja diese Vorstellung: Die Ewigkeit bedeutet, in einem körperlosen Zustand existieren und den ganzen Tag nur singen … Es ist eigentlich ziemlich logisch, dass man sich darauf nicht freuen kann …
Die erste falsche Vorstellung habe ich ja schon korrigiert. Wir werden da nicht körperlos sein. Und auch die zweite Vorstellung ist falsch. Sie hängt irgendwie damit zusammen, dass wir vergessen haben, dass die Bibel nicht nur von einem neuen Himmel, sondern auch von einer neuen Erde spricht.
Dieser Himmel und diese neue Erde sind nicht einfach etwas völlig anderes als die bisherige Welt. Gott zerstört nicht seine Schöpfung und macht alles anders. Er macht alles neu. Alles bekommt eine neue Qualität, eine neue Dimension.
C.S. Lewis, der englische Literaturwissenschaftler, hat eine interessante Märchenreihe geschrieben: Die Geschichten aus Narnia. Im letzten Band dieser Reihe beschreibt er sozusagen das Ende dieser Welt Narnia. Die Menschen und Tiere aus Narnia, die dort auf der Seite Aslans, des großen Löwen, der Narnia geschaffen hatte, standen, kommen durch eine Tür hinein in eine neue Welt. Und sie entdecken dort vieles, was sie an Narnia, ihre alte Welt erinnert. Nur viel größer, viel tiefer, viel umfassender.
Lewis verwendet dabei ein interessantes Bild. Er spricht von einem Zimmer in einem Haus am Meer. Ein Fenster blickt hinaus auf das weite Meer. Gegenüber dem Fenster hängt ein großer Spiegel. Wenn man in diesen Spiegel schaut, sieht man das Meer. Aber wenn man sich dann umdreht und aus dem Fenster schaut, dann sieht man das Eigentliche, die Wirklichkeit. In dem Spiegel sah man nur ein Abbild davon.
Der neue Himmel und die neue Erde sind ebenfalls Materie - wir können dort schmecken und fühlen, sehen und atmen, essen und trinken - und das alles in einer Qualität und Tiefe, die wir uns auf dieser Welt einfach nicht vorstellen können. Wir werden mit unserem neuen Leib auf dieser neuen Erde leben. Wir werden dort lachen und singen, tanzen und feiern. Und ich bin überzeugt davon, dass wir dort auch arbeiten werden. Aber wir werden dies alles in der direkten Gegenwart Gottes tun. Das, was diesen neuen Himmel und diese neue Erde so anders machen wird, das wird diese Gegenwart Gottes sein.
Und deshalb wird alles Lachen und Singen, Feiern und Arbeiten auf der neuen Welt Gottes so ganz anders sein als das, was wir auf dieser Welt hier tun. Es hat eine neue Qualität bekommen. Ich sagte ja schon, Ewigkeit ist nicht in erster Linie ein Zeitbegriff. Es geht nicht so sehr um Quantität, sondern vielmehr um Qualität.

Zusammenfassung

Wir haben heute Morgen darüber nachgedacht, was es heißt, auf den Bräutigam Jesus und die Hochzeit mit Jesus zu warten. Und was es mit der Ewigkeit, die dann auf uns zukommt, auf sich hat. Und das ist nicht nur etwas, was uns ganz persönlich betrifft. Das ist etwas, worauf wir als Gemeinde zugehen.
Nicht ich allein bin die Braut von Jesus, sondern die Gemeinde ist es. Es ist nicht meine Hochzeit, auf die ich warte, sondern die Hochzeit der Gemeinde. Und in der Ewigkeit, die auf uns zukommt, wird diese Gemeinschaft aller, die zu Jesus gehören, das tragende Fundament sein. Es geht also immer um die Gemeinde.
Und weil das so ist, kommt es auch darauf an, diese Gemeinde Jesu schon hier und heute zu lieben, zu ihr zu gehören, mich von ihr prägen und bestimmen zu lassen, korrigieren und trösten. Gottes Plan ist größer als die Rettung von einzelnen Menschen. Sein Plan ist die Gemeinde. Hier können wir uns gemeinsam ausrichten auf dieses große Ziel: die Hochzeitsfeier des Lammes und die Ewigkeit in der Gegenwart des lebendigen Gottes!
Amen
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