Das Warten hat ein Ende
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Ihr Lieben,
das Warten hat ein Ende! Endlich hat die Darts-Weltmeisterschaft begonnen! Wer guckt? (Der erste Deutsche steigt eh erst heute Abend ins Turnier ein…)
Vor einem Darts-Match werden die Spieler ordentlichen zelebriert. Zuerst verkündet ein Sprecher mit einer meistens rauchigen Stimme alle Erfolge und Titel, die ein Spieler schon gewonnen hat. Dann läuft der Spieler zu lauter, stimmungsvoller Musik einmal quer durch die Halle und wird von seinen Fans frenetisch gefeiert. Für die vielen Fans hat das Warten dann endlich ein Ende! Jetzt geht es los, jetzt kann ihr Star endlich zeigen, was er drauf hat!
Ich habe ein bisschen das Gefühl, genau so etwas hätte Johannes der Täufer auch gern erlebt. Nicht bei einem sportlichen Großereignis, sondern mit dem König der Welt, mit dem Messias, der begleitet vom Jubel tausender Menschen in den Palast einzieht, um den bösen König vom Thron zu stoßen und selbst dort Platz zu nehmen.
Das Warten hätte dann ein Ende. Der Erlöser, der Befreier wäre da. Die verhassten römischen Besatzer hätte er auch gleich mit vertreiben können.
Johannes’ Aufgabe war es gewesen, genau das zu verkünden. Er hatte die Menschen dazu aufgerufen, von ihren schlechten Wegen umzukehren und sich auf die Begegnung mit Gott vorzubereiten. „Tut Buße!“, hatte er gerufen, „Kehrt um! Gottes Reich ist ganz nah!“ – Gott kommt, um Seine Herrschaft aufzurichten. Der Messias befreit von aller Unterdrückung, von aller Ungerechtigkeit. Endlich schafft Gott wieder Frieden und Gerechtigkeit. Endlich hat das Warten ein Ende.
Johannes war fest davon überzeugt: Der Messias, auf den die Juden seit so vielen hundert Jahren warteten, ist nun auf gekommen.
Doch nun bekam seine Überzeugung, ja sein ganzer Lebensinhalt erste Risse. Denn der triumphale Einzug Jesu in den Palast in Jerusalem mitsamt der Krönung zum König bleibt aus. Stattdessen sitzt Johannes im Gefängnis.
Den Mächtigen hatte seine radikale Lehre nicht gefallen. Johannes hatte sich mit den falschen Leuten angelegt, mit denen, die etwas zu sagen hatten in dieser Welt. Sie sperrten ihn weg, weil sie seine wahren Worte nicht ertragen konnten, nicht hören wollten.
Johannes saß im Gefängnis. Und er wartete darauf, dass der Messias endlich die Herrschaft antritt, denn dieser Messias war doch schließlich der verheißene König! Johannes wartete darauf, dass Jesus König Herodes vom Thron schmeißt und endlich wieder für Gerechtigkeit sorgt. Und Johannes wartete darauf, dass der Messias ihn aus dem Gefängnis befreit. – Doch das passierte nicht.
Hat das Warten ein Ende? Bei Johannes tun sich erste zaghafte Zweifel auf.
Wir lesen im Matthäus-Evangelium, Kapitel 11:
Johannes saß im Gefängnis. Dort hörte er von den Taten des Christus.
Deshalb schickte er seine Jünger zu Jesus und ließ ihn fragen:
»Bist du der, der kommen soll,
oder müssen wir auf einen anderen warten?« (Mt 11,2-3)
Bist Du der Messias? Hat das Warten ein Ende? Oder müssen wir doch noch weiter warten – auf einen anderen?
Das Problem war letztlich nicht, ob Jesus tatsächlich der Messias ist, der Retter, der Erlöser. Die Zweifel rührten viel mehr daher, dass der Messias Jesus so ganz anders auftrat, als Johannes es erwartet hatte – so ganz anders, als die Menschen es erwartet hatten.
Johannes hatte den kommenden Messias als Richter angekündigt – Jesus trat aber als Retter auf. Die Menschen hatten sich den Messias als den großen, alles überragenden König vorgestellt – Jesus trat als Diener auf. Viele hatten darauf gehofft, dass der Messias der Ungerechtigkeit und dem Unrecht ein Ende setzen würde – Jesus lehrte die Menschen, damit in ihrem eigenen Leben anzufangen.
Die Vorstellungen vom Messias und die Erwartungen an ihn gingen völlig an dem vorbei, was Jesus tatsächlich tat.
Auch wir sind davor freilich nicht gefeit, dass unsere Vorstellungen und Erwartungen völlig an dem vorbei gehen, was Jesus tatsächlich in unserem Leben tut.
Wie Johannes sind auch wir verwirrt, wenn etwas ausbleibt, von dem wir erwartet hätten, dass Jesus es tut. Auch in unseren Herzen können Zweifel aufzukommen, wenn wir Gottes Eingreifen nicht erleben. Auch für uns ist es herausfordernd, wenn sich an unserer Not nichts ändert.
Von Johannes lernen wir, dass es gut ist, unsere Fragen zu stellen, unser Zweifeln und unsere Unsicherheit zu Jesus zu bringen.
Ich habe mich viele viele Jahre über die Geschichte von Hiob gewundert, bzw. nicht über die Geschichte an sich, sondern über die Bewertung ganz am Schluss: Hiob wird von Gott in den höchsten Tönen gelobt, während seine Freunde hart verurteilt werden. Und ich habe mich immer gefragt: „Was war denn bitte der Unterschied zwischen Hiob und seinen Freunden?!“ So wie Hiob mitunter mit Gott geredet hat – das war ja auch nicht alles schön…
Vor kurzem habe ich bei einem Theologen eine Antwort für diese Frage gefunden. Es war genau das: Hiob hat mit Gott geredet. Während seine Freunde nur über Gott redeten, redete Hiob mit Gott. Das genügt.
Deswegen ist es so wichtig, dass wir auch all unsere Zweifel zu Gott bringen, dass wir Jesus vor die Füße werfen, womit wir nicht fertig werden. Es ist gut, die Fragen zu stellen, die in uns im Herzen sind, auch die zweifelnden.
Es wird nicht bei diesen Fragen bleiben. Jesus antwortet.
Jesus antwortete ihnen [sc. den Jüngern von Johannes]:
»Geht und berichtet Johannes, was ihr hört und seht:
›Blinde sehen und Lahme gehen.
Menschen mit Aussatz werden rein.
Taube hören, Tote werden zum Leben erweckt,
und Armen wird die Gute Nachricht verkündet.‹
Glückselig ist, wer sich nicht von mir abwendet.« (Mt 11,4-6)
Wie immer, wenn Jesus spricht, steckt in Seinen Worten so unendlich viel.
Zuerst: Jesus antwortet mit Fakten, mit Tatsachen. All diese Dinge waren bereits geschehen. Jesus verliert sich nicht in theologisch-philosophischen Abhandlungen, wie wir Menschen es mitunter gern tun und am Ende gar nichts mehr wissen. Er antwortet aber auch nicht einfach mit „Ja“ oder dem göttlichen „Ich bin“, wie er es an anderen Stellen tat, sondern er antwortet mit Tatsachen, mit Beweisen: Jesus zählt auf, was Er bereits getan hat.
Er orientiert sich dabei an Verheißungen Jesajas und verdeutlicht damit, dass Er sehr wohl der Messias ist, der von Gott kommen soll.
Ein zweites fällt auf: Jesus nennt zuerst vier Heilungswunder: Blinde, Gelähmte, Aussätzige und Taube werden geheilt. Als Steigerung folgt die Auferwecken von Toten. Und dann sagt Er – und wir müssen es wohl wiederum als Steigerung sehen: „Armen wird die Gute Nachricht, das Evangelium, verkündet.“
Das Evangelium, die Gute Botschaft von Jesus zu hören und bei Ihm ein neues Leben zu finden, ist mehr wert, als alle körperliche Heilung! Ich finde, in diesem Satz „Armen wird die Gute Nachricht verkündet“, schwingt so unendlich viel Erbarmen, so viel Liebe mit. Gott wendet sich denen zu, von denen sich sonst alle abwenden. Jesus sieht zuerst die, die sonst keiner will. Er bietet denen ein neues Leben, die ihr eigenes nicht auf die Reihe kriegen oder von anderen massiv unterdrückt werden. Jesus macht frei. Er macht uns reich – nicht unbedingt mit materiellen Dingen, dafür aber mit dem, was unser Herz wirklich braucht. Er liebt uns. Er rettet uns aus unserer Verlorenheit, aus unserer Einsamkeit, aus unserer Schuld, aus unserer Vergänglichkeit.
Es ist für Jesus das Höchste, den Armen die Frohe Botschaft vom Reich Gottes zu bringen, die Botschaft der Erlösung, die Botschaft des Friedens.
Ein dritter Punkt fällt mir an der Aussage von Jesus noch auf. Es ist gleich der erste Satz: „Geht und berichtet Johannes, was ihr hört und seht.“ Die Jünger von Johannes sollen ihrem Lehrer nicht irgendetwas Theoretisches erzählen, nicht etwas, das sie nur vom Hörensagen kannten. Sie sollen selbst Zeuge sein für das, was Jesus tut.
Eine gute Botschaft kommt am besten durch Freunde, die persönliche Zeugen sind. Deswegen übrigens erzählen in unseren Gottesdiensten Menschen aus unserer Gemeinde, was sie mit Jesus erlebt haben. Wir wollen uns damit ermutigen, wenn wir hören, dass Jesus an uns wirkt. Deswegen ist es auch wichtig, dass wir anderen Menschen von Jesus erzählen. Wer soll es sonst tun?
Johannes wird also nicht nur einen Bericht seiner Jünger über Worte von Jesus, nicht nur eine einfache Antwort auf die Frage bekommen, ob Jesus nun der Messias ist. Johannes wird von seinen Jüngern zahlreiche Berichte von Augenzeugen bekommen, von denen er weiß, dass sie zuverlässig sind, bei denen er im Zweifelsfall sogar nachfragen kann.
Dabei wird Johannes auch hören, was Jesus wirklich wichtig ist: Nicht die Menschen zu richten, sondern sie zu retten.
Johannes hätte es gern gehabt, dass der Messias, dass Jesus Gericht bringt, dass Er Gerechtigkeit wieder herstellt – und am letzten Tag wird Jesus das auch tun. Aber hier, schon vor 2.000 Jahren, bricht bereits die Gnade nach dem Gericht, die Heilung nach dem Schmerz an. Jesus hat die Aufgabe, Gnade und Heilung zu bringen. Genau das ist laut Jesus die Hauptaufgabe des Messias: uns Menschen zu retten.
Für Johannes bedeuteten die Worte von Jesus die Bestätigung, dass das Warten ein Ende hat. Der Messias ist gekommen. Gott ist zu uns Menschen gekommen. Seine Taten sind der Beweis; Jesus ist sein eigener Beweis.
Dabei aber handelte der Messias ganz anders, als Johannes und viele andere es sich vorgestellt hatten: als Retter für uns Menschen. Erst bei seinem zweiten Kommen wird Er als Richter auftreten.
So ist es an uns, Menschen von diesem Jesus zu erzählen; zu erzählen, was Jesus in unserem Leben tut. Und damit zu verkünden: Das Warten hat ein Ende! Euer Retter ist da!
Glückselig ist, wer diese Botschaft für sich annimmt und sich nicht von Jesus abwendet.
Amen.